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Thema:
eröffnet von Neuschreiber63 am 27.12.23 21:05
letzter Beitrag von Neuschreiber63 am 17.04.24 20:55

1. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 27.12.23 21:05

Guten Abend,
wie im letzten Post meiner ersten Geschichte geschrieben könnte ich mir vorstellen, nochmals etwas zu schreiben, vielleicht dann gleich in der Historie.
Die Frage ist, ob so etwas überhaupt gewünscht wäre, das wäre im Hinblick auf den Sinn dieses Forums wohl doch noch mehr "off-topic" als meine letzte Geschichte...
Daher hier eine Umfrage dazu.
Schönen Abend vom
(nicht mehr ganz-)Neuschreiber
2. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 27.12.23 21:07

Kurzzusammenfassung

Eine junge Frau will im Jahre 1724 mit ihrer Familie nach Ostindien auswandern. Jedoch wird ihr Schiff auf halbem Wege von Piraten gekapert und sie, ihre Familie und alle anderen Passagiere werden als Sklaven verkauft.
In Arabien erwartet sie ein neues Leben - als Sklavin.


Inhaltsverzeichnis

Teil 1: Die Seereise

1. Der Traum von Ostindien
2. Der Beginn der Reise
3. Elmina
4. Kapstadt
5. Der Überfall
6. Ankunft in Sansibar
7. Die Hölle auf Erden
8. Verkauft
9. Auf dem Marktplatz von Sansibar
10. Zurück im Hafen von Sansibar
11. In der Schmiede
12. Zurück auf der Dhau des Sklavenhändlers
12a. Die grausame Gretel (Bonuskapitel)
13. Abreise nach Arabien
14. Auf dem Weg nach Arabien, Teil 1
15. Auf dem Weg nach Arabien, Teil 2
16. Auf dem Sklavenmarkt von Al Kharsun

17a. Alles nur ein Traum?
(vorzeitiges Ende)

Teil 2: Das neue Leben als Sklavin

17. Der hübsche junge Mann
18. Der hübsche junge Mann, Teil 2
19. Hänsel oder Aschenputtel?
20. Meine Familie wird verkauft, Teil 1
21. Meine Familie wird verkauft, Teil 2

21a. Fenja (Exkurskapitel)
21b. Fenja, Teil 2 (Exkurskapitel)

22. zum zweiten Mal verkauft
23. Die müffelnde Kuh
24. Die Kuh wird immer hübscher
25. Mein neues Zuhause
26. Mein neues Zuhause, Teil 2
27. Die verlorene Unschuld

Der zweite Tag in der neuen Welt

28. Der erste Morgen als seine Sklavin
29. Die letzte Erinnerung an das alte Leben
30. Eine kleine Einkaufstour
31. Der Gang zum Markt

Der dritte Tag in der neuen Welt

32. Ein überraschendes Wiedersehen
33. Ein Traum aus 1001 Nacht
Ende.


1. Der Traum von Ostindien


Hallo zusammen, mein Name ist Clara und wenn ihr möchtet, werde ich Euch meine Geschichte erzählen.

Ich wurde im Jahr 1700 des Herrn in Hannover geboren und wuchs dort auch auf.

Mein Vater Valentin war Kaufmann und betrieb seit vielen Jahren Handel in Norddeutschland und den Nachbarländern an der Nordsee. Die Geschäfte liefen jedoch immer schlechter, die Niederländer und die Engländer gewannen immer mehr Einfluss und konnten mit ihren Kolonien die Preise deutscher Waren weit unterbieten. Ich will nicht sagen, dass wir verarmten, aber unser Einkommen reichte noch gerade so zum Überleben.

So kam es, dass mein Vater im Jahr 1723 den Beschluss fasste, ein neues Leben zu beginnen. Von einem befreundeten Kaufmann hatte er gehört, dass es in Batavia interessante Geschäftsmöglichkeiten gäbe. Batavia war in den letzten Jahrzehnten zur wichtigsten niederländischen Kolonie in Ostindien herangewachsen. Dort begannen die Handelsrouten nach Europa für asiatische Gewürze und allerlei andere Waren. Nicht viele, aber einige Kaufleute waren dort sehr reich geworden, wie der Bekannte meines Vaters erzählte.

Wir hatten nicht viel zu verlieren und so beschloss mein Vater im Herbst 1723, dass wir diesen großen Schritt wagen sollten. Nicht nur er, sondern auch meine Mutter Agnes und meine beiden Geschwister Ludwig und Veronica. Mein Bruder war in diesem Jahr bereits 25, aber noch unverheiratet. Er war die rechte Hand im Geschäft meines Vaters, somit fiel auch für ihn sein Beruf weg. Gleiches galt für mich und meine Schwester Veronica. Auch wir halfen unserem Vater im Geschäft. Auch wir waren noch unverheiratet, obwohl wir mit 23 und 21 Jahren bereits alt genug zum Heiraten gewesen wären. Viele meiner Freundinnen hatten bereits eine Familie gegründet und ein oder zwei Kinder in die Welt gesetzt. Ich war eigentlich eine hübsche junge Frau, aber anscheinend hatten meine Eltern für mich noch nicht den richtigen Mann gefunden. Vielleicht hatten sie auch nicht das Geld für eine Mitgift. Und welcher Mann wollte schon eine Tochter aus einer armen Kaufmannsfamilie, die sich gerade so über Wasser halten konnte. Vielleicht lag das Problem auch darin, dass mein Vater zu stolz war, seine Töchter irgendeinem Bauernjungen zur Frau zu geben. Aber für die besseren Kreise war meine Herkunft oder der Stand meiner Familie anscheinend nicht gut genug.

Ein bisschen traurig machte mich das schon.

So hatten auch meine Schwester und ich nicht viel zu verlieren und beschlossen, ebenfalls nach Batavia mitzukommen. Anderenfalls hätte ich mir hier in Hannover bei irgendeiner reichen Familie als Dienstmagd verdingen können, weiß Gott keine schönen Aussichten.

Mein Vater verkaufte seinen ganzen Besitz in Hannover und investierte einen großen Teil des Erlöses in fünf Tickets für eine Überfahrt nach Batavia.

Es war März 1724 als wir uns auf den Weg nach Amsterdam machten und uns dort auf einem großen Segelschiff einschifften.

3. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von boygirl1990 am 28.12.23 13:05

Ich muss sagen, das du meine Neugier geweckt hast.

Natürlich wird es interessant sein zu wissen ob es wirklich ganz genau historisch akkurat korrekt sein wird.
Das ist was ich persönlich nicht hoffe, aber ich will dir da auch nicht reinpfuschen.

Wie auch immer ich bin auf jeden Fall gespannt wie es weiter geht.

4. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von MartinII am 28.12.23 16:02

Bin gespannt, ob die Geschichte genauso gut wird wie Deine anderen - ich bin zuversichtlich.
5. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 28.12.23 18:54

Hallo Boygirl,

ich muss zugegeben, ich bin selber etwas neugierig, denn ich weiß auch nicht, wie diese Geschichte verlaufen wird.

Vielleicht etwas mutig, hier eine Geschichte anzukündigen, die noch nicht ansatzweise fertig ist, aber gerade darin besteht – zumindest für mich – momentan der Reiz… Auch Clara weiß ja noch nicht, was sie erwartet, von daher geht es mir momentan (fast) wie ihr…

Nur der Beginn dieser Geschichte existiert bisher in meinem Kopf. Und sicherlich wird der eine oder andere Leser meiner ersten Geschichte auch schon wissen, wo die neue Geschichte hinlaufen wird – und ja, damit haben sie vermutlich vollkommen recht…

Aber wie gesagt, mehr weiß ich noch nicht, was danach kommt, ist noch völlig offen… Gewisse Ähnlichkeiten mit meiner letzten Geschichte wird es sicherlich geben, aber eine Kopie sollte es auch nicht werden…

Ich muss zugeben, ich weiß noch nicht einmal, ob der Titel überhaupt zu meiner Geschichte passen wird…

Falls ich nicht mehr weiterweiß, könnte ich auch noch eine neue Umfrage machen, wie es weitergehen soll, das wäre mal ein nicht ganz neuer, aber zumindest kreativer Ansatz.


Naja, grundsätzlich soll die Geschichte schon im möglichst akkuraten historischen Umfeld passieren. Handys, GPS, Elektroschocks und Vibratoren würde es auf jeden Fall diesmal nicht geben. Übertreiben will ich es aber auch nicht.

- Zum einen weiß ich ja auch nicht genau, wie die Menschen im 18. Jahrhundert lebten (ich bin ja kein Geschichtsprofessor) und habe auch nicht vor, ein Geschichtsbuch zu schreiben.
Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass ich dann zum zweiten Mal eine Geschichte über Dinge schreibe, von denen ich keine Ahnung habe
Als Vorwarnung sei aber auch gesagt, dass die Zeiten damals rau waren und entsprechend würde auch in dieser Geschichte nicht alles schön werden. So viel historischer Kontext muss sein. „Safe words“ gab es damals nicht und die Menschenrechte wurden auch erst 1948 eingeführt (und selbst damals waren diese oft noch Theorie, sonst hätte man diese gar nicht erst beschließen müssen). Aber wie bereits in meiner ersten Geschichte geschrieben war die Realität oft noch wesentlich grausamer als das, was ich hier schreiben würde.

- Zum anderen soll es natürlich trotz des historischen Kontexts in erster Linie eine nette (?) und/oder spannende (?) Geschichte werden. Ich habe auch vor, mich diesmal etwas kürzer zu fassen und die Geschichte im Gegensatz zu meiner letzten dann auch zügig zu beenden. Ich weiß noch nicht wie, aber wie oben geschrieben würden mir dann vielleicht auch ein paar Leser dabei helfen. Zumindest in meiner letzten Geschichte gab es ja viele interessante Vorschläge.

Soweit meine Gedanken zu dieser potentiellen Geschichte, welche aktuell zu ca. 20% in meinem Kopf und zu 80% noch gar nicht existiert…


Hallo Martin:

„genauso gut“ liegt wohl im Auge des Betrachters. Offensichtlich gefallen meine Geschichten auch nicht jedem – was völlig in Ordnung ist, hätte ich nicht anders erwartet. Trotzdem danke für das erneute Lob.

Persönlich glaube ich aber eher nicht, dass diese neue Geschichte genauso gut (?) wird wie die letzte, daher muss ich die Erwartungen doch herunterschrauben. Diesmal würde ich es mir auch etwas einfacher machen und nicht Tag-für-Tag erzählen. Letzteres ist doch etwas anstrengend. Insgesamt soll diese Geschichte deutlich kürzer und komprimierter als die letzte werden und wie oben geschrieben schneller zu einem Ende kommen.

Falls ich irgendwann mal wieder Lust auf eine never-ending-story bekommen sollte, schreibe ich vielleicht noch ein Kapitel zu meiner ersten Geschichte...

6. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von SCHWESTER ANNIKA am 28.12.23 20:40

Hallo, eine neue Geschichte, bin gespannt, wie sie sich entwickelt.
Schreib nur weiter, und ist es eigentlich sooo wichtig, dass du nicht weißt, wie die Menschen damals wirklich gelebt haben?

Nicht vergessen, wie der Name schon sagt:
Es ist eine Geschichte, alles klar? Ist es nicht völlig gleich, ob es die Wirklichkeit ist?

Es gibt so viele andere Geschichten - Bücher usw. die sogar den Weg ins Kino gefunden haben-
Herr der Ringe, oder andere Geschichten, die man sich ausgedacht hat- Star Trek - Star Wars, usw.
Also, schreib nur weiter, lasse deine Gedanken
schweifen, und die Tastatur so richtig.... glühen...

Übrigens: Es gibt nicht wenige, die glauben, dass es das berühmte Wagenrennen von Ben Hur, wirklich gegeben hat...

Und wer weiß, ob es nicht auch ein Paralleluniversum gibt, wo Galeeren als Strafvollzugsmaßnahme eingesetzt werden (um den Bogen auch zu meiner eigenen Geschichte zu spannen)...

Gruß Schwester Annika
7. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von powo01 am 28.12.23 21:56

So als Anregung:

Es gab Piraten, arabische Sklavenhändler die mit Sicherheit Höchstpreise mit jungen weißen Frauen erzählten 😀
8. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 28.12.23 22:25

@SchwesterAnnika:

Du hast natürlich völlig Recht, dass es völlig egal ist, was damals wirklich war.
Dennoch: Wenn ich schon einen Historienschinken schreibe, möchte ich zumindest versuchen, diesen so korrekt wie möglich zu schreiben.
Fehler wird es von alleine genug geben.
Und ähnlich wie bei meiner letzten Geschichte versuche ich zumindest, dass möglichst wenige die Fehler merken


@Powo01:

Ach wirklich?
Und jetzt erzählst Du mir vielleicht auch noch, dass diese im 18. Jahrhundert irgendwo zwischen Amsterdam und Batavia ihr Unwesen trieben?

Tatsächlich nehme ich für diese Geschichte sehr gerne Anregungen an, aber lass mich erst mal den Beginn der Geschichte erzählen...
9. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Witwe Bolte am 29.12.23 14:06

Hallo Neuschreiber,

Deine Geschichte beginnt ja recht turbulent, wenn ich die ganzen Kommentare mit einbeziehe
Was Powos Piraten und Sklavenhändler betrifft:
Wenn Deine Akteure durch den damals noch nicht vorhandenen Suezkanal gefahren sind, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, dass die zwischendurch bspw. aus Dschibuti oder dem Jemen erschienen sind...
10. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 29.12.23 16:37

Hallo Witwe Bolte,

das stimmt, ich bin tatsächlich auch etwas überrascht über den turbulenten Beginn.

Eigentlich wollte ich nur eine Abstimmung einstellen und dann – sofern diese off-topic-Geschichte überhaupt gewünscht ist – in Ruhe meine ersten Gedanken niederschreiben.

Aber nachdem anscheinend schon ein paar LeserInnen neugierig auf den Beginn der Geschichte warten und powo01 eh schon die halbe Geschichte verraten hat (nicht dass ich mir Mühe gegeben hätte, Parallelen zu meiner ersten Geschichte zu verbergen, aber trotzdem gut kombiniert von powo01, Respekt!), will ich die gute Clara mal lossegeln lassen, obwohl die Abstimmung ja noch gar nicht beendet ist…

Und nein, das Schiff fährt nicht durch den nicht vorhandenen Suezkanal, soviel historische Akkuratheit muss schon sein…

11. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 29.12.23 16:39

2. Der Beginn der Reise


Ich hätte nie gedacht, dass eine Seereise so beschwerlich ist. Wir waren wochenlang unterwegs. Wir hatten eine kleine Kabine und auch auf dem Deck war nicht wirklich viel Platz. Wir halfen der Besatzung ein wenig, aber ansonsten gab es nicht viel zu tun.

Die Bibel war das einzige Buch, welches wir dabeihatten und auch dieses hatten wir alle bald bereits fünfmal von vorne bis hinten gelesen. Wenig verwunderlich gab es aufgrund der Enge und der Eintönigkeit der Reise auch häufig Streit. Aber zum Glück nichts Schlimmes, wir rissen uns alle bald wieder zusammen. Letztlich war uns allen bewusst, dass wir noch viele Wochen und Monate zusammen auf dem Schiff aushalten mussten.

Insgesamt hatten wir auch nette Mitreisende. Ein paar gingen mir schon recht bald auf die Nerven, aber die allermeisten waren schon in Ordnung. Neben ein paar niederländischen Kaufleuten, die bereits eine Niederlassung in Batavia hatten und wieder ihre Heimat besucht hatten, gab es auch einige Glücksritter wie uns, die ihr Glück versuchen wollten und keine Ahnung davon hatten, was sie erwartete. Dazu kamen noch ein paar Frauen, welche ihre Ehemänner in der Ferne besuchten. Ein paar davon waren auch in meinem Alter und ich freundete mich schnell mit ein paar von diesen an.

Eine der jungen Frauen hieß Isabella. Sie hatte ihren Mann erst vor 2 Jahren geheiratet und war auf Anraten ihres Arztes für sechs Monate in die Niederlande zurückgekehrt, um sich dort von einer Tropenkrankheit zu kurieren, welche sie sich bereits kurz nach ihrer Ankunft in Batavia eingefangen hatte. Ich verstand mich von Anfang an sehr gut mit ihr und sie erzählte mir das ein oder andere von Ostindien. Das Leben dort war auch nicht einfach, aber irgendwie doch exotisch anders als in den Niederlanden. Vielleicht könnte sie uns ja auch ein wenig dabei helfen, in der neuen Heimat Fuß zu fassen.

Ich freute mich über die zugesagte Unterstützung, sicherlich könnten wir für den Start in der neuen Welt jede Hilfe gut gebrauchen.

Isabella konnte wie viele der anderen Mitreisenden auch deutsch, dennoch bemühte ich und meine Familie uns darum, auch niederländisch zu lernen, was die normale Sprache an Bord war. Auch in Batavia würden wir diese Sprache brauchen, mit deutsch kam man dort nicht weit. Wir hatten reichlich Gelegenheit dazu, diese Sprache zu lernen, viel zu tun gab es hier wie geschrieben sowieso nicht. So dauerte es auch nicht allzu lange, bis ich niederländisch verstand und bald konnte ich mich auch mit meinen niederländischen Mitreisenden in deren Muttersprache unterhalten. Allzu schwierig war diese Sprache auch nicht, wenn man schon deutsch konnte. Auch hatte ich schon häufiger Menschen aus Ostfriesland getroffen, deren Dialekt ähnelte dem niederländischen auch etwas.

Es gab neben uns aber auch ein paar Deutsche auf dem Schiff, die ebenso wie wir ihr Glück in der Ferne suchten. Auch sie hatten auf der Suche nach einem besseren Leben die Zelte in der Heimat abgebrochen.

In Summe dürften es etwa 200 Leute und 30 Besatzungsmitglieder gewesen sein, welche die weite und nicht ungefährliche Reise nach Ostasien auf sich nahmen.

12. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 29.12.23 16:44

3. Elmina


Die lange Reise ging von Amsterdam zunächst an der französischen und spanischen Küste entlang.
In Cadiz legten wir noch einen letzten Stopp auf europäischem Boden ein.

Kurz nachdem wir die Stadt hinter uns gelassen hatten, kam die afrikanische Küste in Sicht. Mein Vater erzählte, dass dort Muslime lebten, welche eine ganz andere Kultur als wir pflegten, obwohl sie eigentlich an den gleichen Gott glaubten. Wie er weiterhin erzählte, wurde die Reise ab hier auch gefährlicher, denn Piraten überfielen in diesen Gewässern immer wieder Schiffe, um sie auf den afrikanischen und arabischen Sklavenmärkten zu verkaufen. Ein etwas mulmiges Gefühl überkam mich, als ich hinüber zu dieser Küste sah.

Aber tun konnte ich nichts außer Beten, ich war hier auf diesem Schiff und musste auf unseren Kapitän vertrauen, dass dieser uns sicher durch diese Gewässer führte. Auch hatte die Mannschaft einige Gewehre, um sich im Falle eines Überfalls zu verteidigen.

Gott sei es gedankt passierte aber auch nichts weiter und so führte uns die lange beschwerliche Reise weiter an der afrikanischen Küste entlang. Soweit wir das vom Boot aus erkennen konnten, war die Landschaft dort sehr karg, erst nach etlichen Tagen ändert sich dies langsam und wir konnten wieder mehr Grün am Ufer erkennen. Langsam aber sicher ging die Landschaft von einer kargen Wüste in eine subtropische Waldlandschaft über. An der sogenannten „Goldküste“ in Westafrika legten wir einen zweitägigen Stopp ein, um unsere Vorräte aufzufüllen und ein paar Reparaturen am Schiff vorzunehmen. Es tat gut, mal wieder vom Schiff herunterzukommen und wieder festen Boden unter den Füssen zu haben.

Der Ort, in dem wir vor Anker gingen, hieß Elmina und war stark befestigt. Anscheinend handelte es sich um einen niederländischen Außenposten, mitten in Afrika, tausende Kilometer von Amsterdam entfernt.

Es war sehr heiß und schwül und abgesehen von ein paar Weißen, die niederländisch sprachen, sah ich fast nur rabenschwarze Menschen dort. Solche Menschen hatte ich noch nie vorher gesehen.

Immer wieder sah ich dort auch schwarze Menschen, die schwere Halsbänder aus Eisen trugen. Manchmal erblickte ich sogar Menschen, Frauen und Männer, die darüber hinaus noch Hand- und Fußketten trugen.

Meine Mitreisenden erklärten mir, dass es sich hierbei um Sklaven handeln würde. Es sei nicht unüblich, dass Sklaven und Sklavinnen solche Fesseln tragen würden, so könne man sie besser kontrollieren. Manche von ihnen seien leider sehr widerspenstig.

Damit nicht genug sah ich es des Öfteren, dass die schwarzen Sklaven von ihren weißen Herren mit Stöcken, manchmal sogar mit Peitschen geschlagen wurden, wenn diese nicht schnell genug liefen oder arbeiteten.

Ein bisschen mulmig wurde mir schon zu Mute. Wie konnte man Menschen so behandeln?

Ich wusste, dass auch in den deutschen Landen Adlige und wohlhabende Menschen auf ärmere herabsahen und diese schlecht behandelten. Auch dort war es üblich, dass Mägde und Knechte geschlagen wurden, wenn deren Herr mit ihnen unzufrieden war. Vielleicht war dies auch einer der Gründe gewesen, warum ich nicht als Hausmagd in Hannover bleiben wollte.

Aber diese Menschen hier wurden wie Tiere behandelt, es war schrecklich.

Damit nicht genug kamen wir bei unserem Gang durch die Stadt auch an einem Markt vorbei, wo Sklaven, Männer, Frauen, sogar Kinder, verkauft wurden. Auch hier hatten die meisten Sklaven Schellen aus schwerem Eisen um den Hals, manche auch um Füße und Hände, ansonsten waren sie alle nackt, die Männer wie auch die Frauen.

Auch dieser Anblick war erschütternd. Es ging hier zu wie auf dem Viehmarkt in Hannover. Nur dass hier keine Schafe, Ziegen oder Rinder gehandelt wurden, sondern Menschen.

Als Kaufmannsfamilie hatten wir ja auch schon mit vielem gehandelt, aber niemals wäre ich auf die Idee gekommen, mit Menschen zu handeln. Allerdings wurden diese armen Afrikaner auch sonst kaum wie Menschen behandelt. Die Tiere auf dem Viehmarkt in Hannover wurden in der Regel besser behandelt als die schwarzen Sklaven hier.

Ich konnte diesen Anblick kaum ertragen und bat meinen Vater nach wenigen Minuten weiterzugehen.


Allerdings herrschte in der Stadt auch ein buntes Treiben und die Abwechslung vom langweiligen Schiffsalltag tat gut. Auf den „normalen“ Märkten sah ich seltsame Früchte und allerlei andere Sachen, die ich noch nie vorher gesehen hatte. Zum Glück hatte mein Vater noch ein bisschen Geld übrig und so konnten wir uns für ein paar Pfennige ein paar dieser seltsamen Früchte kaufen. Sie hießen „Bananen“ und „Kokosnüsse“ und schmeckten sehr lecker.

Auch gab es hier allerlei exotische Pflanzen, die ich ebenfalls noch nie vorher gesehen hatte, zum Beispiel „Palmen“, hohe Bäume, auf welchen beispielsweise diese Kokosnüsse wuchsen. Auch seltsame Waren gab es auf den Märkten zu kaufen. Am beeindruckendsten fand ich Schnitzereien aus einem weißen Material. Es nannte sich „Elfenbein“. Etwas erschrocken war ich dann aber doch, dass dieses Material angeblich aus den Stoßzähnen von Elefanten gemacht wurde. Ich hatte zuhause schon Bilder von diesen riesigen Tieren gesehen, aber noch nie eines in Original. Nun sah ich ein Teil bzw. viele davon hier auf dem Markt. Hoffentlich mussten diese Tiere nicht sterben für den Schmuck, der hier auf dem Markt feilgeboten wurde.

Zum Glück sah ich auch ein paar lebende Tiere, zum Beispiel Affen. Auch diese Tiere hatte ich bisher nur in Büchern gesehen. Sie sprangen überall herum und machten einen fröhlichen Eindruck. Meine Mitreisenden warnten mich jedoch davor, dass ich besser auf meine tropischen Früchte aufpassen sollte, nicht dass ein Affe sie mir wegschnappte. Das tat ich dann auch und aß meine Früchte lieber selbst.

So vergaß ich dann auch wieder die schreckliche Behandlung der Sklaven und genoss dann doch unseren Aufenthalt in dem fremden Städtchen. Alles war so exotisch und aufregend hier.


Am nächsten Tag gingen wir nochmals in die Stadt.
Am Hafen wurde ich auch Zeuge, wie eine Gruppe von schwarzen Sklavinnen und Sklaven auf ein Schiff getrieben wurde. Auch diese Sklaven und Sklavinnen trugen schwere Halsbänder, welche mit Eisenketten verbunden waren. Die Männer darüber hinaus auch Hand- und Fußfesseln. Sie trugen, Männer wie Frauen, nur einen kurzen Lendenschurz, ansonsten waren sie wie die Sklaven gestern auf dem Sklavenmarkt völlig nackt. Die Frauen konnten nicht einmal ihre Brüste bedecken, auch das war irgendwie verstörend. Ich hätte mich wahrscheinlich zu Tode geschämt, wenn die ganze Stadt meine Brüste gesehen hätte. Vermutlich war das auch den afrikanischen Frauen sehr unangenehm, aber letztlich konnten sie auch nichts dagegen tun, sie wurden gefesselt und halb nackt auf das Schiff getrieben.

Es war offensichtlich, dass einige von ihnen nicht auf das Schiff wollten und so mussten einige weiße – aber auch schwarze – Aufseher sie mit Peitschenhieben davon „überzeugen“ an Bord zu gehen. Ein paar Männer hatten von den Hieben blutige Striemen am Rücken, das musste sehr weh tun.

Letztlich hatten sie keine Chance und so dauerte es auch nicht allzu lange, bis alle Sklavinnen und Sklaven auf dem Schiff angekommen waren.

Irgendwie hatte ich Mitleid mit diesen armen Menschen und mir schauderte, wie diese behandelt wurden. Die Einwohner der Stadt schienen dagegen kaum Notiz zu nehmen von dem grausigen Schauspiel. Im Gegenteil erfuhr ich später, dass jede Woche ein Schiff mit Sklaven von hier ablegte. Fast alle davon fuhren über den Ozean hinüber nach Amerika, wo die Sklaven in die Kolonien der Niederländer, Portugiesen, Spanier, Engländer und Franzosen verkauft wurden und dort auf den Plantagen arbeiten mussten. Ein paar wenige Schiffe fuhren auch andere europäische Kolonien in Afrika, zum Beispiel auf den Kapverdischen Inseln, an.

Irgendwie war ich schockiert, in Hannover hatte ich nichts Derartiges gesehen. Auch dort hatten es Mägde und Knechte nicht leicht. Aber die Sklaven hier wurden nicht wie Menschen behandelt, wie Vieh wurden die armen Kreaturen auf die Schiffe getrieben. Bisher hatte ich von Sklaven höchstens vielleicht mal in Büchern über die alten Römer oder die Wikinger gelesen. Aber das war alles lange vor unserer Zeit gewesen. In einer Zeit, die ich dachte, dass sie schon längst vorbei wäre.

Aber hier ging es vermutlich nicht anders zu als vor 1.500 Jahren im alten Rom.

Und irgendwie dachte ich bisher immer, dass Sklavinnen und Sklaven damals so eine Art Mägde und Knechte gewesen waren.

Ich war wohl ziemlich naiv gewesen.



Ich brauchte eine Weile, bis ich mich wieder sammeln konnte. Da war es sicherlich nicht schlecht, dass wir nochmals über den Markt von Elmina schlenderten und nochmals diese exotischen Früchte essen konnten. Das Essen auf dem Schiff war doch recht eintönig und fad, da waren diese frischen Früchte eine willkommene Abwechslung. Daher gab ich auch heute gut acht, dass kein Affe mir diese wegschnappte.

Wirklich aus dem Kopf ging mir das Erlebte aber nicht mehr.

Auch auf dem Markt und in der Stadt sah ich wieder viele schwarze Menschen. Abgesehen von ein paar Niederländern eigentlich fast nur rabenschwarze Menschen. Ein bisschen unheimlich war das schon. Aber zumindest schien es diesen Menschen deutlich besser zu gehen als den armen Kreaturen, welche sie auf das Schiff getrieben hatten. Deren Schicksal betrübte mich irgendwie, auch wenn dieses angeblich „normal“ war.

Aber wie „normal“ war es, versklavt zu werden und dann per Schiff auf einen anderen Kontinent transportiert zu werden, um dort auf irgendwelchen Feldern arbeiten zu müssen?


Auf der anderen Seite würde ich mich an diesen Anblick gewöhnen müssen, wie mir Isabella am Abend erzählte, als ich ihr beichtete, wie sehr mich dieses Erlebnis heute mitgenommen hatte. Auch in Batavia gab es viele Sklavinnen und Sklaven, dies war auch dort völlig normal. Und ja, viele der Sklaven waren auch nicht freiwillig nach Batavia gekommen, sondern von den anliegenden Inseln oder noch von weiter weg dorthin gebracht worden. Und ja, auch in Batavia wurden Sklaven mit Stockhieben gemaßregelt, wenn diese nicht richtig arbeiteten. Isabella empfahl mir daher, dass ich mich an den Anblick gewöhnen sollte, diesen würde ich in Batavia täglich sehen. Und wenn es meine Familie geschafft hätte, dort anzukommen, könnten wir sogar selbst ein paar Sklaven haben. Jeder anständige Haushalt in Batavia habe mindestens drei oder vier Sklavinnen und Sklaven.

Ich wusste nicht, ob ich das wollte, aber wie Isabella erzählt hatte, das war „normal“ dort. Vermutlich so wie in Hannover jeder reichere Haushalt und jeder reichere Bauer drei oder vier, manchmal auch mehr, Mägde und Knechte beschäftigte.
13. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 31.12.23 12:14

Ein kleines Kapitel habe ich noch für diejenigen, die der Meinung sind, dass diese Geschichte noch ein wenig weitergeführt werden sollte...



4. Kapstadt

Am übernächsten Tag ging es dann weiter Richtung Süden, immer entlang der afrikanischen Küste. Die meiste Zeit war es sehr ruhig, ab und zu sahen wir ein paar einheimische Fischerboote, ganz selten ein europäisches Schiff, aber keine Piraten. Gott sei es gedankt.

Das Wetter war heiß, aber die meiste Zeit gut. Ab und zu prasselte ein tropischer Regenschauer herab, aber unser Schiff war stabil genug, um diese auszuhalten.

Ich weiß nicht, wie lange wir genau unterwegs waren, aber irgendwann erreichten wir unseren nächsten Zwischenstopp, einen Ort namens Kapstadt. Hier waren wir angeblich an der Südspitze des afrikanischen Kontinents angekommen.

Tatsächlich war es hier recht frisch, obwohl ja inzwischen Sommer war.

Mein Vater musste lachen, als ich ihm meine Verwunderung mitteilte. Ja, in Europa war inzwischen Sommer, aber hier waren wir auf der Südhalbkugel und dort war im Sommer Winter.

So ganz verstand ich das nicht, aber irgendwie hatte er anscheinend Recht, denn je weiter wir nach Süden gekommen waren, desto frischer war es in den vergangenen Tagen geworden. Bei weitem nicht so kalt wie in Hannover im Winter, aber doch deutlich kälter als beispielsweise in Elmina.

Andererseits hatte ich auch nichts dagegen, dass es hier ein paar Grad weniger hatte, die Hitze Afrikas war schwer zu ertragen.



Ähnlich wie in Elmina gab es hier in Kapstadt ein großes Fort und eine Bevölkerung, welche zu einem großen Teil aus rabenschwarzen Afrikanern und einem kleineren Teil aus weißen Niederländern und ein paar anderen Europäern bestand.

Auch hier sah ich viele Menschen, die Sklavinnen und Sklaven zu sein schienen. Meine mitreisenden Niederländer, welche schon einmal hier gewesen waren, bestätigten mir dies auch. Auch hier in Kapstadt, praktisch überall auf dem afrikanischen Kontinent sei völlig normal, dass die Afrikanerinnen und Afrikaner ihren weißen Herren als Sklaven dienten. Ein bisschen schauderte mir schon, selbst wenn ich mit dieser Kultur nun bereits zum zweiten Mal in Berührung kam. Auch hier in Kapstadt sah ich Sklaven und Sklavinnen, die kaum als solche zu erkennen waren, und andere, denen man dies anhand ihrer Hals- und Fußketten sofort ansah. Es schien, als ob die körperlichen Arbeiten hier nur von schwarzen Afrikanern erledigt wurde. Die Weißen schienen hauptsächlich damit beschäftigt, die Afrikaner zu überwachen und mit Stockhieben zur Arbeit anzuhalten.

Obwohl ich ja selbst eine Weiße war, war dieser Anblick irgendwie verstörend.

Aber ich würde mich daran gewöhnen und in Batavia vielleicht eines Tages selbst ein paar Sklaven zur Arbeit antreiben müssen, so hatte es mir Isabella gesagt.

Ein anderer Mitreisender hatte mir in Elmina gesagt, dass es sogar notwendig sei, die Afrikaner mit Peitschen- und Stockhieben zur Arbeit anzutreiben, von Haus aus seien diese faul und würden sonst gar nichts tun.

Irgendwie konnte ich das nicht glauben. Diese Menschen hier arbeiteten trotz der Hitze so schwer. Aber niemand schien mit diesen armen Menschen Mitleid zu haben, stattdessen erhielten sie nur Schläge, aber praktisch nie ein aufmunterndes Wort oder ein Lob.

Falls ich irgendwann einmal in Batavia selbst Sklaven haben sollte, würde ich diese besser behandeln als die Menschen hier ihre Sklaven, das hatte ich mir in diesem Moment vorgenommen.



Beim Gang durch die Stadt sah ich hier auch das ein oder andere Kind mit etwas weniger dunklem Hautton. Ich konnte mir vorstellen, woher dies kam. Meine erfahrenen Mitreisenden bestätigten auch diese Vermutung. Ich fragte diese, ob diese Mischlingskinder denn nun wie deren weißer Elternteil frei wären oder wie ihr anderer Elternteil Sklaven blieben.

Ich erfuhr, dass dies vom Vater abhing. In den allermeisten Fällen war es hier aber wohl so, dass die Väter Weiße waren und die Mütter afrikanische Sklavinnen. Das bedeutete dann, dass auch die Kinder Sklaven blieben, mehr noch, diese gehörten dann dem Vater. Wie furchtbar.

Irgendwie fand ich das verstörend. Ich mochte meinen Vater wirklich sehr. Er war streng zu seinen Kindern, aber er liebte sie dennoch über alles. Vermutlich hatte er deswegen einen großen Teil seiner kleinen Ersparnisse dafür ausgegeben, uns diesen Neuanfang zu ermöglichen. Genauso gut hätte er uns in Hannover lassen können, wir waren alle drei alt genug, uns selbst durchzuschlagen.

Aber die Vorstellung, eine Sklavin, der Besitz meines Vaters zu sein, gefiel mir dennoch nicht. Irgendwie war ich doch froh eine Weiße zu sein, weiß und frei.



Wiederum berichtete mir Isabella, dass dies in Batavia auch nicht anders sei, auch dort würden Kinder, welcher der Hausherr mit seinen Sklavinnen gezeugt hatte, diesem gehören.



Ich versuchte mich ständig daran zu erinnern, dass dies hier in Afrika, aber auch in Ostindien völlig normal wäre und ich mich einfach daran gewöhnen. Aber so ganz gelang mir dies – noch – nicht. Ich war aber ja auch erst ein paar Wochen unterwegs. Auch Isabella meinte, dass ich mich an diese neue Kultur gewöhnen würde.

Ich war wirklich froh, dass ich Isabella kennengelernt hatte. Obwohl sie ungefähr gleich alt war wie ich, konnte ich so viel von ihr lernen.

Isabella erklärte sich auch bereit, uns ein bisschen in Kapstadt herumzuführen, sie war bereits zweimal hier gewesen, auf der Hin- und der Rückreise nach bzw. von Batavia. Vermutlich war sie auch froh, nicht alleine durch die Straßen der Stadt laufen zu müssen.

Denn das musste ich schon zugeben, etwas unheimlich war es schon, all diese schwarzen Menschen zu sehen.

Insgesamt war es aber auch hier in Kapstadt schön, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und etwas Neues zu sehen. Kapstadt war nicht ganz so exotisch wie Elmina, die Stadt war irgendwie „europäischer“, obwohl wir hier ja noch viel weiter weg von Europa waren als zuvor in Elmina. Dennoch gab es hier auf den Märkten viel zu entdecken. Auch hier gab es exotische Früchte, Schmuck aus Elfenbein und anderen Schmuck, welcher anscheinend aus Walknochen gemacht worden war. Von diesen Tieren gab es hier vor der Küste angeblich ziemlich viele, auch wir hatten auf unserem Weg tatsächlich ein paar dieser beeindruckenden Tiere gesehen.

Obwohl ich mir nicht sicher war, was mit den Elefanten passiert war, bat ich meinen Vater, mir eine Halskette mit einem kleinen Amulett aus Elfenbein zu kaufen. Zum Glück hatten wir noch ein bisschen Geld übrig und so konnte mein Vater mir diesen Wunsch erfüllen. Auch meine Schwester bekam eine solche Halskette. Wirklich teuer waren diese auch nicht, aber mir war klar, dass wir mit unseren Ersparnissen haushalten mussten, schließlich mussten diese auch noch für den Neubeginn in Batavia reichen. Ich hoffte, dass diese kleine Kette Glück bringen würde für die weitere Reise und unser neues Leben in Ostindien.

Unser Kapitän hatte uns erzählt, dass wir hier in Kapstadt bereits rund die Hälfte des Weges geschafft hätten. So langsam wuchs in mir doch die Neugier, was mich in Batavia erwartete. Meine Mitreisenden hatten mir erzählt, dass es auch dort ein buntes Gemisch aus Niederländern, ein paar wenigen anderen Europäern, Chinesen, Einheimischen und anderen Asiaten gäbe. Sicherlich würde es eine spannende Zeit dort werden.

Jedoch würden wir Ostindien nie erreichen...

14. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von ball am 31.12.23 12:34

Ein schönen Silvester wünsche ich

Bin gespannt wie es im neuen Jahr weiter geht und hoffe das unsere kleine Auswanderin noch viele Abenteuer erleben wird.

schöne Grüße
15. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 31.12.23 12:42

Danke schön, das gleiche wünsche ich auch.

Und ja, unsere Auswanderin wird im neuen Jahr 24 viel erleben, wesentlich mehr - und vor allem andere Dinge - als sie erleben möchte
16. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von ball am 31.12.23 13:18

ja da werden wohl ihre Albträume war werden
17. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 31.12.23 17:48

Du machst da weiter wo du bei Caro aufgehört hast. ALS hättest du nie was anderes gemacht.

Bin schon ganz neugierig was unsere Auswandererin alles erleben wird
18. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 31.12.23 18:05

So da bin ich mal gespannt was du mit Clara noch so alles vorhast, anhand vom Titel würde ich sagen es geht in die selbe Richtung wie Studentin unter Kontrolle.

Auf jedenfalls gespannt wie es weiter geht und was du so für fiese Sachen geplant hast.
19. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von powo01 am 31.12.23 18:55

@windelfohlen nur das being Clara der freundlichen Chinese die Ausrüstung liefert, da war alles noch gutes Schmiedehandwerk😀
20. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 01.01.24 11:53

Zunächst ein gutes neues Jahr zusammen.

Ich sehe schon, es gibt hier eine kleine Fangemeinde für meine Geschichte(n) und andere, denen diese nicht gefallen.
Über ersteres freue ich mich natürlich, zweiteres ist natürlich auch absolut in Ordnung.


Ich bin auf jeden Fall auch gespannt, wie es weitergeht, denn ich kenne den zweiten Teil und das Ende der Geschichte wie geschrieben auch noch nicht


@ball
Tja, über Albträume erzähle ich anscheinend besonders gern. Zumindest hatte Clara auf den zwei letzten Stopps in West- und Südafrika Gelegenheit, sich schon mal darauf vorzubereiten. Vielleicht ist dann der "Kulturschock" nicht ganz so groß...

@Windelmeister
Ich weiß, ich bin etwas monothematisch, sorry...

@windelfohlen
Die Ähnlichkeiten zur letzten Story sind irgendwie nicht von der Hand zu weisen. Zugegebenermaßen war das auch die Idee, die gleiche Szenerie ein paar hundert Jahre zurückzusetzen, daher sind die Parallelen auch alles andere als zufällig...
Und wer weiß, vielleicht ist diese ganze Geschichte ja nur ein weiterer (Alb)Traum von Caro?
(das wäre zugegebenermaßen eine geklaute Idee von MrSteel, tut aber momentan auch nichts zur Sache, erfunden ist die Geschichte ja so oder so)

@powo01:
Ich muss dringend meinen Virenscanner aktualisieren, ich habe das Gefühl, dass ich einen Trojaner auf meinem Rechner habe...
Ich weiß auch gar nicht, was Du mit Schmiedehandwerk meinst
21. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von ball am 01.01.24 12:48

Ein schönes neues Jahr wünsche ich allen
22. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von MartinII am 03.01.24 15:15

Ich bleibe gespannt...
23. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 07.01.24 07:31

So Ihr Lieben,

Wie vor ein paar Tagen angekündigt ist der erste Teil der Geschichte fast fertig.

Die Umfrage ist ja noch nicht ganz beendet, aber es sieht so aus, dass eine klare Mehrheit der Stimmen eine Fortsetzung der Geschichte möchte.

Nun gut, dann will ich diese erzählen.

Große Überraschungen wird es im ersten Teil der Geschichte aber nicht geben, Clara steuert ohne große Umwege auf ihren (erwartbaren) Bestimmungsort zu…

Aber wer meinen etwas langatmiger Erzählstil und das Thema mag, dem wird vielleicht auch meine zweite Geschichte gefallen… Umgekehrt, wem die erste Geschichte nicht gefallen hat dem wird wohl auch die zweite nicht gefallen…

Insoweit kann ich diejenigen, die gegen eine Fortsetzung der Geschichte gestimmt haben, nur darum bitten, diesen thread einfach zu ignorieren...

P.S.: Weiß jemand, ob man eine Umfrage löschen kann und diese Geschichte in eine „normale“ umwandeln kann? Oder bleibt dieser thread „für immer“ eine Umfrage?
24. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 07.01.24 17:25

5. Der Überfall


Nachdem die Mannschaft wieder die Vorräte aufgefüllt und das Schiff ausgebessert hatte, ging es weiter an der afrikanischen Küste entlang, Richtung Nordosten. Langsam aber sicher wurde es wieder wärmer und schwüler.

In einer Bucht legten wir einen erneuten Stopp ein. Es gab auch hier ein kleines niederländisches Fort, das „Lydsaamheid“ hieß und anscheinend erst vor wenigen Jahren gegründet worden war.
Entsprechend war die Siedlung hier deutlich kleiner als Elmina oder Kapstadt. Allerdings konnten wir auch hier nochmals unsere Vorräte auffüllen.

Auch wenn es in der kleinen Siedlung nicht viel zu sehen gab, so war es doch schön, nochmals vom Schiff herunterzukommen und sich die Füße zu vertreten.

Wie uns der Kapitän erklärte, würden wir nunmehr über den Indischen Ozean fahren und erst wieder in Cochin in Indien den nächsten Stopp einlegen.

Das hieß, dass dies vorerst das letzte Mal gewesen war, dass ich afrikanischen Boden betrat. Dachte ich.

Auch war ich ein gespannt, wie Indien aussah, von diesem fernen Land hatte ich schon das eine oder andere gehört. Auch dort gab es wohl Elefanten, dazu Tiger, Leoparden, Nashörner und viele andere exotische Tiere. Auch eine seltsame Religion, den Hinduismus, gab es wohl dort, große Tempelanlagen und vieles mehr, wie mir meine Mitreisenden berichteten. Ich war wirklich neugierig auf unseren nächsten Stopp in Cochin.

Doch dazu kam es nicht mehr.



Wir hatten erst vor ca. 2 Stunden den Hafen des Handelspostens verlassen, als der Kapitän auf einmal rief „Piraten“!

Tatsächlich konnten wir rechts von uns ein Schiff entdecken, das schnell auf uns zusegelte.

Ein Teil der Mannschaft ging hektisch zu den Segeln, um unsere Geschwindigkeit zu erhöhen, ein anderer Teil holte die Gewehre heraus welche sie für diesen Zweck mitgenommen hatte. Ein paar wenige Passagiere, welche Kampferfahrung hatten, erklärten sich bereit mitzukämpfen.

Uns befahl der Kapitän, unter Deck zu gehen und dort zu warten.

Wie befohlen begaben ich und die anderen Reisenden uns unter Deck und sandten ein Gebet zum Himmel, dass die Mannschaft verhindern würde, dass wir in die Hände der Piraten fielen. Auch mein Vater und mein Bruder hatten noch nie mit einem Gewehr in der Hand gekämpft und waren unter Deck gegangen.

Wir warteten und beteten. Eine ganze Weile geschah nichts.

Ich hatte schon gehofft, dass der Kapitän sich getäuscht hätte oder die Piraten einfach kein Interesse an uns hatten. Hier gab es auch nicht viel. Wir hatten keine Reichtümer an Bord, lediglich ein paar Gulden, welche die Mannschaft benötigte, um Vorräte für die Reise zu kaufen. Auch wir selbst hatten noch ein paar Goldstücke, welche für den Neustart in Batavia gedacht waren, aber viel war dies nicht. Meines Erachtens nichts, wofür sich ein tödlicher Kampf lohnen würde.

Doch während ich schon hoffte, dass die Gefahr vorüber war, hörte ich auf einmal einen dumpfen Schlag, vermutlich hatte das Piratenschiff unseres gerammt. Kurz darauf hörte man Schüsse, Schreie, Wehklagen. Auf Niederländisch und in einer Sprache, die ich nicht verstand.

Der Tumult dauerte ungefähr eine halbe Stunde, dann wurde es langsam aber sicher still.

Der Kampf war wohl vorbei.

Wer gewonnen hatte, konnten wir hier unten aber nicht sehen.


Wir hörten Schritte über uns, dann öffnete jemand die Luke über uns.

Es war kein Niederländer.

Es war ein fremder bärtiger Mann, vermutlich ein Pirat. In der Hand hatte er ein Gewehr und zielte auf uns.


In einer mir unbekannten Sprache befahl er uns herauszukommen. Etwas Anderes blieb uns auch nicht übrig und so kletterten wir einer nach dem anderen hinauf aufs Deck. Wir alle hatten große Angst, was uns nun erwarten würde. Sogar meinem Vater, den sonst kaum etwas erschrecken konnte, war die Angst deutlich anzusehen.

Auf dem Deck bot sich uns ein schrecklicher Anblick: Es lagen Leichen und Schwerverletzte herum, bestimmt zehn oder zwanzig Männer. Die meisten kannte ich, sie waren von unserer Mannschaft oder Mitreisende. Dazu ein paar andere, vermutlich Piraten. In einer Ecke saß der Rest unserer Mannschaft und der Kapitän – alle mit auf den Rücken gefesselten Händen.

Dafür standen auf dem Deck rund 50 bärtige und grimmig dreinschauende Männer, alle bewaffnet mit Gewehren und Säbeln oder Messern am Gürtel.

Der Pirat, der die Luke geöffnet hatte, befahl uns – soweit ich das verstehen konnte – uns an Deck hinzusetzen. Dabei schubste er uns unsanft herum.
Die Männer und Jungen mussten sich auf der rechten Seite setzen, die Frauen und Mädchen auf der linken. Ein paar der Piraten fuchtelten drohten mit ihren Gewehren und Messern herum. Auch wenn ich ihre Sprache nicht verstand, so war klar es doch klar, dass sie keine Widerrede duldeten.

Die Piraten hatten unser Schiff gekapert, was für ein Albtraum.


Wie geheißen setzte ich mich mit meiner Mutter und meiner Schwester auf der linken Seite zu den anderen Frauen und Mädchen, mein Vater und mein Bruder mussten gegenüber Platz nehmen. Neben mir nahm Isabella Platz. Auch sie zitterte vor Angst.
Auf jeder Seite dürften es knapp 100 Personen gewesen sein, welche die Piraten dort zusammentrieben.

Ich sah zu meinen Mitreisenden, auch sie waren kreidebleich. Viele weinten, vor allem die Frauen und Mädchen auf unserer Seite, aber auch bei den Männern und Jungen konnten viele ihre Tränen nicht mehr halten.

Danach gingen die Piraten durch die Reihen und fesselten uns: Jeder und jedem von uns wurde ein schweres Eisen um den Hals gelegt, dazu legte man schwere Stahlreifen um unsere Hände. Eine Eisenkette führte man von der einen Handschelle über das Halsband zur anderen Handschelle und von dort wieder zurück, so dass die Kette ein Dreieck bildete und wir unsere Hände nur noch ein paar Zentimeter bewegen konnten. Die Männer bekamen zusätzlich noch schwere Schellen um ihre Füße gelegt. Auch diese wurden mit einer Eisenkette verbunden. Nur den wenigen kleinen Jungen an Bord ersparte man diese Pein.

Ich war starr vor Schreck. Warum taten diese Männer uns das an?

Ich hatte eine leise, schreckliche Vorahnung, welche sich auch bald bewahrheiten sollte.


Nachdem die Piraten mit ihrem grausamen Werk fertig waren, rief einer Piraten, welcher dem Aussehen nach der Anführer war, etwas in einer unbekannten Sprache. Einer der Mitreisenden hatte den Pirat wohl verstanden und meldete sich.
Daraufhin wurde dieser zu dem Piraten geführt und musste dessen Worte übersetzen.

Der Piratenhauptmann sprach und der Mann übersetze:
„Ihr seid nun Gefangene des Yussuf Pascha. Wir werden Euch nach Sansibar bringen und dort als Sklaven verkaufen. Wer Widerstand leistet, wird auf dem Weg dorthin den Haien als Mittagessen dienen, ich rate Euch also dringend davon ab.“

Dabei fuchtelten einige der Piraten wiederum mit einem Gewehr in der Luft herum.


Mir wurde angst und bange. Ich wusste nicht, wo dieses Sansibar lag, aber dass ich und meine Familie dort verkauft werden sollte, hörte sich nicht gut an. Gar nicht gut.

Auf meinen Zwischenstopps in Afrika hatte ich das erste Mal Sklaven und Sklavinnen gehen. Allerdings schwarze. Würde es mir nun ebenso ergehen wie diesen?

Ich wollte doch nach Batavia, ein neues Leben beginnen und nicht irgendwo in Afrika als Sklavin enden.

Wie bereits die meisten meiner Mitreisenden musste auch ich bitterlich weinen.



Die Schiffsreise bis hierher war schon kein Vergnügen gewesen, aber was nun folgte war der Horror.

So wie wir waren, mussten wir auf dem Deck sitzen bleiben, Tag und Nacht. Das Einzige, was uns die Piraten gönnten, war ein Tuch gegen die Sonne, sonst wäre unsere Haut wohl verbrannt. Nur wenn jemand von uns sich erleichtern musste, durfte er oder sie kurz aufstehen. Zum Schlafen „durften“ wir uns hinlegen, die Fesseln bekamen wir aber auch dabei nicht ab. In dieser unbequemen Position zu schlafen war schwierig bis kaum möglich. Aber das interessierte die Piraten nicht im Geringsten. Von Zeit zu Zeit brachten die Piraten Wasser oder etwas zu Essen vorbei – aus den Vorräten, welche wir noch kurz davor an der afrikanischen Küste aufgefüllt hatten. Ein Teil der Piraten blieb an Bord, um uns und die Crew, welche überlebt hatte, zu bewachen, der Rest ging zurück auf deren Schiff und folgte uns. Die Küchenmannschaft „durfte“ wieder zurück an die Arbeit, besser wurde das bisher schon recht eintönige Essen aber nicht, im Gegenteil. Wir waren ja nun keine zahlenden Passagiere mehr, sondern Gefangene der Piraten. Entsprechend achteten diese darauf, dass sie selbst das beste Essen bekamen.


Dem Teil der Mannschaft und Passagiere, der nur leicht verletzt war, verbanden die Piraten notdürftig ihre Wunden.

Die Matrosen und Passagiere, die schwerer verletzt waren, warfen die Piraten einfach über Bord, ebenso die tödlich verwundeten. Nicht ohne uns zu drohen, dass sie es mit uns genauso machen würden, wenn wir auch nur den geringsten Widerstand leisten würden.

Was für ein Horror.

Sie konnten doch diese armen Menschen nicht einfach ins Meer werfen? Es waren Menschen, Christen, die wie jeder gute Mensch ein Begräbnis verdient hatten. Aber so konnten niemand diese ordentlich begraben. Möge Gott ihrer Seele gnädig sein. Auch wenn ich schreckliche Angst vor dem, was uns erwartete hatte, so wollte ich doch nicht so wie diese armen Männer enden. Sie hatten doch auch für uns gekämpft, einen kurzen, vergeblichen Kampf. Und nun lagen sie wohl auf dem Grund des Meeres.

Ich hatte tagelang Albträume von diesem schrecklichen Erlebnis.

Allerdings gingen die Piraten auch mit ihren eigenen Leuten nicht zimperlich um. Die Leichtverletzten wurden notdürftig verarztet, die Schwerverletzten, drei an der Zahl, bekamen dagegen den „Gnadenschuss“. Was für ein Horror.
Zumindest wurden diese ebenso wie die zwei bereits im Kampf tödlich verwundeten Piraten nicht einfach über Bord geworfen. Stattdessen brachten die Piraten diese in einem Beiboot an die Küste und begruben diese am Strand. Ein kurzes Gebet, das war’s, kein Pfarrer, der ihnen die letzte Salbung hätte geben können, auch deren Verwandten würden wohl nie erfahren, wo diese Männer ihre letzte Ruhe gefunden hatten.



Unter Überwachung segelten wir nicht nach Nordosten, Richtung Indien, sondern weiter an der afrikanischen Küste entlang Richtung Norden. Von Tag zu Tag wurde es heißer und schwüler. Ab und zu blickte ich über den weiten Ozean und stellte mir vor, dass wir morgen in Cochin ankommen würden und ich mir dies alles hier nur einbilden würde. Aber nein, die Fesseln an meinen Händen und an meinem Hals waren real und Indien blieb ein Traum.


In Ketten auf dem Deck zu sitzen war schlimm. Noch schlimmer war aber die Ungewissheit, was uns in diesem Sansibar erwarten würde. Bestimmt nichts Gutes, die Sklaverei war wohl in den meisten Fällen die Hölle auf Erden. Für Afrikaner in den Händen von Europäern genau wie für Europäer in den Händen von Arabern. So erzählten es jedenfalls meine Mitreisenden.

Isabella, die neben mir saß, war auch noch nie in Sansibar, aber sie hatte davon gehört. Sie erzählte uns, dass dies der wichtigste Umschlagplatz für Sklaven in ganz Ostafrika war, beherrscht von Arabern, genauer gesagt von Omanis. Viel mehr wusste sie aber auch nicht über diesen Ort.

Diese Informationen hellten meine Stimmung auch nicht wirklich auf. Auch plagten mich oft Albträume, in denen ich zurück in Elmina war und dort nackt und gefesselt auf dem Sklavenmarkt stand, um kurz darauf auf ein Schiff Richtung Amerika getrieben zu werden. Vermutlich war dieser Albtraum gar nicht so unrealistisch.


Entsprechend verbrachten ich, meine Schwester und meine Mutter die meiste Zeit der Weiterreise mit Weinen und Klagen über unser Schicksal. Wären wir doch in Hannover geblieben. Wir wären zwar arm geblieben, aber wir hätten unser Leben nicht als Sklavinnen beendet.

Aber nun drohte uns Schreckliches.

Ich muss zugeben, dass ich auch des Öfteren darüber nachdachte, ob es nicht besser wäre, einfach von Bord zu springen und meinem Leben hier und jetzt ein Ende zu bereiten. Ich konnte nicht schwimmen, daher wäre dies wohl ein schreckliches, aber auch schnelles Ende geworden. Aber das wäre eine schlimme Sünde gewesen, also blieb ich wie die anderen sitzen. Vielleicht würde uns ja jemand retten, irgendwer. Ich war doch noch jung und hatte noch mein halbes Leben vor mir. Ich hatte noch Träume, einen guten Ehemann zu finden, eine Familie zu gründen, vielleicht sogar eines Tages einmal Enkel zu haben. Aber ob sich diese noch erfüllen würden?

Es sah nicht mehr danach aus.

Aber ganz wollte ich die Hoffnung nicht aufgeben, so schlimm meine Lage und die Lage meiner Familie auch war.



Die Stunden und Tage vergingen, in sengender Hitze ging es Richtung Norden. Ein Tag war wie der andere, die Stunden vergingen quälend langsam. Gefesselt an Bord zu sitzen, war unbequem und meine Glieder schmerzten von der einseitigen Haltung und der wenigen Bewegung. Es war heiß und schwül, Mücken plagten uns. Zum Glück saßen wir auf dem Deck, denn wir rochen langsam aber sicher alle erbärmlich. Die Nächte waren nicht viel besser, dann war es zwar etwas kühler, aber die Angst vor Sansibar ließ uns kaum ein Auge zu tun.

Die Küste war meist grün und menschenleer, nur vereinzelt sah man einzelne Forts und Siedlungen, wie ich erfuhr gehörten diese den Portugiesen.

Aber so sehr ich es auch hoffte, auch von dort kam keine Hilfe, wir segelten unbehelligt an den Niederlassungen der Europäer vorbei. Auch die wenigen Schiffe, die ich manchmal in der Ferne sah, schienen keine Notiz von uns zu nehmen.


Irgendwann, es war noch früher Morgen, entdeckten wir auf einer Insel rechts vor uns eine Stadt. Das Minarett einer Moschee war schon von weitem zu sehen, als wir näherkamen, konnten wir auch den Hafen und die Häuser der Stadt erkennen.

Das war wohl Sansibar.

25. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 07.01.24 17:49

tja da schwindet das neue geplante leben und willkommen im neuen ungeplanten leben.

Irgendwie find ich schon grosse Überraschung, hätte eher gedacht in Indien wird sie streng kontrolliert, aber ja so ist es realistischer da es ja genau so hätte passieren können.

Ach und wieder wünsche ich mir das es der Protagonistin ein Happy End bekommt, finde die Charaktere sehr gut geschrieben was sie fühlen usw.

Danke und mach weiter, freue mich wen die Geschichte weiter geht.

(und pass auf das nicht am schluss 2 Mädchen dan mit dir unterhalten möchten
26. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von MartinII am 08.01.24 16:05

Schön geschrieben!
27. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von powo01 am 08.01.24 21:08

@neuschreiber habe ein wenig in Geschichte aufgepasst 😌 Vielen Dank für deine Mühe
28. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 09.01.24 10:22

Dann sind wir mal gespannt wie es mit Carla weitergeht. Ich befürchte es steht eine harte Zeit vor ihr
29. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 09.01.24 20:28

@windelfohlen

In der Tat sieht es so aus, als ob sich Claras Leben ganz anders entwickeln wird als von ihr geplant…

powo01 hatte gleich den richtigen Riecher, wo die Reise tatsächlich hingeht...

(by the way: Ziel ihrer Reise war nicht Indien, sondern Ostindien – im Wesentlichen das, was heute Indonesien ist, dieses Land war bis zum 2. Weltkrieg eine holländische Kolonie und Batavia, das heutige Jakarta, die Hauptstadt)

Zumindest nach meinen laienhaften Kenntnissen ist das Szenario - niederländisches Händlerschiff wird im 18. Jahrhundert auf dem Weg nach Ostindien im Indischen Ozean von arabischen Piraten überfallen und die Passagiere versklavt und in Sansibar verkauft - realistisch. Im Gegensatz zu meiner ersten Story habe ich diesmal keine Fantasiewelt entworfen.

Ganz sicher gefällt Clara zumindest der erste Teil der Geschichte auch nicht. Aber 300 Jahre Sicherheitsabstand sollten ausreichen, damit ich mich zumindest vor ihr sicher fühle…



@Windelmeister:

Da hast Du sicher Recht, dass Clara harte Zeiten bevorstehen. Aber Clara hat die Hoffnung auf ein Happy End ja noch nicht aufgegeben und ist nicht über Bord gesprungen. Also sollten wir diese auch nicht aufgeben

In diesem Sinne kann Clara froh sein, dass dies hier nur eine erfundene Geschichte ist. In der Realität gab es für die Opfer von Piratenüberfällen meist kein Happy End…

Aber vielleicht hat der Autor dieser Geschichte immer noch ein Faible für kitschige Liebesgeschichten, wer weiß...
30. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 10.01.24 20:27

6. Ankunft in Sansibar


Unser Schiff – ehemals ein stolzes niederländisches Handelsschiff, nun ein von Piraten gekapertes Gefangenenschiff – lief in den Hafen von Sansibar ein und ging dort vor Anker.

Müsste hier im Hafen nicht die Garde des Herrschers die Piraten gefangen nehmen und uns befreien?

Viel Hoffnung hatte ich aber nicht. Die Piraten hätten wohl kaum diese Stadt angesteuert, wenn sie hier gefangen genommen werden würden.

So war es dann auch.


Das Schiff machte an der Reede fest, hinter uns folgte das Schiff, mit welchem uns die Piraten überfallen hatten. Niemanden schien sich darüber zu wundern.

In was für einem seltsamen Land waren wir hier, in dem es normal war, dass Piraten einfach in den Hafen einliefen?

Nachdem die beiden Schiffe angelegt hatten, kamen auch die Piraten von dem Schiff, das uns gefolgt war, an Bord. Es dürften ca. 60 Piraten gewesen sein, die sich nun auf unserem gekaperten Schiff befanden.


Die Piraten gaben uns nochmals etwas zu trinken, dann befahl uns der Piratenhauptmann aufzustehen.
Inzwischen hatte ich herausgefunden, dass die Männer arabisch sprachen, auch die standardmäßigen Befehle verstand ich bereits – leider.

Wir mussten also aufstehen und die Männer verbanden jeweils 10 Frauen mit einer langen Eisenkette. Dazu führten sie die Kette durch den Ring an unseren Halseisen, durch welchen bereits die Kette zu unseren Handschellen ging, und sicherten das Ganze jeweils mit einem dicken Vorhängeschloss. Von dort ging die Kette über die Schulter zur nächsten Gefangenen. Da ich neben meiner Schwester saß, verband mich der Mann mit meiner Schwester. Diese hing wiederum hinter meiner Mutter. Dann führte der Pirat die Kette hinter meinem Rücken weiter zu Isabella.

Eigentlich wollte diese zu ihrem Mann in Batavia zurückkehren. Aber vermutlich würde sie diesen nie mehr sehen. Und ich würde Batavia wohl auch nie zu Gesicht bekommen.


Ich konnte fühlen, wie das dicke Vorhängeschloss mein Halseisen mit seinem Gewicht leicht, aber unangenehm nach unten zog, anscheinend war das Schloss ziemlich schwer. Um dies zu verhindern, musste ich meinen Hals nach hinten strecken, was auf Dauer etwas Kraft kostete. Mit meinen gefesselten Händen konnte ich das Vorhängeschloss auch berühren, aber öffnen konnte ich es natürlich nicht. Auch gegen den leichten, aber unangenehmen Zug an meinem Hals konnte ich wenig tun. Meine vor meiner Brust gefesselten Hände erlaubten mir zwar theoretisch, das Schloss und die Kette anzuheben, das war auf Dauer aber auch unbequem und ermüdend.


Bei den gefangenen Männern, also auch meinem Vater und meinem Bruder, taten die Piraten dasselbe, auch sie wurden in 10er-Gruppen an ihren Halsschellen angekettet.

Wo man uns wohl hinbrachte? Ich konnte es mir vorstellen und wollte doch nicht daran denken.
Die letzten Tage an Bord waren schrecklich gewesen, aber das, was uns in Sansibar erwartete, würde vermutlich nicht besser werden, im Gegenteil. Heute war es wohl soweit, wir würden als Sklavinnen und Sklaven verkauft werden, hier in Sansibar.


Wer mich wohl kaufen würde?
Ein schwarzer Afrikaner? Ein brauner Araber? Ein weißer Europäer?
Nur mich? Oder unsere ganze Familie? Vielleicht alle Passagiere zusammen?
Würde ich hier auf Sansibar mein Lebensende verbringen? Oder war dies nur eine Zwischenstation auf dem Weg irgendwo anders hin? Falls ja, wohin?
Was bedeutete es, eine Sklavin zu sein? Was musste ich zukünftig tun? Musste ich auf einer Plantage arbeiten? Oder vielleicht „nur“ in irgendeinem Haushalt wie eine europäische Magd? Oder vielleicht sogar in irgendeinem Bergwerk, was angeblich so ziemlich das schlimmste Schicksal war, das einen Sklaven ereilen konnte?
(eine Mitreisende hatte etwas erwähnt, dass es für Sklavinnen manchmal noch ein ähnlich schlimmes Schicksal gab, aber daran wollte ich nicht mal denken)

Tausend Fragen gingen mir durch den Kopf, während die Piraten damit beschäftigt waren, uns in 10er-Gruppen zusammenzuketten.

Antworten bekam ich jedoch keine. Noch nicht, aber vermutlich bald.



Zunächst wurden die Frauen von Bord geführt. Wir waren als fünfte Gruppe dran.

Ich warf meinem Bruder und meinem Vater beim Gehen noch ein Abschiedsgruß zu, hoffentlich würde dies kein Abschied für immer sein. Möglich wäre dies jedoch durchaus. Bei dem Gedanken überkam mich eine tiefe Traurigkeit. Aber tun konnte ich nichts, vielmehr spürte ich bereits einen unangenehmen Zug an meinem Hals, als ich nochmals versuchte, mich nach diesen umzudrehen.

Wohin es ging mussten wir jedenfalls nicht fragen, zum einen mussten wir nur dem Zug an der Kette an unserem Hals folgen, zum anderen hätten wir auch nur der Gruppe vor uns folgen müssen.

Ein Pirat zog die erste unserer Gruppe, eine ältere Niederländerin, voran, zwei weitere Piraten wachten mit Rohrstöcken in der Hand, dass niemand aus der Reihe tanzte.

Das tat auch niemand, ich hätte nicht gewusst, was wir hätten tun sollen, um unserem Schicksal zu entkommen.

Ich musste an die armen Sklaven denken, die ich am Hafen von Elmina gesehen hatte. Nie im Leben hätte ich daran gedacht, dass ich einmal in einer ähnlich schrecklichen Lage wie sie stecken würde.
Doch nun war ich selbst Teil einer solchen Sklavenkarawane.

So folgte ich dem Piraten, respektive meiner Schwester, welche ca. einen Meter vor mir an der Kette hing. Ich zog wiederum unfreiwillig Isabella hinter mir her.

Über eine Planke verließen wir das Schiff, dann liefen wir zunächst über den Kai, an welchem das Schiff geankert hatte. Am Ende des Kais betraten wir einen Platz am Hafen, auf welchem viele Menschen herumstanden.

Allerdings, niemand half uns, niemand schien sich zu wundern, wie Dutzende Frauen angekettet über den Platz getrieben wurden. Die Menschen, Männer, Frauen und Kinder, schauten uns nur neugierig zu. Ein paar Frauen schauten mitleidig drein, die meisten musterten uns aber nur interessiert. Weiße Europäer sah ich nicht, die Bewohner der Stadt waren anscheinend Afrikaner oder Araber, so wie unsere Entführer. Dazu kamen noch einige fremdartig aussehende Menschen mit brauner Haut, vielleicht Inder. Wieviel lieber hätte ich diese in Cochin gesehen.

Erneut fragte ich mich, wo ich hier gelandet war. Warum stellte sich niemand den Piraten, die uns überfallen hatten, entgegen? Es musste doch für die Garnison dieser Stadt ein leichtes sein, die vielleicht 60 Piraten zu überwältigen.

Aber nichts geschah. Die Piraten zogen uns unbehelligt über den Hafenplatz.


Es war immer noch unglaublich heiß und ich schwitzte, aber das interessierte auch niemanden. Wir alle stanken inzwischen furchtbar, seit dem Aufenthalt in Lydsaamheid hatten wir uns nicht mehr gewaschen und auch unsere Kleider nicht mehr gewechselt.

Ich folgte dem Zug der Kette an meinem Halseisen weiter. Wir überquerten den Platz und kamen zu einem Stadttor. Links und rechts davon konnte ich eine gewaltige Stadtmauer erkennen. Am Tor standen zwei bärtige Männer mit brauner Haut und Gewehren in der Hand. Meine kurzzeitige Hoffnung, dass diese die Piraten vielleicht aufhalten würden, erfüllte sich nicht. Im Gegenteil grüßten die beiden Männer die Piraten freundlich und ließen diese – und damit auch uns - ungehindert passieren. Für unsere armen Seelen hatten sie kaum einen Blick übrig.


Wir durchschritten das Tor und gelangten in die Stadt. Die meisten Häuser waren aus Stein gebaut. Links und rechts der Straße, durch welche wir die Stadt betreten hatten, begannen enge Gassen.
Seltsame Düfte stiegen mir in die Nase, auch wenn ich dafür wenig Aufmerksamkeit übrighatte.

Vielmehr musste ich mich weiterhin konzentrieren, mit meiner Schwester und den anderen gefangenen Mitreisenden schrittzuhalten. Die Piraten liefen ziemlich schnell, sodass ich fast ständig einen Zug und ein leichtes Würgen an meinem Hals verspürte. Zumindest zog das Vorhängeschloss meinen Hals nicht mehr nach unten, wenn sich die Kette vor mir spannte. Angenehmer war dies aber natürlich auch nicht. Ebenso unangenehm war es, wenn Isabella Probleme hatte, mit mir Schritt zu halten und ich dann gleichzeitig nach vorne und hinten gezogen wurde.

So blieb mir auch wenig Zeit, diese seltsame Stadt zu betrachten. Viel konnte ich eh nicht erkennen, denn auch hier standen links und rechts der Straße viele Menschen herum, welche uns neugierig betrachteten. Auch hier war ein Gemisch aus Afrikanern, Arabern und Indern versammelt, aber kein einziger Europäer. Außer uns selbst natürlich.

Auf die Idee, uns zu helfen, kam aber weiterhin niemand. Irgendwie fühlte mich wieder an Elmina erinnert. Nur gehörte ich damals zu den Zuschauern. Heute war ich selbst Teil des „Spektakels“. Ob mich die Männer später auch auf ein Schiff bringen würden, um mich nach Amerika oder sonst wohin zu schippern?

Wobei das für mich in diesem Moment fast egal war, ob ich hier in Afrika oder in Amerika als Sklavin enden würde, fernab meiner Heimat und ein schreckliches Ende meines Lebens war beides. Ein paar Tränen liefen aus meinen Augen. Ich wollte zurück nach Hause, zurück in die kleine Kammer unserer Wohnung in Hannover, die ich zusammen mit meiner Schwester 23 Jahre lang bewohnt hatte - und wusste gleichzeitig, dass ich meine Heimat wohl nie, nie mehr wiedersehen würde.


Der Pirat zog uns die Straße entlang bis zu einem großen Marktplatz, dann bog er links in eine größere Gasse ab und blieb nach vielleicht 200 oder 300 Meter stehen. Wir standen vor einem großen Hallengebäude aus Stein. Die letzten Frauen der Gruppe vor uns gingen gerade dort hinein.
Soweit ich sehen konnte, war das Gebäude bis auf die dort hineingebrachten Frauen und die Piraten, welche diese geführt hatten, leer. Schwere Eisenketten hingen von in der Wand eingelassenen Haken herab. Viele Ketten.

Ich wollte nicht in dieses Gebäude, aber es war mir klar, dass genau dieses das Ziel unseres Fußmarsches war.

Tatsächlich blieben wir auch nicht allzu lange dort stehen, dann führte uns der Mann, welcher die Kette unserer Gruppe in der Hand hatte, in die große Halle. Die zwei Begleiter mit den Rohrstöcken in der Hand ließen uns nicht aus den Augen.

Da ich nicht schnell genug reagiert hatte, spürte ich wieder einen unangenehmen Zug an meinem Hals, dieser war schmerzhaft genug, mich sehr schnell aus meinen Gedanken zu reißen. So folgte ich meiner Schwester unfreiwillig hinein. Und ob ich wollte oder nicht zog ich auch Isabella hinein in diesen schrecklichen Raum, in welchem sich vermutlich mein weiteres Schicksal entscheiden sollte...

31. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 10.01.24 23:41

Arme Clara halte durch und gebe die Hoffnung nucht auf. Im Moment erlebst du sicherlich einen Albtraum. Hätte ich eine Zeitmaschine käme ich und würde versuchen dir zu helfen.

So aber bleibt mir nichts anderes übrig als dir viel Kraft und Durchhaltevermögen für die vermutlich schwere Zeit zu wünschen.

Ich drücke die Daumen das sich ein Käufer für die ganze Familie findet und sie wenigstens als Familie gemeinsam ihr Leben als Sklaven starten
32. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 10.01.24 23:41

Arme Clara halte durch und gebe die Hoffnung nucht auf. Im Moment erlebst du sicherlich einen Albtraum. Hätte ich eine Zeitmaschine käme ich und würde versuchen dir zu helfen.

So aber bleibt mir nichts anderes übrig als dir viel Kraft und Durchhaltevermögen für die vermutlich schwere Zeit zu wünschen.

Ich drücke die Daumen das sich ein Käufer für die ganze Familie findet und sie wenigstens als Familie gemeinsam ihr Leben als Sklaven starten
33. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 11.01.24 02:00

Oh man, die Arme Familie, ungewiss ob man sich dann gegenseitig wieder trifft, oder für immer getrennt werden.
Mann könnte ja glatt meinen du warst live mit dabei, hast eine Maschine oder magische Kristallkugel mit der du in die Vergangenheit schauen kannst und schreibst alles auf was du siehst.
Bin gespannt was du dir noch so alles einfällt.

@windelmeister wen du Zeitmaschine hast gib bescheid, helf dir um die Familie zu befreien.
34. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 11.01.24 20:31

@Windelmeister, windelfohlen

Es freut mich, dass Ihr so eifrig mit Clara mitfiebert.
Wenn die Gute Euch jetzt schon leid tut, solltet ihr vielleicht nicht das morgige Kapitel lesen, denn besser wird es (zumindest morgen) nicht.
Aber wie früher geschrieben sollten wir die Hoffnung auf ein Happy End nicht aufgeben...

Außerdem ist das, was Clara erleben muss wohl immer noch nichts zu dem Horror, den Millionen Sklaven und Sklavinnen tatsächlich im Laufe der Geschichte erlebt haben...

Mit einer Zeitmaschine kann ich leider auch nicht dienen, es sind schon genug historische Fehler in dieser Geschichte
Bei dieser Geschichte dabei war ich natürlich auch nicht, aber natürlich war/ist es das Ziel so zu schreiben, dass man sich in die Szene hineinversetzen kann.
Die besten und wichtigsten 25% - das eigene Kopfkino - kann aber natürlich auch die beste Erzählung nicht ersetzen...

In diesem Sinne wünsche ich weiterhin gute und spannende (?) Unterhaltung...
35. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 11.01.24 23:14

Clara ist mir jetzt schon ans Herz gewachsen. Ehal wie hart das nächste Kapitel wird ich leide mit ihr mit. Wie heißt es so schön geteiles Leid ist halbes Leid.
36. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 12.01.24 19:36

7. Die Hölle auf Erden


Meine Schwester zog mich also mittels der Kette, welche unsere Halseisen verband, in die Steinhalle hinein.

Was für ein schrecklicher Ort.

Wenn es eine Hölle auf Erden gab, dann befand sich diese vermutlich in dieser Halle.

Ich konnte sehen, wie mehrere Piraten damit beschäftigt waren, die 20 Frauen aus den 2 Gruppen vor uns einzeln an Metallhaken an der linken Wand anzuketten.

Mit den beiden ersten Gruppen waren sie bereits fertig, die Frauen kauerten an der Wand. Eine rund 1,5 Meter lange schwere Kette ging jeweils von einem Haken an der Wand zum Halseisen der Frauen. Verbunden waren diese mit dem gleichen schweren Vorhängeschloss, an welcher diese zuvor an der Kette der Piraten gehangen waren.

Ein paar wenige Frauen standen, die meisten saßen auf dem Boden und weinten bitterlich.

Wir mussten etwas, schrecklich lange Minuten, warten, bis wir an der Reihe waren.

Dann öffnete einer der Piraten das Vorhängeschloss an unserem Hals, welches uns mit der langen Kette verband. Die Kette zu unseren Handschellen blieb uns dagegen erhalten. Als nächstes fädelten die Piraten die Kette aus den Ringen an unseren Halseisen. Allerdings auch nur, um uns danach wie die anderen Frauen vor uns an die Wand zu fesseln.

Entsprechend befahlen uns die Piraten, uns an die Wand an neben die Eisenketten zu stellen. Wie bereits auf dem Weg an diesen schrecklichen Ort bekam ich einen Platz zwischen Veronica und Isabella zugewiesen.

Ich kann kaum beschreiben, wie unangenehm es war, als ein Pirat eine der Ketten, welche von der Wand hingen, nahm und durch den Ring an meiner Halsschelle fädelte.

Der Pirat nahm dann erneut das schwere Vorhängeschloss und verschloss dieses an der Kette. Das Schloss schnappte mit einem „klick“ zu und mir war klar, dass ich mich keine zwei Meter mehr von dem Haken an der Wand entfernen konnte. Ich musste hierbleiben, bis irgendjemand das Schloss an meinem Hals wieder öffnen würde. Bis mich irgendjemand „mitnehmen“ würde.

Mir schauderte.

So angekettet stand ich in einer großen Halle irgendwo in Afrika, in einer Stadt namens Sansibar, um dort als Sklavin verkauft zu werden. Neben mir meine Schwester und Isabella, welche das gleiche Schicksal erwartete.

Einen so schlimmen Albtraum konnte sich doch niemand ausdenken. Und dennoch war ich nun mittendrin in diesem. Schlimmer noch, dieser Albtraum hatte gerade erst angefangen und ich wusste weder, wie dieser weitergehen noch wie dieser enden würde.


Ich setzte mich hin, zum Glück war die Kette an meinem Halseisen lang genug hierfür, wartete und weinte.



Irgendwann kam der Anführer der Piraten vorbei und fragte mich etwas, aber ich verstand kein Wort.

Dann wiederholte er die Frage nochmals, diesmal allerdings in – wenn auch schlechtem – Niederländisch. Er fragte mich, wie ich hieße und woher ich käme.

Ich antwortete ihm in meinem ebenfalls nicht besonders guten Niederländisch, dass mein Name Clara wäre und ich aus Hannover in den deutschen Landen käme.

Der Mann grinste und antwortete wieder in gebrochenem Niederländisch:

„Das ist nicht gut für Dich, Clara. Niederländer bleiben in der Regel hier, um sie später gegen Lösegelder freizulassen. Auch mit den Engländern und Portugiesen machen die Sklavenhändler solche Geschäfte, manchmal auch mit Spaniern und Franzosen. Die deutschen Kleinstaaten haben hier im Indischen Ozean jedoch keine Niederlassungen, daher gibt es niemanden, der hier ein Lösegeld für Euch zahlen würde.
Wahrscheinlich wird Euch daher jemand kaufen, der Euch nach Arabien bringen wird. Weiße Sklavinnen sind dort sehr begehrt.“

Der Piratenhauptmann musste grinsen:

„Reiche Männer dort zahlen das Fünf- bis Zehnfache für eine weiße Sklavin gegenüber einer afrikanischen. Insbesondere, wenn diese dann noch aus einem Land kommt, bei dem sie keine Angst haben müssen, Ärger mit den dortigen Machthabern zu bekommen.“

Der Mann grinste wiederum und hatte anscheinend schon die Gulden im Auge.

Mir wurde dagegen angst und bange und weitere Tränen flossen aus meinen Augen.

Das hörte sich nicht gut an. Ich wollte nicht nach Arabien als Sklavin.

Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dies meine letzte Reise werden würde.


In diesem Moment verfluchte ich meine Herkunft aus den deutschen Landen, diesem zerrissenen Gebilde aus Kleinstaaten, in denen sich jeder Fürst nur um sich selbst kümmerte. Es gab zwar einen Kaiser, der in der Theorie über ein riesiges Reich herrschte. Doch praktisch hatte der in Hannover ungefähr so viel zu sagen wie ich selbst. Entsprechend kümmerte sich dieser auch nicht um die deutschen Kurfürstentümer, die ihm formal unterstanden. Und die kleine Armee unseres Kurfürstentums hatte genug damit zu tun, sich mal wieder der Westfalen, Preußen, Hessen, Bayern oder Franzosen zu erwehren, oder mit wem auch immer unser Land gerade mal wieder in Konflikt stand. Und eine Flotte hatte unser kleines Land meines Wissens auch nicht.

Nein, aus meiner Heimat würde niemand kommen, um mich hier in Afrika oder in Arabien zu retten, so viel stand fest.


Der Piratenanführer sah meine Tränen und meine Angst und hatte vielleicht ein ganz klein wenig Mitleid bekommen:

„Clara, ich habe aber auch eine gute Nachricht für Dich:
Weiße Sklavinnen werden, gerade weil sie so wertvoll sind, in Arabien deutlich besser behandelt als schwarze Sklavinnen. Als eine solche würde es Dir vermutlich deutlich schlechter ergehen. Vielleicht hast Du ja Glück und Du wirst von einem Hausherrn gekauft, der es gut mit Dir meint.
Zumindest besteht die Chance für Dich.
Schwarze Sklavinnen haben diese in der Regel nicht. Von diesen gibt es so viele, dass diese in der Regel wie Austauschware behandelt werden.
Und glaube mir, das Leben als Sklavin in Arabien ist in aller Regel weniger schlimm als das Leben der Sklavinnen, welche hier in Afrika oder auch in Indien auf den Feldern arbeiten müssen.
Bete zu Deinem Gott, dass das Schicksal Dir gnädig sein möge.“


Genau das tat ich auch, mehr konnte ich angekettet an diesem schrecklichen Ort nicht tun.


Der Mann ging weiter zu Isabella, die weinend neben mir saß, und befragte sie ebenfalls.

Da ich inzwischen etwas niederländisch verstand, konnte bzw. musste ich das Gespräch mitanhören.
Sie hatte wohl das Glück, Niederländerin zu sein und vielleicht irgendwann freigekauft zu werden.
Vielleicht würde ihr Mann in Batavia eines Tages von ihrer Entführung erfahren und Geld für sie bereitstellen. Wenn sie ihrem Mann die geforderte Summe wert war, so ganz sicher war auch das nicht. Falls nicht würde auch sie unser Schicksal in der Sklaverei teilen.

Für Isabella gab es zumindest Hoffnung. Für mich nicht.

Diese Hoffnung schien sie aber auch nicht aufzuheitern, denn sie weinte ebenso bitterlich wie ich.
Hier in dieser Stadt wochen- oder monatelang darauf zu hoffen, dass jemand sie freikaufen wollte, waren auch keine schönen Aussichten. Aber zumindest ein Strohhalm, an den sie sich klammern konnte.



Danach ging der Piratenhauptmann weiter durch die Reihen. Immer mehr Frauen wurden hereingeführt und wurden eine nach der anderen an der Wand angekettet. Was für ein grausames Schauspiel.

Ich erwartete, dass auch die Männer, mein Bruder und mein Vater, bald hereingeführt würden.

Aber das passierte nicht. Als alle Frauen unseres Schiffes in der Halle waren, endete der Zug.
Die Männer brachten die Piraten anscheinend irgendwo anders hin? Aber wohin?

Ich vermisste meinen Vater und meinen Bruder. Mit letzterem hatte ich zwar schon viel, sehr viel Streit gehabt, aber letztlich mochten wir uns doch. Hoffentlich würden sie diese gut behandeln. Irgendwie konnte ich mir das aber kaum vorstellen, bestimmt würden die Piraten diese nicht besser behandeln als uns. Und nachdem mein Bruder und mein Vater auch aus einem deutschen Kleinstaat kamen, stand wohl auch ihnen die Sklaverei bevor.
Mein Vater hatte es doch gut mit uns gemeint und wollte für sich und uns ein besseres Leben haben.
Und nun würde diese Hoffnung in der Sklaverei, vielleicht in Arabien, vielleicht auch irgendwo anders, enden.

Erneut schüttelte mich ein Weinkrampf.

Warum hatte es das Schicksal so grausam mit uns gemeint? Wir waren doch gute Christen gewesen und hatten keine großen Sünden begangen, für welche wir so schlimm hätten büßen müssen.


Ich weiß nicht, wie lange ich so dasaß und weinte. Ein bisschen konnte ich mich mit meiner Mutter, Veronica und Isabella unterhalten, aber viel war es nicht. Ich hätte nicht gewusst, worüber ich mich mit diesen hätte reden sollen. Auf die Fragen, was aus uns werden würde, was uns gegebenenfalls in Arabien erwartete, wo mein Bruder und mein Vater waren, hatten sie genauso wenig eine Antwort wie ich. Und ein „Alles wird gut“ hätte sowieso niemand von uns geglaubt, dafür waren wir schon deutlich zu alt.

So saßen wir die meiste Zeit nur da und warteten, was mit uns geschah. Ab und zu kam ein Mann mit Wasser vorbei, immerhin. Vermutlich wurden wir auch hier etwas besser behandelt als afrikanische Sklavinnen, wir waren ja eine wertvolle Ware, wie ich mit einem Schaudern feststellte.

Also müssten sie uns zumindest am Leben lassen, tot waren wir für die Piraten wertlos.

Auch wurde mir klar, dass die Piraten mit dem Überfall auf unser Schiff reiche Beute gemacht hatten. Es ging nicht um die paar Goldstücke aus der Bordkasse, die Waren der niederländischen Kaufleute oder unsere wenigen Geldmünzen, welche wir noch hatten.

Wir selbst waren die Beute.



Ich weiß nicht, wie lange wir so dasaßen und unser Schicksal beklagten, vielleicht eine Stunde. In der Zwischenzeit hatten die Piraten auch die letzten Frauen vom Schiff hereingeführt und an der Wand angekettet. Dann kam erneut der Piratenanführer vorbei und befahl uns in strengem Ton, dass wir uns ausziehen sollten. Es würden in Kürze Händler vorbeikommen, die uns „inspizieren“ wollten.

In den Händen hielten er und zehn andere Männer, die ihn begleiteten, immer noch ihre Rohrstöcke. Nach meinen Erfahrungen in Elmina und Kapstadt wusste ich auch, wofür diese waren. Für uns, sollten wir nicht gehorchen.

Vermutlich unnötig zu sagen, dass ich mich weder vor den Piraten ausziehen noch inspiziert werden wollte.

Ich war doch keine Kuh.

Ich musste zurück an Elmina und den Sklavenmarkt dort denken. Doch. Vielleicht war ich nunmehr so etwas wie eine Kuh, eine Handelsware, wenn auch vielleicht eine wertvolle.


Der Ton des Mannes, unsere hoffnungslose Situation und die Stöcke in den Händen der elf Männer ließen aber keinen Zweifel daran, dass jegliche Widerrede sinnlos war und uns nur Schmerzen einbringen würde. Vermutlich war es immer noch besser, sich „freiwillig“ auszuziehen. Die Rohrstöcke wollte ich weiß Gott nicht kennenlernen, vor allem weil klar war, dass das Ergebnis das gleiche sein würde.

Allerdings konnte ich mit meinen immer noch angeketteten Händen auch nicht viel tun. Das sahen wohl auch die Piraten und befreiten uns nacheinander von den Ketten. Allerdings auch nur kurz, kaum hatten wir uns ausgezogen, ketten die Piraten unsere Hände auch schon wieder an unserem Halseisen an. Diesmal machten sie das Dreieck der Verbindungskette deutlich kürzer als zuvor. So kurz, so dass ich meine Hände in Gebetshaltung vor meiner Brust halten musste und ich diese keine 5 Zentimeter mehr bewegen konnte. Lediglich meine Ellenbogen konnte ich noch ein paar Zentimeter zur Seite oder nach vorne beugen.

Genau wie meine Mutter, meine Schwester, Isabella und all die anderen Mitreisenden saß ich nun nackt und gefesselt in dieser Halle, irgendwo in Afrika. Nicht einmal meine Scham konnte ich mit meinen eng an den Hals gefesselten Händen bedecken. Jeder konnte diese betrachten und ich konnte nichts dagegen tun. Vermutlich hatten man mir und den anderen deswegen die Hände in dieser unbequemen Position gefesselt.

Ich schämte mich so.

Ich musste an die armen Sklaven und Sklavinnen auf dem Markt von Elmina zurückdenken. Auch diese waren damals nackt dort herumgestanden. Nun ging es mir genauso.

Im Unterschied zu damals war ich diesmal aber keine Zuschauerin. Vor allem aber konnte ich diesen schrecklichen Ort anders als damals nicht nach fünf Minuten verlassen, dies verhinderte die Eisenkette zwischen der Wand und meinem Halseisen. Stattdessen musste ich mit ansehen, wie auch meine Mutter, meine Schwester, Isabella und alle anderen Frauen von unserem Schiff nackt und gefesselt hier in der Halle standen oder saßen.

Die ganze Prozedur dauerte vielleicht eine Stunde. Es gab großes Wehklagen und bei der einen oder anderen Frau mussten die Piraten auch mit dem Stock nachhelfen. Wie ich aber schon vermutet hatte, machte es der Widerstand für die Frauen nicht besser, ganz im Gegenteil. Die Männer waren leicht reizbar und schlugen bereits hart zu, wenn jemand von uns auch nur zögerte, ihren Befehlen zu gehorchen.

Wie konnten Männer so grausam sein?


Als ob das Ganze nicht schon schlimm genug gewesen wäre, ging nun der Piratenanführer nochmals durch die Reihe und befragte jede Frau nochmals, woher sie käme und ob sie noch jungfräulich sei. Ich verstand anfangs nicht, warum der Pirat dies fragte. Der Mann ließ es sich auch nicht nehmen, jeder einzelnen von uns zunächst an die Brüste und dann zwischen die Beine zu fassen und zu prüfen, ob wir auch die Wahrheit gesagt hatten. Auch mich befühlte er an Stellen, an denen mich noch nie zuvor ein Mann berührt hatte. Mit meinen an den Hals gefesselten Händen blieb mir nichts Anderes übrig, als diese Demütigung über mich ergehen zu lassen.
Ich schämte mich so. Wie gerne wäre ich jetzt einfach gestorben.

Aber nicht einmal das war mir vergönnt.

Dann nahm der Piratenhauptmann schwarze Tinte und zeichnete mir ein arabisches Schriftzeichen auf die Stirn. Der Mann erklärte mir, dass dies ein „A“ war und für „almanya“ – deutsche Länder - stand. Dazu einen roten Punkt. Was dieser heißen sollte, könnt ihr Euch vermutlich denken. Wie beschämend.

Als der Piratenanführer mich bemalte, meinte er mit einem Grinsen:

„Du hast Glück, Clara. Du wirst sicherlich einen hohen Preis erzielen. Das steigert Deine Chancen, dass Dich ein reicher Geschäftsmann oder vielleicht sogar ein Adliger aus Arabien kaufen wird. Wenn Dein Schicksal Dir hold ist, wird es Dir dort besser ergehen als den Frauen, welche an ärmere Kunden oder an afrikanische Herrscher verkauft werden. Wer so viel Geld für eine Sklavin bezahlt, behandelt diese auch gut. Zumindest so lange, bis er das Interesse an ihr verliert. Vielleicht hat sich Deine bisherige Tugendhaftigkeit gelohnt.“

Diese Worte munterten mich aber ganz und gar nicht auf und ich musste ob dieser Aussichten wieder bitterlich weinen.


Meine Schwester Veronica bekam wie ich ein schwarzes arabisches „A“ und einen roten Punkt auf die Stirn gemalt, meine Mutter nur ein schwarzes „A“. Auch sie weinten bitterlich angesichts dieser Demütigung. Isabella bekam, nachdem auch sie zwischen den Beinen untersucht worden war, ebenfalls keinen roten Punkt, sondern nur ein schwarzes arabisches „H“, das wohl für Niederlande stand, auf die Stirn gemalt. Der Piratenhauptmann schien fast ein wenig enttäuscht.

Ich überlegte, ob es gut oder schlecht für mich war, dass ich diesen roten Punkt auf der Stirn hatte. Für den Piratenhauptmann war dies allem Anschein nach gut. Ob dies – wie der Pirat behauptet hatte – auch für mich gut war, dessen war ich mir nicht sicher.

Aber ändern konnte ich daran, genauso wie an meiner Vergangenheit, sowieso nichts.

Wären wir doch in Hannover geblieben. Aber nun war es zu spät, viel zu spät.

37. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 13.01.24 19:28

Ich vermite mal Rot sind die besonderen Schätze für diesehr gut bezahlt wird. Für die Piraten ein 6er im Lotto für Carla alles andere als gut. Ich befürchte zumindest von ihrer Mutter wird sie schon. Als getrennt werden bleibt zu hoffen das wenigstens ihre Schwester den selben Käufer erhält
38. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 13.01.24 20:38

Zitat
Ich vermute mal Rot sind die besonderen Schätze für diesehr gut bezahlt wird. Für die Piraten ein 6er im Lotto für Carla alles andere als gut. Ich befürchte zumindest von ihrer Mutter wird sie schon. Als getrennt werden bleibt zu hoffen das wenigstens ihre Schwester den selben Käufer erhält


Tja, Du wolltest mit Clara mitleiden - bitte sehr .

Ja, bestimmt ist der Rote Punkt ein Volltreffer für den Piratenhauptmann. Allerdings kam das vor 300 Jahren vermutlich (nach meiner Vorstellung) noch häufiger vor, heute würde der Hauptmann bei Kaperung des gleichen Schiffs vermutlich ein deutlich schlechteres Geschäft machen...

Ob der Punkt für Clara gut oder schlecht ist? Wir werden sehen. Aber nachvollziehbar ist die Argumentation des Piratenhauptmann (höherer Preis = bessere Behandlung) meines Erachtens schon, darum habe ich ihm die Worte in den Mund gelegt.

Inzwischen habe ich die Geschichte auch schon soweit weiter geschrieben, dass ich weiß, wer an wen verkauft wird. Das wird aber natürlich noch nicht verraten
39. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 14.01.24 01:04

Schöne gemeine Fortsetzung, hoffentlich hat der Pirat recht.
Ich finde du Schreibst das sehr Authentisch, wie es damals gewesen sein konnte mit Sklaven, und auch die Gefühle von Clara, auch mir ist schon ans Herz gewachsen und hoffe noch sie bekommt ihr Happy End.
Bis dahin aber werde ich mit ihr wie Windelmeister Mitleiden was ihr noch so alles blüht.
Die Trennung von der Familie wird das schlimmste für sie sein.
Wünsche Clara und der Ihrer Familie viel Kraft, bis zum Happy End
40. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von MartinII am 14.01.24 11:22

Es bleibt interessant!
41. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 14.01.24 20:41

8. Verkauft


Wie gesagt dauerte das ganze ungefähr eine Stunde, dann hatten die Piraten ihr grausames Werk vollendet: In der Steinhalle standen oder saßen rund 100 nackte und gefesselte Frauen mit Beschriftungen auf der Stirn und harrten der schrecklichen Dinge, die nun mit ihnen passieren würden.


Eigentlich, dachte ich, dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte. Aber doch, was nun kam, war fast noch schlimmer als alles bisher erlebte.

Nur kurze Zeit nachdem die Piraten mit uns fertig waren, kamen andere Männer in die Halle. Zunächst nur wenige, dann immer mehr. Die meisten trugen weiße Turbane auf dem Kopf und hatten eine ähnliche braune Hautfarbe wie die Piraten.

Sie unterhielten sich mit den Piraten und auch wenn ich kein Wort verstand, so registrierte ich doch, dass sich die Männer auf Arabisch unterhielten.

Allerdings kamen auch ein paar schwarze Männer herein, vermutlich afrikanische Häuptlinge oder deren Gesandte, dazu ein paar dunkelbraune Männer, vielleicht Inder. Europäer sah ich dagegen keine.

Die Männer gingen durch die Halle und musterten die Frauen, die nackt und angekettet auf dem Boden saßen. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich auch für die Zeichen auf unserer Stirn interessierten.

Wenn ihnen eine der Frauen gefiel, befahl einer der Piraten dieser aufzustehen. Falls jemand dieser Aufforderung nicht schnell genug nachkam, bekam sie von dem Piraten einen Hieb mit dem Rohrstock. Mit gefesselten Händen hatten die Frauen nicht die geringste Chance, den Hieb abzuwehren.


Wir lernten auch sehr schnell, dass es besser war, gleich stehen zu bleiben als sich nach jeder Begutachtung wieder hinzusetzen und Schläge zu riskieren, falls wir nicht schnell genug aufstanden.

Auch an mir und Veronica schienen die Männer reges Interesse zu haben. Instinktiv wollte ich mir die Hände vor meine Scham halten, doch ein unangenehmer Zug an meinem Hals erinnerte mich sofort daran, dass dies unmöglich war. Die Männer fassten mir auch an die Brüste, zwischen die Beine und an den Po, ohne dass ich mit meinen an den Hals gefesselten Händen etwas dagegen hätte tun können. Der Rohrstock in der Hand des Piraten vor mir erinnerte mich auch daran, dass es besser für mich wäre, diese Demütigungen ohne Widerstand über mich ergehen zu lassen. Dabei konnte ich so gefesselt eh so gut wie nichts tun, selbst wenn ich es gewollt hätte. Auch für meine Zähne und meine Zunge schienen sich die fremden Männer zu interessieren.

Nachdem die Männer mich begrapscht und begutachtet hatten, wandten sie sich wieder an den Piratenanführer und diskutierten mit ihm. Ich verstand kein Wort, aber ich konnte mir schon denken, um was es ging – um den Preis für mich.

Es hatte ganz den Anschein, dass der Piratenanführer eine hohe Summe für mich forderte, denn die Männer schienen nicht gerade erfreut über das, was dieser ihnen sagte, und viele beendeten die Diskussion auch sehr schnell. Insbesondere die schwarzen Männer schienen nicht bereit zu sein, die geforderte Summe für mich zu bezahlen. Im Gegenteil schienen manche von ihnen richtig erbost zu sein und fluchten und beschimpften den Piratenhauptmann. Vermutlich hielten sie ihm Wucher vor, irgendwie erinnerte mich dies an die „gute alte Zeit“, als wir selbst noch Kaufleute und keine Waren gewesen waren. Auch damals waren nicht alle unsere Kunden mit den Preisen einverstanden gewesen.

Den Piratenhauptmann störten die Beschimpfungen aber nicht weiter und er ließ diese an sich abperlen. Er schien selbstbewusst genug zu sein, bei seinen Preisforderungen zu bleiben.

Vermutlich hatte er Recht mit seiner vorherigen Vermutung, dass wir den Afrikanern zu teuer wären. Vielleicht waren wir nicht die ersten Europäerinnen, die er hier verkaufte, vielleicht hatte er schon Erfahrung, dachte ich schaudernd.


Veronica ging es ähnlich, anscheinend wollten die Piraten auch für sie eine hohe Summe. An meiner Mutter schien dagegen anfangs niemand besonders interessiert.

Allerdings schien die Preisforderung nicht alle Interessenten abzuschrecken und es folgte vier- oder fünfmal ein wildes Gefeilsche. Zu gerne wäre ich im Boden versunken. Aber das ging natürlich nicht, stattdessen musste ich an der Wand angekettet mitansehen, wie fremde Männer um mich wie um eine Kuh verhandelten. Allerdings wurden sich die Männer am Ende anscheinend doch nicht handelseinig, denn sie gingen weiter zu anderen Frauen und betrachten und begrapschten diese. Die ein oder andere Frau wurde dann auch losgekettet und von den fremden Männern mitgenommen.
Allerdings natürlich erst, nachdem ein paar Goldmünzen den Besitzer gewechselt hatten. Keine Ahnung, ob diese billiger waren oder den Käufern besser gefielen als ich. Auch wusste ich nicht, welchen Preis der Piratenhauptmann für mich forderte, ich wollte es auch gar nicht wissen.

Ich glaube, das war der schlimmste Albtraum, den sich ein Mensch vorstellen konnte.




Ich weiß nicht, wie viele Männer mich bereits begrapscht, begafft und begutachtet hatten, vermutlich waren es schon irgendetwas zwischen zehn und zwanzig gewesen, ich hatte nicht mitgezählt, ich wollte auch nicht mitzählen. Die schwarzen Männer waren besonders grob, aber im Grunde war es gleich schlimm, ob mich ein schwarzer, brauner oder dunkelbrauner Mann unsittlich berührte.

Jedenfalls passierte dann doch das unvermeidbare und ein arabisch aussehender Mann wurde sich nach harten Verhandlungen mit dem Piratenanführer handelseinig. Der Mann war ca. 40 Jahre alt, hatte dunkle Haare und einen Bart. Er machte einen gepflegten, fast professionellen Eindruck. Ein letztes Mal befühlte der Mann meine beiden Brüste, wozu ich meine Ellenbogen nach oben strecken musste. Auch zwischen den Beinen begutachtete er mich ein weiteres Mal. Auch meinen Mund musste ich nochmals öffnen und ihm meine Zähne und meine Zunge zeigen.

Ich glaube, keine Kuh wurde jemals so genau untersucht wie ich von diesem Mann.

Aber klar, der Herr wollte genau wissen, was er für sein Geld bekam.

Noch nie in meinem Leben war ich so gedemütigt worden wie an diesem Tag.

Anscheinend war der Mann zufrieden. Ich war zwar geschwächt von der langen Reise und der Tortur der letzten Tage an Bord, aber doch gesund. Im Gegensatz dazu waren viele der Mitreisenden von den Qualen der Reise in Gefangenschaft krank geworden und sahen noch schlechter aus als ich. Ganz hässlich war ich vermutlich auch nicht, sonst hätten mich zuvor nicht so viele Männer begutachtet. Vielleicht war dies – neben dem Punkt auf meiner Stirn - ein weiterer Grund dafür gewesen, dass die Piraten so hohe Forderungen für mich stellten.


Damit nicht genug tat der Mann das gleiche bei meiner Schwester und meiner Mutter. Auch hier schien er zufrieden. Zum Glück hatten auch diese die Strapazen der Gefangenschaft einigermaßen gut überstanden. Für Isabella interessierte er sich dagegen anscheinend nicht weiter, obwohl er auch diese eingehend begutachtet hatte. Vielleicht war er nicht an Lösegeld-Geschäften interessiert.

Dann folgte eine letzte Diskussion und ich sah, wie der Mann ein Säckchen aus seiner Tasche nahm und dem Piratenhauptmann gab. Der Pirat öffnete dieses und holte eine Goldmünze hervor und begutachtete diese. Anscheinend war er sehr zufrieden, denn er grinste übers ganze Gesicht.
Mir war nicht nach Grinsen zu Mute, der Tag wurde immer schrecklicher. Man hatte mich tatsächlich wie eine Kuh verkauft.

Andererseits war ich irgendwie auch froh, dass dieses Kapitel dieses Albtraums vorbei war und mich keine weiteren Männer begafften, begrapschten und vor meinen Augen über mich verhandelten.
Dennoch konnte ich nicht verhindern, dass ich erneut in Tränen ausbrach. Auch meine Mutter und meine Schwester nicht.

Dieses Kapitel des Albtraums war vorbei, allerdings auch nur, um nahtlos ins nächste Kapitel dieses Albtraums überzugehen.


Der Piratenanführer schob das Säckchen in eine Tasche seines Mantels und wandte sich an uns und sagte in seinem schlechten Niederländisch:

„Heute scheint Euer Glückstag zu sein.
Dieser Mann, Herr El Haji, hat Euch drei im Paket erworben. Er ist jetzt Euer neuer Herr und Ihr seine Sklavinnen. Er wird Euch in den Oman bringen und dort weiterverkaufen. Vielleicht werdet Ihr Euch ja dort sogar einmal wiedersehen.
Ihr habt wirklich großes Glück, normalerweise kaufen die Händler einzelne Sklavinnen und für Familien endet bereits hier in Sansibar ihre gemeinsame Zeit.
Ich wünsche Euch eine gute Reise und eine gute Zeit im Oman.“


Ich schluckte. Diese Worte bedeuteten wohl, dass dieser Mann, der uns gekauft hatte, ein Sklavenhändler war. Dass er uns nicht etwa für sich selbst, sondern zum Weiterverkauf erworben hatte. Wie ein Zwischenhändler, der Waren aus Amerika am Hafen von Hamburg einkaufte, um sie danach in Norddeutschland weiterzuverkaufen.

Mir schauderte.

Mit diesen Worten löste der Piratenhauptmann die Kette, welche mein Halsband mit der Wand verband, ebenso wie die meiner Schwester und meiner Mutter.
Der Pirat nahm uns auch die schweren Hals- und Handfesseln ab, ich fühlte mich für einen kurzen Moment erleichtert.

Ich überlegte kurz, ob es irgendeine Chance gäbe, eine Flucht zu versuchen, jetzt da wir von den Fesseln befreit waren.

Aber es war offensichtlich, dass es eine solche nicht gab. In dem Raum standen so viele Piraten und Händler herum, dass ich wohl keine fünf Meter weit gekommen wäre. Und auch vor der Tür erwartete mich nicht die Freiheit, das hatte ich bereits auf dem Weg an diesen schrecklichen Ort feststellen müssen.

Für die Leute hier in Sansibar schien es völlig normal zu sein, dass ich trotz meiner weißen Hautfarbe eine Sklavin war.

Ungefähr genauso normal wie es für die Einwohner von Elmina oder Kapstadt war, dass viele Afrikaner Sklaven waren. Oder für die Einwohner von Batavia, dass Eingeborene der ostindischen Inseln Sklaven waren.

Erneut musste ich daran denken, dass ich Batavia wohl nie sehen würde. Und drei oder vier Sklaven würden wir auch nie haben. Stattdessen hatte sich das Schicksal gedreht und wir waren nun selbst Sklavinnen. Von wem auch immer, das entschied sich anscheinend erst in Arabien, in diesem Land namens Oman, von dem ich noch nie gehört hatte.

Fürs erste waren wir die Sklavinnen, der Besitz eines Menschenhändlers.


Der Mann, der uns gerade gekauft hatte – irgendwie konnte ich diesen Gedanken immer noch nicht fassen, es kam mir surreal vor – erlaubte uns, unsere Kleider wieder anzuziehen. Nicht dass es ein Vergnügen gewesen wäre, die stinkenden Lumpen, welche wir nun seit Tagen ohne Unterbrechung getragen hatten, wieder anzuziehen. Aber besser als nackt war es allemal.

Ich fühlte mich zwar etwas besser, als ich wieder etwas anhatte. Aber die Scham, wie mich dieser Sklavenhändler und all die anderen Männer zuvor begafft und berührt hatten, während ich nackt und gefesselt an der Wand stehen musste, blieb. Und nun gehörte ich diesem Sklavenhändler. Ich fühlte mich so elend, trotz des muffigen Kleids, das ich nun wieder trug.

Etwas anderes zum Anziehen hatten wir auch nicht mehr. Außer diesen Lumpen hatten wir nichts, gar nichts mehr, selbst die Freiheit hatte man uns genommen. Das Einzige, was mir noch geblieben war, war das kleine Halskettchen mit dem Elfenbeinamulett, dass ich bei dem Überfall getragen hatte.

Es sollte mein Talisman werden. Aber es hatte mir kein Glück gebracht. Mir genauso wenig wie dem Elefanten, der vielleicht sein Leben dafür gelassen hatte.

Wo mein Bruder und mein Vater, der mir dieses Kettchen gekauft hatte, wohl waren? Würde es ihnen genauso schlecht – oder vielleicht noch schlechter als uns – ergehen?
Waren männliche weiße Sklaven genauso wertvoll wie weiße Sklavinnen?
Wer würde sie kaufen?

Trotz meiner eigenen schrecklichen Lage hatte ich Angst um sie.

Und um meine Mutter, meine Schwester und mich selbst natürlich auch…

42. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 15.01.24 15:27

Zumindest kann sie mit einem Teil ihrer Familie vorerst zusammen bleiben. Ich bin gespannt ob es ein Abschied auf Zeit ist oder sie auch im Paket zusammen weiter verkauft werden
43. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 15.01.24 21:00

@windelfohlen.

Zumindest habe ich versucht, authentisch zu schreiben. Gelungen ist es mir vermutlich nicht, weder bin ich noch 23/24 Jahre alt, noch eine Frau, eine längere Reise mit einem Segelschiff habe ich noch nie gemacht, in Sansibar war ich auch noch nie, Erfahrung mit Sklaverei habe ich auch nicht und wie es im 18. Jahrhundert zuging, weiß ich auch nicht. Also vermutlich ist wieder ziemlich viel Unsinn rausgekommen. Aber egal, Hauptsache die Geschichte ist interessant (?) und man merkt die Fehler nicht sofort .

Das schlimme ist eigentlich, dass ich mir zumindest vom ersten Teil der Geschichte gar nicht viel ausgedacht habe, vermutlich haben hunderttausende, vielleicht auch Millionen Männer und Frauen tatsächlich so einen Horror erlebt. Das habe ich nur runtergeschrieben ohne viel hinzuzudichten (im Gegenteil habe ich die schlimmsten Details eher weggelassen). In gewisser Weise ist es so, dass die schlimmen Teile dieser Geschichte wohl der damaligen Realität entsprechen, die schöneren Teile (kommen vielleicht noch) dagegen Fantasie sind…
44. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Aiko Schwarzmeier am 16.01.24 10:04

spannend geschrieben

gruss Aiko
45. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Angela. am 16.01.24 13:11

Hallo,also ich finde deine Geschichte insgesamt sehr interessant und anregend. Die Idee, sie in vergangenen Jahrhunderten stattfinden zu lassen, ist auch gut. Fakt ist ja, Sklaverei gab es nun einmal und auf so einem alten Segelschiff dürfte wohl kaum jemand der geneigten Leserschaft je selbst gefahren sein. Finde auch die Benennung der Route und Ort schön.
Bin gespannt welche Wendungen sich noch ereignen. LG
46. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von wisa am 16.01.24 18:21

Hallo
Echt gut geschrieben, ich komme fast nicht mehr los, wenn ich mal anfange zu lesen. Die Geschichte hast du sehr interessante geschrieben und ich kann mir die Szenen bildlich vorstellen. Bin gespannt, wie es weiter geht. Aus dieser Geschichte könnte ein Film gemacht werden. Danke fürs Schreiben und Weiterschreiben.
Gruss
wisa

47. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 16.01.24 18:55

9. Auf dem Marktplatz von Sansibar


Während ich so nachdachte, bemerkte ich, wie der Mann, der anscheinend den Namen El Haji hatte, einen Helfer herbeirief. Dieser hieß wohl Omar und hatte ebenso wie Herr El Haji dunkle Haut. Er dürfte etwas jünger als Herr El Haji gewesen sein, vielleicht 35 Jahre alt. Vermutlich war auch er ein Araber.


Omar hatte auch diverse Dinge aus Metall dabei, welche ich schnell als Halsringe und Handschellen identifizieren konnte. Leider konnte ich mir schon vorstellen, für wen diese waren. Für uns.

Tatsächlich legte er meiner Mutter, meiner Schwester und mir diese Fesseln um den Hals bzw. die Hände und verband diese mit einer Eisenkette, sodass wir kurz darauf wieder genauso gefesselt waren wir zuvor. Zumindest waren diese neuen Schellen etwas leichter und besser verarbeitet als die letzten, so dass diese etwas weniger auf der Haut scheuerten. Auch die Kette, welche diese verband, war etwas leichter und länger, sodass wir unsere Arme zumindest wieder auf Hüfthöhe ein bisschen bewegen konnten und diese nicht mehr betend vor die Brust halten mussten. Unsere Inspektion, auch „zwischen den Beinen“ war ja auch abgeschlossen. Auf die Dauer war diese Fesselung doch sehr unangenehm geworden und meine Arme schmerzten. Daher war ich doch froh, zumindest eine etwas längere Kette zwischen Händen und dem Halsring zu haben. Angenehm war es aber natürlich trotzdem nicht, wieder gefesselt zu sein. Allerdings, dieser Albtraum war noch lange nicht vorbei, das war mir klar.


Dann verband Omar uns durch eine weitere Eisenkette an unseren neuen Halsringen. Wie bereits die Piraten zuvor fädelte er diese Kette durch den Ring, welcher sich auch an unseren neuen Halseisen befand und durch welchen bereits die Kette zu unseren Handfesseln ging. Auch Omar befestigte wieder ein Schloss an der Kette, so dass diese fest mit unserem Halseisen verbunden war. Zum Glück war auch dieses Vorhängeschloss etwas leichter als das Schloss, mit dem uns die Piraten gefesselt hatten, so dass dieses meinen Hals nicht ganz so stark nach unten zog. Meine Mutter wurde als erstes angekettet, dann Veronica, ich wurde als dritte und letzte an diese Kette angebunden.

Ich wusste nicht, wer mir am meisten leidtun sollte, meine Schwester, die doch noch fast ihr ganzes Leben vor sich hatte, meine Mutter, die so etwas in ihrem Alter bestimmt nicht mehr verdient hatte oder ich selbst.

Herr El Haji, der das Ganze beobachtet hatte, war zufrieden und besprach noch kurz etwas mit seinem Helfer, was ich allerdings nicht verstand. Dann wandte er sich wieder den übrigen Frauen zu, welche immer noch angekettet in der Halle standen. Anscheinend war er mit seiner „Einkaufstour“ noch nicht fertig.

Omar zog mit ein paar arabischen Worten an der Kette, was dann wohl hieß, dass wir gehen würden.


Ich warf nochmal einen Blick zu Isabella hinüber und verabschiedete mich von ihr. Traurig erwiderte sie diesen Abschiedsgruß.

Es war schön gewesen, sie kennenzulernen. Aber hier an diesem schrecklichen Ort würden sich unsere Wege wohl für immer trennen.

Vielleicht hatte sie ja wirklich Glück und jemand, vielleicht ihr Ehemann, würde ein Lösegeld für sie zahlen und sie könnte ihre Reise nach Batavia fortsetzen.

Vermutlich würde ich dies nie erfahren.

Einige weitere Tränen flossen über mein Gesicht angesichts dessen, was mich erwartete. Auch Isabella weinte mir ein paar Abschiedstränen nach.


Omar führte uns aus der Steinhalle. Wie bereits zuvor folgte ich meiner Schwester und dem Zug an meinem Hals. Zumindest war ich diesmal die letzte, so dass ich nicht gewürgt wurde, wenn ich zu schnell, bzw. die Person hinter mir zu langsam ging.
Irgendwie hätte ich Isabella trotzdem gerne mitgenommen, sie war inzwischen meine beste Freundin geworden, gerade nachdem ich all meine anderen Freundinnen in Hannover zurückgelassen hatte. Ich hatte gehofft, dass wir auch in der Ferne, in Batavia, Freundinnen sein konnten. Eine Freundin hätte mir den Start in Ostindien sicher erleichtert. Ich muss zugeben, manchmal hatte ich etwas Angst gehabt, wie es wäre, ganz allein mit meiner Familie in Batavia zu sein, ohne Verwandte, ohne Freunde.

Selbst die Sklaverei in Arabien wäre mit einer Freundin wohl etwas angenehmer geworden. Gerade diese, vermutlich würde das Leben als Sklavin in Arabien sehr einsam werden. Wie gerne hätte ich noch etwas mehr Zeit mit Isabella verbracht.
Aber das war vorbei. Der Traum von Ostindien und vermutlich auch meine Freundschaft mit Isabella.

Ein paar weitere Tränen liefen mir über die Wangen, als ich mich ein letztes Mal nach ihr umdrehte. Allzu lange konnte ich dies aber nicht tun, denn der schmerzhafte Zug an meinem Halsring zeigte mir unmissverständlich an, dass ich zu gehen hatte, ob ich wollte oder nicht. Aber zumindest ein paar weitere Tränen konnte ich noch vergießen, während ich die Steinhalle verließ.


Allzu weit war der Weg aber auch nicht, Omar führte uns lediglich zum nahegelegenen Marktplatz.

Im Schatten einer großen Palme durften wir uns setzen. Omar gab uns auch etwas Wasser, denn auch hier im Schatten war es wieder sehr heiß. In einer seltsamen Mischung aus Niederländisch, Englisch und Arabisch bedeutete uns Omar, dass wir keine Dummheiten machen sollten. Dazu zeigte er uns den Rohrstock, den auch er dabeihatte. Mir war klar, was dies bedeutete. Auch wäre jeder Fluchtversuch zwecklos gewesen. Abgesehen davon, dass ich eh nicht gewusst hätte, wohin ich hätte laufen sollen, selbst wenn ich nicht an meine Mutter und Schwester angekettet gewesen wäre.

Viele der Bewohner der Stadt betrachteten uns, wie wir im Schatten der Palme saßen. Groß zu wundern schien sich aber niemand. Anscheinend war für diese der Anblick von drei gefesselten weißen Frauen genauso normal wie für die Bewohner von Kapstadt oder Elmina der Anblick von gefesselten Afrikanern. Mir schauderte.

So saßen wir eine ganze Weile unter der Palme und warteten darauf, wie dieser Albtraum weitergehen würde. Omar stand vor uns und ließ uns nicht aus den Augen, obwohl jeglicher Fluchtversuch wie gesagt vollkommen hoffnungslos gewesen wäre. Die Hitze schien ihm wenig auszumachen und er blickte zufrieden drein. Sein Leben war ja anscheinend auch in Ordnung. Ganz im Gegensatz zu unserem.


Irgendwann kam ein weiterer arabisch aussehender Mann und begrüßte Omar. An einer Kette führte er drei weitere junge Frauen.

Ich kannte diese vom Schiff. Die eine hieß Fenja und kam aus Stolp in Pommern. Sie war etwas jünger als ich und hatte mit ihrem Mann beschlossen, ebenfalls nach Ostindien auszuwandern. Sie waren gerade erst ein paar Monate verheiratet und erhofften sich ebenso wie wir in der Ferne ein besseres Leben als in Pommern. Ihre „Hochzeitsreise“ hatten sie sich aber vermutlich anders vorgestellt.

Auch sie hatte ein schwarzes „A“ auf der Stirn, allerdings keinen roten Punkt so wie ich.

Dazu kamen noch zwei Schwestern aus Gent in den österreichischen Niederlanden, sie hießen Elise und Catharina. Elise war etwas jünger, Catharina etwas älter als ich. Zusammen mit ihren zwei Brüdern wollten auch sie sich ein neues Leben in Batavia aufbauen.

Bis auch ihr Traum vor ein paar Tagen vor der afrikanischen Küste wie eine Seifenblase zerplatzt war.

Der Pirat hatte auch ihnen ein schwarzes „A“ und einen roten Punkt auf die Stirn gemalt, obwohl sie niederländisch und nicht deutsch sprachen. Aber so genau nahmen es die Piraten wohl nicht.

Vermutlich würden die Niederländer, die ab und zu hier im Indischen Ozean vorbeikamen, für ihre Brüder aus den österreichischen Niederlanden genauso wenig ein Lösegeld zahlen wie für uns Deutsche. Und österreichische Schiffe kamen hier vermutlich genauso selten wie hannoverische vorbei. Der Kaiser in Wien interessierte sich für entführte Flamen vermutlich genauso viel wie für entführte Hannoveraner. Daher blühte ihnen wohl das gleiche Schicksal wie mir.

Ich grüßte die drei, es war ein trauriger, fast makabrer Wiedersehensgruß.

Viel mehr sprachen wir auch nicht, ich hätte nicht gewusst, was ich in diesen hätte reden sollen. „Toll, dass wir uns hier auf dem Marktplatz von Sansibar wiedersehen? Schöner Ort hier? Es freut mich, dass wir zusammen nach Arabien verschleppt werden? Tut mir leid, dass ihr das gleiche schreckliche Schicksal wie ich erleiden müsst? Kopf hoch, so schlimm wird die Sklaverei auch nicht werden? Freut Ihr Euch auch schon auf Arabien?“

Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was mich in diesem seltsamen Land namens Oman erwartete. Aber nach dem, was ich Elmina und Kapstadt gesehen hatte, musste ich mich mit dem schlimmsten rechnen.

Behandelten die Araber ihre Sklaven und Sklavinnen genauso schlecht wie die Niederländer ihre afrikanischen Sklaven? Oder vielleicht noch schlimmer?


Die anderen drei Frauen durften sich ebenfalls in den Schatten der Palme setzen und bekamen ebenfalls etwas Wasser. Auch bekamen wir ein paar Bananen zu essen. Sicherlich hatte Herr El Haji auch für die drei anderen Frauen einen hohen Preis bezahlt, sodass wir alle zumindest hier ein ganz, ganz klein wenig besser behandelt wurden als die Afrikanerinnen und Afrikaner auf dem Viehmarkt (ich meine dem Sklavenmarkt) in Elmina.

Wiederum war dies nur ein sehr, sehr schwacher Trost.


Dann warteten wir wieder. Nunmehr zu sechst mit zwei Aufpassern. Ich weiß nicht, wie lange wir warteten, es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Tatsächlich dürften es nur eine oder zwei Stunden gewesen sein.

Dann kam Herr El Haji zusammen mit zwei weiteren Helfern vorbei. Mit einer Mischung aus Überraschung, Freude und Entsetzen sah ich, dass sie an einer weiteren Eisenkette vier Männer hinter sich herzogen – meinen Vater, meinen Bruder und die zwei Brüder von Catharina und Elise.

Es sah fast so aus, als ob dieser Sklavenhändler eine Vorliebe für Deutsche gehabt hätte. Offensichtlich hatte er auch diese gekauft. Und anscheinend wollte er auch diese in Arabien verkaufen.

Nicht dabei war der Mann von Fenja. In einem Akt der Verzweiflung fragte sie den Sklavenhändler, wo dieser war. Doch sie bekam keine Antwort.

Stattdessen bekam sie von Omar mit seinem Rohrstock einen schmerzhaften Hieb, weil sie Herrn El Haji ohne Erlaubnis angesprochen hatte. Fenja wimmerte und verstummte.


Natürlich konnte ich auch nicht sagen, ob der Sklavenhändler kein Interesse an ihrem Mann gehabt hatte, ob er bereits anderweitig verkauft worden war, ob er ihm zu teuer gewesen war, keine Ahnung. Das Einzige, was ich wusste war, dass er nicht hier war und anscheinend nicht mit nach Arabien kam. Jedenfalls nicht mit uns.

Ob das eine gute oder schlechte Nachricht für ihn war, wusste ich auch nicht.

Im Grunde wusste ich gar nichts und es spielte auch keine Rolle. Denn eines wusste ich doch: Nun würden andere über mich und mein Schicksal entscheiden, ich war diesen völlig ausgeliefert.
Ich war nun eine Sklavin, der Besitz anderer Menschen. Mir blieb nichts Anderes übrig, als den Befehlen, welche man mir geben würde, zu gehorchen. Was auch immer für Befehle dies waren.
Das Einzige, was ich tun konnte, war zu meinem Gott beten, dass dieser mir gnädig sein möge.

Das tat ich sodann auch, meine Mitgefangenen ebenfalls. Wir hatten in den letzten Tagen schon sehr viele Gebete zum Himmel geschickt.

Hoffentlich würde irgendjemand diese erhören.


48. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 16.01.24 21:05

Arme Fenja ihren Ehemann nicht mehr sehen.
da kann.
Immerhin sind Clara und ihre Familie noch zusammen wen es wahrscheinlich auch noch für die Reise nach Arbabien sein wird. (ok hab erst jetzt Inhaltsverzeichnis gesehen)

Wünsche Clara und Familie und ihren mitgefangen viel Kraft.
49. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 17.01.24 21:04


Nochmals vielen Dank für die positiven Kommentare, freut mich wenn Euch diese Geschichte auch gefällt. Ich habe auch eine gute Nachricht für Euch: Die Geschichte geht noch etwas länger, bei weitem nicht so lang wie meine erste, aber ein paar Wochen können wir Clara (wenn wir es denn wollen) vermutlich noch begleiten, es folgen noch ein paar Kapitel...



@Aiko

Vielen Dank. Ich hoffe, die Geschichte bleibt auch in den nächsten Kapiteln noch spannend.


@Angela

Ebenfalls vielen Dank für das Lob.
Für die Interessierten:
Die Route könnte zumindest nach meiner Vorstellung historisch halbwegs korrekt sein, das war die seit dem 16. Jahrhundert klassische Ostindienroute. Die beschriebenen Stopps (Elmina, Kapstadt, Lydsaamheid, Cochin, Batavia) waren niederländische Kolonien/Handelsposten, nach meiner Vorstellung hat sich das niederländische Schiff von niederländischer Kolonie zu niederländischer Kolonie durchgehangelt (bzw. wollte es, bis es gekapert wurde…). Der zweite Teil der Reise geht dann in den arabisch kontrollierten Teil des Indischen Ozeans, europäische Handelsposten wird Clara nicht mehr zu Gesicht bekommen, vielleicht nie mehr in ihrem Leben...
Und ja, Sklavenhandel war damals weit verbreiten, auch und vor allem in Ostafrika. Je nach Quelle wurden hunderttausende oder Millionen von schwarzen Sklaven aus Ostafrika von arabischen Händlern nach Arabien und Indien verkauft. Und Sansibar war wohl einer der zentralen Handelsplätze (was für ein schreckliches Wort in diesem Zusammenhang). Auch dieser Teil ist (leider) historisch halbwegs korrekt.


@wisa

Freut mich, wenn auch Dir diese Geschichte gefällt.
Wie früher schon einmal geschrieben ist das Kopfkino durch nichts zu ersetzen.
Den Film würde ich auch gerne sehen. Wenn Du jemanden kennst, der Filme dreht (oder erstellt, muss man heutzutage wohl sagen…) – gerne, ich beanspruche kein copyright auf meine Geschichten .
Eine bisschen beneide ich ja TheLargeEmpty, der hat zumindest ein paar sehr schöne Zeichnungen zu seinen Geschichten.


@windelfohlen

Tja, das Inhaltsverzeichnis… Ich aktualisiere dieses von Zeit zu Zeit, versuche aber nicht zu viel zu verraten… Die letzte Aktualisierung war erst vor 2 Tagen, vorher konntest Du noch gar nicht sehen, wie die späteren Kapitel heißen. Vermutlich hast Du Recht, dass die ganze Familie mit nach Arabien kommt. Nachdem Herr El Haji die ganze Familie zusammengekauft hat, habe ich da wohl auch nicht zu viel verraten.
Von Fenjas Mann werden wir aller Wahrscheinlichkeit nach in der Tat nichts mehr hören, ebenso von Isabella… So war das wohl damals, als es noch kein Telefon, keine email, kein WhatsApp und keine Instagram gab, um in Kontakt zu bleiben…

50. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 18.01.24 19:27

10. Zurück im Hafen von Sansibar


Ich hatte kaum mein letztes Gebet beendet, als Omar an der Kette zog und uns befahl aufzustehen.

Wir wurden auf dem gleichen Weg, auf welchem wir vor ein paar Stunden diese Stadt betreten hatten, wieder aus dieser hinausgeführt. Wieder an einer Eisenkette, wieder hinter meiner Mutter und meiner Schwester, allerdings ohne Isabella. Was aus dieser werden würde, würde ich vermutlich nie erfahren.


Viel hatte ich von dieser schrecklichen Stadt nicht gesehen. Die Straße vom Stadtmauertor zum Marktplatz, eine große Steinhalle, welche offenbar als Sklavenmarkt diente, und eine Palme auf dem Marktplatz. Mehr wollte ich auch eigentlich nicht sehen, genaugenommen, hätte ich nicht mal diese drei Orte sehen wollen. Wie gerne wäre ich jetzt in Cochin statt hier. Oder einfach zuhause, in Hannover.

Wie schon auf dem Hinweg betrachteten uns viele Bewohner der Stadt, wiederum allerdings ohne größere Regungen.

Irgendwie erinnerte mich das alles an Elmina und ja, das war ein Déjà-vu. Nur dass ich diesmal auf der anderen Seite war. Die Ähnlichkeit wurde noch größer, denn im Hafen wurden wir auf ein Schiff geführt. Immerhin ohne Peitschenhiebe, diese waren auch nicht notwendig, denn keiner von uns leistete Widerstand. Zum einen wäre dieser sinnlos gewesen, zum anderen waren wir wohl alle noch viel zu schockiert von dem, was mit uns in den letzten Stunden geschehen war.

Im Hafen konnte ich auch nochmals einen Blick auf unser „altes“ Schiff werfen. Dieses lag immer noch an der Reede, ebenso wie das Piratenschiff, mit welchem wir überfallen worden waren. Piraten sah ich aber keine, vermutlich waren diese noch in der Stadt, um die restlichen Gefangenen zu verkaufen. Oder sie feierten bereits in irgendeiner Bar das viele Geld, dass sie für uns bekommen hatten. Für die Piraten war heute wohl ein guter Tag, für uns ganz und gar nicht.


Das Schiff des Sklavenhändlers lag auf der anderen Seite des Hafens und sah sehr seltsam aus, es hatte zwei große Segel, welche aber nicht quer, sondern längs zum Boot angeordnet waren. Wie ich später erfuhr, handelte es sich um eine arabische Dhau.

Am Boot warteten noch drei weitere arabische Männer. Über eine Planke mussten wir auf das Boot steigen, welches unsere armen Seelen vermutlich nach Arabien bringen würde.

Als wir alle – 6 Frauen und 4 Männer plus die Sklavenhändler – an Bord waren, mussten wir uns an Deck aufstellen und Herr El Haji begrüßte uns in einer Mischung aus Englisch und Niederländisch:

„Willkommen an Bord meines Schiffes.
Wie Ihr ja alle mitbekommen habt, habe ich Euch gekauft, ihr seid also nun mein Eigentum.
Vermutlich ist das für Euch eine neue Situation, aber ich empfehle Euch, Euch damit abzufinden. Anderenfalls müssten wir Euch davon noch überzeugen.“

Seine Helfer – insgesamt 7 an der Zahl – zeigten ihre Stöcke und Gewehre. Zwei von ihnen hatten zu meinem Erschrecken auch Peitschen am Gürtel und ließen diese knallen. Der Schreck fuhr mir und den anderen in die Glieder. Unwillkürlich musste ich an den Rücken des afrikanischen Sklaven in Elmina denken, welcher von Peitschenhieben blutige Striemen gehabt hatte. Solche wollte ich auf keinen Fall haben, dieser Albtraum war auch so schon schlimm genug.

„Wir werden auch auf die arabische Halbinsel bringen und dort weiterverkaufen.
Um genau zu sein werden wir meine Heimatstadt Al Kharsun im Oman ansteuern. Dort finden sich sicherlich Käufer für Euch. Falls nicht segeln wir weiter nach Muscat.
Weiße Sklaven und Sklavinnen sind im Oman sehr begehrt, daher werden wir sicher einen guten Preis für Euch erzielen können. Das ist aber auch zu Eurem Vorteil, denn je mehr jemand für Euch bezahlt, desto besser werdet Ihr vermutlich behandelt werden.“

Von diesen beiden Orten hatte ich noch nie gehört, aber vermutlich war es auch völlig egal, wo diese lagen. Hilfe war weder hier noch dort zu erwarten.

Der Sklavenhändler wandte sich dann den Männern zu:

„Als einfache Arbeiter auf den Feldern und in den Bergwerken seid Ihr zu teuer, das erledigen die schwarzen Sklaven.
Aber als Lehrer, Handwerker, Buchhalter, Seeleute oder Soldaten sind weiße Sklaven gerne gesehen.
Was genau Eure Bestimmung im Oman sein wird, wird sich zeigen.
Wenn ich Euch einen guten Rat geben darf: Benehmt Euch gut und gehorcht Euren neuen Besitzern, denn aufsässige Sklaven landen sehr schnell doch auf den Feldern oder in den Minen. Meist ist deren Lebenserwartung dann auch nicht mehr besonders hoch.“

Ich sah zu meinem Vater, meinem Bruder und den beiden flämischen Brüdern hinüber. Es war nicht zu übersehen, dass diese bei den letzten Worten sehr blass geworden waren.


Dann wandte er sich uns zu:

„Und tüchtige Haushaltshilfen werden natürlich auch im Oman gebraucht. Manche Sklavin ist auch schon Krankenschwester oder Lehrerin geworden.
Auch Euch würde ich empfehlen, Euren neuen Besitzern gehorsam zu sein. Ich glaube nicht, dass Ihr in der Hitze Arabiens wie schwarze Sklavinnen auf den Feldern arbeiten wollt.“

Dann fügte er noch mit einem Grinsen hinzu:

„Und natürlich hat der ein oder andere Mann im Oman noch andere Verwendungen für hübsche Sklavinnen.“

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und ich musste an den roten Punkt auf meiner Stirn denken, der bestimmt nicht ohne Grund dort angebracht worden war.

Der Sklavenhändler beendete seine Rede mit den wohl rhetorisch gemeinten Worten:

„Hat noch jemand Fragen?“

Fenja fasste sich tatsächlich Mut und fragte den Sklavenhändler nochmals mit Tränen in den Augen, ob er wüsste, wo ihr Mann sei. Vermutlich war es für sie sehr schwer, ihren geliebten Mann hier und heute zu verlieren, während unsere und die flämische Familie – zumindest noch – durch einen glücklichen Wink des Schicksals zusammengeblieben waren.

Herr El Haji antwortete nur kurz:

„Das weiß ich nicht. Möge Allah seiner Seele gnädig sein.“

Diese Antwort stellte Fenja verständlicherweise nicht zufrieden und sie begann erneut zu weinen.
Aber zumindest bekam sie diesmal keinen Stockhieb.


Danach entfernten zwei der Helfer den Männern die Ketten zwischen ihren Handschellen und banden sie auch von der Kette los, welche sie verbunden hatte. Die schweren Hals-, Hand- und Fußschellen bekamen sie jedoch nicht abgenommen. Dann wurden sie unter Deck geführt.

Als die Helfer des Sklavenhändlers wieder zurückwaren, wurden auch uns die Ketten abgenommen. Wie schon zuvor bei den Männern blieben aber auch uns die Ringe um unseren Hals und unsere Hände erhalten. Zum Glück waren diese zumindest etwas leichter als bei den Männern.

Als nächstes wurden meine Mutter und Fenja ebenfalls unter Deck geführt.


Catharina, Elise, Veronica und ich mussten jedoch an Deck bleiben.

Herr El Haji wandte sich uns zu und sagte:

„Ihr vier seid meine wertvollste Ware, daher müssen wir noch etwas erledigen.“

Ich konnte mir auch denken, warum wir seine wertvollste Ware waren, das war uns buchstäblich auf die Stirn geschrieben.

Der Sklavenhändler rief seinen Helfern noch etwas auf Arabisch zu, woraufhin zwei von diesen wieder zu uns kamen und uns erneut mit einer Kette zusammenbanden.

Leider kannte ich das Prozedere bereits. Diesmal hatte ich die „Ehre“ als erste in der Reihe angekettet zu werden, hinter mir dann Veronica, dann Catharina und Elise.

Sodann fuhr er fort:

„Wenn ihr gehorsam seid, werde ich Euch die gefesselten Hände ersparen. Versprecht Ihr mir, dass Ihr keine Dummheiten machen werdet?“

Widerstand wäre sowieso zwecklos gewesen, das hatten wir schnell verstanden, und so versprachen wir alle vier, dass wir ihm gehorchen würde.

Herr El Haji war anscheinend sehr erfreut, dass seine wertvollste Ware so gelehrig und gehorsam war. Er ließ es sich nehmen, selbst die Kette zu ergreifen, an der wir vier hingen und uns wieder aus dem Schiff zu führen. Omar und noch ein anderer Helfer begleiteten ihn bzw. uns.


So verließen wir das Schiff und gingen wieder durch den Hafen zum bereits bekannten Stadttor.

Ich folgte Herrn El Haji, welcher die Kette, die mit einem Schloss an meinem Halsring befestigt war, in der Hand hielt. Ich versuchte, mich an sein Tempo anzupassen, um nicht gewürgt zu werden.
Veronica hinter mir tat das gleiche, ebenso Catharina und Elise. Vier junge versklavte Frauen, die von zwei Männern irgendwohin gebracht wurden. Wir hatten schon etwas Übung in dieser demütigenden Gangart, daher würgten wir uns selbst wohl etwas weniger als auf unserem ersten Gang in die Stadt.

Wieder betrachteten uns viele Menschen ohne aber auch nur die geringsten Anstalten zu machen, uns zu helfen. Ein oder zwei mitleidige Blicke von ein paar einheimischen Frauen waren das Maximum der Gefühlsregungen der Einwohner. Auch viele Männer betrachteten uns, Mitleid war dies aber wohl nicht. Die beiden Wächter am Stadttor waren immer noch da. Herr El Haji grüßte diese freundlich und diese grüßten ebenso freundlich auf Arabisch zurück. Wiederum schienen die Wächter kein Problem damit zu haben, dass jemand mit gefangenen Europäerinnen die Stadt betrat.

In der Straße hinter dem Stadttor, welche wir bereits kannten, bogen wir noch vor dem Marktplatz rechts in eine kleine Gasse ein. Durch das Gewirr der Gassen ging es ein paar Mal links und rechts – irgendwie interessierte mich das nicht groß, ich lief einfach dorthin, wo ich sollte, immer dem Sklavenhändler hinterher – dann hielten wir vor einem Haus.

Bereits am Geruch konnte man erkennen, dass es sich hierbei um eine Schmiede handelte.

Was taten wir hier? Wir hatten doch bereits eiserne Fesseln an unserem Hals und an unseren Händen und Ketten um uns damit zusammenzubinden, hatten die Sklavenhändler anscheinend auch genügend.

Ich hatte keinen blassen Schimmer, was der Sklavenhändler hier mit uns wollte.

51. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 19.01.24 01:42

Meist schau ich eigentlich nie den ersten Post an aber aus einem Grund hab ich es dann doch gemacht, dachte wäre schon länger da.

Tja der Punkt heisst ja das man Jungfrau ist, und das muss ja Geschütz werden, da werden die 4 einen neuen dauerhaften Begleiter haben.
Der einzige Vorteil die 4 sind vor über griffige Männer Geschütz.

Bin gespannt auf die Gedanken von Clara wen ihr bewusst wird das sie ein Keuschheitsgürtel bekommen sollte.

52. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von powo01 am 20.01.24 10:57

Aber die Mädels bekommen noch nichts in ihr "Heiligtum" denn das würde die "Ware" beschädigen. Und die alte Schmiedekunst hat auch noch nicht den ganzen Schnickschnack wie Ortung und Bestrafungsfunktionen. Aber in voller Ausstattung sind die Mädels wahrscheinlich nett anzusehen.
53. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 20.01.24 14:03

Ja gute Ware muss natürlich extra gesichert werden. Die gute alte Schmidekunst. Für die Piraten gut für Clara eher nicht. Bin gespannt was sie und ihre Leidgenossen alles an Zusatzausstattung bekommen
54. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 20.01.24 14:54

@powo01, Windelmeister

Oje, ich glaube, ich muss die Erwartungshaltung etwas dämpfen

Es wird wohl bei der "Grundausstattung" bleiben. Weitergehende Spielereien waren im 18. Jahrhundert wohl nicht verbreitet.
Eigentlich ist das nächste Kapitel aus historischer Sicht bereits Unsinn, aber ich habe dieses trotzdem geschrieben, nicht dass die Admin meine Geschichte noch wegen totaler Themenverfehlung löschen

Wer moderne Zusatzausstattung mag, muss sich wohl an meine erste Geschichte (oder eine der vielen anderen tollen Geschichten hier im Forum) halten...
Ich hatte es ja schon das ein oder andere Mal schon erwähnt, dass ich mit meiner ersten und noch mehr mit dieser zweiten Geschichte keine SM-Beziehung beschreiben wollte, sondern über eine "echte" Sklavin und einen echten "Keuschheits"gürtel schreiben wollte.
Also sozusagen back-to-the-roots.
Herr El Haji ist ja ein seriöser Händler (kein Pirat!) und kein Lustmolch, daher ist der Besuch in der Schmiede rein geschäftlicher Natur...
Daher wird es für unsere Mädels wohl keinen modernen Schnickschnack geben...

Eine Ortung braucht der Sklavenhändler ja auch nicht. Für den Gang durch die Stadt hat er ja schon sehr effektiv dafür gesorgt, dass kein Mädel davonläuft... Und auf dem Schiff braucht es dann auch keine Ortung mehr, auch dort wird keine davonlaufen...
Und als Bestrafung(sandrohung) genügen die alten Methoden auch völlig...
Von daher bleibe ich da "historisch korrekt", sorry...

Aber bei einem stimme ich völlig zu, nett anzusehen wären die vier Mädels in der Schmiede bestimmt. Zu gerne wäre ich im nächsten Kapitel Omar oder der andere Helfer...
Aber vielleicht bin ich - und ihr - das ja wirklich - im Kopfkino

In diesem Sinne wünsche ich dann schon mal viel Spaß beim nächsten Kapitel...


P.S.: Ursprünglich war der Schmied bei mir noch ein Araber, aber auf powo01 Anregung hat dieser dann eine neue Nationalität bekommen
55. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 20.01.24 18:07

11. In der Schmiede


Wir traten ein, zuerst Herr El Haji, dann ich und der Rest unserer kleinen Sklavenkarawane, zum Schluss die beiden Helfer. Der Sklavenhändler wurde von einem asiatisch aussehenden Mann auf Arabisch begrüßt. Auch solche Menschen hatte ich in Hannover noch nie gesehen, aber anhand dessen, was ich wusste, hätte ich vermutet, dass der Mann ein Chinese war. Auch lagen ein paar Blätter mit Notizen in einer fremden, vermutlich chinesischen Schrift herum.

Solche Menschen hätte ich in Batavia wohl häufiger getroffen, wenn, ja wenn unser Schiff nicht gekapert und ich nicht als Sklavin verkauft worden wäre.


Im vorderen Teil des Raums befand sich eine Art Verkaufstresen, auf der anderen Seite eine Couch und ein paar Stühle. Durch einen Torbogen ging es in die eigentliche Werkstatt. Die Männer redeten ein wenig miteinander und schienen auch zu verhandeln.

Tatsächlich aber nicht allzu lange, anscheinend waren sie sich schnell handelseinig geworden. Vermutlich ging es irgendwie um uns, sonst hätten wir ja nicht hierherkommen müssen.


Omar befreite uns von der Kette, welche uns vier armen Seelen verband. Dann wandte sich Herr El Haji uns zu und befahl, dass wir uns ausziehen sollten.

Auch wenn meine „Kleider“, soweit man meine Lumpen noch als solche bezeichnen konnte, furchtbar stanken, wollte ich mich dennoch nicht vor all diesen Männern ausziehen.

Ein einziger Blick ins Gesicht von Omar machte mir aber bereits klar, dass eine Widerrede zwecklos war, im Gegenteil ich mit seinem Rohrstock Bekanntschaft machen würde, so wie Fenja vorhin, wenn ich diesen Befehl nicht umgehend ausführen würde.

Das wollte ich auch nicht.

So zog ich mich bereits zum zweiten Mal an diesem Tag vor wildfremden Männern aus. Ich schämte mich so, auch als ich daran dachte, dass mich Omar und Herr El Haji ja bereits vorhin nackt gesehen hatten. Hoffentlich würde mich diesmal nicht wieder jeder begrapschen. Mit einem Schaudern dachte ich daran zurück, wie Herr El Haji mich zuvor untersucht und auch meine Jungfräulichkeit geprüft hatte.

Catharina, Elise und Veronica dachten offensichtlich auch, dass Widerrede keine gute Idee wäre und der Rohrstock in Omars Hand sehr schmerzhaft sein dürfte. Sie waren ja auch dabei gewesen, als Omar die arme Fenja geschlagen hatte.
So entledigten sie sich ebenfalls ihrer verschwitzten Gewänder.

Nachdem wir dies erledigt hatten und nunmehr nackt in der Schmiede standen, kam der Schmied zu uns.
Mit einem Maßband vermaß er bei jeder von uns den Unterkörper. Er machte sich ein paar Notizen und ging dann nach hinten in seine Werkstatt.

Warum hatte er das getan? Was machte er jetzt?

Ich konnte nur Rätselraten.

Der Sklavenhändler setzte sich auf die Couch, seine zwei Helfer auf zwei der Stühle. Wir Mädchen mussten nackt wie wir waren stehen bleiben. Es war auch nicht zu übersehen, dass Omar und der andere Helfer den ein oder anderen Blick auf uns warfen. Wie gerne wäre ich vor Scham erneut im Boden versunken.

Irgendwie beschlich mich langsam aber sicher das Gefühl, dass wir nicht zum Vergnügen hier waren. Jedenfalls nicht zu unserm Vergnügen.



Wir mussten eine ganze Weile warten, dann kam der Schmied mit einem seltsamen Gebilde zurück.

Es sah entfernt wie eine männliche Unterhose aus, war aber ganz aus Metall.

Der Sklavenhändler erklärte uns, dass dies ein Keuschheitsgürtel sei. Dieser würde verhindern, dass sich an unserer Jungfräulichkeit bis zu unserer Ankunft im Oman etwas ändern würde.

Wiederum musste ich an den roten Punkt auf meiner Stirn denken. Vermutlich hatte der Sklavenhändler viel Geld für diesen bezahlt und es wäre ein schwerer wirtschaftlicher Verlust für ihn gewesen, wenn dieser bis zum Weiterverkauf nicht mehr aktuell gewesen wäre.

Soweit reichte mein wirtschaftlicher Verstand als Kaufmannstochter durchaus, auch wenn ich bisher keine Erfahrungen im Sklavenhandel hatte. Bisher jedenfalls, nun „durfte“ ich die Erfahrungen buchstäblich am eigenen Leib machen.

Allerdings hätte ich auch nicht gewusst, wo ich meine Jungfräulichkeit in den nächsten Wochen hätte verlieren sollen. Es sei den Omar oder einer der anderen Helfer…

Nein, das konnte und wollte ich mir nicht vorstellen. Sicherlich hatte auch Herr El Haji Vertrauen in seine Helfer, sonst hätte er diese nicht beschäftigt.

Aber er ging wohl nach dem Motto „sicher ist sicher“ oder anders gesagt “Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“.

Wie gesagt, wir waren wohl eine sehr wertvolle Ware für ihn und er hatte sehr viel Geld für uns ausgegeben…

Eine Kuh, welche sich auf dem Weg zum Markt ein Bein bricht, war auch nur noch die Hälfte wert…


Als erstes musste Veronica dieses seltsame Ding anprobieren. Es passte ihr auch einigermaßen, hundertprozentig zufrieden war der chinesische Schmied allerdings noch nicht. So ging er mit dem Keuschheitsgürtel auch nochmals zurück in seine Werkstatt um noch ein paar Feinheiten nachzujustieren.

Beim zweiten Versuch passte diese seltsame Unterwäsche dann Veronica fast perfekt. Man konnte nicht übersehen, dass Veronica diese Anprobe sehr unangenehm war. Das interessierte aber auch niemanden.

Der Schmied und auch Herr El Haji schienen jedenfalls zufrieden zu sein.

Veronica musste noch in ein genähtes Tuch hineinschlüpfen und sich dieses über die Hüfte ziehen, vermutlich damit dieses seltsame Ding aus Metall nicht direkt auf der Haut scheuerte.
Darüber zog ihr der Schmied den Keuschheitsgürtel an. Dazu legte er ihr zunächst ein Metallband um die Hüfte und zog dann ein weiteres Metallband durch den Schritt meiner Schwester. Vor dem Bauch, genauer gesagt über dem Bauchnabel, trafen sich die beiden Bänder wieder und wurden mit Hilfe eines kunstvoll gefertigten Schlosses verbunden. Ihre intimen Stellen lagen nunmehr hinter einem Band aus Metall.

Das schlimmste war dann, als Herr El Haji den Schlüssel an dem Schloss umdrehte und dieses mit einem Klick absperrte. Den Schlüssel gab er nicht etwa Veronica, sondern steckte ihn in seine Tasche.

Dies hieß wohl nichts weniger, als dass Veronica dieses schreckliche Ding nicht mehr selbst entfernen konnte. Nur der Besitzer des Schlüssels, also Herr El Haji, war in der Lage, dieses Schloss wieder zu öffnen und Veronica so wieder von diesem Ding zu befreien. Bis dahin war niemand, auch nicht Veronica selbst, in der Lage ihre intimen Stellen auch nur zu berühren, geschweige denn dort irgendetwas zu tun. Was für eine Demütigung.

Veronica musste sich dem Sklavenhändler von allen Seiten präsentieren. Herr El Haji begutachtete das Metall, das nunmehr abgesperrte Schloss und den Sitz des Keuschheitsgürtels an der Hüfte und im Schritt meiner Schwester. Anscheinend war er sehr zufrieden.

Das obere Band lag eng um Veronicas Hüfte, allerdings über einem Tuch, damit dieses nicht direkt auf der Haut scheuerte.

Ihre intimen Stellen wurden von dem anderen Band bedeckt. Im Schritt hatte der Keuschheitsgürtel einen engen Spalt, durch welchen Veronica sich wohl erleichtern konnte ohne das seltsame Ding ablegen zu müssen. Auch über ihrem Po befand sich eine Öffnung, so dass auch ihr großes Geschäft erledigen konnte ohne dass ihr jemand den Keuschheitsgürtel abnahm.

Man konnte Veronica ansehen, dass sie nicht gerade glücklich war über das Ding um ihre Hüften. Aber selbstverständlich hatte sie ebenso wenig eine Wahl, ob sie das Ding tragen wollte wie sie eine Wahl hatte, ob sie morgen oder heute noch nach Arabien segeln wollte.


Herr El Haji begutachtete Veronica noch ein letztes Mal und beglückwünschte den Schmied dann zu seinem Meisterwerk. Irgendwie musste auch ich insgeheim zugeben, dass dieser Schmied sein Handwerk beherrschte, auch wenn das nicht gerade zu unserem Vorteil war.

Mir tat es um Veronica leid, dennoch wünschte ich mir irgendwie, dass dieses Kapitel in meinem Albtraum nun abgeschlossen sei und wir nun zurück aufs Schiff gehen würden.

Aber dem war natürlich nicht so.



Stattdessen folgte, was zu befürchten war: Ich war als nächstes an der Reihe.

Der Schmied ging wieder zurück in seine Werkstatt und kam einige Zeit später wieder mit einer solch seltsamen Unterhose zurück. Diese musste ich vor den Augen des Sklavenhändlers und seiner Helfer anprobieren. Auch bei mir war der Schmied noch nicht hundertprozentig zufrieden und arbeitete nochmals das Ding nach, dann musste ich diesen „Keuschheitsgürtel“ erneut anziehen. Wie auch bei Veronica wurde mir zuvor noch ein genähtes Leintuch umgelegt.

Es war ein sehr seltsames Gefühl als dieses seltsame Gerät um meine Hüften lag. Vor allem an der Taille lag dieser sehr eng an, wie ein Gürtel eben. Allerdings konnte ich nichts erkennen, womit man den Gürtel lockerer hätte machen können. Dass der Gürtel so eng war, hatte vermutlich den Zweck, dass man diesen auch mit Gewalt nicht mehr über den Hüftknochen abstreifen konnte. Dagegen lag diese seltsame Unterwäsche im Schritt nicht direkt auf meinen intimen Stellen, sondern ließ noch ein oder zwei Zentimeter Platz, damit das Metall nicht an meinen intimsten Stellen scheuern konnte. Den Spalt im Schritt und das Loch über meinem Po konnte ich nicht sehen, aber erfühlen.

Am Unangenehmsten war aber der Moment, als Herr El Haji zu mir kam und den Schlüssel vor meinem Bauch umdrehte und abzog. Nicht nur trug ich nun ein Halsband und zwei Schellen um die Hände, sondern jetzt auch noch ein seltsames Gefängnis um meinen Unterleib, welches wohl den Zweck hatte, meinen „Wert“ zu erhalten für denjenigen, der im Oman genügend Goldstücke für mich bezahlen würde.

Wiederum fühlte ich mich wie eine Kuh, die darauf wartete, zum nächsten Markt geführt zu werden.

Genau darauf lief es bei mir aber auch hinaus…


Während ich mich so schämte, befahl Herr El Haji auch mir, mich zu drehen, damit er seine Ware, also mich, von allen Seiten begutachten konnte.
Wiederum war der Sklavenhändler sehr zufrieden mit dem Werk des Schmieds, so dass dieser ein drittes und viertes Mal ans Werk ging, um diesen seltsamen Tugendwächter auch für Catharina und Elise herzustellen.

Ich stand dagegen nun mit dem seltsamen Ding um meine Hüfte weiterhin in der Mitte des Vorraums und wusste nicht, wie mir geschah. Zumindest konnten mir die Männer jetzt nicht mehr auf meine intimen Stellen zwischen den Beinen sehen, aber wirklich glücklich machte mich dies auch nicht.

Vielleicht fand auch Omar und dessen Kollege dies etwas schade, ich weiß es nicht. Aber weiterhin warfen sie mir den ein oder anderen interessierten Blick zu, nunmehr auf die seltsame Unterwäsche aus Metall. Ich schämte mich so. Zumindest konnte ich meine Hände nun dazu verwenden, meine Brüste zu bedecken, damit die Männer diese nicht auch noch betrachten konnten. Aber gesehen hatten diese meine Brüste sowieso schon. Und Herr El Haji hatte diese auch schon ausgiebig befühlt. Ebenso wie das, was nun unter diesem Keuschheitsgürtel verschwunden war.

Wie gerne hätte ich jetzt den Schlüssel gehabt, so dass ich dieses seltsame Gefängnis über meinem Heiligtum zumindest selbst öffnen konnte, wenn es zu unbequem wurde. Denn angenehm war was Ding um meine Hüften nicht. Aber so dumm war ich dann auch nicht, mir war klar, dass es gerade der Sinn dieses Folterwerkzeugs war, dass niemand außer meinem neuen Besitzer – auch nicht seine Helfer oder ich selbst - entscheiden konnte, ob und wer zu meinem noch jungfräulichen Heiligtum Zugang bekam.


Es dauerte vielleicht noch zwei weitere Stunden, dann standen wir alle vier mit Keuschheitsgürteln „bekleidet“ im Raum. Es waren sehr lange zwei Stunden gewesen, in denen ich mit dieser schrecklichen Unterwäsche in der Mitte des Vorraums stehen und mich von Herrn El Haji und seinen zwei Helfern ansehen lassen musste.

Herr El Haji betrachtete nochmals jede einzelne von uns, danach reichte er dem Schmied einige Goldmünzen für seine Arbeit.

Erst danach durften wir uns unsere stinkenden Lumpen wieder überziehen. Irgendwie war ich froh, dass ich dieses peinliche Gefängnis für meine Unschuld verdecken konnte. Fühlen konnte ich den Keuschheitsgürtel speziell an meinen Hüften aber natürlich trotzdem.


Dieser Albtraum war um ein weiteres Kapitel reicher.

Ich fragte mich wirklich, ob es noch schlimmer kommen könnte. Und war mir zugleich sicher, dass es schlimmer kommen würde, wenn ich erst mal Arabien erreicht hatte und dort meinen Dienst als Sklavin antreten musste.

Es bedurfte wenig Phantasie, dass jemand, der so viel Geld für mich und den roten Punkt auf meiner Stirn zahlen würde, wie Herr El Haji wohl fordern würde, mich nicht nur anschauen wollte. Und Herr El Haji würde vermutlich sehr viel Geld für mich fordern. Er hatte bereits viel Geld für mich bezahlt und als Kaufmannstochter konnte ich mir denken, dass er für mich in Arabien noch sehr viel mehr Geld verlangen würde, vielleicht das doppelte von dem, was er selbst hier in Sansibar bezahlt hatte.

Derjenige, der so viel Geld in Arabien für mich bezahlen würde, würde dann natürlich von Herrn El Haji auch den Schlüssel zu meinem Keuschheitsgürtel erhalten. Und derjenige würde den Schlüssel zu meinem Heiligtum mit Sicherheit nicht in eine Vitrine legen, sondern benutzen… Und mich dann dort unten nicht nur zu berühren…

Wer auch immer dieser „derjenige“ sein mochte.
Weder mir noch meinem Vater standen hierbei noch ein Mitspracherecht zu, soviel war klar. Auch in Hannover hätte ich niemals jemanden ohne Zustimmung meines Vaters heiraten können. Aber dieser meinte es zumindest gut mit mir und hätte einen Mann für mich gesucht, der mich geliebt hätte. Der Sklavenhändler würde mich dagegen mit Sicherheit an denjenigen verkaufen, der seine hohen Geldforderungen erfüllen würde. Egal wer das war und egal was dieser mit mir tun würde.

Mir schauderte mehr denn je.

Anscheinend hatte ich nicht einmal mehr Tränen übrig, um angesichts dieser furchtbaren Aussichten zu weinen. Ich war einfach kreidebleich und hatte schreckliche Angst vor dem, was mich in Arabien erwarten würde. Auch und gerade vor „demjenigen“.


Veronica, Elise und Catharina waren genauso blass wie ich. Wir sprachen kein Wort miteinander, aber sicherlich war ihnen genauso klar wie mir, warum wir alle vier nunmehr diesen Keuschheitsgürtel trugen. Auch für sie würde es in Arabien einen „denjenigen“ geben.



Im Gegensatz zu uns war Herr El Haji gut gelaunt und so ließ er sich nicht nehmen, selbst die Kette an unseren Halsbändern zu verschließen. Wiederum mussten wir ihm versprechen, auf dem Rückweg zum Schiff keine Dummheiten zu machen, sonst würde er uns wieder die Handfesseln anlegen.

In Anbetracht dieser Aussichten versprachen wir ihm wieder Gehorsam, aber demütigend war dies irgendwie schon.


Eigentlich war ich immer noch in Schockstarre angesichts dieser schrecklichen Gedanken. Mit einem unangenehmen Zug an meinem Hals erinnerte mich Herr El Haji jedoch unmissverständlich daran, dass wir gingen. Zurück zum Schiff, um mich und die anderen zu „demjenigen“ zu bringen.

Irgendwie wollte ich weniger denn je auf dieses Schiff. Und hatte doch keine andere Wahl, allein der Zug an meinem Hals machte mir dies auf schmerzhafte Weise klar.


Herr El Haji führte uns, vier leichenblasse Sklavinnen, aus der Schmiede hinaus auf die Straße, Omar und der andere Helfer folgten ihnen.

Keine von uns sprach ein Wort, wir waren immer noch viel zu schockiert über das Erlebte und noch mehr verängstigt über das, was noch kommen würde.

Draußen wurde es langsam dunkel, wir hatten anscheinend einige Stunden in dieser Schmiede verbracht.

Die Straßen waren weiterhin belebt und so sahen uns wieder viele Leute interessiert, aber auch nicht verwundert zu. Zum Glück konnte niemand sehen, was ich nun unter meinem Kleid tragen musste. Irgendwie war es mir peinlich, dass ich diesen „Keuschheitsgürtel“ tragen musste.

Erneut fühlte ich mich wie eine Kuh, für welche der Viehhändler nun einen guten Preis erzielen wollte. Von wem auch immer.

Das Laufen mit dem Ding um meine Hüften war auch nicht besonders angenehm, ich versuchte genau wie die anderen drei Mädchen etwas breitbeiniger zu gehen, damit das Band in meinem Schritt nicht an meinen Oberschenkeln rieb. Vermutlich muss das ziemlich komisch ausgesehen haben.

Vermutlich hätte ich mich in dem Gewirr der Gassen verlaufen, aber diese Gefahr bestand nicht, denn ich musste nur dem Zug an meinem Hals folgen.

Wiederum wollten wir keine Bekanntschaft mit den Rohrstöcken von Omar und dem anderen Mann machen.

Außerdem war das leichte Würgen am Hals, wenn wir nicht schnell genug gingen, bereits ausreichend, damit wir „freiwillig“ mitkamen. Auch hatten wir dem Sklavenhändler ja Gehorsam versprochen, selbst wenn das gar nicht notwendig gewesen wäre. Herr El Haji und seine Helfer hätten uns auch anderweitig „überzeugt“ mitzukommen. So folgten wir Herrn El Haji auch widerstandslos zurück zum Hafen und zurück auf das bereits bekannte Boot.

Erneut musste ich an Elmina zurückdenken, wie sie dort die Sklaven und Sklavinnen auf das Boot geführt hatten. Heute war ich selbst die Sklavin, die auf ein Schiff getrieben wurde, um sie einem ungewissen Schicksal auf einem anderen Kontinent zuzuführen.
Einem Schicksal in den Händen von „demjenigen“…

56. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 20.01.24 20:25

Die Chinesen waren wohl schon um 1700 Fachmann für Keuchheisware. Vermutlich haßt Clara die Chinesen genauso sehr wie 300 Jahre später Caro.

Auch wenn es natürlich noch keine großen Sonderausstattungen gibt der Zweck ist der gleiche.
57. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 21.01.24 08:15

Zitat
Die Chinesen waren wohl schon um 1700 Fachmann für Keuchheisware. Vermutlich haßt Clara die Chinesen genauso sehr wie 300 Jahre später Caro.

Auch wenn es natürlich noch keine großen Sonderausstattungen gibt der Zweck ist der gleiche.


Naja, dass ein Chinese im Jahr 1724 auf Sansibar Keuschheitsgürtel herstellt, wäre theoretisch möglich gewesen, vermutlich ist dieses Kapitel aber historischer Unfug (der -m.E.- erste und bislang einzige größere historische Unfug in dieser Geschichte).

Das ganze war eher als (von powo01 inspirierter) Gag gedacht, um eine Parallele zu meiner ersten Geschichte herzustellen.

Apropos, natürlich habe ich noch mehr offensichtliche und versteckte Parallelen eingebaut. Vielleicht ist schon jemandem aufgefallen, dass zwei der drei von Claras neuen Mitreisenden ähnliche Namen und Herkunft haben wie Studentinnen aus der ersten Geschichte?

Ansonsten glaube ich gar nicht, dass Clara den chinesischen Schmied so hasst wie Caro den chinesischen Produzenten. Claras Keuschheitsgürtel ist ja weniger ein Folterinstrument als Caros. Etwas unbequem ist er natürlich schon, aber ansonsten schränkt er sie nicht so groß ein - Clara will ja eigentlich keusch bleiben, dafür hätte es eigentlich gar keinen Keuschheitsgürtel gebraucht.
Das schlimmste an dem Keuschheitsgürtel ist für Clara, dass er sie nun ständig daran erinnert, dass ihre Keuschheit bald vorbei sein könnte - in gewisser Weise ein Paradoxon.
(dafür kann der liebe Chinese in Sansibar aber nichts...)
58. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 21.01.24 12:34

Oh man wie sehr ich Clara einfach nur trösten möchte.
Ach und wen der Teil der grösste Historischer Unfug ist nennt sich das nicht Schreiberfreiheit oder so, komme jetzt nicht auf wirklichen begriff.
59. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 21.01.24 13:10

Zitat
Oh man wie sehr ich Clara einfach nur trösten möchte.
Ach und wen der Teil der grösste Historischer Unfug ist nennt sich das nicht Schreiberfreiheit oder so, komme jetzt nicht auf wirklichen begriff.


Du meinst bestimmt "künstlerische Freiheit".
Ja, hast Du ohne Zweifel Recht.
Andererseits habe ich auch einen gewissen "künstlerischen Anspruch", hier nicht einen totalen "Schmarrn" zu posten, vor allem wenn dieser dann auch noch so oft gelesen wird...

Ansonsten ja, Clara und die anderen armen versklavten Seelen könnten etwas Trost sicher gut gebrauchen...
60. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 21.01.24 14:26

genau das hab ich gesucht.
Finde selber der Chinesische Schmied ist schon eigentlich glaubwürdig, denke wen Nordeuropäer nach Indien Segeln können warum nicht Chinese nach Omar, ein Schmied der nach anderen Materialen sucht zum arbeiten.

61. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 21.01.24 15:19

Zitat
genau das hab ich gesucht.
Finde selber der Chinesische Schmied ist schon eigentlich glaubwürdig, denke wen Nordeuropäer nach Indien Segeln können warum nicht Chinese nach Omar, ein Schmied der nach anderen Materialen sucht zum arbeiten.



Ich stimme Dir zu, dass es schon möglich wäre, dass es einen chinesischen Schmied nach Sansibar verschlagen hat (sonst hätte ich es auch nicht in die Geschichte aufgenommen), zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.

Die Chinesen waren immer schon ein fleißiges und geschäftstüchtiges Volk und sind viel herumgekommen, von daher, vielleicht hat hier ein Chinese eine Geschäftschance gewittert und eine Schmiedewerkstatt in Sansibar aufgemacht, welche sich um "spezielle" Wünsche von arabischen Sklavenhändlern gekümmert hat...
62. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Hannah_les am 22.01.24 10:25

Im Zuge der chinesischen Expeditionen des Admiral Zheng He und seiner Flotte in den Indischen Ozean führten die Fünfte Reise (1417–1419) und die Sechste Reise (1421–1422) an die Ostküste Afrikas. Mogadischu (Somalia), Malindi (Kenia) und Mozambique sind nachgewiesen. Warum also nicht auch Sansibar? Und warum sollten aus der Riesenflotte, die auch Kaufleute, Forscher, Handwerker an Bord hatte, nicht auch Leute in Ostafrika zurück geblieben und dort ansässig geworden sein?
63. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 22.01.24 18:46

Zitat
Im Zuge der chinesischen Expeditionen des Admiral Zheng He und seiner Flotte in den Indischen Ozean führten die Fünfte Reise (1417–1419) und die Sechste Reise (1421–1422) an die Ostküste Afrikas. Mogadischu (Somalia), Malindi (Kenia) und Mozambique sind nachgewiesen. Warum also nicht auch Sansibar? Und warum sollten aus der Riesenflotte, die auch Kaufleute, Forscher, Handwerker an Bord hatte, nicht auch Leute in Ostafrika zurück geblieben und dort ansässig geworden sein?


@Hannah_les

Vielen Dank für die kleine Geschichtsstunde. Freue mich immer über informativen Austausch. Dass die Chinesen mal eine große Expedition gemacht haben, war mir bekannt, genaueres hatte ich aber nicht mehr im Kopf. Aber wenn sie in Mozambique und Kenia waren, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie auch in Sansibar vorbeigekommen sind, liegt ja genau dazwischen.

Jetzt wäre noch interessant zu wissen, ob die alten Chinesen auch schon wussten, was Keuschheitsgürtel waren. Wer weiß, vielleicht haben die Chinesen diese sogar erfunden und Marco Polo hat damals diese Erfindung mit nach Europa gebracht (das würde dann auch erklären, warum diese als „Florentiner Gürtel“ zuerst in Italien aufgetaucht sind)?
64. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 22.01.24 18:53

12. Zurück auf der Dhau des Sklavenhändlers


An Deck angekommen löste Herr El Haji die Kette an unseren Halsbändern und Omar führte uns vier wie zuvor die Männer und meine Mutter und Fenja unter Deck.

Wie auf Segelschiffen üblich war es auch hier unter Deck recht eng und stickig, aber wirklich überraschend war dies nicht, ich hatte ja bereits Wochen auf einem Schiff verbracht.

Unten angekommen führte uns Omar nach links, in den hinteren Teil des Schiffes. Dort sah ich zwei verriegelte Türen. Omar öffnete mit einem Schlüssel die linke davon und hieß uns hineinzugehen.

Er wünschte uns noch einen schönen Abend und verschloss dann die Tür von außen. Zum Abschied sah er nochmals interessiert auf unseren Unterleib. Vermutlich prüfte er, inwieweit man unsere neue „Unterwäsche“ unter dem Kleid erkennen konnte. Mir und den anderen gefiel dieser Blick natürlich ganz und gar nicht. Irgendwie war mir dieses Gefängnis über meiner Unschuld sehr peinlich.


Der Raum bestand im Wesentlichen aus vier Holzwänden. Zwei Außenwänden des Schiffs und zwei Innenwänden. An den Außenwänden gab es zwei kleinere Fenster, durch die frische Luft hereinkam. Trotzdem war es hier drin sehr warm.
Auch die Luft draußen war trotz der fortgeschrittenen Stunde immer noch tropisch-warm, so dass diese den Raum auch nicht wirklich kühlen konnte. Die Gitter an den Fenstern verstärkten noch den Eindruck, dass wir in einer Gefängniszelle saßen. Nichts Anderes war dieser Raum. Eine Gefängniszelle für Sklavinnen, welche nach Arabien gebracht werden sollten. An der einen, kürzeren Innenwand befand sich die verschlossene Tür, durch die wir hereingekommen waren, die andere Wand bestand nur aus Holzbrettern.

Auf dem Boden lagen ein paar Strohmatten, diese waren wohl zum Schlafen vorgesehen. In einer Ecke befanden sich sogar ein paar - wenn auch alte und verschlissene – Kissen. Weiß Gott kein gemütlicher Ort, aber im Vergleich zu den letzten Nächten an Deck des Segelschiffs vielleicht sogar ein ganz kleiner Fortschritt.

In dem Raum traf ich wieder meine Mutter und Fenja.

Zu meiner Überraschung waren auch noch vier junge schwarze Frauen dort. Insgesamt waren wir also zu zehnt in unserer Gefängniszelle. Ziemlich viele Personen für diesen kleinen Raum.

Wie uns hatte man auch den vier Afrikanerinnen Halseisen und Handfesseln angelegt. Vermutlich hatte der Sklavenhändler auch sie gekauft, um sie Arabien weiterzuveräußern. Ihnen drohte wohl das gleiche schlimme Schicksal wie uns, vielleicht sogar ein noch schlimmeres, wenn man Herrn El Haji glauben durfte. Auch ihnen hatte man ein arabisches Schriftzeichen – das ich allerdings nicht verstand – und einen roten Punkt auf die Stirn gemalt.

Die vier jungen Afrikanerinnen sprachen allerdings weder deutsch noch englisch noch niederländisch, so dass es bei einer höflichen Begrüßung blieb und wir uns vorerst nicht weiter unterhalten konnten.

Stattdessen wollten natürlich meine Mutter und auch Fenja wissen, was mit uns passiert war, wir waren ja doch einige Stunden weggewesen.

Es war offensichtlich, dass sich meine Mutter Sorgen um uns machte, berechtigte Sorgen, obwohl es ihr selbst ja nicht besserging.

So mussten Veronica und ich ihr von unserem Besuch bei dem chinesischen Schmied erzählen. Natürlich wollte meine Mutter auch das schreckliche Ding sehen, welches sie uns angelegt hatten.

Wir zeigten ihr unsere Keuschheitsgürtel und meine Mutter betrachtete diese mit einer Mischung aus Verwunderung und Sorge. Vermutlich hatte auch sie so ein seltsames Unterleibsgefängnis noch nie gesehen. Allerdings verstand natürlich auch sie dessen Zweck. Natürlich war ihr auch klar, dass ihre Töchter nun - wie sie selbst – eine Ware waren, für welche irgendein Mann in Arabien einen Preis bezahlen würde. Vielleicht sogar einen hohen.

Sie musste weinen und wir weinten mit ihr.

Aber ändern konnten wir nichts. Weder an dem Keuschheitsgürtel noch an dem Schicksal, das uns in Arabien bevorstand.

Auch Fenja schien sehr interessiert, was mit uns passiert war. Vermutlich fragte sie sich auch, ob es besser oder schlechter war, dass sie keinen roten Punkt auf der Stirn hatte und keinen Keuschheitsgürtel tragen musste.

Diese Frage konnte aber niemand von uns beantworten.

Vielleicht war Fenja auch froh, sich wieder ein bisschen unterhalten zu können, wenn auch über solch schreckliche Themen, um sich ein wenig ablenken zu können. Sie trauerte immer noch um ihren geliebten Mann. Was mit diesem geschehen war, wusste sie natürlich immer noch nicht und vermutlich würde sie es auch nie erfahren.

Zumindest hatte sie das Glück gehabt, einen lieben Ehemann kennenzulernen.

Dies war mir nicht vergönnt gewesen und so wie es aussah würde ich auch nie einen lieben Mann heiraten können. Stattdessen würde ich wohl irgendeinem arabischen Mann als Sklavin dienen müssen. Und falls ich irgendwann einmal Kinder haben sollte, würden diese ebenso wie ich Sklaven sein.

Bei diesen Gedanken schüttelte mich ein weiterer Weinkrampf und auch wenn wir uns kaum kannten, umarmte mich Fenja und wir weinten zusammen viele Tränen.


Natürlich änderten die Tränen nichts an unserer Lage, machten diese auch nicht besser, so dass wir diese auch irgendwann trockneten. Dennoch war es schön gewesen, diese kleine Nähe, diese kleine Empathie zu spüren. Zumindest hier unten, in unser Zelle, gab es noch Menschlichkeit. In der Welt dort oben wurden wir nicht wie Menschen, sondern wie Ware, wie Vieh behandelt.


Meine Mutter erzählte mir dann, dass mein Vater und mein Bruder im Raum nebenan wären. Ich hatte tatsächlich auch schon die Stimmen gehört, aber noch keine Zeit gehabt, diesen nachzugehen.

Die Wände waren auch nicht besonders dick, so dass man die Männer im Nachbarraum nicht besonders deutlich, aber doch hören konnte. Meine Mutter klopfte an die leere Innenwand und tatsächlich rief die wohlbekannte Stimme meines Vaters etwas.

Sehen konnte ich ihn nicht, aber zumindest hören.

Vielleicht war dies eine gute Nachricht, dass es ihm noch einigermaßen gut ging und ich noch ein paar Tage zusammen mit ihm – wenn auch getrennt durch eine Wand – verbringen konnte, bevor mein neues Leben in Arabien begann.

Natürlich war auch mein Vater sehr besorgt um seine Töchter. Vermutlich hätte er alles getan, um uns vor dem schlimmen Schicksal in Arabien zu bewahren. Wenn er denn etwas hätte tun können.
Konnte er aber nicht, er saß genauso als Sklave in einer Gefängniszelle und wartete darauf, in Arabien verkauft zu werden wie ich. Was für ein schlimmes Schicksal für einen einst stolzen Kaufmann, für meinen lieben Papa.

Auch wenn es nichts gab, was er hätte tun können, aber irgendwie war es doch schön, wieder mit ihm zu reden, selbst durch eine Wand. Gleiches galt für mein Bruderherz. Wie gerne hätte ich auch ihn jetzt umarmt.

Wir weinten alle fünf ein paar Tränen in einer Mischung aus Schmerz, Freude und Furcht vor der Zukunft.

Was uns in Arabien erwartete? Nicht das, was wir uns von Batavia erträumt hatten, so viel stand fest. Vermutlich viele weitere Kapitel eines Albtraums.


Nachdem wir eine Weile gesprochen hatten, überließen wir Elise und Catharina „die Wand“. Auch sie wollten sich ein bisschen mit ihren Brüdern unterhalten, auch sie machten sich gegenseitig große Sorgen. Die Brüder von Elise und Catharina hatten in Gent als Handwerker gearbeitet, vermutlich würde es für sie auch in Arabien eine Verwendung geben. Das hatte sich vermutlich zumindest Herr El Haji gedacht, sonst hätte er sie nicht gekauft.

Und vermutlich war es immer noch besser, als versklavter Handwerker in Arabien zu arbeiten denn als Sklave auf den Plantagen in Amerika. So vermutete ich es jedenfalls, wirklich wissen konnte ich es natürlich auch nicht.



Der Tag ging zu Ende und irgendwann kam auch Omar nochmals herein und brachte uns Abendessen. Ich war etwas überrascht, dieses war sogar recht gut, frische Früchte und frisches Brot, welches die Sklavenhändler vermutlich am Markt gekauft hatten.
Eigentlich war dieses erste Abendessen als Sklavin besser gewesen als die meisten Essen während unser Schiffreise. Aber klar, wir waren ja noch im Hafen. Und verhungern lassen konnten uns die Sklavenhändler ja auch nicht, das hätte unseren „Wert“ auch nicht gesteigert.


Irgendwie musste ich an das Märchen von Hänsel und Gretel denken.

Wir waren der Hänsel im Käfig, der aufgepäppelt werden musste, damit er der Hexe später gut schmeckte.

Nur auf ein glückliches Ende brauchten wir nicht zu hoffen, hier gab es keine Gretel, welche die Sklavenhändler in einen Ofen gesteckt und uns befreit hätte. Und nach Hause laufen konnten wir auch nicht, hier am Ende der Welt, in dieser gottverlassenen Stadt irgendwo in Ostafrika.

Das hier war kein Märchen, sondern der schlimmste Albtraum, den man sich vorstellen konnte.



Wir verzehrten unser Abendbrot, unterhielten uns noch ein wenig und legten uns dann schlafen.

Sonderlich bequem waren die Strohmatten nicht, aber tatsächlich konnten wir uns das erste Mal seit Tagen wieder richtig hinlegen. Immerhin war dies viel, viel angenehmer als mit an den Hals gefesselten Händen auf dem harten Deck unser Segelschiffs zu schlafen, soweit man dort von Schlafen überhaupt reden konnte.

Allerdings drückte nun dieser seltsame Keuschheitsgürtel auf meine Hüften und störte irgendwie. Aber mir blieb nichts Anderes übrig, als diesen zu akzeptieren, denn abnehmen konnte ich diesen ja nicht. Dies verhinderte das kunstvoll gefertigte und dennoch sehr stabil aussehende Schloss, das nun direkt über meinem Bauchnabel saß. Schlimmer als der Druck an meinen Hüften war jedoch, dass mich dieses schreckliche Ding immer an meinen Status als wertvolle, jungfräuliche Ware für irgendeinen arabischen Mann erinnerte.

Irgendwo hatte Herr El Haji den Schlüssel zu meinem Keuschheitsgürtel und würde diesen „demjenigen“ übergeben, der am meisten für mich zahlte.

Mit diesen Gedanken weinte ich mich in den Schlaf.

65. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 22.01.24 23:39

Wäre natürlich schön wenn sich doch irgendwo eine Gretel verstecken würde welche Clara ihre Familie und ihre neuen Freunde befreien könnte. Doch das istcwohl nur ein Wunsch der niemals in Erfüllung gehen wird
66. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 23.01.24 22:20

Zitat
Wäre natürlich schön wenn sich doch irgendwo eine Gretel verstecken würde welche Clara ihre Familie und ihre neuen Freunde befreien könnte. Doch das istcwohl nur ein Wunsch der niemals in Erfüllung gehen wird


Nein, eine Gretel kommt in dieser Geschichte nicht vor, so viel sei verraten.

Das ist ja hier ein (wenn auch nicht besonders guter...) Historienschinken und kein Märchen...

Außerdem können wir das doch dem armen Sklavenhändler nicht antun, dass jemand die Ware, für welche er so viel Geld bezahlt hat, befreien würde. Der arme Mann müsste vielleicht Insolvenz anmelden...
67. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 23.01.24 23:12

Oder würde Fischfutter wenn Gretel ihn änlich wie die Hexe im Ofen einfach über Bord werfen würde.
68. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 24.01.24 22:01

Zitat
Oder würde Fischfutter wenn Gretel ihn änlich wie die Hexe im Ofen einfach über Bord werfen würde.


@Windelmeister

Du hast aber brutale Gedanken.

Der Sklavenhändler hat Frau und vier Kinder zuhause im Oman, wovon sollen diese leben, wenn ihr Mann und Vater nicht zurückkommt? Denk doch mal an die armen Kinder…

Witwen- und Waisenrente gab es damals wohl noch nicht, auch kein Bürgergeld…

Nein, so eine grausame Geschichte will ich nicht erzählen, da schreibe ich doch lieber sanfte Liebesgeschichten…

Aber ok... Extra für Dich (ok, und für mich und alle anderen die es interessiert…) habe ich Deinen Gedanken aufgegriffen und noch spontan ein „Bonuskapitel“ über eine Gretel geschrieben, welche unsere Mädels aus den Händen des Sklavenhändlers „befreit“…

Viel Spaß
69. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 24.01.24 22:13

12a. Die schreckliche Gretel
(„Bonuskapitel“)



Wir befanden uns auf hoher See, Land war nirgends mehr zu sehen.

Ich musste in der Hitze des Tages das Deck schrubben, eine harte und unangenehme Arbeit.

Auch hier in Ostafrika kam es vor, dass Möwen und andere Vögel auf das Deck ka… und irgendjemand musste diesen Dreck wieder entfernen.

Und wer wäre dazu geeigneter gewesen als eine Sklavin.


Ich war gerade dabei, einen besonders großen und ekligen Fleck zu entfernen, als ich Geschrei hörte. Geschrei auf Arabisch, das ich nicht verstand.

Ich drehte mich um und sah, dass Omar und die anderen Helfer Herrn El Haji gefangen genommen hatten. Sie hatten ihm eine schwere Eisenkette um den Körper gelegt, so dass dessen Arme an den Körper gefesselt waren.

Sie diskutierten noch eine Weile auf Arabisch, es hatte aber den Anschein, dass diese Worte Herrn El Haji auch nicht halfen, im Gegenteil schienen die Helfer immer wütender zu werden.

Schließlich gab Omar einen Befehl und zwei Helfer ergriffen Herrn El Haji und warfen ihn – lebendig und gefesselt – über Bord.

Ich hörte nur ein Platschen, mehr konnte ich nicht sehen.

Was für ein Horror. Ich musste zurück an den Überfall auf unser Schiff denken, als die Piraten ebenfalls die Schwerverletzten der Crew einfach über Bord geworfen hatten. Diese ruhten nun ebenso auf dem Grund des Ozeans wie es Herr El Haji in wenigen Momenten tun würde. Selbst wenn Herr El Haji schwimmen konnte, hätte er mit gefesselten Händen keine Chance, sich über Wasser zu halten. Was für ein grausames Schicksal.

Ich konnte beim besten Willen nicht behaupten, dass ich Herrn El Haji mochte. Er hatte mich – wie viele andere Männer auch – begafft, begrapscht und dann auch noch gekauft. Dazu hatte er mir noch einen Keuschheitsgürtel anlegen lassen. Und das schlimmste war, dass er mich wie eine Kuh dann in Arabien verkaufen wollte. Und dennoch – irgendwie tat mir der Mann leid, keine Ahnung, warum ich trotz all dem, was ich hier durchmachte, noch Mitleid für den Sklavenhändler empfinden konnte. Vielleicht, weil er uns immer noch besser behandelt hatte als so mancher Niederländer seine schwarzen Sklaven?

So ganz konnte ich noch nicht begreifen, was gerade passiert war.



Ich überlegte einen Moment:

Herr El Haji war ja mein Besitzer gewesen. Nun war er tot.

Das hieß dann wohl, dass ich nun frei war?

War Omar meine Gretel, die den Hänsel aus seiner Gefangenschaft befreit hatte?

Hatte er Mitleid mit uns bekommen, während er unser erbärmliches Schicksal mitansehen musste?

War ich nun keine Sklavin mehr und konnte nach Hause gehen?

Würde Omar mich und die anderen Gefangenen im nächsten Hafen absetzen, damit wir mit irgendeinem Schiff zurück nach Kapstadt oder weiter nach Batavia reisen konnten?

Irgendwie konnte ich mein Glück kaum fassen, das war fast zu schön, um wahr zu sein.


War es auch.



Omar rief etwas den anderen Helfern zu und kurz darauf brachten diese meine Schwester, Elise, Catharina, Fenja und die vier Afrikanerinnen an Deck. Nur meine Mutter und die Männer mussten anscheinend in ihrer Gefängniszelle bleiben.

Dann wandte sich Omar uns zu:

„Also Mädels, Herr El Haji ist Geschichte. Ihr gehört nunmehr uns.

Ich bin der neue Kapitän auf diesem Schiff und nehme Euch hiermit in Besitz.

Vielleicht wundert Ihr Euch, was gerade geschehen ist.

Herr El Haji wollte uns die Schönheiten, welche wir an Bord haben – also Euch – vorenthalten.

Er redete irgendetwas von „Investition“, „Wertminderung“, „wirtschaftlicher Verlust“ und ähnlichem Unfug, keine Ahnung, was er meinte.

Sein Händler-Latein habe ich nie verstanden. Aber was ich und die anderen hier sehr wohl verstanden haben, ist, dass wir neun hübsche junge Damen an Bord haben.

Wir konnten ja bereits in der Steinhalle und dann in der Schmiede den ein oder anderen Blick auf Euren Körper werfen. Aber Herr El Haji wollte uns diesen vorenthalten, im Gegenteil ließ er bei der Schmiede sogar noch einen Keuschheitsgürtel für vier von Euch anfertigen, damit wir auch ja keine Gelegenheit hätten, Euch zu berühren.

Was für eine Beleidigung für seine Helfer, die ihm immer treu gedient haben.

Eure schönen Körper nun wochenlang auf See nur anzusehen, das hätten wir nicht ausgehalten.

Als Männer haben wir doch auch Gefühle!“


Mir schauderte. Ich konnte mir schon vorstellen, was für „Gefühle“ er meinte.

Als Frau hatte ich jedoch auch Gefühle.

Vor allem hatte ich das Gefühl, dass diese Gretel schlimmer war als die Hexe, welche sie gerade in den Ofen – respektive von Bord – geworfen hatte.


Omar fuhr dann fort:

„Jedenfalls hat Herr El Haji sich stur gestellt und weigerte sich standhaft, uns die Schlüssel zu Euren Keuschheitsgürteln zu geben. Er meinte noch, dass er zuhause eine Frau und vier Kinder ernähren müsste und er deswegen darauf angewiesen sei, einen guten Preis für Euch zu erzielen.

Aber das hilft unseren Gefühlen auch nicht weiter.

Daher blieb uns letztlich keine andere Wahl als uns von ihm zu trennen.

Aber nun haben wir das, was wir wollten.“


Omar hielt vier wohlbekannte Schlüssel in die Luft, die anderen sechs Helfer jubelten laut.

Mir wurde dagegen angst und bange.

Dann mussten wir uns in einer Reihe aufstellen.

Jeder der Helfer durfte sich eine von uns aussuchen. Zuerst Omar.

Und er wählte – mich.

Was für ein Horror.

Zu gerne hätte ich Omar gesagt, dass ich leider keine Zeit hätte und nicht zur Verfügung stehen würde, ich müsste dringend weiter den Möwendreck wegputzen. Aber es war klar, dass ich mit dieser Ausrede nicht weit kommen würde.

Stattdessen ergriff Omar den Ring an meiner Halsfessel und zog mich mit einem Grinsen zu sich herüber.


Dann waren die anderen Helfer dran, vermutlich nach der internen Hierarchie. Jeder wählte eine aus, Veronica, Elise, Catharina. Omar gab seinen drei Kollegen jeweils einen Schlüssel. Es war den Männern anzusehen, wie sehr sie sich über den Schlüssel – bzw. das, was sie damit machen konnten – freuten. Der vierte Helfer wählte Fenja, er brauchte und bekam keinen Schlüssel.

Für den fünften und sechsten Helfer blieb dagegen keine Europäerin mehr übrig, sie mussten sich mit einer der Afrikanerinnen begnügen. Anscheinend waren diese nicht so begeistert, aber vermutlich dachten sie sich auch „besser als nichts“. Außerdem waren die Afrikanerinnen durchaus hübsch.

Naja, das Leben in den unteren Hierarchiestufen ist nicht immer einfach.

Und in der alleruntersten Hierarchiestufe – als Sklavin – war das Leben die Hölle.

Zumindest stand mir und den anderen eine solche bevor.


Omar klickte sodann mithilfe eines Vorhängeschlosses eine Eisenkette an meinem Halsring an, präsentierte mir einen wohlbekannten – den letzten verbleibenden - Schlüssel und sprach mich mit einem Grinsen an:

„Komm, Clara, auf diesen Moment habe ich schon lange gewartet, eigentlich, seit ich Dich das erste Mal in der Steinhalle gesehen habe.

Die Kapitänskajüte ist ja gerade frei geworden und nachdem ich der neue Kapitän bin, steht diese nunmehr mir zu. Dort können wir uns ungestört unterhalten.“

Mit diesen Worten zog Omar an der Kette zu meinem Halsband.

Auf keinen Fall wollte ich mit Omar in die Kapitänskajüte. So naiv war ich dann auch nicht, dass ich nicht gewusst hätte, was für eine „Unterhaltung“ das werden würde.

Ich wehrte mich so gut ich konnte, auch wenn dies zwecklos war, Omar war viel stärker als ich. Ich schrie…


und wachte auf.


Das war nur ein böser Albtraum gewesen. Ich befand mich immer noch mit den anderen 9 Frauen in der Gefängniszelle an Bord und wir waren immer noch im Hafen von Sansibar.

Meine Mutter war anscheinend auch aufgewacht und nahm mich in den Arm. Meine Lage wurde dadurch auch nicht besser, dennoch tat mir dieser kleine Trost gut und ich beruhigte mich ein wenig.

Der Keuschheitsgürtel lag immer noch festverschlossen um meine Hüften, niemand wollte diesen öffnen. Jedenfalls noch nicht. Der Schlüssel hierzu befand sich vermutlich immer noch bei Herrn El Haji, jedenfalls irgendwo außerhalb dieses Raumes.

Ich befand mich immer noch in einem Albtraum, allerdings in einem anderen, in einem realen. Ob dieser reale Albtraum ein besseres Ende nehmen würde als der geträumte, das konnte mir momentan niemand sagen…

Auch wenn meine Lage immer noch schrecklich war, so war ich irgendwie doch froh, dass diese Gretel mich nicht befreit hatte…
70. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 24.01.24 23:06

Was für ein tolles Bonuskapitel.
71. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 26.01.24 20:58

13. Abreise nach Arabien


Der nächtliche Albtraum hatte mich doch sehr mitgenommen, so dass ich am Morgen ziemlich gerädert in meinem realen Albtraum aufwachte.

Nicht mehr auf dem Deck unseres Segelschiffs, sondern nunmehr in einem Raum, in einer Gefängniszelle auf dem Schiff eines Sklavenhändlers, das uns nach Arabien bringen würde.

Ob das besser war?

Vermutlich nicht, aber zumindest waren meine Hände nicht mehr in dieser schmerzhaften Position an meinen Hals fesselt und etwas Anständiges zum Essen hatten wir gestern auch noch bekommen.

Also im Verhältnis behandelte uns der Sklavenhändler und seine Helfer doch etwas besser als die Piraten. Was aber zugegebenermaßen auch nicht besonders schwer war.

Nach und nach erwachten wir alle zehn und harrten gemeinsam der Dinge, welche uns heute erwarten würden.

Wir sprachen nicht allzu viel, stattdessen umarmten meine Mama, meine Schwester und ich uns. Wer wusste schon, wie lange uns dies noch vergönnt war. Auch Fenja umarmte ich, auch sie brauchte Trost in Anbetracht des Verlusts ihres Ehemanns und der schrecklichen Zukunft, welche auch ihr bevorstand. Vermutlich fühlte sie sich sehr alleine, hier in unser Gefängniszelle.

Dass keine von uns gut gelaunt war, muss ich vermutlich nicht groß erwähnen. Auf dem Deck unseres gekaperten Schiffs hatten wir bereits viel Zeit gehabt daran zu denken, dass wir als Sklavinnen enden würden. Aber nun hatten wir Gewissheit, dass es wirklich so kommen würde.
Entsprechend war unsere Angst vor der Zukunft nicht kleiner geworden, ganz im Gegenteil.



Irgendwann kam Omar herein und brachte uns wieder etwas zu Essen, wiederum Brot und tropische Früchte.

Hänsel bekam sein Frühstück, damit sich die Hexe in Arabien auf einen schönen Sonntagsbraten freuen konnte.

Mir schauderte, als ich an meinen Albtraum zurückdachte.

Vielleicht hatte ich Omar in meinem Traum aber auch Unrecht getan. Er blickte mich und die anderen durchaus interessiert an, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass er seinen Chef irgendwann über Bord werfen würde, um meiner habhaft zu werden. Jedenfalls hoffte ich das irgendwie.
Vermutlich war er in echt auch nicht so dumm wie in meinem Traum, sonst wäre er nicht Herrn El Hajis rechte Hand geworden. Vermutlich verstand er durchaus, dass es auch in seinem eigenen Interesse lag, dass ich und die anderen Mädchen unbefleckt bei der Hexe in Arabien ankommen würden.


Einerseits verdarb mir der Gedanke an den gemästeten Hänsel den Appetit, andererseits würde hungern meine Lage sicherlich auch nicht verbessern. Arabien und irgendein – vermutlich männlicher - Käufer warteten auf mich, egal ob ich etwas essen würde oder nicht. Außerdem, was wäre die Alternative? In Sansibar bleiben? Mich zu Tode hungern? Auf halbem Wege von Bord springen? Auch keine erstrebenswerten Alternativen.

Vielleicht war sie ja doch noch da, diese ganz, ganz kleine Hoffnung, dass sich doch noch irgendwie alles zum Guten wenden würde. Ich hätte nicht gewusst wie, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Ich muss auch zugegeben, dass mir diese Bananen, Kokosnüsse und die anderen Früchte gut schmeckten. Bananen gab es auch nur in Häfen und dann an Bord noch für eine, maximal zwei Wochen, länger hielten diese nicht. Und frisches Brot war auch nicht selbstverständlich, wenn man wochenlang auf See war.

So ergab ich mich dann auch in mein Schicksal als Hänsel im Käfig und aß die durchaus wohlschmeckenden Sachen, welche uns Omar gebracht hatte. Wer „meine“ Hexe sein würde, wollte ich mir aber momentan noch lieber nicht vorstellen.

Meine Mitgefangenen hatten sich anscheinend auch mit ihrem Schicksal als Sonntagsbraten abgefunden und aßen ihr Frühstück ebenfalls. Auch sie hatten inzwischen genug Erfahrungen um zu wissen, dass das Essen nicht besser werden würde, wenn wir erst einmal ein paar Tage auf See waren.


Danach mussten wir an Deck kommen.

Dort erklärte unser neuer Besitzer (mir schauderte bei dieser Feststellung) Herr El Haji, dass wir heute Mittag Richtung Oman abreisen würden. Er würde uns erlauben, nochmals unsere Kleidung zu waschen. Auch gab er jeder von uns ein weiteres Kleid. Es war ein sehr einfaches Kleid aus hellem Stoff, ein Kleid, wie es wohl Sklavinnen trugen.
Also meinem neuen Status angemessen. Aber immerhin müffelte dieses nicht so wie die Lumpen, die wir seit Wochen anhatten.

In der Zwischenzeit kamen zwei junge schwarze Männer, begleitet von zwei Helfern des Sklavenhändlers, zurück aus der Stadt. Sie trugen einen großen und vermutlich ziemlich schweren Bottich mit Wasser vor das Schiff und stellten diesen dort ab. Danach gingen die vier Männer wieder, um noch weiteres Wasser zu holen.

Wie ich erfuhr, waren die zwei Afrikaner auch „Ware“, welcher Herr El Haji hier erworben hatte. Diese waren im gleichen Raum wie mein Vater, mein Bruder und die zwei flämischen Brüder untergebracht. Insgesamt waren wir also 16 Gefangene, zehn Frauen und sechs Männer.

Unter strenger Bewachung mussten wir Frauen dann unsere Wäsche und auch die der Mitgefangenen und die der Sklavenhändler waschen. Zum Glück hatten wir inzwischen ein zweites Kleid, sodass wir unsere Körper bedecken konnten, während wir unser ursprüngliches Gewand – das einzige, was uns geblieben war – wuschen. Der Sklavenhändler und seine Helfer hatten dagegen einige Hemden, welche wir waschen mussten, vermutlich waren sie schon einige Wochen unterwegs gewesen. Und vermutlich hatten sie in dieser Zeit keinen „dummen“ gehabt, der oder besser gesagt „die“ ihre Kleider gewaschen hätte. Da waren ein paar Sklavinnen vermutlich ganz praktisch, selbst wenn diese zum Weiterverkauf bestimmt waren.

Ich hatte keine Ahnung, wie weit Arabien, dieser „Oman“ und die seltsame Stadt „Al Kharsun“ von hier entfernt lagen. Aber der Anzahl der Hemden nach zu urteilen mussten es schon ein paar Wochen sein.

Vermutlich würde uns eine lange Seereise bevorstehen.

Viele Tage und Nächte in unserer Gefängniszelle an Bord.

Immerhin, noch ein paar Wochen, die ich mit meiner Mutter und meiner Schwester verbringen konnte und meinen Vater und meinen Bruder zumindest ab und zu sehen und hören konnte.


Nachdem wir unsere eigene Kleidung und die der Sklavenhändler zu deren Zufriedenheit gewaschen hatten, wurden wir wieder an Bord gebracht.

Dort teilte uns Herr El Haji noch verschiedene Aufgaben zu, meine Mutter, meine Schwester und ich wurden zum Küchendienst eingeteilt.

Nicht ohne eine Warnung, dass wir uns besser anstrengen sollte, so mancher schlechte Koch sei schon über Bord gegangen. Davon hatte ich tatsächlich auch schon gehört. Ich war mir aber fast sicher, dass dies bei uns nur eine leere Drohung war und Herr El Haji bluffte, als Futter für die Haie wären wir definitiv zu teuer gewesen. Dazu war er sicherlich zu sehr Kaufmann, als dass er seine wertvollste Ware, für die er viele Goldstücke bezahlt hatte, einfach über Bord geworfen hätte. Das flüsterte ich auch meiner kleiner kleinen Schwester zu, um sie etwas zu beruhigen.

Ausprobieren wollten wir es aber dennoch nicht.

Ich muss zugeben, dass ich etwas froh war, nicht zum Putzen des Decks eingeteilt wurde, das Wegschrubben des Möwendrecks in meinem Albtraum hatte mir schon gereicht. Diese Aufgabe mussten zwei der Afrikanerinnen übernehmen.

Hatte Herr El Haji in meinen Augen gesehen, dass ich seinen Bluff durchschaut hatte? Oder hatte er vielleicht sogar verstanden, was ich Veronica zuvor zugeflüstert hatte?

Vielleicht, denn er fügte noch in unsere Richtung hinzu, dass wir diese Aufgabe übernehmen müssten, wenn ihm und seinen Helfern das Essen nicht schmecken würde.

Oje, das wollten wir auch nicht ausprobieren. Vermutlich war das kein Bluff.



Zwei Helfer gingen nochmals zum Markt, um dort letzte Vorräte für die Reise einzukaufen. Begleiten ließen sie sich von den zwei flandrischen Brüdern, diese mussten dann auch die Einkäufe tragen, während die arabischen Helfer gemütlich nebenherliefen.

Aus diesen Vorräten müssten dann meine Mutter, Veronica und ich etwas Vernünftiges zum Essen zaubern, wenn wir nicht zum Deckputzen abkommandiert werden wollten.

In Elmina und Kapstadt war es noch umgekehrt gewesen, dort waren die Europäer diejenigen gewesen, die arbeiten ließen.


Nachdem auch dies erledigt war, konnte das Schiff gegen Mittag tatsächlich in See stechen.

Unser gekapertes Segelschiff lag immer noch an der Reede. Vermutlich würde ich dieses genauso nie mehr wiedersehen wie Isabella, die anderen Mitreisenden, Hannover und all meine Freunde und Verwandten zuhause im Kurfürstentum…

Ein seltsames Gefühl beschlich mich, als wir den Hafen von Sansibar verließen.

Ich war froh, diesen schrecklichen Ort zu verlassen und konnte mir gleichzeitig vorstellen, dass der oder die nächsten Orte nicht besser werden würden…


Wir verließen die Stadt Richtung Norden. Links von uns lag das afrikanische Festland, rechts von uns die Insel, auf welcher die Stadt Sansibar lag. Die Landschaft war grün und ich sah viele Sandstrände mit Palmen. Eigentlich sehr idyllisch, aber angesichts meiner Lage konnte ich mich an dieser Landschaft natürlich nicht erfreuen.

Die Stadt verschwand langsam in unserem Rücken und wir nahmen Kurs auf dieses seltsame Land „Arabien“, in dem ich wohl den Rest meines Lebens als Sklavin verbringen würde…


72. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 26.01.24 22:21

Da haben die 3 doch noch ein wenig glück mit ihren Verpflichtungen an Board.
Dan drück ich unsere Protagonistin das ihre Hoffnung sich erfüllt, wobei da sicherlich noch der eine oder andere Tiefpunkt kommen wird, wen es den soweit ist dann nehme ich sie in Gedanken in die Arme und schenke ihr Trost.
73. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 27.01.24 17:22

Zitat
Was für ein tolles Bonuskapitel.


Danke schön. War tatsächlich ein ganz spontaner Einfall, manchmal sind das ja die besten

Zitat
Da haben die 3 doch noch ein wenig glück mit ihren Verpflichtungen an Board.
Dan drück ich unsere Protagonistin das ihre Hoffnung sich erfüllt, wobei da sicherlich noch der eine oder andere Tiefpunkt kommen wird, wen es den soweit ist dann nehme ich sie in Gedanken in die Arme und schenke ihr Trost.


Das stimmt. Vielleicht liegt es daran, dass sie in der Hierarchie-Ordnung nur auf der vorletzten Stufe stehen...
Vermutlich haben sich die Sklavenhändler (also der Autor...) gedacht, dass wohl niemand an Bord besser als Koch geeignet wäre als eine dreifache Mutter mit Unterstützung durch ihre beiden Töchter...

(ja, die Personen in dieser Geschichte sind sexistisch und rassistisch noch dazu, aber - leider - waren die Zeiten vor 300 Jahren genau so, von Gleichberechtigung jeglicher Art war man damals noch ganz, ganz weit entfernt, in Europa genauso wie in Arabien und überall sonst auf der Welt...)

Hoffen wir mal, dass den Sklavenhändlern norddeutsche Küche schmeckt...
74. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 28.01.24 20:53

14. Auf dem Weg nach Arabien, Teil 1


Mombasa

Wir segelten immer Richtung Norden und erreichten bereits nach wenigen Tagen eine weitere Stadt, welche anscheinend Mombasa hieß. Die Landschaft war immer noch grün und üppig, sehr heiß war es aber auch hier, die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel.

Wir sahen ein großes Fort, welches wohl vor vielen Jahren von Europäern, genauer gesagt Portugiesen, erbaut worden war. Inzwischen herrschten dort aber die Araber, um genau zu sein Omanis, die Portugiesen waren dagegen vor rund 25 Jahren vertrieben worden, wie uns Herr El Haji mit einem gewissen Stolz erzählte.

Wie zum Hohn hieß dieses Fort auch noch „Fort Jesus“, dabei gab es in dieser Stadt anscheinend keine Christen, keine Europäer mehr. Und erst recht keinen Erlöser, der uns aus unserer schrecklichen Lage errettet hätte.

Nein, auch in dieser Stadt hatten wir keine Hilfe, keine Erlösung, keine Rettung zu erwarten.



Entsprechend wurden nicht wir, sondern der Sklavenhändler und seine Mannschaft dort auch freundlich empfangen, ähnlich wie die Niederländer in Elmina oder Kapstadt.

Vermutlich wunderte sich hier auch niemand über die weißen Sklaven, welche Herr El Haji dabeihatte, genauso wie sich niemand in Kapstadt über schwarze Sklaven gewundert hatte.

Wir Europäer herrschten inzwischen über große Teile der Welt, aber hier im Osten Afrikas hatten noch andere das Sagen, Araber. Und wir hatten das Pech gehabt, diesen in die Hände zu fallen. Auf dem Sklavenmarkt in Arabien würde es uns auch nichts nützen, dass Europäer in Amerika, West- und Südafrika oder in weiten Teilen Asiens selbst diejenigen waren, welche Sklaven hielten. Diese Welt war theoretisch nur ein paar hundert Seemeilen, praktisch jedoch Lichtjahre für uns entfernt.


Unser neuer Besitzer (der Gedanke kam mir immer noch surreal vor, dennoch hatten die letzten Tage keinen Zweifel daran gelassen, dass Herr El Haji genau dies war –und zu allem Überfluss war er nunmehr auch der Hüter meiner Unschuld) und dessen Helfer kauften noch ein paar weitere Vorräte.
Diese trugen sie aber natürlich nicht selbst zum Schiff, sondern ließen dies von den zwei afrikanischen Mitgefangenen erledigen und beschränkten sich darauf, diese zu bewachen.

Als Kaufmannstochter konnte ich mir auch ausrechnen, wer diese Vorräte am Ende des Tages bezahlen würde – wir selbst mit dem Preis, den Herr El Haji im Oman für unsere Körper und unsere Freiheit verlangen würde.

Wir Frauen gingen nicht von Bord. Das machte mir auch nichts aus, im Gegenteil. Mein Interesse daran, in eine weitere ostafrikanische Stadt zu gehen, ging gegen Null. Vor allem, wenn ich dafür dann wieder mit einer Kette an einem Halseisen gefesselt wurde und versuchen musste, so zu gehen, dass ich weder von vorne noch von hinten gewürgt zu wurde. Da blieb ich dann doch lieber hier, auch wenn ich mir weiß Gott schönere Plätze hätte vorstellen können als das Schiff eines – meines – Sklavenhändlers.

Auch konnte ich schon vom Deck aus sehen, dass auch diese Stadt von arabischen Händlern dominiert wurde. Europäer sah ich dagegen keine, diese waren ja anscheinend vertrieben worden.

Eigentlich hatte ich bereits jetzt genug von arabischen Händlern. Aber das interessierte natürlich niemanden. Ganz im Gegenteil war es mein Schicksal, auf dem Schiff eines arabischen Händlers mitzusegeln. Als dessen Sklavin.


In Mombasa wurde ich auch Zeuge, wie schwarze Sklaven und Sklavinnen auf ein anderes arabisches Boot getrieben wurden. Die Araber gingen auch nicht zimperlich mit ihnen um und verwendeten öfters die Peitsche, wenn die Afrikaner ihrer Meinung nach nicht schnell genug liefen. Vermutlich erwartete diese armen Kreaturen ein ähnliches oder ein noch schlimmeres Schicksal wie mich.

Im Verhältnis zu diesen wurden wir wirklich gut behandelt. In diesem Moment war ich wirklich froh, dass die Helfer des Sklavenhändlers ihre Peitschen nicht an uns benutzen. Und zugleich verängstigt, denn es gab auch kein Zweifel, dass sie diese benutzen würden, wenn wir ihnen nicht gehorchen würden.


Zumindest war es so, dass wir in Mombasa nochmals frische Früchte und frisches Brot bekamen. Hänsel sollte es ja gut gehen, die Hexe in Arabien würde sich sicherlich darüber freuen.

Herr El Haji, Omar und noch zwei Helfer kamen an diesem Abend auch nicht zum Abendbrot, vermutlich ließen sie es sich irgendwo in der Stadt gut gehen. Vielleicht feierten sie zusammen auch schon den guten Fang, den sie in Sansibar gemacht hatten.

Jedenfalls schienen sie gut gelaunt zu sein, als ich sie am nächsten Morgen wieder traf.


Wir blieben auch nur einen Tag in Mombasa, dann setzten wir unsere Reise fort, weiter Richtung Norden.


Auf See

Es war und blieb sehr heiß, allerdings wurde die Schwüle langsam weniger. Die Landschaft am Ufer wurde von Tag zu Tag ein bisschen karger.

Nach ein paar Tagen segelten wir an einer Stadt vorbei. Herr El Haji erklärte uns, dass die Malindi sei. Vor 310 Jahren wäre hier angeblich ein chinesischer General gelandet. Keine Ahnung, warum er uns das erzählte. Irgendwie hatte ich schlechte Erinnerungen an Chinesen und wollte daher eigentlich nichts von diesem Volk hören. Es reichte mir schon völlig aus, dass mich das Gefängnis über meinen intimen Stellen ständig an einen Chinesen auf Sansibar erinnerte.

Auch mit Arabern hatte ich ganz, ganz schlechte Erfahrungen gemacht, aber der Wunsch, den ich manchmal nachts hatte, nämlich niemals mehr einen solchen zu sehen, erfüllte sich natürlich nicht.
Ganz im Gegenteil. In Arabien würde ich noch viel mehr Angehörige dieses Volkes treffen (müssen). Auch „derjenige“, mein zukünftiger Besitzer, würde vermutlich ein Araber sein, wie ich mit einem Schaudern feststellte.



Die Tage vergingen. Untertags waren wir beschäftigt mit Küchendienst und ein paar anderen Aufgaben, abends unterhielten wir uns ein wenig, mit meinen Mitgefangenen, mit meinem Vater und meinem Bruder durch die Wand. Selbst mit den Afrikanerinnen kamen wir langsam ins Gespräch, wir hatten diesen ein paar Worte auf Deutsch beigebracht. Gerade auf die, wenn auch oft zähen, Gespräche mit meinem Bruder und meinem Vater freute ich mich jeden Tag besonders, denn untertags sah ich diese kaum. Auch war es sehr wahrscheinlich, dass sich unsere Wege im Oman trennen würden.

Entsprechend weinten wir auch an den meisten Abenden viele Tränen, jede Umarmung mit meiner Mutter, meiner Schwester tat mir gut. Auch mit Fenja, Elise und Catharina freundete ich mich schnell an und auch wir weinten vielen Tränen gemeinsam. Geteiltes Leid ist halbes Leid, so sagt man wohl.

Fenja war immer noch nicht über den Verlust ihres Ehemanns hinweggekommen, aber daran konnte sie ebenso wenig ändern wie an unserem gemeinsamen Schicksal, nach Arabien verschleppt zu werden.


In gewisser Weise waren die Abende am schlimmsten.

Untertags waren wir mit Küchendienst und allerlei anderen Aufgaben, welche uns die Sklavenhändler gaben, abgelenkt. Aber am Abend in unserer Zelle hatten wir wieder Zeit daran zu denken, dass uns ein Leben als Sklavinnen in Arabien bevorstand.
Und diesem Schicksal – und auch „demjenigen“ – kamen wir von Tag zu Tag ein klein wenig näher.

Vermutlich war dies der Hauptgrund, warum wir abends so viele Tränen vergossen, obwohl uns die Sklavenhändler insgesamt nicht schlecht behandelten. Wir wurden nur sehr selten geschlagen und bekamen jeden Tag genug zu essen, so dass niemand von uns hungern musste.

Hänsel sollte ja gut genährt in Arabien ankommen.

Anscheinend schmeckte auch den Sklavenhändler unser Essen, denn wir wurden – zum Glück – nicht zum Deckputzen abkommandiert. In der Hitze des Tages war dies eine fast unmenschliche Aufgabe. Keine Ahnung, wie die beiden Afrikanerinnen dies aushielten. Ich wäre vermutlich zusammengebrochen.
Vielleicht waren die Afrikanerinnen besser an diese Hitze gewöhnt als wir, vielleicht hatte Herr El Haji deswegen diese für diese undankbare Arbeit eingeteilt, ich weiß es nicht. Wirklich glücklich schienen die Afrikanerinnen mit dieser Aufgabe auch nicht. Aber wer war schon glücklich von uns, keine.


Die Fesseln aus Metall am Hals und an den Händen bekamen wir auch nie abgenommen, diese erinnerten uns ständig an unseren Status als Sklavinnen. Auch den Keuschheitsgürtel musste ich Tag und Nacht tragen.

Nur einmal am Tag öffnete Herr Al Haji persönlich den Keuschheitsgürtel, damit ich diesen und auch meine intimen Stellen reinigen konnte. Unter seiner persönlichen Aufsicht, was für eine Demütigung. Danach schloss er mich aber auch schon wieder in dieses schreckliche Ding ein. Diese Prozedur fand ich besonders entwürdigend, wie gerne wäre ich jeden Tag aufs Neue im Boden versunken.

Gleiches tat Herr El Haji bei Veronica, Elise und Catharina. Auch ihnen war anzusehen, wie sehr sie sich schämten.

Weiterhin wusste ich nicht, warum wir dieses schreckliche Ding überhaupt tragen mussten. Nicht im Traum wäre mir oder meinen Mitgefangenen eingefallen, mit irgendjemandem hier an Bord intim zu werden. Noch dazu ohne Ehegelöbnis. Aber Herr El Haji ging wohl weiterhin nach dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“

Omar und die anderen Helfer warfen uns zwar ab und zu einen interessierten Blick zu, ließen uns aber sonst in Ruhe. Auch Fenja und die Afrikanerinnen, obwohl diese nicht wie ich „geschützt“ waren.
Vermutlich hätte Herr El Haji dies nicht gerne gesehen. Warum die Afrikanerinnen im Gegensatz zu mir keinen Keuschheitsgürtel tragen mussten, verstand ich auch nicht so ganz. Ich konnte nur vermuten, dass diese nicht so „wertvoll“ wie Veronica, Catherina, Elise und ich waren und sich daher das schreckliche, aber wohl nicht ganz billige Ding um unsere Hüften sich für diese nicht lohnte.

Oder lag es vielleicht daran, dass eine weiße Europäerin für einen arabischen Mann attraktiver war als eine schwarze Afrikanerin? Ich wusste es nicht, im Grunde war es auch egal, jedenfalls musste ich diesen schrecklichen Keuschheitsgürtel tragen und die Afrikanerinnen nicht, warum auch immer.

Anscheinend war es für Omar und die anderen Helfer im echten Leben in Ordnung, dass wir für sie „tabu“ waren, so dass der schreckliche Alptraum, den ich im Hafen von Sansibar gehabt hatte, nicht wahr wurde. Die Wirklichkeit war aber auch schon schlimm genug.

Und weiterhin war klar, dass irgendjemand den Schlüssel zu meinem Keuschheitsgürtel bekommen würde. Wer diese Hexe sein würde und wie schrecklich diese war, daran wollte ich weiterhin eigentlich gar nicht denken – und konnte dennoch nicht anders, als genau dies die ganze Zeit zu tun…

75. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von powo01 am 08.02.24 09:00

Es ist klar das die Seereise sehr gemächlich voran geht Gibt es irgendwas Neues ?
76. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 08.02.24 20:41

Zitat
Es ist klar das die Seereise sehr gemächlich voran geht Gibt es irgendwas Neues ?



Hallo Powo01,

Nach der Anzahl der Klicks (recht wenige) und Kommentare (seit zwei Wochen gar keine mehr) hat das Interesse an der Geschichte doch ziemlich nachgelassen. Daher war ich in letzter Zeit nicht besonders motiviert, weitere Teile zu posten. Ich habe ja früher schon mal irgendwo geschrieben, dass es nicht mein Ziel ist, dieses Forum mit einer Geschichte zuzumüllen, die keinen interessiert…


Man könnte sagen, dass das Schiff leider vor der Südküste des heutigen Somalias in eine Windflaute geraten und dort liegengeblieben ist.

Vielleicht braucht das Schiff etwas Rückenwind, um weitersegeln zu können …


(ansonsten ist der Stand der, dass die Geschichte inzwischen beendet ist – zumindest auf meinem PC… )
77. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von SCHWESTER ANNIKA am 08.02.24 21:14

Hallo, nein nein, schreib nur weiter. Und lasse dich durch wenige Kommentare auch nicht entmutigen.

Wenn es mir danach geht, hätte ich meine Geschichte schon längst beenden müssen...

Gruß Schwester Annika
78. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 08.02.24 21:56

also ich hab da sicherlicha auch intressere daran was mit unserer protagonistin alles passieren wird.
Ich würde es schade finden wen die jetzt beendet wird.
Eine so gute geschichte findet man leider nicht so häufig wo man so ziemlich am Anfang Mitfiebert.

Kann es aber sehr gut verstehen wen man nicht weiterschreiben möchte wen kein Feedback kommt oder an den wenigen Klicks.
79. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von jonnyf am 09.02.24 10:34

Lass das Schiff bitte nicht untergehen.
Ich gehöre auch nicht zu den eifrigen Kommentatoren, möchte aber gerne eine Fortsetzung der Geschichte.
80. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von winipu77 am 09.02.24 15:06

Ich glazb das Problem vor 2 Wochen war, das da viel "Mist" zu anderen Themen gepostet wurde hinterher. Ich hatte den letzten Teil nämlich gar nicht mitbekommen und mich gewundert wo er bleibt. ... erst die aktuelle Diskussion hatte ihn mit hochgeholt. Also bitte weiterden Kurs Richtung Arabien setzen 😉
81. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Alexa.61 am 09.02.24 18:39

ich leide unter der vorstellung geld verdienen zu müssen von dem ich lebensmittel kaufen muss um sie dann zu essen
82. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 09.02.24 19:12

@Alexa: Sorry, habe ich nicht kapiert.
@SchwesterAnnika, Windelfohlen, jonnyf, winipu77:

Vielen Dank.
Das Thema hatten wir ja leider schon öfters, bei mir genauso wie bei anderen Autoren (z. B. bei Carlo), das Thema ist wohl fast so alt wie das Forum selbst. Von daher will ich momentan auch gar nicht mehr dazu sagen, ich würde mich nur wiederholen.

Aber nun gut, dann wollen wir das Schiffchen noch ein bisschen weitersegeln lassen, ein bisschen Rückenwind hat es ja bekommen und untergegangen ist es in der Zwischenzeit auch nicht . So toll ist es vor der somalischen Küste auch nicht… Und im Oman warten ja bereits die Frau und vier Kinder des Sklavenhändlers auf seine Rückkehr…

Nach diesem Kapitel feiert Herr El Haji aber erst mal Karneval, in einer Woche geht es dann weiter (soweit ich bis dahin nicht wieder die Motivation verloren habe …).

Ob Clara auch in Feierlaune ist, dessen bin ich mir aber nicht so sicher…
83. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 09.02.24 19:21


15. Auf dem Weg nach Arabien, Teil 2


Merka

Wir segelten weiter, nunmehr auf Kurs Richtung Nordosten, immer weiter entlang der afrikanischen Küste. Nach einigen Tagen erreichten wir einen weiteren Hafen, er hieß Merka. Auch hier gingen wir Frauen nicht von Bord, nur ein paar Mitgefangene mussten helfen, neue Vorräte an Bord zu tragen.

Vom Deck aus sah ich am Hafen erneut ein buntes Treiben. Arabische, aber auch viele schwarze Händler boten ihre Waren feil. Viele Frauen waren vollverschleiert und trugen lange schwarze Gewänder.

Weiße Europäer konnte ich dagegen nicht sehen.

Wie bereits in Sansibar und Mombasa konnte ich die Minarette einer großen Moschee erkennen, fünfmal am Tag erklang der Ruf des „Muezzins“, so hieß wohl der Pfarrer bei den Muslimen.

Irgendwie war ich fast froh darum, an Bord bleiben zu können, irgendwie war mir diese Stadt unheimlich.


Es mag vielleicht seltsam klingen, aber ein bisschen hatte ich mich an mein neues Leben als Gefangene auf diesem Schiff gewöhnt. Die Sklavenhändler behandelten uns insgesamt auch gut. Vermutlich waren sie sehr zufrieden, dass wir ihnen jeden Tag etwas zum Essen zubereiteten, ihnen auch alle anderen Arbeiten abnahmen und keinen Widerstand leisteten, sondern uns in unser trauriges Schicksal ergaben. Die Sklavenhändler mussten nicht viel mehr tun als uns zu beaufsichtigen.

Daher hatten Omar und die anderen Helfer auch keinen Grund, ihre Stöcke und Peitschen, welche sie als Drohung trotzdem immer dabeihatten, zu benutzen.

Mit etwas Wehmut dachte ich an Isabella und ihre Worte zurück, dass ich selbst vermutlich in Batavia ein paar Sklaven haben würde. Dann wäre ich diejenige gewesen, die andere Menschen beim Arbeiten beaufsichtigt hätte. Ja, hätte.
Vielleicht im nächsten Leben, in diesem wohl nicht mehr.


Anscheinend schmeckte Herrn El Haji und seinen Helfern das von uns zubereitete Essen auch weiterhin, so dass es weiterhin den armen Afrikanerinnen vorbehalten blieb, das Deck zu säubern. Immerhin. Ein bisschen bemitleidete ich diese schon, aber tauschen wollte ich auch nicht.

Das Schlimmste war wohl wie gesagt, dass wir Arabien und damit unserer ungewissen Zukunft als Sklavinnen jeden Tag ein bisschen näher kamen. Und damit auch dem Tag, an welchem Herr El Haji „demjenigen“ den Schlüssel zu dem Keuschheitsgürtel geben würde, der –noch- Tag und Nacht meine Unschuld bewachte.


Wir blieben für eine Nacht im Hafen von Merka, dann segelten wir am nächsten Morgen weiter Richtung Nordosten, immer noch an der afrikanischen Küste entlang. Wir kamen an einer größeren Stadt namens Mogadishu vorbei, in welcher wohl Portugiesen einen Handelsposten hatten. Aber auch von dort kam keine Hilfe, wir segelten an der Stadt vorbei wie ein ganz normales Handelsschiff.
Vermutlich waren wir sogar ein solches „normales“ Handelsschiff hier in Ostafrika, nur dass dieses Schiff eben keine Feldfrüchte, Tücher oder Metalle transportierte, sondern Sklaven und Sklavinnen. So wie mich.



Hobyo

Einige Tage nachdem wir Mogadishu passiert hatten, erreichten wir nochmals eine kleine Stadt, welche wohl Hobyo hieß. Auch von dieser hatte ich noch nie vorher gehört.

Dies wäre wohl unser letzter Stopp in Afrika und überhaupt auf unserer Reise, bevor wir den Oman erreichen würden, wie uns Herr El Haji erklärte. Unsere Reise neigte sich wohl ganz langsam dem Ende entgegen.

Auch wenn die Tage an Bord bestimmt kein Genuss waren, so machte mich diese Aussicht irgendwie auch nicht glücklich.

Die Sklavenhändler waren anscheinend auch etwas nervös, denn kurz bevor wir die Stadt erreichten, kontrollierten sie nochmals ihre Gewehre und legten diese für den Notfall bereit. Anscheinend vertrauten sie den Bewohnern der Stadt nicht so ganz.

Viel mehr bekam ich auch nicht mit, denn Herr El Haji befahl uns, unter Deck zu gehen, wo Omar uns in unseren Gefängniszellen einschloss. Ich vermutete, dass der Sklavenhändler den Bewohnern der Stadt nicht zeigen wollte, welche wertvolle „Ware“ er dabeihatte, um dort keine Begehrlichkeiten zu wecken.

Wir blieben auch nur zwei oder drei Stunden in der Stadt, in welchen zwei Helfer mit den zwei afrikanischen Männern neues Wasser und Vorräte für den Rest der Reise kauften.

Erst als wir den Hafen ohne Zwischenfall wieder verlassen hatten, befreite uns Omar wieder aus unserer Gefängniszelle und wir „durften“ zurück zu unserem Küchendienst.



Die letzten Tage auf See

Die Reise – der letzte Teil davon – ging weiter.

Gefühlt waren Herr El Haji und seine Helfer von Tag zu Tag besser gelaunt, während bei uns die Anspannung von Tag zu Tag stieg. Die gute Laune, welche die Sklavenhändler versprühten, übertrug sich dementsprechend auch nicht auf uns. Zumindest führte diese dazu, dass wir – für Sklavinnen – weiterhin relativ gut behandelt wurden, immerhin.

Nachdem wir inzwischen auch immer mehr Arabisch verstanden, blieb es auch nicht aus, dass wir das ein oder andere Wort miteinander wechselten.
Jedenfalls, wenn uns der Sklavenhändler und seine Helfer erlaubten zu sprechen. Gleichzeitig ließen sie es uns aber auch immer spüren, dass wir die Gefangenen waren und sie die Befehle erteilten.


Die Landschaft wurde noch karger und ging nun endgültig in eine Wüste über. Entsprechend war die Küste inzwischen auch fast menschenleer, nur noch ganz kleine Fischerdörfer konnte ich erkennen.


An einem der Tage, an denen wir an dieser ostafrikanischen Wüste vorbeisegelten, war auch mein Geburtstag, der 24. Der traurigste Geburtstag in meinem ganzen Leben. Der erste, aber vermutlich nicht der letzte Geburtstag als Sklavin.
Vermutlich weinte ich an diesem Tag noch mehr als an den anderen. Natürlich war auch niemandem danach, eine Geburtstagsfeier auszurichten.
Geschenke gab es natürlich auch nicht, niemand von uns besaß noch irgendetwas, was er hätte verschenken können. Zumindest gab es noch viel Trost, von meiner Mutter, meiner Schwester, Fenja und den anderen. Natürlich auch von meinem Vater und meinem Bruder, zumindest in der kurzen Zeit, in denen ich diese heute wieder sehen konnte. Ob ich diese an meinem 25. Geburtstag auch noch sehen konnte, war doch sehr unwahrscheinlich, auch dieser Gedanke war sehr bedrückend. Vielleicht war dies mein letzter Geburtstag, den wir zwar nicht zusammen feierten, aber zumindest zusammen verbrachten.

Den nächsten Geburtstag würde ich wohl bei meinem neuen Besitzer „feiern“. Bald würde ich erfahren, wer dies sein würde.


Nach einigen weiteren Tagen war es dann soweit: Wir ließen die Ostspitze Afrikas hinter uns und segelten über das Meer hinüber auf einen neuen Kontinent – Asien. Jedoch nicht nach Indien, sondern zur arabischen Halbinsel.

Dorthin, wo mich ein Leben, vermutlich auch ein Lebensende, als Sklavin erwartete.

Wir waren zwei ganze Tage auf hoher See, aber der Wind stand günstig, so dass bereits am späten Nachmittag des darauffolgenden Tages wieder Land in Sicht kam. Arabien.


Ich musste bitterlich weinen, als ich das erste Mal links vor uns die Küste dieses neuen Landes sah.

Wir waren fast da.

Meinen Mitgefangenen ging es ähnlich, auch ihnen war die Angst anzusehen, was sie dort erwartete.


Selbstverständlich interessierte dies die Sklavenhändler aber nicht im Geringsten. Im Gegenteil hatte ich das Gefühl, dass sie glücklich waren, dass diese lange Reise bald vorbei war und sie ihre Heimat wiedersehen konnten. Wie wir inzwischen erfahren hatten, hatten die meisten von ihnen Frauen und Kinder im Oman.

Wie es sich wohl anfühlte, anderer Leute Frauen und Kinder als Sklavinnen und Sklaven zu verkaufen?

Für sie vermutlich „normal“.

So normal wie es für niederländische Kaufleute war, die Kinder und Frauen von Afrikanern nach Amerika zu verkaufen.


Vom Schiff aus konnte ich von diesem Arabien aber auch noch nicht allzu viel erkennen. Was ich sehen konnte war Wüste, nur selten unterbrochen von ein paar kleinen Fischerdörfern. Im Grunde unterschied sich die Küste nicht groß von der im Nordosten Afrikas.

Erneut dachte ich mir, dass ich nicht hierher wollte. Aber hierher musste. Ob ich wollte oder nicht. Und hier vermutlich mein Leben beenden würde. Als Sklavin. Von „demjenigen“.


Entsprechend schlief ich in den letzten Nächten auf See auch ziemlich schlecht. Meist lag ich die halbe Nacht wach und dachte darüber nach, was mich wohl in Arabien erwarten würde.


Tatsächlich dauerte die Reise, nachdem wir das erste Mal die arabische Küste gesehen hatten, auch nicht mehr allzu lange, nur noch ein paar Tage. Es war inzwischen Mitte September.


Dann, eines frühen Morgens, öffnete Herr El Haji die Tür zu unserer Gefängniszelle und weckte uns. Jedenfalls diejenigen, die noch schliefen, ich hatte mich bereits wieder seit zwei oder drei Stunden schlaflos auf meiner Strohmatte umhergewälzt.

Der Sklavenhändler teilte uns mit einem Freudestrahlen mit, dass wir in Kürze unser Ziel, seine Heimatstadt Al Kharsun, erreichen würden. Dies sei eine sehr schöne Stadt mit freundlichen Menschen – so wie ihm – und er hoffe wirklich für uns, dass er hier Käufer für uns finden würde. Er sei sich dessen aber ziemlich sicher.

Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, ich war einfach nur traurig und deprimiert und brach erneut in Tränen aus.


Die neue Heimat kommt in Sicht

Bereits zwei Stunden später konnte ich das Ziel unserer Reise, Al Kharsun, auch das erste Mal links vor uns sehen. Es gab einen kleinen Hafen, von diesem aus führte ein Weg ca. 20 oder 30 Höhenmeter zu einem Hochufer hinauf. Auf diesem Hochufer lag die Stadt, welche von einer massiven Stadtmauer umgeben war. Das einzige was ich von der Stadt selbst von hier unten sehen konnte, waren wiederum die Minarette einer großen Moschee.

Die Landschaft war sehr karg, im Hintergrund konnte ich einige Hügel erkennen, aber im Wesentlichen war auch hier alles Wüste.


Kurz bevor wir die Stadt erreichten, sahen wir rechts von uns einige Delphine. Wunderschöne Tiere, frei und unbeschwert schwammen sie durchs Wasser. Irgendwie beneidete ich sie.

Aber während die Delphine bald wieder auf den Ozean hinausschwammen, fuhren wir an der Küste entlang weiter Richtung dieser Stadt, Al Kharsun, wie sie wohl hieß.

Diese Stadt würde wohl mein neues zuhause werden. Vielleicht für den Rest meines Lebens.
84. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von MartinII am 10.02.24 12:47

Wieder schön weitergeschrieben - Danke!
85. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 10.02.24 17:28

Deine Geschichte macht einfach Lust auf mehr.
Musste etwas schmunzeln als du die Delfine in die Geschichte reingebracht hast, ein schönes Symbole für Freiheit.
86. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 10.02.24 21:10

Zitat
Deine Geschichte macht einfach Lust auf mehr.
Musste etwas schmunzeln als du die Delfine in die Geschichte reingebracht hast, ein schönes Symbole für Freiheit.



@Martin
Danke schön.

@windelfohlen
Freut mich, wenn Dir die Geschichte immer noch gefällt. Zugegebenermaßen gefällt mir selbst die Geschichte auch gar nicht so schlecht. Der zweite Teil ist etwas anders, aber irgendwie auch schön...
Ja, der Kontrast mit den Delphinen ist schön.
Der eigentliche Grund, warum ich die Sequenz mit den Delphinen eingefügt habe, war aber ein anderer: Vielleicht erinnert sich noch jemand daran, dass Caro an der gleichen Stelle auch Delphine gesehen hat - 300 Jahre später (Kapitel Sonntag, 28. Oktober)

https://kgforum.org/display_5_2407_102034_272_160.html

Vielleicht hat jemand noch zwei weitere Parallelen entdeckt: Clara ist nunmehr auch 24 und bei ihrer Ankunft in Al Kharsun ist es auch Mitte September.
Kleine Spielereien 😀

Ich muss zugeben, dass ich die Idee ganz witzig finde, dass 300 Jahre vor Caro schon mal eine junge deutsche Frau als Sklavin nach Al Kharsun kam - und wer weiß, vielleicht wird sie ja von Ahmeds Ur-Ur-Ur-Ur-Ur- Großvater gekauft...? 😀

(Auf so eine doofe Idee muss man erst mal kommen, sorry...)
87. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 11.02.24 17:59

Ne ist keine doofe Idee, musste gerade ein wenig lächeln, und ja warum nicht eine Familie aus Sklavenhaltern.
Also eines kannst du sicher sein, ein lesefan wirst du immer haben, auch wen ich nicht nach jedem Teil kommentiere, aber sicherlich werde ich sie gelesen haben.
88. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 11.02.24 21:28

Danke Dir.
Ich habe es früher ja bereits geschrieben, aber es freut mich, wenn zumindest einer über meine blöden Witze/Ideen lachen kann 😀
Fühl Dich bitte aber auch zu nichts verpflichtet.
89. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 14.02.24 21:52

16. Auf dem Sklavenmarkt von Al Kharsun


So legten wir im Hafen dieser Stadt „Al Kharsun“ an. Diese würde wohl meine neue Heimat werden. Meine Heimat als Sklavin. Was für eine schreckliche Vorstellung.

Ich wollte doch mit meiner Familie nach Batavia in Ostindien, um dort ein neues Leben zu beginnen.

Und nun war ich stattdessen hier. In einer Stadt, von der ich noch nie gehört hatte, in einem Land, in das ich ebenfalls nie wollte. Weit weg von Ostindien.

Zumindest ein neues Leben würde hier in der Tat auf mich warten. Allerdings kein Leben, wie ich es mir erwünscht hatte. Stattdessen ein Leben als Sklavin.

Der Eisenring um meinen Hals, die Schellen um meine Hände und der Keuschheitsgürtel unter meinem Kleid machten mir meinen Status allzu deutlich.

Ein neues Leben wartete hier auf mich, aber bestimmt kein schönes. Würde ich diese Fesseln für den Rest meines Lebens tragen müssen?


Der Hafen der Stadt war auch nicht allzu groß, außer uns lagen noch vier andere Dhauen an der Reede, dazu ein paar Fischerboote.

Allerdings waren schon einige Leute am Hafen und erwarteten uns, besser gesagt die Sklavenhändler.

Herr El Haji und seine Helfer wurden freudig begrüßt, vermutlich waren die meisten der Wartenden Familie und Freunde von diesen.

Anscheinend waren auch die Frau und die Kinder, vier an der Zahl, von Herrn El Haji zur Begrüßung gekommen. Es gab viele Umarmungen und freudige Worte.


Auf mich und die anderen Gefangenen wartete dagegen niemand.

Niemand von meinen Verwandten, die in Hannover geblieben waren, wusste überhaupt, wo mich das grausame Schicksal hinverschlagen hatte. Im Grunde wusste ich selbst nicht einmal, wo genau ich hier gelandet war. Von dieser Stadt hatte ich noch nie vorher gehört und den Namen dieser Stadt noch nie auf einer Karte gelesen. Und dennoch war ich nun genau hier.


Wir mussten eine Weile auf dem Schiff warten, bis sich die Sklavenhändler genügend mit ihren Freunden und Familien ausgetauscht hatten.

Sicherlich würden sie auch heute und in den nächsten Tagen die Wiederkehr feiern.

Während es für uns nichts zu feiern gab.



Dann gingen die Sklavenhändler zurück an die Arbeit.

Wir bekamen nochmals etwas zu essen und zu trinken, dann ketteten die Helfer uns wieder mit einer Kette an unseren Halsringen zusammen. Mir schauderte, als ich wieder das Klicken des Vorhängeschlosses an meinem Hals vernahm. Schlimme Erinnerungen an Sansibar kamen wieder hoch.

Ich wurde mit den anderen fünf europäischen Frauen zusammengebunden. Ganz vorne ketteten die Sklavenhändler meine Mutter an, dahinter Veronica, dann mich an dritter Stelle, hinter mir Fenja, Catharina und ganz hinten Elise. Mein Vater, mein Bruder und die zwei flandrischen Brüder wurden an die zweite Kette angebunden und an eine dritte Kette die vier afrikanischen Frauen und die zwei afrikanischen Männer.

Dann mussten wir das Schiff verlassen und folgten dem Zug der Kette an unserem Hals. Wir hatten wieder die „Ehre“ von Herrn El Haji selbst geführt zu werden. Einer der Helfer begleitete uns mit einem Rohrstock, falls doch eine von uns auf die Idee gekommen wäre, sich zu widersetzen. Aber das passierte nicht. Auch ich hätte nicht gewusst, was mir Widerstand außer Hieben eingebracht hätte. Die Freiheit bestimmt nicht.


Zunächst mussten wir durch den Hafen gehen, in welchem uns die Freunde und Familien der Sklavenhändler neugierig betrachteten.

Dann führten uns die Sklavenhändler den Hügel hinauf. Nur ein paar kleine Büsche wuchsen hier, ansonsten war die Landschaft kahl, nur Sand und Steine gab es hier, davon aber jede Menge. Es war trotz der frühen Stunde schon ziemlich heiß, daher war dieser Anstieg etwas anstrengend, obwohl er kurz war. Herr El Haji ging vermutlich extra für uns etwas langsamer, dennoch blieb es nicht aus, dass ich den ein oder anderen Zug an meinem Hals bekam, wenn ich oder Fenja, die hinter mir angekettet war, nicht schnell genug liefen. Auch ihr schien die Hitze zu schaffen zu machen.


Wieder betraten wir als Sklavinnen durch ein Stadttor eine fremde Stadt, das zweite Mal nach Sansibar.

Ich machte mir auch keine Illusionen darüber, was mich in dieser Stadt erwartete. Ein Sklavenmarkt, zu diesem Zweck hatte uns Herr El Haji hergebracht. Mir war bereits angst und bange als wir die Stadt betraten.

Tatsächlich dachte ich kurz darüber nach, einfach zu fliehen, um diesem Sklavenmarkt zu entgehen.

Aber wie hätte ich das tun sollen, vor mir an Veronica und hinter mir an Fenja angekettet?

Nein, ich hatte gar keine andere Wahl, als dem Zug an meinem Hals zu folgen. Hinein in diese Stadt.


Die Stadt hatte gewisse Ähnlichkeiten mit Sansibar, auch hier gab es viele kleine Gassen.

Allerdings gab es hier auch deutlich weniger grün, nur ein paar Palmen standen herum, ansonsten spendeten nur die Häuser Schatten in der Hitze des Tages.


Ähnlich wie in Sansibar liefen wir durch eine größere Straße, welche direkt zum Marktplatz von Al Kharsun führte. Links des Marktplatzes stand die große Moschee der Stadt, an den anderen Seiten des Platzes standen prachtvolle Häuser im arabischen Stil. Arm schienen die Einwohner dieser Stadt nicht zu sein.

Wir wurden zum Marktplatz geführt, dort gab es ein großes Podest, das von einem Segeltuch überspannt war. Ich konnte mir vorstellen, wofür dieses Podest war.

Das war wohl der Ort, an dem Sklaven verkauft wurden. An dem wir verkauft wurden. Vermutlich würde ich bald erfahren, wer „derjenige“ war.
Bei dem Gedanken liefen mir erneut Tränen über die Wangen.

Wie befürchtet wurden wir auch genau zu diesem Podest gebracht.


Herr El Haji und seine Helfer führten uns dort hinauf und lösten dann die Ketten an unserem Halsband.

Danach postierten sie uns:

Ganz rechts mussten sich die beiden jungen afrikanischen Männer aufstellen, daneben mein Vater und mein Bruder, dann die beiden Brüder aus Flandern. Neben diese stellten die Sklavenhändler meine Mutter, dann meine Schwester und mich. Neben mir mussten sich Elise, dann Catharina und Fenja hinstellen. Am linken Rand wurden die vier Afrikanerinnen positioniert.

Ich hatte also zusammen mit Veronica die „Ehre“ genau in der Mitte des Podests zu stehen. Eine Ehre, auf die ich sehr gerne verzichtet hätte.


Die Sklavenhändler waren anscheinend zufrieden mit der Reihe, welche sie gebildet hatten und befahlen uns dann, uns auszuziehen. Auch meinem Vater, meinem Bruder und den anderen Männern blieb diese Demütigung nicht erspart.

Widerstand war zwecklos, das war immer noch klar, und so entledigte ich mich wie damals in Sansibar meines Kleides.

Zum Vorschein kam mein Keuschheitsgürtel, diesen konnte ich mir nicht ausziehen, denn den Schlüssel hatte ja Herr El Haji. Ich schämte mich, dass nun die ganze Stadt meinen Tugendwächter sehen konnte.

Keine Ahnung, ob nun auch die ganze Stadt wusste, dass ich noch jungfräulich war. Andererseits, an dem wenn auch inzwischen verblassen Punkt auf meiner Stirn konnte das sowieso jeder sehen.

Irgendwie hoffte ich trotzdem, dass ich diesen Keuschheitsgürtel anbehalten konnte. Zu gut konnte ich mich noch daran erinnern, wie mich in Sansibar etliche Männer an meinen intimsten Stellen begrapscht hatten.

Aber diese Hoffnung erfüllte sich nicht.


Herr El Haji kam mit einem Grinsen zu uns und ließ es sich nicht nehmen, Veronica, Catharina, Elise und mir persönlich dieses Unterleibsgefängnis abzunehmen.

Mit einem Schaudern dachte ich daran, dass wir immer noch genauso „wertvoll“ waren wie bei unserer Abreise in Sansibar. Für Herrn El Haji war das vermutlich eine gute Nachricht.

Damit nicht genug ketteten Omar und die anderen Helfer unsere Hände wieder mit einer kurzen Kette an unseren Halsringen an. Wie schon in Sansibar war diese so kurz, dass ich meine Hände wie beim Beten vor die Brust halten musste und keine Möglichkeit mehr hatte, meinen nunmehr komplett nackten Unterleib zu bedecken. Zumindest gab es hier auf dem Podest keine Eisenringe, an welchem sie uns noch zusätzlich hätten anketten können.

Dennoch war es unglaublich beschämend, nackt und gefesselt auf einem Podest auf dem Marktplatz einer fremden Stadt zu stehen. Noch dazu am „besten Platz“ in der Mitte. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als mich in Luft aufzulösen. Aber so sehr ich es mir auch wünschte, so viele Gebete ich auch zum Himmel schickte, es passierte nicht.

Damit nicht genug malte Herr El Haji nochmals persönlich die Zeichen auf unserer Stirn nach, inzwischen waren diese doch etwas verblasst. Den roten Punkt auf der Stirn von Veronica, Catharina, Elise und mir schien er mit besonderer Hingabe zu malen.

Sicherlich erhoffte er sich von diesen Punkten viele Goldstücke extra.


So standen ich und die anderen versklavten Europäer und Afrikaner dort auf dem Marktplatz von Al Kharsun und warteten, was als nächstes passieren würde.

Es war wohl endgültig soweit. Der Tag, vor dem ich mich so sehr gefürchtet hatte, war gekommen. Der Tag, an dem mich „derjenige“ in Besitz nehmen würde…

90. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 15.02.24 17:07

Schöne Fortsetzung, wie gerne würde ich ihr seelischen beistand leisten was jetzt auf Sie zukommt. auf jedenfall viel Kraft unseren Protagonistin und ihrer Familie und den rest natürlich auch
91. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 16.02.24 21:17

Danke schön.
Ich drücke den vier Kindern von Herrn El Haji auch die Daumen, dass ihr Papa für seine "Ware" einen guten Preis erzielt.
Sonst sieht es schlecht aus mit den Weihnachtsgeschenken...
92. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von powo01 am 17.02.24 00:01

@Neuschreiber63 kleiner Patzer, denke mal Weihnachtsgeschenke sind in der Kultur unüblich
93. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 17.02.24 15:35

Zitat
@Neuschreiber63 kleiner Patzer, denke mal Weihnachtsgeschenke sind in der Kultur unüblich


Tja, dem aufmerksamen Leser entgeht nichts

Oder etwa doch?
Ich habe noch eine weitere historische Ungenauigkeit in der Geschichte, ob die jemand bemerkt hat?

Nach allem, was ich gelesen habe, gab es bei der einfachen Bevölkerung Anfang des 18. Jahrhunderts noch keine Geburtstagsfeiern, geschweige denn Geburtstagsgeschenke.
Die meisten wussten noch nicht einmal den Tag, an dem sie geboren wurden, wodurch sich das mit der Geburtstagsfeier auch erledigt hatte.
Von daher hätte Clara vermutlich gar nicht wissen können, dass sie Anfang September Geburtstag hatte, geschweige denn an welchem Tag auf See ihr Geburtstag war...
Aber für meine kleine Spielerei habe ich diese historische Ungenauigkeit dann in Kauf genommen...
94. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von powo01 am 17.02.24 19:47

@Neuschreiber63 in unseren Breiten gab es die Kirchenbücher und je nach Schicht konnten die Eltern auch noch die ungefähren Geburtsdaten ihrer Kinder nach vollziehen. Die Geburts- und Sterbedaten der oberen Schichten und auch von Kaufleuten wie der Fugger sind bekannt
95. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 17.02.24 20:35

Zitat
@Neuschreiber63 in unseren Breiten gab es die Kirchenbücher und je nach Schicht konnten die Eltern auch noch die ungefähren Geburtsdaten ihrer Kinder nach vollziehen. Die Geburts- und Sterbedaten der oberen Schichten und auch von Kaufleuten wie der Fugger sind bekannt


Das geht jetzt natürlich völlig off-topic, aber interessant ist das Thema m. E. schon. Allgemein hatte ich mich bis vor 7 Wochen nicht groß für das 18. Jahrhundert interessiert, aber seit Ende Dezember ist mein Interesse irgendwie gestiegen

Das mit den Kirchenbüchern hatte ich (und der Artikel, den ich gelesen habe) tatsächlich nicht auf dem Schirm. Das widerspricht sich aber auch nicht unbedingt.
Die Kirche hat die Register ja nicht für Geburtstagsfeiern geführt, sondern zum eigenen Zweck. Ob diese den Gläubigen überhaupt gezeigt wurden, halte ich für mindestens fraglich.
In aller Kürze das, was ich gelesen habe:
- Bei den Römern waren Geburtstagsfeiern noch eher verbreitet.
- Die Kirche hat dann diesen Brauch beendet, denn die Geburt war der Anfang der Sünde, das Heil lag im Tod.
- Erst im 19. Jahrhundert kam der Brauch im protestantischen Christentum auf. Im katholischen Christentum erst viel später, dort feierte man zunächst nur die Namenstage (das habe ich tatsächlich auch noch selbst gehört, dass in sehr katholischen Gegenden der Namenstag wichtiger war/ist als der Geburtstag).
- Die systematische Erfassung der Geburtsdaten wurde dann zu militärischen Zwecken (Wehrpflicht) erst in Schweden, dann in Preußen eingeführt, erst dann war der Weg überhaupt erst frei für Geburtstagsfeiern.

In besseren Kreisen war dies vermutlich anders, keine Frage. Aber die Familie unserer Clara waren kein Fugger... Letztere sind bekanntlich nicht so verarmt, dass sie nach Batavia hätten auswandern müssen...

Aber genug off-topic, ich will den ersten Teil der Geschichte noch beenden...
96. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 17.02.24 20:41

17a. Alles nur ein Traum? (erstes mögliches Ende)


Ich stand also nackt und gefesselt auf dem Podest auf dem Marktplatz dieser Stadt namens Al Kharsun, welche wohl meine neue Heimat werden würde.

Ich sah, wie ein älterer, grimmig aussehender Geschäftsmann mit einem fiesen Grinsen auf mich zukam. Er hatte eine Brille auf der Nase und sah sehr reich aus. Und anscheinend hatte er Pläne mit mir, seinem Grinsen nach zu urteilen für mich schlimme Pläne. Mir schauderte.


Auf einmal eilte jedoch auch ein gutaussehender junger Mann herauf und schubste den grimmigen Geschäftsmann weg. Irgendwie mochte ich diesen jungen Mann auf Anhieb.

War er mein Retter?

Ohne zu fragen gab er mir einen Kuss und sagte:
„Da bist Du ja Caro, ich habe Dich so vermisst.“


Ich war verdutzt. Kannte mich dieser junge Mann? Und warum Caro?

Der junge Mann öffnete meine Handschellen und nahm mir diese ebenso ab wie die Kette, welche meine Hände mit meinem Hals verbunden hatte. Das tat gut, meine Hände wieder frei bewegen zu können.

Den Eisenring um meinen Hals nahm er mir jedoch nicht ab, stattdessen nahm er von Herrn El Haji den Keuschheitsgürtel. Er legte mir das Hüftband um die Taille und führte das andere Band wieder durch meinen Schritt. Bevor er das Schloss an meinem Bauchnabel wieder verschloss, führte er jedoch einen seltsamen Gegenstand in mein Heiligtum ein und füllte mein Innerstes damit aus. Ich verspürte eine leichte Erregung. Erst dann klickte er das Schloss zu und nahm den Schlüssel an sich.

Obwohl ich den jungen Mann irgendwie sehr sympathisch fand, schämte ich mich so.

Was hatte er da getan? Und warum hatte er das getan? Und was für war das für ein seltsames Ding, das ich nun deutlich in meinem Heiligtum spürte?

Dann nahm er meine Hand und führte mich vom Podest herunter, ohne etwas für mich zu bezahlen. Warum ließ der Sklavenhändler dies zu?

Unten auf dem Marktplatz umarmte mich der junge Mann und gab mir erneut einen dicken Kuss.

Irgendwie kam mir dieser Kuss sehr bekannt vor.



In diesem Moment erwachte ich. Ich spürte immer noch die Lippen des jungen Mannes. Dieser rüttelte mich sanft und sprach mich erneut an:

„Caro? Alles in Ordnung? Ich glaube, Du hattest einen Albtraum.“

Langsam kam ich wieder zu mir. Gott sei Dank war dies alles nur ein böser Traum gewesen. Ich lag hier im Bett neben meinem Freund Ahmed.

Ich überlegte. Klar, unser Professor hatte heute über Angebot und Nachfrage doziert. Und dann hatte ich mich in der Nachmittagspause mit Iza aus den Niederlanden über ihr Heimatland unterhalten.
Dabei hatte sie mir auch von dem „Goldenen Zeitalter“ der Niederlande erzählt, als diese den Handel mit Ostindien kontrollierten. Vermutlich hatte ich mir deswegen diesen ganzen Unsinn zusammengeträumt.

Zum Glück war das alles nur ein Albtraum gewesen und ich war keine Sklavin.


Wobei…

Ich fasste mir an den Hals und spürte dort ein nur allzu bekanntes Halsband aus Stahl. Ich war immer noch eine Gefangene, zumindest eine Art Sklavin, allerdings nun wieder im 21. Jahrhundert.

Ich war aus einem schrecklichen Albtraum erwacht, allerdings nur um in einem anderen – vielleicht nicht ganz so schlimmen – Albtraum wieder mittendrin zu sein…

ENDE (des ersten Teils?)
97. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 17.02.24 20:43

Mit dieser Querverbindung zu meiner ersten Geschichte könnte diese Erzählung enden.

Eigentlich.

Aber so ganz gefällt mir dieses Ende nicht.

Zum einen ist die Idee mit dem Traum zugegebenermaßen von Mr. Steels Adventskalender geklaut.

Auch ist dieses Ende für diejenigen, die meine erste Geschichte nicht gelesen haben, vermutlich ziemlich unbefriedigend, verstehen sie vermutlich doch nur Bahnhof.

Außerdem würden wir so nie erfahren, wer „derjenige“ sein wird, der Clara und die anderen Gefangenen auf dem Marktplatz erwerben würde.

Daher habe ich auch einen zweiten Teil/ein alternatives Ende geschrieben.


Die Frage ist aber natürlich, ob noch jemand dieses lesen möchte?

Oder belassen wir es bei diesem Ende?

Eine zweite Umfrage gibt das Programm anscheinend nicht her, aber ihr könnt mir gerne unten schreiben, ob ich den 2. Teil auch noch posten soll…

(Ihr dürft aber natürlich auch gerne schreiben, wenn ich den 2. Teil der Geschichte für mich behalten soll …)


98. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von powo01 am 17.02.24 20:54

@Neuschreiber63 dieses Ende entspicht aber nicht deiner schon veröffentlichen Kapitel Liste .. oder ? Trotzdem Danke für deine Mühe
99. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 17.02.24 20:56

Zitat
@Neuschreiber63 dieses Ende entspicht aber nicht deiner schon veröffentlichen Kapitel Liste .. oder ? Trotzdem Danke für deine Mühe


sorry, verstehe ich nicht.
Doch entspricht doch alles dem Inhaltsverzeichnis.
Oder was meinst Du?
100. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von powo01 am 17.02.24 21:21

@Neuschreiber63 mir war gewesen als hätte es zwischendurch eine Lists gegeben ... wahrscheinlich nur ein Traum
101. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 18.02.24 01:08

Na klar bin ich auch auf die andere Fortsetzung gespannt
102. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 18.02.24 07:28

Ich hoffe doch du hast schon beim tippen des post, das du meine Antwort kennst.
*ganz lieb frag*
Teilst Du bitte auch die Fortsetzung. Biiiiittttteeeee

*lieb kuck*
103. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von esus am 18.02.24 09:20

Auch ich wünsche mir eine Fortsetzung und freue mich auf neue Abenteuer.
104. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von jonnyf am 18.02.24 13:27

Ich war echt überrascht von dem letzten Kapital - interessantes Ende.

Jedoch wünsche ich mir ein Fortsetzung auf dem Sklavenmarkt - Danke
105. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 18.02.24 17:59

17. Der hübsche junge Mann


Den Einwohnern der Stadt war natürlich nicht entgangen, dass neue „Ware“ angekommen war.

Entsprechend kamen auch sehr bald viele Leute auf dem Marktplatz zusammen, um sich anzusehen, wer – oder sollte man sagen „was“? – da gekommen war.


Nachdem die Sklavenhändler damit fertig waren, uns zu fesseln, gab Herr El Haji die „Ausstellung“ auch frei.

Es dauert auch nicht lange, dann kamen viele Leute auf das Podest und „begutachteten“ mich und die anderen. Mit Augen und Händen.

Der Albtraum aus der Steinhalle von Sansibar wiederholte sich.

Wiederum wäre ich zu gerne im Boden versunken oder einfach davongelaufen. Irgendwohin, egal wohin.
Aber wiederum standen vor oder neben mir Männer mit Rohrstöcken und Peitschen, welche darauf achteten, dass ich diese Demütigungen ohne Widerstand über mich ergehen ließ. Diesmal keine Piraten, sondern die Helfer des Sklavenhändlers, aber das kam aufs Gleiche raus. Und wiederum war mir klar, dass es auch in dieser Stadt keinen Platz gab, an den ich hätte laufen können, um in Sicherheit zu sein. Niemand würde mir zur Hilfe kommen.

Auch wenn ich ja eigentlich bereits zur Genüge wusste, dass dies unmöglich war, versuchte ich dennoch instinktiv immer wieder, meine Hände vor meine Scham zu halten. Nur um wie bereits in Sansibar jedes Mal durch einen schmerzhaften Zug an meinem Hals daran erinnert zu werden, dass dies mit meinen gefesselten Händen nicht ging.

In diesem Moment wünschte ich mir wirklich meinen Keuschheitsgürtel zurück. Zu gerne hätte ich diesen jetzt freiwillig angezogen. Von mir aus hätte Herr El Haji danach auch den Schlüssel wegwerfen können. Vermutlich hätte ich alles getan, um diesen unsittlichen Berührungen, diesem Albtraum zu entkommen.

Herr El Haji hatte den Keuschheitsgürtel jedoch zusammen mit meinen zwei Kleidern und meinem Halskettchen in einen Beutel gesteckt, nur zwei Meter von mir und doch unerreichbar weit weg.

So durfte mich jeder, der wollte, begrapschen, an den Brüsten genauso wie zwischen den Beinen. Die Hexe sollte ja wissen, was sie für ihr Geld bekam… Die Katze im Sack kaufte niemand gerne, das wusste ich aus unserer Zeit als Kaufleute.

Wie schön war doch diese Zeit gewesen. Ich wünschte mich zurück nach Hannover. Uns war es doch eigentlich gut gegangen, warum waren wir nicht in Hannover geblieben?

Dann wäre ich jetzt nicht hier. Nackt und gefesselt irgendwo in Arabien, unter den strengen Augen Omars, der vermutlich nicht den kleinsten Widerstand geduldet hätte.


So ließ ich mich wiederum begaffen und begrapschen. Ich versuchte mein Gehirn auszuschalten und nicht mitzuzählen, wie viele Männer mich „begutachteten“. Es waren einige.

Gefühlt schienen an mir besonders viele Männer interessiert zu sein. Vielleicht hatte mich Herr El Haji deswegen in die Mitte des Podests gestellt. Warum ausgerechnet mich so viele Männer begutachten, konnte ich aber nicht verstehen. Ich war doch nur eine einfache junge Frau, die nach Ostindien wollte. Ja, wollte.

Das interessierte aber natürlich niemanden. Nicht alle, aber viele Männer sahen mich nur wie ein Stück Fleisch an. Ein leckeres Abendessen, würde die Hexe wohl zu Hänsel sagen.

Ich versuchte, einfach wie eine Puppe dazustehen und mir vorzustellen, dass ich mir all diese Blicke, all diese unsittlichen Berührungen, diesen ganzen Albtraum nur einbildete. Dass ich jeden Moment zuhause in meinem Bett aufwachen würde.


Aber das passierte nicht.


Herr El Haji sprach geduldig mit den potentiellen Käufern. Vermutlich erklärte er diesen die Vorzüge von mir und den anderen versklavten Mitgefangenen. So wie ein Händler eben seine Ware anpreist.

Allerdings war er ähnlich wie der Piratenanführer auf Sansibar auch ein harter Verhandlungspartner, sodass er mit den ersten Männern, die mich interessiert „begutachtet“ hatten, nicht ins Geschäft kam.

Ich wusste nicht, wieviel der Sklavenhändler für mich bezahlt hatte, aber es war ziemlich viel gewesen. Und diesen Preis wollte er natürlich wieder hereinholen. Plus die Kosten für die Reise und seine Helfer plus einen Gewinnzuschlag um sich, seine Frau und die vier Kinder so lange zu ernähren, bis er die nächsten Sklaven verkaufen konnte.

Mir schauderte. Was würde ein Käufer für diesen hohen Preis von mir verlangen?

Den ersten „Interessenten“ war ich jedenfalls anscheinend zu teuer gewesen, so dass sich diese wieder von mir abwendeten.



Ich war bereits ein paar Minuten so dagestanden – es kam mir aber wie Stunden vor -, als auch ein junger Mann heraufkam. Wie alle anderen Araber hatte auch er schwarze Haare und eine braune Haut.

Er war eigentlich ganz hübsch und sah irgendwie sympathisch aus. Er betrachtete mich, berührte mich zwei- oder dreimal, aber begrapschte mich nicht so unverhohlen wie viele andere Männer zuvor. Er sah mir sogar kurz in die Augen und nicht nur auf meinen Körper wie die meisten anderen „Interessenten“ zuvor.

Irgendwie hatte ich einen Tagtraum, dass mich dieser hübsche junge Mann freikaufen würde. Allerdings nicht, um mich als seine Sklavin zu halten, sondern um mich zu lieben und vielleicht eines Tages zu heiraten.

Ich war so naiv.


Tatsächlich schien der junge Mann auch an mir interessiert und sprach Herrn El Haji an. Was sie beredeten, konnte ich aber nicht verstehen.

Das Gespräch dauerte jedoch nicht allzu lange, dann wandte sich der junge Mann ab und stieg wieder vom Podest hinunter. Die anderen Frauen schienen ihn nicht zu interessieren.

Der junge Mann sah etwas traurig aus.

Vielleicht hatte er nicht genug Geld, um mich freizukaufen, vielleicht war ich auch ihm zu teuer.

Plopp.

Mein Tagtraum war wie eine Seifenblase zerplatzt.

Tränen rannen mir über die Wangen.

Ich überlegte kurz, ob ich dem jungen Mann vielleicht nachlaufen sollte. Aber vermutlich wäre ich keine drei Meter weit gekommen und hätte dann Omars Rohrstock zu spüren bekommen. Außerdem, was hätte ich sagen sollen? Dass ich noch etwas Geld drauflegen würde, damit er mich freikaufen könnte? Das ging nicht, denn außer einem Kleid und einem wertlosen Halskettchen mit einem Elfenbeinamulett besaß ich nichts mehr, keinen einzigen Pfennig. Meine wenigen Habseligkeiten waren in Sansibar auf dem Schiff geblieben, vermutlich hatten sich die Piraten diese unter den Nagel gerissen.

So blieb ich stehen und weinte ein paar weitere Tränen.

Einen ganz kurzen Moment lang hatte ich wirklich gehofft, dass sich dieser Albtraum doch noch zum Guten wenden würde.

Aber so viel Glück war mir nicht vergönnt.

Stattdessen stand ich weiterhin wie eine Kuh auf dem Podest, weinte ein paar Tränen und wartete auf jemanden, der den hohen Preis für mich bezahlen wollte und konnte.

106. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 21.02.24 20:30



18. Der hübsche junge Mann, Teil 2


Während ich so dastand, geschah jedoch ein kleines Wunder: Der junge Mann war schon halb wieder vom Podest heruntergestiegen, da drehte er sich um und ging nochmals hinauf zu Herrn El Haji. Sie besprachen nochmals etwas, das ich wiederum nicht verstand.

Anscheinend lief das Gespräch diesmal etwas besser, denn beide Männer machten danach einen zufriedenen Eindruck. Sie beendeten das Gespräch sogar mit einem freundlichen Handschlag.

Vielleicht würde mich der junge Mann doch mitnehmen? Und vielleicht aus der Sklaverei, aus diesem Albtraum befreien?


Jedoch, der junge Mann verließ ein zweites Mal das Podest. Erneut fühlte ich mich elend, obwohl ich keine Ahnung hatte, ob es der junge Mann überhaupt gut mit mir meinen würde. Vielleicht war auch er an nur an meinem Körper interessiert. Jedenfalls hatte der junge Mann genauso auf den roten Punkt auf meiner Stirn gesehen wie alle anderen Männer zuvor.

Aber irgendwie dachte ich mir, dass es vielleicht besser wäre, die Sklavin dieses hübschen und sympathisch aussehenden jungen Mannes zu sein als irgendeines grimmigen, älteren Geschäftsmanns. Von diesen waren auch bereits einige da gewesen und hatten mich mit Augen und Händen ausführlich „begutachtet“. Auch in Sansibar hatte ich bereits genügend dieser Gestalten gesehen. Tatsächlich waren mir bereits viele Steine vom Herzen gefallen, jedes Mal, wenn einer dieser grimmig aussehenden Männer nicht mit Herrn El Haji handelseinig geworden war.

Vielleicht würde dieser schreckliche Albtraum mit diesem jungen Mann doch noch ein glückliches Ende bekommen? Vielleicht würde ich sogar eines Tages als freie Frau hier in dieser Stadt leben können? Vielleicht könnte ich mit dem jungen Mann sogar eines Tages eine Familie gründen?

Vielleicht war dies hier gar nicht das Märchen von Hänsel und Gretel, sondern das Märchen vom Aschenputtel? Und dies war der Prinz, der mich aus meinem Elend befreite?

Ich war immer noch so furchtbar naiv.

Und so furchtbar traurig, denn der Mann war gegangen.

Da half es auch nichts, dass sich der junge Mann unten auf dem Marktplatz nochmals umdrehte und nochmals zu mir heraufsah. Doch dann drehte er sich endgültig um und ging mit schnellem Schritt davon, fast als ob er vor mir fliehen wollte.


Ich sah dem jungen Mann mit Tränen in den Augen nach, wie er in der Menschenmenge auf dem Marktplatz und dann in einer der Gassen verschwand.


Wie ich dem jungen Mann so nachsah bemerkte ich gar nicht, wie Herr El Haji mit meinem weißen Sklavinnenkleid zu mir kam. Meine Fesseln nahm er mir nicht ab, sodass er mir dieses überstülpen musste. Meine gefesselten Hände verschwanden unter dem Kleid.

Dann befahl mir der Sklavenhändler, dass ich zum Rand des Podests gehen und mich dort hinsetzen sollte.

Ich sah Herr El Haji mit fragendem Blick an, ich verstand gar nichts mehr. Meine feuchten Augen, welche nicht zu übersehen waren, waren mir irgendwie peinlich. Ich trauerte einem fremden Mann hinterher, den ich überhaupt nicht kannte und von dem ich nur wusste, dass er – vielleicht – daran Interesse gehabt hatte, mich als Sklavin zu kaufen.


Vermutlich hatte der Sklavenhändler meinen Blick bemerkt und etwas Mitleid mit der traurigen Kreatur vor ihm bekommen.

Er streichelte mir übers Gesicht, wischte ein paar Tränen ab und sprach mich an ohne dass ich ihn etwas gefragt hätte:

„Clara, vielleicht ist heute Dein Glückstag, vielleicht meint es Dein Schicksal ja wirklich gut mit Dir.

Der junge Mann, den Du anscheinend bemerkt hast, hat Interesse an Dir und möchte Dich erwerben. Allerdings hatte er nicht so viel Geld, um den Kaufpreis für Dich zu bezahlen.

Sein Interesse scheint aber wirklich groß zu sein, daher haben wir vereinbart, dass er bei seinen Eltern nachfrägt, ob diese ihm noch ein paar zusätzliche Goldstücke geben können, damit er Dich kaufen kann. Er läuft jetzt nach Hause und bespricht dies mit seinen Eltern.

Ich kenne die Familie des jungen Manns, sie heißt Chersoni. Sein Vater ist sogar ein Freund von mir. Daher habe ich ihm mein Ehrenwort gegeben, Dich nicht anderweitig zu verkaufen, bis er wieder zurück ist.

Falls der junge Mann, er heißt Muhamet, wirklich das Geld für Dich auftreiben sollte, kämest Du als Haussklavin in eine ehrenwerte Familie aus Al Kharsun. Ganz gewiss gäbe es schlimmere Schicksale für eine Sklavin.

Ich glaube sogar, Muhamet mag Dich, das war kaum zu übersehen.

Aber warten wir mal ab, was er zu sagen hat, wenn er wiederkommt. Ich drücke Dir die Daumen. “


Ich wusste nicht warum, aber irgendwie rannen mir bei diesen Worten ein paar weitere Tränen über die Wangen.

Irgendwie war es surreal, dass dieser Mann, der kein Problem damit hatte, mich und andere Menschen als Sklaven zu verkaufen, ein Ehrenwort gab.

Natürlich kannte ich derartige Vereinbarungen als Kaufmannstochter auch selbst. Ein Handschlag galt auch bei meinem Vater genauso viel wie ein unterschriebener Vertrag. Aber wir waren ja auch ganz normale Kaufleute – gewesen - und keine Menschenhändler.

Andererseits, Sklavenhändler war hier wohl ein ganz normaler Beruf. So wie auch in Elmina oder Kapstadt für Niederländer.

Und dass der Sklavenhändler dann auch noch einen kleinen, ganz kleinen Anflug von Empathie für mich übrighatte, war irgendwie auch surreal.


So ging ich wie befohlen an den Rand des Podests neben die Afrikanerinnen und setzte mich dort.

Ich wusste nicht so recht, wie mir geschah.

Da saß ich nun mit gefesselten Händen, als Sklavin „reserviert“ auf einem Podest auf einem Marktplatz einer mir unbekannten Stadt irgendwo in Arabien.

Und hoffte dennoch irgendwie, dass dieser junge Mann, den ich nicht kannte, mit dem ich noch kein einziges Wort gesprochen hatte, zurückkommen und mich als seine Sklavin abholen würde. Und sich dann irgendwie alles für mich zum Guten wenden würde.

107. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 21.02.24 20:46

El Haji kommt wirklich Sympathisch rüber, auch wen er Sklavenhändler ist und das er natürlich auch seine Familie Ernähren muss und sich freut Sie wieder zusehen, und dennoch frag ich mich gerade macht Er diesen Job gerne und macht es ihm Spass oder hat er doch auch Gewissensbisse die Er versucht zu Ignorieren

Irgendwie find ich das gerade sehr Spannend.
Auf einer Seite die versklavte Familie noch Frei waren und jetzt in die Sklaverei gezwungen, und auf der anderen Seite ein Geschäftsmann der mit Sklave als Ware handelt. Er kommt mir nicht so Ekelhaft rüber wie die Piraten.
Einfach schön wen Charakter nicht so Ein Dimensional sind.
108. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 21.02.24 20:58


@Windelfohlen:

Also für mich ist Herr El Haji zunächst mal "Profi", der seinen (legalen) Job macht. Eine gewisse Härte braucht(e) man wohl für diesen Beruf (den es ja tatsächlich gab).
Andererseits, wenn man wochenlang mit seinen Sklaven auf einem Schiff reist, ist es vermutlich nicht ganz zu verhindern, dass es zum Menscheln anfängt.
Ein Unmensch, ein Sadist ist Herr El Haji nicht.

Tatsächlich finde ich dieses Zwischenmenschliche, das ich hier nur angedeutet habe, ziemlich spannend, einerseits sind/waren die Gefangenen Ware, anderererseits eben doch Menschen.
Wer auch nur ein bisschen Herz hat, den kann deren Schicksal nicht ganz kalt lassen. Selbst wenn es einen kaltlassen muss, wenn sein Lebensunterhalt davon abhängt.

Dagegen sind/waren die Piraten eher üble Gesellen, rechtlose Kriminelle. Mitleid durfte man nicht haben, wenn man ein Schiff überfiel und es um Leben und Tod ging - das eigene oder das der anderen.

Von daher ja: Der Sklavenhändler und seine Helfer sind in meiner Vorstellung anders als die Piraten...
109. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 26.02.24 20:33

19. Hänsel oder Aschenputtel?


Ich weiß nicht, ob Ihr Euch vorstellen könnt, wie es ist, in einem völlig fremden Land darauf zu warten, dass Euch jemand, irgendjemand kauft und als Sklavin in Besitz nimmt.

Vermutlich nicht. Vor allem weil dies kein irgendwie geartetes Spiel war, aus welchem man jederzeit hätte aussteigen können.

Nein, mich hatte niemand gefragt, ob ich mein Leben in Batavia gegen das einer Sklavin in Arabien eintauschen wollte. Aus gutem Grund. Wenn ich eine Dienerin hätte werden wollen, hätte ich dafür nicht monatelang durch die Hitze Afrikas segeln müssen. In Hannover, Hamburg oder Köln hätte ich mich genauso als Magd verdingen können.

Ein Leben als Magd war meist nicht besonders schön. Man verdiente wenig bis nichts und bekam kaum mehr als Essen und einen Schlafplatz für seine Arbeit. Man musste sich den Befehlen des Hausherrn unterordnen und wenn dieser nicht zufrieden war, wurde man geschlagen oder entlassen. Man war vollkommen auf das Wohlwollen des Hausherrn angewiesen.

Weiß Gott kein schönes Leben. Und doch oft das einzige, das einem armen Mädchen blieb, um über die Runden zu kommen.

So wollte ich nicht leben, auch mein Vater wollte nicht, dass ich so leben musste. Wir waren doch eine Familie von Kaufleuten – gewesen. Damals.

Doch nun hätte ich liebend gerne eine Stelle als Magd in irgendeiner deutschen Stadt angenommen. Alles war besser denn als Sklavin irgendwo im tiefsten Arabien zu enden.

Aber was hilft als das „hätte“…? Nichts.

Ich war in Arabien angekommen und nunmehr genau an dem Ort, vor dem ich mich so gefürchtet hatte. Dem Sklavenmarkt irgendeiner arabischen Stadt, wo irgendein Mann für mich und den roten Punkt auf meiner Stirn Geld, viel Geld zahlen würde.



Vielleicht bildete ich mir deswegen ein, dass ein Prinz in Form des hübschen jungen Mannes vorbeikommen würde und mich aus dieser Hölle befreien würde.

Dass ich ein Aschenputtel wäre, dessen Rettung nah war. Und kein Hänsel, der einer Hexe als leckeres Abendessen dienen würde.

Eine dumme, naive Hoffnung. Aber irgendwie musste ich doch diese schreckliche Zeit hier überstehen ohne völlig verrückt zu werden.


Mehr konnte ich momentan sowieso nicht tun.

Sitzen, warten, beten und hoffen.

Sitzen, solange ich „reserviert“ blieb.

Warten, ob der junge Mann zurückkam. Oder ob ich doch jemand anderem zum Kauf angeboten werden würde.

Beten, dass der Herr im Himmel mich beschützen möge, auch in diesem muslimischen Land.

Hoffen, dass der junge Mann zurückkam und von seinen Eltern das nötige Geld bekommen könnte.

Hoffen, dass es der junge Mann gut mit mir meinte und mich eines Tages aus der Sklaverei befreien würde. Oder mich zumindest als seine Sklavin gut behandeln würde.

Hoffen, dass mein Martyrium als Sklavin nicht noch schlimmer werden würde als es bisher schon war.

Hoffen – auf ein Wunder, auf ein Märchen mit gutem Ausgang.



Tatsächlich war es für den Moment deutlich angenehmer, mit einem übergeworfenen Kleid am Rand des Podests zu sitzen. Ich konnte meine gefesselten Hände nicht viel bewegen und langsam begannen diese von der einseitigen Haltung zu schmerzen. Aber ich stand für den Moment nicht mehr unmittelbar zum Verkauf. Das hieß auch, dass für den Moment kein weiterer Mann meinen nackten Körper anstarren oder mich begrapschen konnte.

Allerdings hatte ich das Gefühl, dass sich trotzdem einige Männer für mich interessierten, obwohl ich in der Ecke des Podests kauerte und mich so klein machte wie ich konnte.

Jedenfalls vermutete ich dies, denn immer wieder sahen Männer zu mir herüber und sprachen dann Herr El Haji an. Dieser schüttelte jedoch immer wieder den Kopf und sagte etwas. Sklavenhändler-Ehrenwort.

Aber eines war auch klar: Wenn der junge Mann nicht zurückkam oder seine Eltern ihm kein Geld für mich geben würden, würde sich ein anderer Käufer für mich finden.

Ich wollte gar nicht verkauft werden, an niemanden. Aber wenn ich schon verkauft werden würde, dann hoffte ich immer noch darauf, dass dieser junge Mann mein Käufer sein würde.

Auch wenn dies dann wohl unweigerlich hieß, dass er dann „derjenige“ sein würde.

All die anderen Männer, die mich davor und danach angesehen hatten, waren mir irgendwie nicht sympathisch.

Irgendwie wollte ich noch weniger, dass einer von diesen dann „derjenige“ sein würde.

Allerdings war mir auch klar, dass es keine Rolle spielte, ob mir die Männer sympathisch waren oder ob ich gewillt war, diesen meine Unschuld zu geben. Das einzige was eine Rolle spielte war, ob diese Herrn El Hajis Preisforderungen erfüllen würden.

So sandte ich mit meinen gefesselten Händen erneut ein Gebet zum Himmel, nicht das erste und nicht das letzte an diesem schrecklichen Tag.
110. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Mischas am 02.03.24 13:23

Moin moin,
mich würde einmal interessieren wer diese Umfrage eingestellt hat?
Und was mich noch brennender beschäftigt, sind die 3 zur Verfügung stehenden Antworten?
Was positives zur Geschichte ist wohl nicht garnicht erwünscht, oder wie muss ich das verstehen.
Besonders "deutsch" ist natürlich, das es kostenlos sein muß. Das dieser Punkt 86% sagt natürlich viel. Schade eigentlich!

Ich kann nur sagen, weiter schreiben, denn es soll auch noch Leute geben welche das lesen möchten.

Dann Mal noch ein schönes WE

Gruß Mischa
111. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 02.03.24 23:11

Hallo Mischas,

Zunächst einmal freut es mich von Dir zu hören. Deine Geschichten, z.B. von Ania, gehören zu meinen absoluten Lieblingsgeschichten hier im Forum und haben mich zu meiner ersten- und damit indirekt auch zu dieser – Geschichte inspiriert. Evtl. hast du auch meine kleine Widmung am Anfang meiner ersten Geschichte gelesen. Ich hoffe, es war ok, dass ich Deine Geschichten weiterentwickelt habe.

Das mit der Umfrage hast Du aber komplett falsch verstanden. Die Umfrage und die 3 Antwortmöglichkeiten kamen von mir selbst. Ich habe manchmal eine spöttische/sarkastische Art. In meiner ersten Geschichte kam diese manchmal durch.
Auch das mit dem "kostenlos" ist mein eigener (ziemlich schlechter) Humor.

War schon so gedacht, dass 2x nein und 1x ja zur Auswahl steht, nur eben verklausuliert. Ich hätte natürlich auch einfach ja/nein als Antwortmöglichkeiten stellen können, aber das war mir dann zu langweilig.
Immerhin haben sich 86% der Abstimmenden für ja entschieden, das ist doch ok.

Ja, diese Geschichte geht noch weiter. Allerdings bin ich anscheinend manchmal eine Mimose. Wenn ich das Gefühl habe, dass das Interesse an meiner Geschichte nachlässt, lässt auch meine Motivation nach weiteren Postings nach... Sorry...

Ich kann auf jeden Fall versprechen, dass diese Geschichte beendet wird (zumindest falls das Interesse vorher nicht komplett einschläft).
112. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von MartinII am 03.03.24 18:02

Zitat


Ich kann auf jeden Fall versprechen, dass diese Geschichte beendet wird (zumindest falls das Interesse vorher nicht komplett einschläft).




Das Interesse schläft bei mir garantiert nicht ein!
113. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 03.03.24 22:00

nun gut, für alle, deren Interesse an dieser Geschichte noch nicht eingeschlafen ist, hätte ich kurz vor dem Ende der Woche noch das nächste Kapitel.

Ante Scriptum: Ähnlichkeiten mit Personen aus meiner ersten Geschichte sind eventuell nicht zufällig und vielleicht sogar beabsichtigt...



20. Meine Familie wird verkauft, Teil 1


Auch wenn ich momentan nicht mehr begutachtet wurde, so war die nächste Stunde trotzdem der reinste Horror:

Aus den Augenwinkeln musste ich mitansehen, wie die Männer auf dem Podest meine Mutter, Veronica, meinen Vater, meinen Bruder, Fenja, Catharina, Elise, die beiden flandrischen Brüder und die vier Afrikanerinnen und die zwei jungen Afrikaner begutachteten.

Am liebsten hätte ich die Augen geschlossen und wäre eingeschlafen, aber dafür war ich doch zu wach, zu neugierig und zu schockiert.

Die Frauen wurden genauso begrapscht wie ich vorher, auch meine Mutter musste die eine oder andere unsittliche Berührung über sich ergehen lassen. Wie schon in Sansibar zeigten Herrn El Hajis Helfer mit ihren Rohrstöcken an, dass die potentiellen Käufer das Recht dazu hatten.

Die Männer wurden etwas weniger betatscht, hier schienen die Käufer eher an ihren Muskeln und ihrer allgemeinen körperlichen Verfassung interessiert zu sein. Gefühlt wollten die Araber bei den Männern mehr Informationen von Herrn El Haji, vielleicht über deren Kenntnisse, während ihnen bei uns Frauen anscheinend meistens ausreichte, was sie sahen und fühlten. Auf der Stirn und anderswo.


Dies allein wäre schon schlimm genug gewesen, aber dann folgte der schlimmste Horror von allem, zumindest seit ich Sansibar verlassen hatte:
Nach und nach wurden sich Männer mit Herrn El Haji handelseinig und kauften eine Sklavin und einen Sklaven nach dem anderen.


Als erstes kam ein Mann und kaufte einen der beiden jungen Afrikaner. Er schien ein bisschen zu überlegen, welchen der beiden jungen Männer er wollte, entschied sich dann auch für einen der beiden. Zugegebenermaßen hatte ich mit den beiden jungen Afrikanern auf dem Schiff nicht viel Kontakt gehabt, daher ging mir dies auch noch nicht so nahe.


Als nächstes kam ein junger Mann in Begleitung von zwei weiteren jüngeren ebenfalls arabisch aussehenden Männern. Er trug einen feinen Mantel mit einer Krone im Emblem. War dies etwa der Herrscher dieser Stadt? Dafür erschien mir der Mann etwas jung, ausgeschlossen war dies aber natürlich nicht.

Er schien in Kauflaune zu sein, denn er kaufte zunächst den anderen afrikanischen Mann, dann zwei der Afrikanerinnen, die neben mir standen. Allerdings nicht ohne letztere vorher genau begutachtet zu haben.

Es sah fast so aus, als würde es dem jungen Mann Spaß machen, jeder der gefangenen Afrikanerinnen an die Brüste zu fassen und diese dann zu vergleichen. Ich hätte nicht gewusst, wofür dies gut sein sollte. Aber dem jungen Mann schien das zu gefallen. Ganz im Gegensatz zu den armen Afrikanerinnen. Ich fragte mich wirklich, ob mit dem jungen Mann alles in Ordnung war.


Anscheinend war er damit immer noch nicht zufrieden, denn er unterhielt sich eine ganze Weile mit Herrn El Haji. Worüber konnte ich nicht verstehen. Aber als das Gespräch beendet war, konnte ich es mir vorstellen:

Er kaufte meinen Vater und meinen Bruder!

Was für ein Horror.

Ich hatte keine Ahnung, wer dieser junge Mann war und was dieser mit meinem Vater und meinem Bruder wollte. Aber dass diese nun, eigentlich bereits zum zweiten Mal, als Sklaven verkauft wurden, war dennoch ein Schock. Ich musste bitterlich weinen, als ich dies sah.

Zumindest bedeutete dies für sie, dass diese sich wieder anziehen durften. Gefesselt blieben sie jedoch. Die zwei Männer, welcher der junge Käufer dabeihatte, gingen zu meinem Vater, meinem Bruder und den anderen drei „Einkäufen“.

Anscheinend war der junge Mann aber immer noch nicht fertig. Woher dieser so viel Geld hatte?

Offensichtlich wollte er noch eine junge weiße Europäerin kaufen, denn nun betrachtete er Elise, Catharina, Veronica und Fenja. Und zwar ganz genau, noch genauer als die Afrikanerinnen zuvor.

Wie bereits die meisten Männer zuvor hatte auch dieser junge Mann keine Scham, meinen Mitgefangenen an die Brüste und an den Po zu fassen. Wiederum schien er sich einen Spaß daraus zu machen, diese zu vergleichen.

Ich musste mitansehen, wie sich Veronica und die anderen gegen diese unsittlichen Berührungen sträubten. Aber die Rohrstöcke der Helfer des Sklavenhändlers erinnerten sie jederzeit diese über sich ergehen zu lassen. Abgesehen davon, dass Veronica und die anderen mit ihren gefesselten Händen eh nichts dagegen tun konnten. Diese unsittlichen Berührungen kannte ich selbst bereits zur Genüge und die anderen taten mir so leid. Aber tun konnte ich natürlich nichts. Hoffentlich würde dieser junge Mann nicht Veronica kaufen, das hatte sie nicht verdient. Die anderen natürlich genauso wenig, aber irgendwie wünschte ich mir für Veronica genauso, dass sie – wenn sie schon verkauft wurde – zumindest einen anständigen Käufer bekommen würde. Vielleicht einen solchen wie Muhamet, der mich „reserviert“ hatte.

Der junge Mann mit dem Mantel schien es jedenfalls zu genießen, wie er zwischen vier jungen Frauen wählen konnte.

Anscheinend musste der junge Mann auch irgendwie wichtig sein, denn während er Veronica, Elisa, Catharina und Fenja begutachtete, waren diese für die anderen „Interessenten“ tabu. Wenn jemand diese begutachten wollte, schickte einer seiner Helfer diese weg, Herr El Haji ließ diese gewähren. Angst schien dieser nicht zu haben, aber der junge Mann ließ keinen Zweifel daran, wer hier der Chef war.

Entsprechend hatte der junge Mann auch keine Eile und befühlte mehrmals jede der vier jungen Frauen. So oft, dass dieser eigentlich schon jede Stelle der Körper meiner vier Mitgefangenen kennen musste.

Endlich hatte er sich entschieden, seine Wahl war auf Elise gefallen. Ein bisschen erleichtert war ich doch, dass es nicht Veronica geworden war. Ob es für sie besser werden würde, stand aber natürlich nicht fest.

Elises Gesichtsausdruck hätte ich so gewertet, dass sie nicht erfreut war, dass die Wahl auf sie gefallen war. Vermutlich würde sie sich in nächster Zeit noch öfters von dem jungen Mann unsittlich berühren lassen müssen. Aber natürlich fragte sie niemand, ob sie damit einverstanden wäre, dass der junge Mann sie kaufen würde. Sie konnte sich ihren Käufer und zukünftigen Besitzer genauso wenig aussuchen wie ich.

In gewisser Weise ähnelte unsere Situation einem Glückspiel: Wir konnten Glück haben und ein wohlwollender Mann würde uns kaufen. Genauso gut konnten wir aber auch Unglück haben und ein grausamer Mensch würde uns erwerben. Und natürlich war auch alles dazwischen möglich. Eines stand jedoch fest: Unsere Möglichkeiten, dieses Glückspiel zu beeinflussen, gingen gegen Null.


Der junge Mann war mit der Wahl von Elise dann anscheinend auch fertig.

Er schien sehr zufrieden und streichelte Elise nochmals zärtlich über den Po. Dabei flüsterte er Elise noch etwas zu, das sie vermutlich weder verstand noch ihr gefiel. Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie diese Streicheleinheit ganz und gar nicht genoss, aber wehren konnte sie sich dagegen auch nicht.

Herr El Haji beglückwünschte den jungen Mann anscheinend zu seiner Wahl. Ihm konnte es ja auch egal sein, was der junge Mann mit Elise machte bzw. machen würde.

Sie besprachen noch kurz etwas miteinander, das ich nicht verstand. Dann gab der Sklavenhändler dem Käufer Elises Keuschheitsgürtel. Der junge Mann betrachtete das schreckliche Ding, welches Elise seit Sansibar tragen musste, mit einer Mischung aus Neugierde und Erstaunen. Er wandte sich nochmals an Herrn El Haji und schien sich die Funktion erklären zu lassen.

Vermutlich hatte er diese auch schnell verstanden, denn er legte Elise das Hüftband um die Taille und führte dann das Schrittband zwischen Elises Beinen hindurch und verschloss das grauenhafte Gebilde dann mit dem bekannten Vorhängeschloss.

Anscheinend war dieser Teil des Verkaufsgeschäfts, Herr El Haji hätte für diesen auch keine Verwendung mehr gehabt, war dieser doch in Sansibar für Elise, mich und die anderen maßgefertigt worden.

Elise schien den Vorgang mit einem Schaudern zu verfolgen, obwohl sie das Prozedere ja ebenso wie ich bereits zur Genüge kannte. Einmal am Tag hatte auch sie sich das schreckliche Ding von Herrn El Haji anlegen lassen müssen. Diese Zeiten waren vorbei. Nun war der junge Mann derjenige, der den Schlüssel zu ihrer Unschuld hatte. Ihrer Unschuld, mit der es vermutlich bald vorbei war, wenn ich die Blicke des jungen Mannes zuvor richtig gedeutet hatte.

Der junge Mann betrachtete nochmals genüsslich seine gefesselte und nunmehr auch noch verschlossene Sklavin und war anscheinend sehr zufrieden. Er ließ es sich auch nicht nehmen, Elise nochmals über den Po zu streicheln und ihr etwas ins Ohr zu flüstern, was diese immer noch genauso wenig genoss wie zuvor.


Dann warf Herr El Haji auch Elise – wie mir zuvor – ihr Sklavinnenkleid über die Schulter.

Ohne groß zu verhandeln gab er Herrn El Haji einen Beutel. Soweit ich sehen konnte, war dieser gut gefüllt, der junge Mann hatte es sich nicht nehmen lassen, drei Sklavinnen und drei Sklaven auf einmal zu kaufen.

Herr El Haji öffnete den Beutel und zählte anscheinend die darin befindlichen Münzen nach.

Das Grinsen, dass er im Gesicht hatte, war kaum zu übersehen. Anscheinend war er mit dem Geschäft zufrieden, sechs „Waren“ auf einmal zu kaufen, war auch eine gute Sache und ein Käufer, der nicht groß verhandelte, war auch eine angenehme Sache. Soweit erinnerte ich mich noch an die guten alten Zeiten, als unsere Familie noch selbst gehandelt hatte. Allerdings mit anderen Dingen als Menschen.

Die Helfer des jungen Mannes zogen dann drei Ketten heraus. An der ersten banden sie meinen Vater und meinen Bruder an, an der zweiten die zwei Afrikanerinnen und den jungen Afrikaner, an der dritten Elise. Die beiden ersten Ketten übernahmen die Helfer, die Kette zu Elise übernahm der junge Mann selbst. Es sah fast so aus, als ob dies seine „persönliche Beute“ war.

Catharina war dagegen sichtlich schockiert, wie sie mitansehen musste, wie ihre kleine Schwester an diesen seltsamen jungen Mann verkauft und nunmehr „reisefertig“ gemacht wurde. Ich weiß nicht, ob sie froh war, dass die Wahl nicht auf sie gefallen war, aber schrecklich mitanzusehen war es trotzdem. Vermutlich würde es auch nicht mehr lange dauern, bis auch ich miterleben müsste, wie jemand meine eigene kleine Schwester mitnehmen würde.

Herr El Haji gab einem der Helfer des jungen Mannes noch einen großen Beutel mit, darin befanden sich wohl die wenigen Habseligen der sechs Sklaven (also auch meines Vaters und meines Bruders).

Ich war entsetzt, wie mein Vater und mein Bruder angekettet wurden und dann von einem Helfer vom Podest geführt wurden. Ich warf ihnen einen stillen Abschiedsgruß zu, winken konnte keiner von uns mit den gefesselten Händen. Auch mein Vater und mein Bruder blickten nochmals mit Tränen in den Augen zu mir, meiner Mutter und meiner Schwester.

Was für ein schrecklicher Abschied.

Wo die Männer sie wohl hinbringen würden? Würden sie meinen Bruder und meinen Vater gut behandeln?
Würde dieser Abschied für immer sein?

Möglich wäre es durchaus und so brach ich in Tränen aus, als die Männer meinen Bruder und meinen Vater vom Podest hinunter- und dann über den Marktplatz führten. Sie bogen rechts in eine größere Straße ab, dann waren sie für mich verschwunden.

Für immer?



Der Horror ging jedoch ohne Unterbrechung weiter.

Nachdem der junge Mann gegangen war, durften auch die anderen interessierten Männer sich wieder Veronica, Catharina und Fenja zuwenden.

Und das taten sie auch.

Ein etwas älterer Mann betrachte ebenfalls die Sklaven und Sklavinnen, welche nach dem Großeinkauf des jungen Mannes noch übrig waren. Dem Aussehen nach musste auch er sehr reich sein.
Auch er begutachtete die europäischen Frauen, nur an meiner Mutter schien er kein großes Interesse zu haben. Auch für die beiden Afrikanerinnen, welche ja direkt neben mir standen, schien er sich zu interessieren. Auch mir warf er einen interessierten Blick zu.

In diesem Moment war ich irgendwie froh darum, „reserviert“ zu sein. Dieser Mann machte keinen freundlichen Eindruck. Trotz des Anscheines, dass er sehr reich sein musste, hatte er irgendwie einen bösen Blick. Vielleicht täuschte ich mich, aber die Art, wie er die Frauen anfasste, ließ mich erschaudern.

Nicht wie Menschen, nur wie Ware schien er diese zu begutachten.

Mit einem Anflug von Sehnsucht dachte ich zurück an den jungen Mann, Muhamet, wie er wohl hieß. Ja, er hatte mich auch berührt, aber doch mit Anstand wie einen Menschen, nicht wie irgendein Vieh. So begrapschte dieser ältere Mann meine Mitgefangenen.


Erneut sandte ich ein Gebet zum Himmel, dass dieser Mann nicht Veronica kaufen würde.

Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn der junge Mann mit dem Mantel zuvor Veronica mitgenommen hätte. Aber dafür war es eh zu spät, der junge Mann war mit seinen beiden Helfern, meinem Vater, meinem Bruder und den anderen drei versklavten Frauen längst hinter einer Häuserecke verschwunden.

Der Mann wandte sich auch an Herrn El Haji und schien zu verhandeln. Anscheinend war es eine zähe Verhandlung. Vermutlich wäre der Mann nicht so reich geworden, wenn er nicht so ein harter Verhandler gewesen wäre. Jedenfalls vermutete ich dies. Er schaute auch nochmals zu mir herüber und sagte etwas zu Herrn El Haji, doch dieser schüttelte wiederum den Kopf. Dies schien dem Mann nicht zu gefallen, aber er akzeptierte es.


Aber am Ende wurde er sich jedenfalls einig mit Herr El Haji.

Seine „Beute“ bestand in den zwei verbliebenen Afrikanerinnen neben mir – und Catharina.

Erneut war ich schockiert.

Einerseits freute es mich, dass seine Wahl nicht auf Veronica gefallen war, andererseits tat es mir auch um Catharina leid. Vielleicht hatte ich mich getäuscht und der Mann war gar nicht so grimmig wie er aussah. Aber falls nicht würden Catharina schwere Zeiten bevorstehen.

Wiederum brach ich in Tränen aus. Catharina war während den Wochen auf See und den langen Abenden in unserem Gefängnis an Bord auch so etwas wie eine Freundin für mich geworden.

Und nun wurde sie von diesem älteren Mann mit dem grimmigen Blick weggeführt.


Wie bereits zuvor gesehen wurden auch die drei Frauen mittels einer Kette an ihren Halsbändern zusammengebunden. Kleider durften sie sich jedoch nicht anziehen, sie wurden nackt wie sie waren zusammengekettet. Catharina weinte bittere Tränen, als das Vorhängeschloss an ihrem Hals klickte.

Es kam aber noch schlimmer für Catharina, denn der Mann ließ sich von Herrn El Haji deren Keuschheitsgürtel geben. Man konnte Catharina ansehen, dass sie dieses schreckliche Ding nicht wieder anziehen wollte. Ihr Zögern war aber bereits genug, dass sie von Omar einen Hieb mit dem Rohrstock auf ihren nackten Hintern bekam. Vor Schmerz weinte sie weitere Tränen, ergab sich dann jedoch sehr schnell in ihr Schicksal und ließ sich von dem älteren Herrn den Keuschheitsgürtel anlegen.

Das Schloss über ihrem Bauchnabel klickte und der ältere Herr steckte mit einem zufriedenen Lächeln den Schlüssel ein. Er ließ es sich auch nicht nehmen, der armen Catharina ins Gesicht zu grinsen, während er nochmals über ihren Keuschheitsgürtel streichelte. Diese Demütigung heiterte Catharina natürlich auch nicht auf, im Gegenteil flossen ihr weitere Tränen über die Wangen, während sie so – bis auf einen Keuschheitsgürtel und zwei Handschellen nackt und an ihrem Halseisen mit zwei anderen Frauen zusammengekettet – vor ihrem neuen Besitzer stand.


Anscheinend hatte der Mann auch einen Helfer dabei, denn er übergab diesem die Kette, an welcher Catharina und die beiden Afrikanerinnen hingen, sowie den Beutel mit deren wenigen Habseligkeiten.

Er selbst ließ sich von seinem Helfer einen Stock geben. Ich konnte bzw. musste noch mitansehen, wie der Mann den armen Mädchen auf den nackten Hintern schlug, während diese ohne Kleider – bzw. nur mit einem Keuschheitsgürtel bedeckt - über den Marktplatz laufen mussten. Ich weiß nicht, was schlimmer war, aber ich sandte ein Gebet zum Himmel, dass mir beides erspart bleiben würde.

Catharina und die zwei Afrikanerinnen wimmerten jedes Mal, wenn sie mit dem Stock wieder einen Hieb auf ihren Hintern bekamen, das konnte ich noch bis hier hinauf hören. Dem älteren Herrn schien das sogar noch Freude zu bereiten. Die armen Mädchen, diese taten mir so leid.

Anscheinend hatte ich mich nicht getäuscht, dieser Mann war grausam, ein Monster.

Das Leben als Sklavin konnte wirklich die Hölle sein, das musste ich bereits nach den wenigen Minuten hier oben auf dem Podest feststellen.

Hoffentlich musste ich nicht gleiches erleben…

Hoffentlich würde, wer auch immer Veronica und meine Mutter kaufen würde, diese besser behandeln als dieser grausame Mann seine neu erworbenen Sklavinnen.


Catharina und die anderen verschwanden in einer Gasse und ich weinte diesen ein paar weitere Tränen nach.

Auch die beiden flämischen Brüder weinten ihren Schwestern viele Tränen nach, für sie musste es noch schrecklicher sein mitanzusehen, wie der seltsame junge Mann zuvor und nunmehr dieser grausame ältere Herr ihre beiden Schwestern behandelt hatten, ohne dass sie etwas dagegen hätten tun können. Und wie diese nunmehr – getrennt von ihnen und getrennt voneinander – in verschiedenen Richtungen des Marktplatzes verschwunden waren.

Vielleicht auf Nimmerwiedersehen.

114. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Mischas am 04.03.24 14:44

Hi Neuschreiber63,
wieder 3 Herztabletten und 5 Blutdruckpillen umsonst eingeworfen .
Danke für die Entwirrung.

Gruß Mischa
115. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 04.03.24 20:09

Kann man in deine Geschichte Rein-Porten mit genügend Geld und alle Frei kaufen?, ok vielleicht nicht direkt frei lassen aber sicherlich später frei lassen.

Schöne Fortsetzung gerade kommt mir doch der Gedanke, das so die ganzen Tiere fühlen müssen, wen wir Menschen irgendwelche Haustiere "adoptieren". Da ja Clara, Familie und Freunde ja den Status von Tiere haben.

Eingeschlafen bei deiner Geschichte Niemals, ganz im Gegenteil, verschlinge den neusten teil meist sofort sobald ich sehe die ist Online.
116. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 05.03.24 17:41

@Mischas:
Super, freut mich, wenn ich die Verwirrung entwirrt habe.

Ich hoffe, Du hast Deine Tablettendosis gut vertragen. Wäre schlimm, wenn ich mit meiner Geschichte einen meiner Lieblingsautoren auf dem Gewissen hätte…


@Windelfohlen:
Das mit dem Spenden sammeln wird schwierig, wenn wir die Sklaven und Sklavinnen alle freikaufen, wäre die Geschichte ja zu Ende…

Außerdem wäre das alles andere billig. Mit den Sümmchen, die bei marmas71 aufgerufen werden (1.500 € Schulden, 300 € für eine Lederjacke) kämen wir hier nicht weit. Da wäre Jasmin sicher billiger freizukaufen. Über eine Anzahlung von 500 € würde Herr El Haji vermutlich nur müde lächeln.

Laut Wikipedia hat ein germanischer Sklave im alten Rom so ca. 20.000 Euro gekostet (war aber vielleicht vor der Inflation). Für eine hübsche, weiße, jungfräuliche Sklavin wird Herr El Haji aber bestimmt deutlich mehr verlangen. Könnte mir durchaus vorstellen, dass er für Clara (in heutiger Währung) deutlich mehr als 50.000 € aufruft. Das war dann vermutlich einigen der „Interessenten“ doch zu teuer.

Wenn Du alle 6 Sklaven und 10 Sklavinnen freikaufen möchtest, die Herr El Haji in Sansibar erworben hat, kannst Du vermutlich einen mittleren sechsstelligen Euro-Betrag veranschlagen.

Also vielleicht solltest Du schon mal zum Sparen anfangen…

Und dann wäre noch die Frage, ob die Käufer diese überhaupt weiterverkaufen wollen.

Vielleicht erinnerst Du Dich noch, dass Caro für Ahmed absolut unverkäuflich war…

„Vielleicht hat Herr Al Lawati inzwischen auch verstanden, dass ich Dich niemals hergeben werde, nicht für all sein Geld, nicht gegen alle anderen Mädchen auf dieser Welt.“

Wer weiß, vielleicht wird Claras neuer Besitzer sie auch nicht mehr hergeben?

(ich habe aber auch gelesen, dass Haussklaven im Alten Rom oder auch in Arabien oft nach ein paar Jahren tatsächlich freigelassen wurden oder sich selbst freikaufen konnten. Also ein Funken Hoffnung besteht vielleicht doch für unsere Protagonisten. So lange geht meine Geschichte aber nicht, daher werden wir das wohl nicht mehr erfahren…)

117. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 05.03.24 22:44

Auf due Teile freue ich mich bereits. Nach dem Caro Fanclub bin ich auch dem Clara Fanclub beigetreten
118. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 07.03.24 06:51



21. Meine Familie wird verkauft, Teil 2


Die beiden flämischen Brüder waren sehr traurig, wie sie mitansehen mussten, wie ihre Schwestern verkauft und demütigt wurden.

Allerdings waren die beiden als nächstes dran.

Ein Herr mittleren Alters interessierte sich für sie. Er fragte Herrn El Haji etwas und dieser schien die Fragen zum Teil weiter an die Brüder zu geben. Vielleicht ging es um ihre Berufserfahrung in Flandern. Die vier Männer redeten etwas, was genau konnte ich nicht verstehen. Eigentlich waren die beiden Brüder fix und fertig mit den Nerven ob des soeben Erlebten. Aber es machte den Eindruck, als ob sie sich zusammenreißen würden und versuchen würden, stark zu sein. Wie es Männer halt so tun.

Die Diskussion war vermutlich auch nicht ganz einfach, Herrn El Hajis Niederländisch war nicht besonders gut und das Arabisch der beiden Brüder vermutlich noch viel schlechter. Dennoch waren anscheinend alle Seiten bemüht. Es sah so aus, als ob die Brüder sogar versuchten, beim Käufer einen guten Eindruck zu machen. Anscheinend war das, was dieser mit ihnen vorhatte, nicht das schlimmste mögliche Schicksal. Ins Bergwerk oder auf die Felder wollte dieser die Brüder vermutlich nicht schicken. Vielleicht würde der Mann die beiden Brüder als Handwerker beschäftigen?

Vermutlich hatten auch die beiden Brüder verstanden, dass es für sie besser wäre zu kooperieren und sich ihrem Schicksal zu fügen.
Auch machte der Mann einen sympathischeren Eindruck wie die beiden Männer, welche zuvor ihre Schwestern mitgenommen hatten.

Bestimmt hätten die beiden Brüder lieber in Batavia einen eigenen Handwerksbetrieb eröffnet als nun hier in Arabien als Sklaven für den Mann zu arbeiten. Aber wie gesagt, vermutlich war dies immer noch besser als in einer Mine schuften zu müssen wie so manch anderer Sklave. Und Batavia würden die beiden Brüder vermutlich ebenso wie ich nie zu Gesicht bekommen.


Letzten Endes schien auch der Herr mittleren Alters zufrieden mit den Antworten, welche er bekam, und wurde sich anscheinend auch mit Herrn El Haji einig über den Preis.

So wechselte erneut ein Beutel mit Geldmünzen den Besitzer und Herr El Haji hatte erneut ein zufriedenes Grinsen auf den Lippen.

Ein Helfer des Sklavenhändlers löste die Kette vom Hals der beiden Brüder, die Handschellen wurden Ihnen allerdings nicht abgenommen. Zumindest durften sie sich – anders als zuvor Catharina und die beiden Afrikanerinnen – auch wieder anziehen.
Der Käufer verzichtete auch darauf, den beiden Brüdern eine Kette an den Hals zu legen, anscheinend hatte er in dem vorherigen Gespräch Vertrauen gewonnen, dass diese keine Dummheiten machen würden. Chancen zu fliehen, hatten sie hier in Arabien, tausende Kilometer von ihrer Heimat entfernt, sowieso nicht. So verließen dann auch die drei Männer das Podest und verschwanden kurz darauf in einer der Gassen, die auf den Marktplatz führten.

Ihr Abgang war zumindest nicht so würdelos wie der ihrer beiden Schwestern zuvor.


Eigentlich waren die beiden Jungs ganz nett gewesen. Insbesondere der jüngere der beiden, er hieß Clais, war auch durchaus attraktiv und sympathisch. Leider war ich aber mit den Brüdern nicht viel ins Gespräch gekommen. Die Sklavenhändler hatten meistens auf eine strikte Trennung von Männern und Frauen geachtet. Nicht nur nachts, sondern auch untertags. Aber bei den paar Gelegenheiten, an denen ich sie getroffen hatte, hatten wir uns gut verstanden. Ich hatte auch das Gefühl, dass Clais sich gerne mit mir unterhielt.

Anscheinend gefiel dies Herrn El Haji und seinen Helfern aber nicht. Viele Gespräche waren uns daher auch nicht vergönnt worden. In der Regel schickten uns die Sklavenhändler zurück an die Arbeit, wenn sie sahen, dass ich mich doch mal Clais oder seinem Bruder unterhielt. Dabei kam dies sowieso sehr selten vor. Untertags hatten uns die Sklavenhändler die meiste Zeit Arbeiten aufgetragen, sodass wir tagsüber nur sehr selten Zeit für Gespräche hatten. Im Grunde mussten wir von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang arbeiten, ich in der Küche, Clais musste an Deck helfen.
Erst dann am Abend hatten wir etwas Zeit, uns zu unterhalten, aber dann waren Clais und die anderen Männer ja in der Nachbarzelle eingesperrt.

Auch wenn ich die beiden Brüder durchaus sympathisch fand, war doch auch klar, dass wir nie Freunde werden würden. Sie waren Sklaven, ich war eine Sklavin, bestimmt allein für „denjenigen“, der mich Herrn El Haji abkaufen würde. Und bis dahin musste ich diesen schrecklichen Keuschheitsgürtel tragen, was mir auch sehr peinlich war, wenn ich doch einmal mit einem der Brüder kurz ein paar Worte wechseln konnte. Dabei ging es diesen auch nicht viel besser. Sie mussten genauso wie ich einen Eisenring um den Hals und Schellen an den Händen tragen, dazu noch Schellen um die Füße. Es war nicht zu übersehen, dass diesen ihre Fesseln auch sehr unangenehm waren. Wir gaben wohl ein bemitleidenswertes Bild ab: Junge Menschen, einst voller Hoffnung auf ein besseres Leben, welche nun die Sklaverei in Arabien erwartete. Und dennoch hatte ich mich gerne mit ihnen unterhalten.

Aber nun hatte sich dies sowieso erledigt. Clais und sein Bruder waren weg und auch bei mir würde es vermutlich nicht mehr lange dauern, bis mich „derjenige“ Herrn El Haji abkaufen und von hier wegbringen würde. Vielleicht der hübsche junge Mann, der mich reserviert hatte, vielleicht auch jemand anders.




Nun waren nur noch vier Frauen auf dem Podest: Meine Mutter, meine Schwester, Fenja und ich in der Ecke des Podests.

Allerdings war die Ausstellung auch noch längst nicht beendet, weiterhin kamen Männer herauf und begutachteten die letzten verbliebenen Frauen.
Also zumindest drei davon. Die vierte – ich selbst – kauerte weiterhin in der Ecke und wartete, hoffte, bangte und betete. Mein Wunsch, mich in Luft aufzulösen oder zumindest unsichtbar zu werden, erfüllte sich weiterhin leider nicht, so dass es auch nicht ausblieb, dass wieder der eine oder andere neugierige Blick zu mir herüberwanderte.

Ich weiß nicht, wie oft Herr El Haji schon den Kopf geschüttelt hatte. Muhamets Vater war anscheinend wirklich ein guter Freund von ihm, so viele Interessenten an mir wies er - so vermutete ich es jedenfalls – ab. Natürlich wusste ich nicht, ob mich diese auch wirklich kaufen oder nur „begutachten“ wollten. Ich vermutete aber doch, dass mich Herr El Haji heute fünfmal hätte verkaufen können, so oft wie er schon den Kopf geschüttelt hatte.

Mir fiel auch immer ein Stein vom Herzen, wenn Herr El Haji den Kopf schüttelte – ersparte mir dies doch eine weitere demütigende „Begutachtung“.

Weiterhin verstand ich nicht, warum sich so viele Männer für eine ganz normale junge Frau interessierten, die einfach nur ein neues Leben in Ostindien beginnen wollte.


Neben mir schien besonders Veronica im Fokus des Interesses zu stehen. Mich wunderte etwas, dass sie immer noch da war, obwohl sie bestimmt nicht hässlich war. Vielleicht hatte Herr El Haji für sie besonders hohe Forderungen, denn es schien, als ob durchaus der eine oder andere Mann nach dem Preis für sie fragte. Aber letztlich konnten sich diese anscheinend nicht mit dem Sklavenhändler einigen.

Für meine Mutter schienen sich dagegen nur wenige Männer zu interessieren. Einerseits freute es mich für sie, dass sie nicht so viele unsittliche Berührungen über sich ergehen lassen musste wie meine Schwester oder ich zuvor. Andererseits tat mir dieses Desinteresse auch fast leid. Sie war wirklich eine tolle Frau, die ich in vielerlei Hinsicht bewunderte.

Aber den meisten Männern hier schienen nur die äußeren Werte wichtig und dort konnte sie natürlich nicht mit ihrer 22jährigen Tochter mithalten.


Jedenfalls bis irgendwann ein älterer Herr mit einem Stock auf das Podest kam. Man sah ihm an, dass er keine 20 mehr war, aber für sein – vermutliches – Alter machte er trotz des Stocks durchaus noch einen fitten Eindruck. Er war dann auch der erste, der sich mehr für meine Mutter als für meine Schwester interessierte.

Der Mann betrachtete meine Mutter und fasste ihr auch ins Gesicht. Aber zumindest begrapschte er diese nicht so unverhohlen wie es die meisten Männer bei mir oder Veronica gemacht hatten.
Danach unterhielt er sich mit Herrn El Haji. Anscheinend verhandelten sie auch, aber nicht besonders lange.

Ich weiß nicht, was die beiden Herren besprochen hatten, aber der ältere Herr drehte sich nochmals um und betrachtete nunmehr auch meine Schwester ganz genau. Auch ihr griff er ins Gesicht und danach auch an die gefesselten Arme und an den Bauch. Aber zumindest nicht zwischen die Beine.
Danach wandte er sich wieder an Herrn El Haji und sie diskutierten erneut.

Beide machten einen zufriedenen Eindruck und ich musste mitansehen, wie der ältere Herr einen Beutel aus seiner Tasche zog und ihn dem Sklavenhändler gab.

Erneut öffnete Herr El Haji den Beutel und zog eine Goldmünze hervor. Das Grinsen konnte ich bis hierher sehen.

Anscheinend musste dieser ältere Herr sehr reich sein, sonst hätte er nicht einfach so meine Schwester sozusagen als „Zugabe“ zu meiner Mutter kaufen können. Genau wusste ich es natürlich nicht, aber vermutlich war meine Schwester mit dem roten Punkt auf der Stirn teurer als meine Mutter. Wie gesagt war meine Schwester anscheinend vielen anderen Männern – sowohl hier als auch in Sansibar – zu teuer gewesen.

Den Keuschheitsgürtel legte der ältere Herr meiner Schwester dagegen nicht an, diesen gab Herr El Haji zusammen mit den übrigen Sachen meiner Schwester, damit sie diese trug. Zumindest blieb ihr - im Gegensatz zu Elise und Catharina - diese Demütigung erspart.


Mir wurde ganz anders. Einerseits sah es so aus, als ob dieser ältere Herr noch ein angenehmerer Besitzer sein dürfte als beispielsweise der grimmig aussehende Mann zuvor, welcher Catharina mitgenommen hatte. Andererseits war auch für sie nunmehr der Zeitpunkt gekommen, an dem sie endgültig verkauft wurden.

Immerhin schien es, dass meine Mutter und meine Schwester zusammenbleiben durften. Im Gegensatz zu mir. Alles sah danach aus, dass ich hier und jetzt nicht nur von meinem Vater und meinem Bruder, sondern auch von meiner Mutter und meiner Schwester getrennt werden würde. Ob ich sie jemals wiedersehen würde?

Erneut brach ich in Tränen aus, ich weiß nicht, das wievielte Mal bereits heute an diesem schrecklichen Tag.


Auch Veronica und meine Mutter durften sich wieder ein Kleid überziehen, dann fesselte Herr El Haji die beiden mit einer Kette zusammen und übergab diese an den älteren Herren.

Der schreckliche Moment war gekommen, meine Mutter und meine Schwester verließen das Podest und ich weinte ihnen viele Abschiedstränen nach. Wiederum ohne zu winken, meine Hände waren weiterhin unter meinem Kleid an mein Halsband gefesselt.

Auch meine Mutter und meine Schwester warfen mir einen Abschiedsgruß zu, auch sie mussten weinen, wie wir uns verabschiedeten.

Hoffentlich würden wir uns je wiedersehen.


Der ältere Mann ging ziemlich langsam über den Marktplatz, so dass ich noch viel Zeit hatte, diesen nachzusehen. Auch meine Mutter und meine Schwester nutzten die Gelegenheit und sahen noch drei- oder viermal zu mir herauf.

Das machte die Sache aber auch nicht besser, im Gegenteil. Ich vergoss weitere Tränen, jedes Mal wenn sie sich umdrehten und ich ihr Gesicht sah. Jedes Mal ein bisschen weiter weg.

Bis auch sie in einer Gasse links des Marktplatzes verschwanden.



Als letztes leistete mir nur noch Fenja Gesellschaft.

Während der ältere Herr mit Herrn El Haji verhandelte, hatten ein paar weitere Männer Fenja begutachtet.

Ich weiß nicht, ob der fehlende rote Punkt auf ihrer Stirn der Grund war, dass sie – abgesehen von mir – als letzte noch hier war. Dabei war auch sie eigentlich eine hübsche Frau und auch sie musste sich unzählige unsittliche Berührungen gefallen lassen.


Ein paar weitere Minuten vergingen, aber letztlich fand auch für sie ein Mann Interesse. Er war ein paar Jahre älter als wir, geschätzt war er ca. 30 Jahre alt. Unsympathisch sah dieser nicht aus, dennoch brach Fenja in Tränen aus, als wiederum ein Beutel mit Geldmünzen den Besitzer wechselte.

Ich wusste, dass Fenja immer noch ihren geliebten Mann vermisste und diesem nachtrauerte.

Nun von irgendeinem fremden Mann als Sklavin gekauft zu werden war für sie daher vermutlich noch härter als für mich. Dennoch blieb ihr genauso wenig eine Wahl wie mir. Was dieser Mann mit ihr machen würde, konnte natürlich auch niemand sagen, im Grunde spielte das hier und jetzt auch keine Rolle. Das einzige was hier und jetzt relevant war, war, dass der Mann Herrn El Hajis Forderungen erfüllt hatte und nunmehr Fenjas neuer Besitzer war.

Auch ihr warf ich einen letzten Abschiedsgruß zu.

Auch wir waren inzwischen so etwas wie Freundinnen geworden. Freundinnen für eine kurze, schreckliche Zeit. Neben Catharina und Elise war sie auch meine einzige verbliebene Freundin, nachdem ich meine alten Freundinnen vermutlich auf Nimmerwiedersehen in Hannover zurückgelassen hatte und auch die Freundschaft mit Isabella an diesem schrecklichen Tag in Sansibar vermutlich immer geendet hatte.

War dies nun auch das Ende meiner Freundschaft mit Fenja?

Ich hoffte zumindest, dass Fenja meine Freundin bleiben könnte. Irgendwie, in dieser fremden Stadt.

Zumindest würden wir nun in der gleichen Stadt als Sklavinnen leben, während Isabella nun weit weg von hier, vielleicht in Sansibar, vielleicht inzwischen auch schon irgendwo ganz woanders war.
Vielleicht sogar schon auf dem Weg nach Batavia, falls ihr Mann oder jemand anders wirklich ein Lösegeld für sie bezahlt hatte. Das würde ich nie erfahren.

Auch wünschte ich Fenja von ganzem Herzen, dass dieser fremde Mann sie gut behandeln würde. Ihren Ehemann würde sie sicher nie mehr wiedersehen, ihr Schicksal als Sklavin hier in dieser Stadt war besiegelt. Aber wenn der fremde Mann sie gut behandeln würde, wäre vielleicht zumindest der schlimmste Horror auch für sie vorbei.

Auch Fenja durfte wieder ihr Kleid anziehen, danach wurde auch ihr eine Kette am Halsband angelegt, mit welcher der Mann sie vom Podest hinunter und über den Marktplatz führte. Auch sie drehte sich auf dem Marktplatz nochmals um und warf mir einen allerletzten traurigen Abschiedsgruß zu. Kurz darauf verschwand auch sie am anderen Ende des Marktplatzes in einer der Gassen der Stadt.

Was mein arme – ehemalige? - Freundin wohl dachte, während sie davongeführt wurde?

119. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von jonnyf am 07.03.24 18:38

Für manche ist es heute möglicherweise besser ausgegangen als befürchtet - wobei wir wahrscheinlich von den diversen Charaktere nichts mehr lesen werden.

Für die Hauptakteurin befürchte ich, dass sie maßlos enttäuscht werden könnte.....


120. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 07.03.24 22:08

Hallo Windelmeister,

Zitat
Auf die Teile freue ich mich bereits. Nach dem Caro Fanclub bin ich auch dem Clara Fanclub beigetreten

dem Fanclub würde ich auch gerne beitreten, wo gibt es das Antragsformular?
Ich fürchte allerdings, dass es im Clara-Fanclub nur ein einziges VIP-Ticket gibt – und das verkauft Herr El Haji gerade für einen absoluten Wucherpreis...
Allen anderen (inklusive mir selbst...) bleibt nur die Zuschauer- und Fanrolle…




Hallo jonnyf,

Zitat
Für manche ist es heute möglicherweise besser ausgegangen als befürchtet


da hast Du natürlich vollkommen Recht.
Man könnte diese Geschichte viel, viel härter schreiben. Aber wie bereits an anderer Stelle öfters geschrieben – harte Geschichten liegen mir nicht, das können andere besser. Ich schreibe doch am liebsten sanfte Liebesgeschichten…
Nichtsdestotrotz würden Elise, Katharina und zumindest zwei der Afrikanerinnen Deine Aussage vermutlich nicht unterschreiben. Die vier haben die A…karte gezogen.
121. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 10.03.24 15:40

Wie angekündigt wechsle ich für die nächsten beiden Kapitel kurz die Perspektive und erzähle noch ein wenig, wie es mit Fenja ergeht.


21a. Fenja, Teil 1 (Exkurskapitel)


Nicht in meinen schlimmsten Albträumen hätte ich mir ausmalen können, was für ein schreckliches Ende diese Reise nehmen würde.

Zusammen mit meinem frisch vermählten Mann Damian war ich so guter Hoffnung gewesen, als wir Stolp verlassen hatten.

Wir waren so überzeugt gewesen, dass wir es zusammen schaffen würden, dass wir zusammen alle Schwierigkeiten in Batavia überwinden könnten und uns dort ein neues, besseres Leben aufbauen könnten.

Das Leben in unser Heimat an der Ostsee war nicht leicht gewesen. Der Große Nordische Krieg war vor kurzem zu Ende gegangen, aber die Folgen waren immer noch spürbar. Der Handel mit Schweden und anderen Ländern an der Ostsee war größtenteils zum Erliegen gekommen und die Abgaben für den Krieg belasteten das Volk. Das Königreich Preußen, unsere Heimat, gehörte zwar zu den Gewinnern, die kleinen Leute waren aber auch in diesem Krieg die Verlierer, egal auf welcher Seite.

Große Hoffnung auf eine Besserung der Lage hatten wir zugegebenermaßen nicht, die „da oben“ rüsteten bestimmt schon für den nächsten Krieg, gegen wen auch immer. Daher hatten wir beschlossen, Europa den Rücken zu kehren und gemeinsam einen Neuanfang in der Ferne zu suchen, weit weg von allen Kriegen.


Unsere Familien wollten nicht mitkommen, sie waren optimistisch, dass sich die Zeiten auch in Pommern bessern würden, jetzt da der Krieg vorbei war. So hatten wir uns nur zu zweit auf den Weg nach Amsterdam gemacht und uns dort eingeschifft. Viel mehr als uns beide und etwas Optimismus hatten wir auch nicht gebraucht, wir waren so verliebt ineinander gewesen.

Mit dem Nachwuchs hatte es bei uns noch nicht geklappt, aber wir waren ja auch gerade erst ein paar Wochen verheiratet gewesen, als wir Pommern verlassen hatten. Das wollten wir dann in Ostindien nachholen. Dort eine Familie gründen und zusammen glücklich sein.

Das waren die Blütenträume.

Dann kam der Überfall.




Und nun?

Nun war Damian weg. Das letzte Mal hatte ich ihn auf dem Schiff im Hafen von Sansibar gesehen, als die Piraten mich von Bord geführt hatten. Was war aus ihm geworden? Wo war er jetzt? Immer noch in Sansibar? Oder vielleicht auf irgendeinem Schiff, auf dem Weg in die Sklaverei in Arabien, in Afrika oder in Indien? Lebte er überhaupt noch?

Ich stand jedenfalls hier nackt und allein auf einem Podest in einer gottverlassenen Stadt im Oman und musste mich von fremden, fremdartigen Männern begrapschen lassen.

Wie gerne hätte ich diesen gesagt, dass sie ihre dreckigen Pfoten von mir lassen sollten. Zum einen war ich schon verheiratet, zum anderen war ich doch kein Flittchen, das Männern für ihre Gelüste zur Verfügung stand.

Aber das wäre wohl keine gute Idee gewesen, wie ich inzwischen gelernt hatte.

Mit Omars Rohrstock hatte ich bereits in Sansibar schmerzhafte Bekanntschaft machen müssen.


Auch auf dem Schiff war dies ein paar Mal vorgekommen, wenn ich meinen Mund nicht unter Kontrolle gehabt hatte. Oft aber nicht, ich hatte sehr schnell lernen müssen, dass es besser für mich war, wenn ich mich beherrschte und nicht ungefragt etwas sagte.

Eine der ersten Regeln, die ich als Sklavin lernen musste, war diese, dass ich in Anwesenheit der Sklavenhändler nur reden durfte, wenn es mir erlaubt worden war.

Ich tat mich sehr schwer mit dieser Demütigung.

Ich war weiß Gott nicht die Person, die zu allem „Ja und Amen“ sagte und sich den Mund verbieten ließ. Aber die schmerzhaften Hiebe waren mein Stolz dann auch nicht wert. Diese taten wirklich sehr weh. Am entwürdigendsten war es, wenn ich zur Strafe mein Kleid hochheben und mich nach vorne beugen musste und Omar mir dann auf den nackten Hintern schlug.

Ich hatte fast das Gefühl, dass Omar es genoss, mich zu „erziehen“ und mir meine vorlaute Art aufzutreiben. Zugegebenermaßen war ihm dies auch recht schnell gelungen.

Genauso genoss er es, mir mit einem Grinsen über den Hintern zu streicheln. Ich musste mich jedes Mal zurückhalten, ihm nicht ins Gesicht zu sagen, dass er seine schmutzigen Griffel von meinem Po lassen sollte. Das hatte ich genau einmal gemacht und dies dann mit zehn Hieben auf den selbigen bezahlt. Ich hatte teilweise das Gefühl, dass er mich absichtlich provozierte, um danach wieder einen Grund zu haben, mich dann dafür zu bestrafen, dass ich ungefragt etwas sagte. Aber diesen Gefallen tat ich ihm nicht, dafür hatte das erste Mal zu sehr weh getan.

Ich hatte mir oft überlegt, ob ich mich über nicht diese unsittlichen Provokationen beschweren sollte. Eigentlich war mir klar, dass dies sinnlos war.

Aber als Omar mich eines Morgens wieder einmal unanständig gestreichelt hatte, hatte ich meine Zunge dann doch nicht unter Kontrolle gehabt und ihm angedroht, dass ich mich bei Herrn El Haji über sein unanständiges Verhalten beschweren würde.

Das Ergebnis war dann, dass mich Omar mit einem Grinsen an dem Eisenring um meinen Hals ergriff und mich daran hinauf auf das Deck zog. Dort legte er meine Hände von links und rechts um den Mast und verband meine Handschellen mit einer kurzen Eisenkette, so dass ich mit dem Gesicht zum Mast an diesem angekettet war. Dann zog mein Kleid hoch und verabreichte mir vor der ganzen Mannschaft wieder zehn Schläge auf meinen nackten Po. Diese taten höllisch weh, die Demütigung war aber noch viel schlimmer gewesen. Omar band mich wieder los und meinte danach noch süffisant, dass ich mich nun beschweren könnte, jetzt hätte ich zumindest einen echten Grund dazu. Und morgen könne ich mich gerne nochmals beschweren.

Die Beschwerde hatte ich dann doch gelassen. Mir war doch klar, dass diese außer einer weiteren erzieherischen Maßnahme durch Omar keine weiteren Folgen gehabt hätte. Vor allem weil Herr El Haji meine grundlose Bestrafung auch mitbekommen und dabei zugesehen hatte, ohne einzugreifen.

Ein Recht auf Beschwerde hatte eine Sklavin ebenso wenig wie ein Recht auf ungefragtes Sprechen. Jedenfalls nicht an Bord der Dhau des Sklavenhändlers, auch das hatte ich schnell gelernt. Besser wäre es allerdings gewesen, wenn ich das gelernt hätte, bevor ich den Mund aufmacht hatte. Dann hätte ich mir den Schmerz und die Demütigung am Mast erspart.

Zumindest hatte ich auch diese Lektion sehr schnell gelernt, so dass dies das erste und das letzte Mal gewesen war, dass ich am Mast angebunden worden war. Vermutlich hatte Omar dies ein wenig bedauert, jedenfalls sah er mich in den nächsten Tagen jedes Mal grinsend an, nachdem er mir mal wieder über den Po gestreichelt hatte und fragte, ob ich mich heute beschweren wollte.
Ich sagte dann jedoch nichts weiter und ärgerte mich lediglich jedes Mal über diese Demütigung.


Anscheinend wusste Omar auch, dass wir Sklavinnen für ihn und die anderen Helfer „tabu“ waren, Herr El Haji ein paar „Streicheleinheiten“ aber tolerieren konnte, ebenso wie die eine oder andere „erzieherische Maßnahme“. Letztere hatte ganz offensichtlich zur Erheiterung der Mannschaft beigetragen und den – für die Sklavenhändler – angenehmen Nebeneffekt gehabt, mir und den anderen Gefangenen Demut und Gehorsam zu lehren. Soweit ich das mitbekommen hatte, war danach niemand mehr auf die Idee gekommen, sich zu beschweren. Vermutlich wussten Omar und die anderen Helfer durchaus, wie weit sie gehen konnten, ohne mit ihrem Chef Ärger zu bekommen.

Mit Sicherheit hatte Omar auch bemerkt, wie unangenehm mir seine Berührungen waren und genoss diese daher sogar doppelt. Einmal ließ er sich sogar zu der Bemerkung hinreißen, dass er mich von seinem Lohn vielleicht selbst kaufen würde. Dann könnte er mich für den Rest meines Lebens streicheln, gerne den ganzen Tag lang. Vielleicht könnte er mich dazu auf die nächste Reise mitnehmen und für deren Dauer an den Mast anbinden.

Ich sah vermutlich sehr missmutig drein, biss mir aber auf die Zunge und ertrug stumm diesen demütigenden Kommentar. Wenn ich das gesagt hätte, was ich mir dachte, hätte ich das vermutlich bei nächster Gelegenheit, vielleicht sogar wieder am Mast, bereut.

Eine Sklavin hatte die Befehle, die man ihr gab, ohne Widerrede auszuführen und was auch immer man ihr antat, stoisch zu ertragen. Dann wurde sie nicht geschlagen oder anderweitig bestraft. Mehr konnte eine Sklavin nicht erwarten.


Offensichtlich waren Omars „erzieherischen Maßnahmen“ auch sehr erfolgreich gewesen, sodass ich all die unsittlichen Berührungen, welche ich hier auf dem Sklavenmarkt ertragen musste, stumm über mich ergehen ließ.


Zugegebenermaßen waren Omars „Streicheleinheiten“ an Bord aber auch nichts, gar nichts gegen das, was ich und die anderen Frauen in Sansibar und nun hier auf dem Sklavenmarkt von Al Kharsun mitmachen mussten.

Manche Männer kannten wirklich überhaupt keinen Anstand und fassten mir scheinbar mit Freude an die Brüste, an den Po oder sogar zwischen die Beine. Als ob ich wirklich ein Flittchen wäre.

Besonders ausgiebig hatte dies ein seltsamer junger Mann gemacht, der sich anscheinend überhaupt nicht zwischen mir, Katharina, Elise und Veronica entscheiden konnte – oder wollte. Letztlich hatte dieser sich dann zum Glück doch für Elise entschieden. Jedenfalls zum Glück für mich, Elise dürfte über die Entscheidung nicht so glücklich gewesen sein. Zumindest musste sie so nicht mehr mitansehen, welches schlimme Schicksal ihrer großen Schwester zuteilwurde. Mit ihr hätte Elise vermutlich auch nicht tauschen wollen. Und ich auch nicht.

Welcher Horror schlimmer war, der in Sansibar oder der hier in Al Kharsun? Keine Ahnung in einer Skala von 1 bis 10 hätten beide mindestens eine 20 erhalten.


Ich hatte mich mit Elise, Catharina, Veronica und Clara ein wenig angefreundet, während wir diese schreckliche Reise von Sansibar hierher zusammen machen mussten.

Zu sehen, wie sie nun nacheinander verkauft wurden, brach mir das Herz. Auch Veronicas Mutter und die schwarzen Gefangenen waren sehr nett gewesen. Auch über meine männlichen Mitgefangenen hätte ich nichts Schlechtes sagen können, auch wenn ich diese nur selten zu Gesicht bekommen hatte.

Und nun waren sie einer nach dem anderen vor meinen Augen verkauft worden.

Nur noch Clara war da und leistete mir noch als letzte Gesellschaft. Soweit man das so nennen konnte. Sie saß in der Ecke des Podests und schien irgendwie abwesend.

Das arme Ding. Vielleicht dachte sie ja an den jungen Mann, der sie zuvor begutachtet und anscheinend „reserviert“ hatte. Ob dieser wohl zurückkam? Irgendwie hoffte ich es für Clara, der junge Mann schien sie zu mögen. Während andere Männer, wie zum Beispiel der ältere Herr, der Catharina mitgenommen hatte, anscheinend in uns nur eine Sache sahen, mit der man sich auch noch vergnügen konnte.


Um Clara hat es mir irgendwie besonders leid. Sie war wirklich sehr nett und wenn man so wollte, waren wir inzwischen unsere jeweils beste Freundin geworden. Für eine kurze, schreckliche Zeit.
Zwei versklavte junge Frauen, die versucht hatten, nicht verrückt zu werden, während sie auf dem Schiff eines Sklavenhändlers nach Arabien gebracht wurden. Eine schrecklichere gemeinsame Zeit konnte man sich wohl kaum vorstellen. Und trotzdem – oder gerade deswegen – war es schön gewesen, Clara kennenzulernen.

Clara war bereits ein Jahr älter als ich, 24, aber noch so unerfahren und naiv wie eine 18 oder 19jährige.

Vielleicht lag das an ihrem strengen Vater, der seine Töchter zweifellos liebte, aber auch immer noch wie Kinder behütet hatte. Jedenfalls solange er es gekonnt hatte.

Oft hatte ich ihn auf der Dhau nicht getroffen.
Aber jedes Mal, wenn ich ihn traf, hatte ich das Gefühl, dass er sehr darunter litt, seine Töchter nicht mehr beschützen zu können. Dass nun andere über seine Töchter bestimmten. Er machte sich schwere Vorwürfe, dass sie diese Reise angetreten hatten und er damit seine ganze Familie ins Verderben gestürzt hatte.

Dabei war es ja nicht seine Schuld gewesen, dass unser Schiff überfallen worden war.

Aber Vorwürfe machte er sich trotzdem, er liebte seine Familie wirklich sehr. So wie Clara auch ihren Vater liebte, auch wenn er sehr streng mit ihr war.

Sie hatte mir auch ihr Halskettchen mit dem Amulett aus Elfenbein gezeigt. Glück hatte ihr dieses nicht gebracht, aber sie meinte, dass das Kettchen sie zumindest an ihren Papa erinnern sollte, wenn sie diesen bald nicht mehr sehen konnte.

Sie war so kindlich naiv. Aber zumindest hatte sie noch etwas, an das sie sich klammern konnte. Ich hatte nichts und niemanden mehr. In dieser Hinsicht beneidete ich sie schon.

Allerdings, ihre Jugend war vorbei.

Denn sie war nicht nur kindlich naiv wie eine 19jährige, sie war auch eine bildhübsche junge Frau im besten Alter. Das war natürlich auch all den Männern nicht entgangen, welche auf das Podest gekommen waren. Und so musste die arme Clara viele unsittliche Berührungen über sich ergehen lassen, selbst in den paar Minuten, bevor sie reserviert worden war. Und immer noch schien das Interesse an ihr groß zu sein, obwohl sie sich am Rand des Podests zusammenkauerte. Vermutlich hätte sie längst irgendein Käufer mitgenommen, wenn Herr El Haji nicht so oft den Kopf geschüttelt hätte.

Vielleicht täuschte ich mich auch, aber mir schien, als ob manche Interessenten versuchten, Herrn El Haji noch umzustimmen, vielleicht indem sie bereit waren, noch über den geforderten Kaufpreis hinauszugehen. Der Sklavenhändler blieb jedoch bei seinem „Nein“ und Clara durfte bzw. musste weiter in der Ecke sitzen bleiben.

Im Gegensatz dazu schien das Interesse an mir nicht so groß zu sein. Dabei war ich eigentlich auch nicht hässlich, zumindest hatte mir Damian oft Komplimente gemacht, was für eine hübsche Frau er habe. Lag das geringere Interesse an mir vielleicht daran, dass ich keinen roten Punkt auf der Stirn trug?

Irgendwie war ich auch froh darum. Die Sklavenhändler konnten mir alles nehmen, meine Freiheit, mein Leben, alles. Aber nicht meine Unschuld und nicht meine Liebe, denn diese hatte ich bereits vergeben, an meinen lieben Mann Damian.

Wo dieser wohl nun war? Ich würde ihn nie mehr wiedersehen, damit hatte ich mich abgefunden. Aber ich würde ihn immer im Herzen tragen. Und meine Unschuld würde kein arabischer Mann bekommen, wieviel Geld auch immer dieser für mich bezahlen würde.

Ich weiß, Clara hatte mich an manchem Abend auf dem Schiff darum beneidet. Aber so schön die Zeit mit Damian auch gewesen war, nun war sie auch eine Bürde. Die Sehnsucht nach ihm fraß mich manchmal fast auf. Dieses Problem hatte Clara nicht.


Ob es daran lag, dass - bis auf Clara – alle anderen Mitgefangenen vor mir verkauft worden waren? Dass ich nun ganz allein hier stand? Ich wollte nicht ein weiteres Mal verkauft werden. Andererseits war auch klar, dass mir Herr El Haji ganz gewiss nicht dir Freiheit schenken würde, wenn er hier und heute keinen Käufer für mich finden würde.


Ich muss zugeben, ein bisschen Angst hatte ich schon vor der Frage, was dann passieren würde.

Würde Herr El Haji mit mir weiter nach Muscat segeln, wie er es in Sansibar angekündigt hatte?
Für eine einzelne, noch dazu anscheinend schwer verkäufliche Sklavin würde sich der Weg kaum lohnen. Allerdings hatte ich auch keine Ahnung, wie weit weg Muscat von hier war. Würde er mich für sich selbst behalten oder an einen seiner Helfer, vielleicht an Omar, abgeben? Oder mich vielleicht an irgendeinem Plantagenbesitzer verscherbeln? Oder vielleicht sogar mit der nächsten Fahrt nach Sansibar zurückbringen, um mich dort weiterzuverkaufen? Einige schwarze Männer hatten dort schon Interesse an mir gehabt.
Zum Glück (?) war ich diesen ebenso wie die anderen Europäerinnen zu teuer gewesen. Aber mit einem entsprechenden Rabatt würde mich einer dieser Gestalten bestimmt „nehmen“.

Kein schöner Gedanke.

Von allen Plätzen, die ich auf dieser Welt bisher gesehen hatte, war die Steinhalle auf Sansibar mit Sicherheit der schrecklichste gewesen. Dorthin wollte ich auf gar keinen Fall zurück.


Ich machte mir vermutlich viel zu viele Gedanken, denn tatsächlich stand ich wohl noch keine 45 Minuten nackt und gefesselt dort oben auf dem Podest. Es kam mir aber wie Stunden, wie Tage vor.
Auch war es nicht so, dass sich niemand für mich interessiert hätte.

Womit wir wieder bei den dreckigen Pfoten wären.

Zwei davon gehörten einem jungen Mann. Er war etwas älter als ich, vielleicht 30 Jahre alt.

Unsympathisch sah er nicht aus, zumindest im Vergleich zu manch anderem Mann, der zuvor hier gewesen war. Zugegebenermaßen begrapschte mich der Mann auch nicht so schamlos wie manch anderer zuvor.

Dennoch war mir jeder Blick, jede Berührung eine zu viel. Außer Damian hatte mich gar niemand zu berühren.

Mit dieser Meinung stand ich aber natürlich ziemlich alleine da.


Auch den jungen Mann interessierte dies anscheinend nicht. Vermutlich wusste er noch nicht einmal, dass ich bereits verheiratet war.

Er schien sich auch näher für mich zu interessieren, denn ich musste ihm auch meine Zähne und meine Zunge zeigen. Den Männern, die mich nur aus Spaß, ohne echtes Kaufinteresse begrapschten, waren diese egal, soviel hatte ich bereits gelernt.

Offenbar war der junge Mann zufrieden mit dem, was er sah und fühlte, denn er schien dann mit Herrn El Haji zu verhandeln. Über mich.

Was sie besprachen, konnte ich nicht verstehen. Aber was es bedeutete, dass ein kleines Säckchen mit Münzen den Besitzer wechselte, verstand ich allzu genau: Der junge Mann hatte mich gekauft, ich war nun sein Eigentum. So wie ein Hund oder ein Pferd. Oder ein afrikanischer Sklave. Oder eine Sklavin aus Pommern.

Ich versuchte stark zu sein.

Aber es war vergeblich.

Ich musste bitterlich weinen, als Herr El Haji das Säckchen entgegennahm.

Natürlich war mir seit Wochen klar, dass meine Ehe mit Damian am Ende war, auch ohne dass wir uns hätten scheiden lassen oder einer von uns gestorben wäre. Eigentlich waren wir doch immer noch verheiratet, oder nicht?

Bis das der Tod uns scheidet…

Allerdings konnte ich nicht einmal wissen, ob Damian noch lebte. Und würde es vermutlich nie erfahren. Diese Ehe bestand – vermutlich- noch, allerdings nur noch auf dem Papier.

Aber zu wissen, dass ich nunmehr einem anderen Mann gehörte, dass ich nun dessen Eigentum, dessen Sklavin war, war trotzdem eine bittere Erkenntnis.

Wenn Damian wüsste, was in diesem Augenblick mit mir passierte… Vermutlich wäre ihm das Herz gebrochen. Vielleicht war es besser, dass er nicht wusste und auch nie erfahren würde, was hier und heute geschehen war.

Die bittere Wahrheit war, dass es auch niemanden interessierte, dass ich immer noch verheiratet war. Herrn El Haji nicht, Omar und die anderen Helfer nicht, all die anderen Männer nicht, welche mich hier auf dem Podest betatscht hatten. Und auch dem jungen Mann, der mich gekauft hatte, schien dies egal zu sein.


Nachdem der junge Mann den Kaufpreis für mich entrichtet hatte, kam er zu mir herüber und sagte etwas zu mir, was wohl bedeutete, dass er Hasan hieß. Ich versuchte ihm zu antworten, dass ich Fenja hieß.

Ihn anzuzicken, dass mein Name ihn überhaupt nichts anginge, er seine Finger von mir lassen und wieder gehen sollte, würde mich wohl auch nicht weiterbringen.

Maximal wäre Hasan dann vom Kauf zurückgetreten und ein anderer Mann hätte mich gekauft. Oder Herr El Haji hätte mich in die Steinhalle nach Sansibar zurückgebracht. Am wahrscheinlichsten war es jedoch, dass ich für diesen Kommentar erst einmal von Omar oder Hasan selbst ein paar Hiebe bekommen hätte und Hasan mich danach trotzdem mitgenommen hätte. Nein, ich musste wohl den Tatsachen in die Augen sehen, dass ich nun die Sklavin dieses Mannes war, ob ich wollte oder nicht.


Hasan nahm meine Antwort dann auch wohlwollend zur Kenntnis. Herr El Haji öffnete das Vorhängeschlosses, welches meine Hände mittels der Kette mit meinem Hals verband. Es tat gut, meine schmerzenden Arme wieder bewegen zu können.
Auch durfte ich mein weißes Sklavinnenkleid wieder anziehen.

Was als nächstes kam, war mir auch klar, ich hatte dies ja schon mehrfach mitansehen müssen: Herr El Haji befestigte die Kette, welche zuvor meine Hände gefesselt hatte, mittels des bekannten Vorhängeschlosses an meinem Halseisen und gab das Ende der Kette an Hasan. Ein paar Schlüssel wechselten ihren Besitzer.

Hasan blickte zufrieden drein und sagte etwas zu mir, das wohl hieß, dass wir gingen.

Ob ich auch mitkommen wollte, fragte er natürlich nicht, das stand nicht zur Disposition.

Ich warf Clara noch einen Abschiedsgruß zu. Ungern ließ ich sie hier allein. Ich hoffte für sie das beste und hoffentlich würden wir uns einmal wiedersehen.

Clara erwiderte den Gruß, ihr standen ebenso wie mir Tränen in den Augen.

Aber es half nichts. Dieser Mann, Hasan wie er wohl hieß, hatte mich gekauft und nahm mich nun mit. Wohin auch immer.


So folgte ich dem Zug der Kette an meinem Halseisen. Diese Demütigung kannte ich leider bereits zur Genüge.

Heute war es jedoch nicht mehr Herr El Haji oder Omar, sondern ein Mann, der mich für sich gekauft hatte. Wofür auch immer.

Unten auf dem Marktplatz drehte ich mich nochmals um und sah zu Clara hinauf. Wer weiß, vielleicht war dies das letzte Mal, dass ich eine der Mitreisenden sah, die mit mir in Amsterdam dieses Schiff bestiegen hatten?

Würden sich unsere Wege hier und jetzt für immer trennen, so wie sich die Wege von mir und Damian in Sansibar getrennt hatten?

Alle anderen waren bereits weg, die meisten in Sansibar, der kleine Rest nun in dieser Stadt. Und nun war auch für mich der Abschied gekommen.

Zumindest gab mir Hasan noch eine Minute Zeit, während ich mich nach Clara umdrehte und ihr zwei, drei Tränen nachweinte.

So viel Rücksicht hatten weder die Piraten noch die Sklavenhändler gezeigt.

In Sansibar oder auf dem Weg vom Schiff hierher hätte ich diesen Stopp wohl mit einem Würgen an meinem Hals, im schlimmsten Fall mit einem Hieb von Omars Rohrstock bezahlt.

Aber Hasan blieb auch kurz stehen, in diesem Moment war ich ihm tatsächlich sehr dankbar für seine Rücksicht.

Ich wollte Hasans Geduld aber auch nicht überstrapazieren und ließ mich dann auch weiterführen. Weinend hier auf dem Marktplatz zu stehen, hätte wohl auch niemandem weitergeholfen.

Zugegebenermaßen war ich auch etwas neugierig, wo mich Hasan nun hinbringen würde, wie dieser Albtraum weitergehen würde…

122. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 12.03.24 00:01

SCHÖN auch mal etwas aus Sicht von Fenja zu erfahren.

Auch sie ist mir ans Herzen gewachsen und wie mit Clara leide ich natürlich auch mit ihr mit
123. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 13.03.24 07:40

Zitat
SCHÖN auch mal etwas aus Sicht von Fenja zu erfahren.

Auch sie ist mir ans Herzen gewachsen und wie mit Clara leide ich natürlich auch mit ihr mit



Danke für Deinen Kommentar.

Tatsächlich gibt es in dieser Geschichte ziemlich viele Leute, mit denen man mitleiden kann.
Zumindest sieht es mit den Weihnachtsgeschenken für die Kinder von Herrn El Haji gar nicht so schlecht aus...

Wie früher geschrieben sind die zwei Kapitel über Fenja eine Art Test, ob man die Geschichte noch etwas erweitern könnte.
Bin mir aber nicht sicher, ob das Sinn macht.
Einerseits gäbe es natürlich noch ganz, ganz viel zu erzählen. Andererseits bläht das die (eh schon nicht besonders kurze) Geschichte weiter auf. Und ein paar Wiederholungen sind auch nicht zu vermeiden.

Was meinen meine geschätzten Leser/*_Innen?

124. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von jonnyf am 13.03.24 16:04

Hallo Neuschreiber63,

eine Konzentration auf die Familie würde oder wird schon den Umfang sprengen.

Vielleicht dass eine oder andere einfließen lassen, was möglicherweise aus irgendwelchen Quellen zu erfahren ist.

Separate Kapitel wie bei Fenja führt mgl. zu weit.



125. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 13.03.24 18:34


21b. Fenja, Teil 2 (Exkurskapitel)


Hasan führte mich durch einige Gassen der Stadt.

Ich überlegte, ob ich mich vielleicht wehren sollte oder einen Fluchtversuch starten sollte.
Vielleicht in einem Überraschungsmoment…? Aber selbst wenn es mir gelungen wäre, mich loszureißen, hätte ich nicht gewusst, wohin ich dann hätte fliehen sollen. Mit dem Eisenring um meinen Hals und der daran befestigten Kette konnte jeder auf einhundert Meter Entfernung erkennen, dass ich eine entflohene Sklavin war. Und wenn ich wieder eingefangen wurde, würde es mir wohl schlecht, sehr schlecht ergehen.

Ich bräuchte einen besseren Plan, um von hier wegzukommen.

Wohin? Nach Batavia wollte ich nicht mehr, ohne Damian. Dann doch lieber zurück nach Stolp.

Damian Familie konnte ich vermutlich nicht mehr unter die Augen treten, auch wenn es natürlich nicht meine Schuld gewesen war, dass Damian- so wie ich – versklavt worden war.

Aber meine eigene Familie würde mich sicherlich wieder aufnehmen, diese war schon sehr traurig gewesen, als ich ihr erzählt hatte, dass wir in Batavia ein neues Leben beginnen wollten.
Tatsächlich hatten sie mich auch vor dieser Reise abhalten wollen. Vielleicht hätte ich besser auf sie gehört.

Was wohl inzwischen in Pommern passiert war? Gab es bereits einen neuen Krieg? Oder hatten sich die Verhältnisse dort wirklich verbessert, wie es meine Familie erhofft hatte?

Nur, wie sollte ich dorthin zurückkommen?

Zu Fuß auf keinen Fall, viel zu weit. Und wie hätte ich mich durch Arabien durchschlagen sollen? Vermutlich wäre ich gleich auf dem nächsten Sklavenmarkt gelandet.

Blieb dann nur das Schiff. Aber welches Schiff würde eine Sklavin von hier wegbringen?

Irgendwie war das fast genauso hoffnungslos.

Vermutlich bestand meine einzige Hoffnung darin, dass sich irgendwann eine plötzliche Chance ergeben würde. Welche auch immer.


So folgte ich Hasan bzw. dem Zug an der Kette, bis wir zu einem kleineren Haus kamen.

Er klopfte und eine ältere Frau, vielleicht so Mitte 50 öffnete die Türe. Vermutlich war dies Hasans Mutter.

Sie begrüßte Hasan und warf mir einen interessierten Blick zu. Dann begrüßte sie auch mich und bat mich – so hätte ich ihre Geste verstanden - einzutreten.

Hasan nahm mir die demütigende Kette an meinem Halseisen ab. Das Halseisen selbst nahm er mir aber ebenso wenig ab wie die Schellen um meine Hände.

Ich war mir nicht sicher, ob ich das Haus wirklich betreten wollte. Aber vor der Tür stehen bleiben war wohl auch keine Alternative. So kam ich der Aufforderung von Hasans Mutter nach und trat in das Haus ein.

Mir schwante, dass dies wohl ab sofort mein neues Zuhause war.

Hinter der Eingangstür lag ein Flur, von dem aus eine Treppe in den ersten Stock hinaufführte.

Wir gingen jedoch gerade aus und betraten durch eine weitere Türe eine Küche. Hasans Mutter bot mir ein Glas Wasser an, das ich auch gerne annahm. Von der Hitze draußen und dem Weg hierher war ich doch etwas durstig geworden.


Ich hatte gerade erst ein paar Schlücke getrunken, als ich Lärm hörte, als ob jemand die Treppe herunterkam. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet- und zwei kleine Jungs kamen herein. Ich hätte sie auf 6 und 3 Jahre geschätzt, vielleicht auch ein Jahr älter. Hasan begrüßte diese herzlich und hob sie hoch.

Ganz offensichtlich waren dies seine Söhne.

Als Hasan die Kinder wieder abgesetzt hatte, betrachteten mich diese neugierig und fragten ihren Vater etwas, das ich jedoch nicht verstand.
Es war jedoch offensichtlich, dass es um mich ging.

Hasan antworteten etwas. So ganz schien die Neugier der Kinder aber noch nicht befriedigt, denn sie zeigten nun auf mein Halseisen und fragten ihren Vater erneut etwas. Vermutlich wollten sie wissen, warum die neue Haushaltshilfe einen Eisenring um den Hals trug.

Kinder können so gnadenlos ehrlich sein.

Hasan war diese Frage anscheinend ebenso peinlich wie mir. Wir wurden beide ziemlich rot und Hasan erklärte seinen Kids erneut etwas, was ich aber wiederum nicht verstand.

Auch wenn es mir als Sklavin wohl eigentlich nicht erlaubt war, ungefragt zu sprechen, so hatte ich meinen Mund mal wieder nicht unter Kontrolle und fragte Hasan, wo die Mutter der Kinder sei.

Hasan hatte die Frage anscheinend verstanden. Er machte ein Schlafenszeichen und zeigte dann zum Himmel. Er sah auf einmal sehr traurig aus und ein paar Tränen liefen ihm aus den Augen. Auch seine Mutter sah sehr traurig aus.

Es war wohl klar, was das hieß. Ich war mit meiner vorlauten Art wohl gerade in ein sehr, sehr großes Fettnäpfchen getreten. Ich versuchte Hasan zu sagen, dass mir dies leidtäte.

Betreten schwiegen wir einen Moment.


Es waren dann die Kinder, die wiederum etwas von ihrem Papa wissen wollten und so das Schweigen brachen.

Hatte mich Hasan als Babysitterin für seine Kinder erworben? Oder vielleicht sogar als Ersatzmutter?

Ich wollte weder das eine noch das andere sein.

Ich wollte durchaus Kinder, allerdings eigene. Zusammen mit Damian.

Aber direkt nach unserer Hochzeit hatte es noch nicht geklappt, sonst hätten wir diese Reise nicht angetreten. In Batavia hatten wir es jedoch nochmals versuchen wollen.

Aber dazu würde es nie kommen. Von Damian würde ich nie ein Kind bekommen.

Bei dem Gedanken liefen mir wieder ein paar Tränen aus den Augen.

Vielleicht wunderten sich die anderen, warum ich auf einmal weinte. Aber den Grund konnte und wollte ich nicht sagen.

Stattdessen sahen mich die zwei Jungen mit großen Augen an.

Irgendwie waren diese Kinder schon süß. Wie Kinder halt so sind, wenn sie nicht quengeln und sich nicht streiten.


Vermutlich war ein Leben als Haushalts- und Babysitter-Sklavin auch um Welten besser denn als Sklavin auf einer Plantage, wie es uns Herr El Haji angedroht hatte. Und zurück nach Sansibar wollte ich auch nicht.

Bis sich irgendwann, irgendwie eine Gelegenheit zur Flucht ergeben würde, blieb mir also wohl wenig anderes übrig, als mein Leben hier als Haussklavin zu akzeptieren.

Da half es sicherlich, dass Hasan und seine Mutter freundlich zu mir waren. Hasans Vater konnte ich nirgends sehen, nach dem Fettnäpfchen zuvor wollte ich auch nicht fragen, ob es diesen noch gab.
Anscheinend lebten vier – mit mir nun fünf – Personen in diesem Haus.

Hasans Mutter führte mich dann auch kurz herum. Im Erdgeschoss gab es eine Küche und ein Esszimmer, im zweiten und dritten Stock ein Zimmer für die Kinder, je ein weiteres wohl für die Mutter und Hasan und ganz oben noch zwei Kammern. Eine davon vermutlich für mich.

Das Haus war insgesamt eher einfach eingerichtet, Hasan gehörte vermutlich nicht zu den reichsten Bewohnern der Stadt.

Vermutlich hatte er für seine Verhältnisse viel Geld für mich ausgegeben.

Und das erste woran ich dachte, war eine Flucht. Fast schämte ich mich ein bisschen für diese Gedanken.


Danach führte mich Hasans Mutter langsam in meine Aufgaben hier ein. Ich verstand noch nicht allzu viel von dem, was sie sagte. Aber was Hausarbeit war, wusste ich natürlich schon, von daher konnte ich das meiste durchaus nachvollziehen.

Der Tag verging, es gab viel Arbeit, aber auch die eine oder andere Gelegenheit, sich mit Hasan oder seiner Mutter zu unterhalten. Soweit man von Unterhaltung sprechen konnte, allzu viel Arabisch hatte ich auf der Dhau nicht gelernt.

Immerhin schien Hasan die Regel nicht so genau zu nehmen, dass ich als Sklavin ungefragt nicht sprechen durfte. Sonst hätte ich heute wohl bereits viele Hiebe erhalten. Aber zumindest bisher musste ich hier keine Bekanntschaft mit einem Stock oder einer Peitsche machen. Im Gegensatz zur armen Katharina.

Hoffentlich blieb dies auch so.

Jedenfalls waren Hasan und seine Mutter freundlich und behandelten mich für eine Sklavin auch gut, wesentlich besser als die Piraten und auch durchaus besser als die Sklavenhändler auf dem Schiff.

Nein, ich wollte keine Sklavin sein, aber an dieser Tatsache konnte ich zumindest momentan nichts ändern. Und vermutlich hätte es auch viel, viel schlimmer kommen können…

Damian war Geschichte. Stolp war Geschichte. Batavia war Geschichte.

Nun würde ich mich irgendwie mit meinem neuen Leben als Sklavin hier in Al Kharsun arrangieren müssen…

126. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 13.03.24 23:30

Ich glaub wir dürfen Fenja gratulieren. Der Verkauf als Sklavin ist in gewisser Weise eine Art Lotterie und Fenja dürfte von dem was wir bisher erfahren haben richtig Glück gehabt zu haben.

Mich würde freuen wenn wir zwischendurch immer mal was von Fenja erfahren würden. Vieleicht treffen sich Fenja und Clara ja doch nochma. Vielleicht sind ihre neuen Besitzer ja sogar Freunde? Du schaffst es immer wieder neue Neugierde zu wecken und freue mich deshalb schon jetzt auf weitere Fortsetzungen
127. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 14.03.24 00:20

Oh da hat die Fenja viel glück gehabt.

Bin jetzt ein wenig zwiegespalten, einerseits bekommt man einen kleinen Einblick wie das neue Sklaven leben beginnt.
Anderseit würde das so ziemlich den Rahmen sprengen, wie es schon geschrieben wurde.

Ich selber würde glaub ich ein zwischen ding wählen nur von gewissen Leute ein eigenständiges Kapitel aber dann halt 2 Kapitel maximal 3, und wen geplant ist das die sich treffen können sie ihr erlebtes gegeseitig erzählen.

Lange rede gar kein sinn,
Tolle Fenja Kapitel sehr gut Geschrieben.
128. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 14.03.24 19:27

@Windelmeister, windelfohlen

Freut mich, wenn Euch diese Geschichte immer noch gefällt. Ihr seid wirklich hart im nehmen

Ich versuche ja nach wie vor, mit meiner Geschichte halbwegs an der Realität zu segeln, auch wenn die erzählerischen Elemente in der zweiten Hälfte der Geschichte mehr werden. Zumindest in meiner Vorstellung war es für die armen Seelen, welche auf einem Sklavenmarkt verkauft wurden, wirklich eine Lotterie, welches Schicksal sie zukünftig erwartete. Das wollte ich so auch rüberbringen.
(allerdings gab es sicherlich auch Sklavenmärkte, auf denen es nur schlechte Lose gab)

In meiner Geschichte haben jedenfalls Fenja, Veronica, ihre Mutter und die beiden flämischen Brüder eher gute Lose gezogen, Elise dagegen ein ziemlich schlechtes und das allerschlechteste Los haben Catharina und die zwei Afrikanerinnen gezogen (die Leser meiner ersten Geschichte können vielleicht erahnen, wie schlecht Catharinas Los sein könnte).

Ob Clara ein gutes oder schlechtes Los zieht, werde ich berichten…

Ich habe mir tatsächlich überlegt, ob ich die zwei Exkurskapitel hier einfügen soll und damit den Erzählfluss etwas unterbreche. Dass ich es letztlich getan habe, hatte ein paar Gründe: Zum einen fand ich den Perspektivwechsel auf Clara von außen ganz nett. Zum anderen hatte mir eine Leserin geschrieben, dass ihrer Meinung nach die Sklavinnen auf dem Schiff zu gut behandelt werden. Auch wenn ich deswegen natürlich nicht meine komplette Geschichte ändern will, so bin ich doch immer bereit, Anregungen der Leser*/_Innen einfließen zu lassen. Fenja musste dann als „Opfer“ herhalten. Zum dritten fand ich Fenjas Fortsetzung zwar ganz nett, aber wenn ich diese erst nach dem Ende von Claras Geschichte (die ich ja noch ausführlich erzählen werde) angefügt hätte, wäre das wohl ein müder Abklatsch geworden. Dann lieber vor dem eigentlichen Hauptteil/Schluss der Geschichte. Und last but not least haben mir selbst die beiden Kapitel mit Fenja gefallen, was bei aller Wertschätzung für meine Leser erstmal das wichtigste ist .

Weitere Exkurskapitel wird es aber wie geschrieben aller Voraussicht nach nicht geben. Wie geschrieben, eventuell hat ja jemand (oder ich selbst) irgendwann mal Lust auf eine Fortsetzung, dann könnte man mehr über Fenja, Catharina, Elise, Veronica und die anderen schreiben.

Es ist allerdings auch nicht ausgeschlossen, dass Clara noch ein paar ihrer Mitreisenden in einem der letzten Kapitel (genauer gesagt im vorletzten Kapitel) über den Weg laufen wird. Wie gesagt, Al Kharsun ist ja klein…

Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass Hasan Claras neuen Besitzer kennt. Ob diese dann Freundinnen bleiben können – mal sehen. Zumindest die beiden Personen aus meiner ersten Geschichte, die für Fenja und Clara Pate stehen, sind ja beste Freundinnen geworden, von daher wäre es auch nicht ganz unwahrscheinlich, dass dies bei den beiden auch der Fall sein wird.

Wie so vieles wird dies aber vermutlich der Fantasie des/r Lesers/In überlassen bleiben, denn allzu lange geht diese Geschichte auch nicht mehr...
129. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 16.03.24 07:48

22. zum zweiten Mal verkauft


Während sich das Podest nach und nach leerte, saß ich weiterhin am Rand und hoffte, bangte und betete.

Vermutlich war dies die längste Stunde meines Lebens.

Schließlich wurde auch Fenja verkauft und mitgenommen. Sie war die letzte gewesen, die mir von meinen Mitgefangenen noch Gesellschaft auf dem Podest geleistet hatte. Leisten musste. Sie war so etwas wie meine beste Freundin gewesen, seit ich mich von Isabella auf Sansibar verabschiedet hatte. Auch ihr weinte ich einige Tränen hinterher.

Die letzten Abschiedstränen, denn nun war ich ganz allein mit dem Sklavenhändler und seinen Helfern auf dem Podest.

Fenja drehte sich noch ein letztes Mal auf dem Marktplatz um und warf mir einen traurigen letzten Gruß zu. Dann wandte sie sich zurück und folgte an der Kette ihrem neuen Besitzer. Wohin auch immer.

Ich fühlte mich so allein.

Ich war so allein.



Weiterhin versuchte ich, mich so klein wie möglich zu machen.
Vielleicht würden die Sklavenhändler ja einfach gehen und mich hier vergessen?

Aber das passierte natürlich nicht, dazu war ich eine viel zu wertvolle Ware, dazu hatte Herr El Haji zu viele Goldstücke für mich bezahlt, um mich einfach hier zu vergessen. Entsprechend ließen mich die Sklavenhändler auch nie aus den Augen.

Inzwischen hatte sich auch der Strom der „Interessenten“ gelegt, es gab ja nichts mehr zu kaufen.

„Ausverkauft“ sozusagen.

Bis auf mich.

Tatsächlich kamen immer noch vereinzelt Männer auf das Podest, blickten zu mir herüber und sprachen Herrn El Haji an. Dieser schüttelte jedoch weiterhin den Kopf. Ich konnte mir denken, worum es in den kurzen Gesprächen ging.

Die Minuten vergingen weiterhin quälend langsam.

Ich wusste immer noch nicht warum, aber irgendwie hoffte ich weiterhin, dass der junge Mann zurückkommen würde.

Gleichzeitig stieg, warum auch immer, von Minute zu Minute meine Angst, dass der junge Mann nicht mehr zurückkommen würde und er es sich anders überlegt hätte. Oder dessen Eltern nicht bereit waren, ihm weiteres Geld für mich zu geben.
Was würde dann mit mir passieren?

Ich konnte es mir denken. Der Sklavenhändler würde mich an einen der Männer verkaufen, die er zuvor mit seinem Kopfschütteln abgewiesen hatte.

Während ich so bangend wartete, machten Herr El Haji und seine Helfer einen ganz zufriedenen Eindruck. In kürzester Zeit hatten sie 9 Sklavinnen und 6 Sklaven verkauft. Und auch für die 10. Sklavin würden sie einen Käufer finden, so viel war klar. Die weite Reise nach Sansibar und zurück hatte sich für sie vermutlich gelohnt.

Was man für die 16 anderen „Passagiere“, die auf der Rückfahrt zwangsweise mitgereist waren, nicht unbedingt behaupten konnte.

Entsprechend standen die Männer ganz zufrieden auf dem Podest herum und unterhielten sich. Jedoch weiterhin, ohne mich aus den Augen zu lassen.


Vermutlich waren sie glücklich, wieder wohlbehalten in ihrer Heimat angekommen zu sein.
Vielleicht winkte Herrn El Hajis Helfern auch eine Bonuszahlung für die erfolgreiche Reise.

Omar hatte uns irgendwann auf See erzählt, dass es durchaus nicht so selbstverständlich war, dass alle Sklaven die Reise überlebten und dann auf den Sklavenmärkten Arabiens verkauft werden konnten.

Tausende, vielleicht auch hunderttausende Sklaven waren bereits auf dem Weg von Ostafrika nach Arabien gestorben, weil sie die Strapazen der Reise nicht überstanden hatten. Insbesondere Sklavinnen und Sklaven, welche zu Fuß durch die afrikanische Savanne und die Saharawüste getrieben wurden. Die genaue Zahl kennt niemand.

Aber zugegebenermaßen hatten Herr El Haji und seine Helfer uns auch – für Sklaven – relativ gut behandelt, so dass alle seine 16 Hänsel heil im Oman angekommen waren. Und die Reise per Schiff war wohl wirklich ein Luxus gewesen im Vergleich zu den Fußmärschen, welche andere Sklavinnen und Sklaven auf sich nehmen mussten.

Vermutlich hatte uns Omar sagen wollen, dass wir uns glücklich schätzen sollten, als Sklavinnen auf Herrn El Hajis Schiff unterwegs sein zu dürfen.
Selbst wenn wir von früh bis spät dort arbeiten mussten und jeden Abend in unsere Gefängniszellen eingesperrt wurden.

Omar hatte leicht reden.

Aber ganz Unrecht hatte er wahrscheinlich auch nicht. Wahrscheinlich hatten wir – wie damals auch der Piratenanführer in der Steinhalle in Sansibar vermutet hatte – wirklich das „Glück“ gehabt, dass wir als weiße Sklaven so wertvoll waren und daher von einem „Premium-Sklaven“-Händler gekauft worden waren, der auf seine teure Ware gut achtgegeben hatte. Sicherlich hätte es ihm – zumindest finanziell – weh getan, wenn eine(r) von uns, für die er in Sansibar so viel Geld bezahlt hatte, Al Kharsun nicht erreicht hätte.

Im Grunde waren wir alle in besserem Zustand als damals bei unserer Ankunft in Sansibar. Vermutlich war das gut für Herrn El Haji, dies würde unseren Wert vermutlich nochmals steigern. Sogar meine Haut war wieder etwas blasser geworden, nachdem ich nicht mehr den ganzen Tag an Deck sitzen musste, sondern im Gegenteil die meiste Zeit unter Deck in der Küche arbeiten musste. Gut möglich, dass auch dies meinen Wert noch etwas steigerte.

Irgendwie schauderte mir trotzdem bei diesem Gedanken. Ich wollte weder eine „normale“ noch eine „Premium“-Sklavin sein.

Zumindest war ich noch am Leben, ganz selbstverständlich war dies wohl nicht.

Allerdings hatte es heute bereits den ein oder anderen Moment gegeben, in dem ich dies tatsächlich bedauert hatte und ich mir gewünscht hätte, dass ich in einem unbeobachteten Moment über Bord gesprungen wäre. Vermutlich wäre ich dafür dann in die Hölle gekommen. Aber dort war ich nun auch so gelandet. Nur in der Hölle auf Erden. Jedenfalls soweit nicht noch ein Wunder geschehen würde und mich ein Engel oder ein Prinz aus dieser Hölle, aus diesem Elend erretten würde.

Aber für einen Sprung über Bord war es nun sowieso zu spät. Maximal hätte ich hier vom Podest springen können und hätte mir „im besten Fall“ den Fuß gebrochen. Vermutlich aber nicht einmal das, denn das Podest war kaum eineinhalb Meter hoch.



Das Treiben auf dem Marktplatz ging wieder seinen gewohnten Gang. Von hier oben sah Al Kharsun wie eine ganz normale Stadt aus. Etwas orientalisch, exotisch, aber eigentlich nicht so viel anders als Hannover, nur heißer und trockener. Und mit dem Unterschied, dass ich nun als Sklavin in dieser Stadt leben musste. Dies war meine neue Heimat.

Auch im Gegensatz zu Hannover trugen die Frauen hier alle Schleier oder zumindest Kopftücher. Auch die Männer bedeckten ihren Kopf aufgrund der Hitze meist mit einem weißen Tuch, manchmal auch einer Art Turban. Beides kannte ich aber bereits von Sansibar und den Stopps in Mombasa und Merka. Auch „meine“ Sklavenhändler trugen eine solche Kopfbedeckung.

Am Rand des Marktplatzes entdeckte ich auch ein paar Kamele. Große, majestätische Tiere, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Trotz ihrer Größe waren diese wohl genauso unfrei wie ich.
Eigentlich interessiere ich mich aber auch nicht groß für die Kamele. Vielmehr kreisten meine Gedanken weiterhin darum, was aus der „Premium“-Kuh werden würde, die auf dem Podest immer noch zum Verkauf stand bzw. saß.



Ich sah dem Geschehen auf dem Marktplatz weiterhin zu, als ich auf einmal den jungen Mann von vorhin wieder entdeckte.

Er sah zum Podest herauf und kam direkt auf uns zu.

Hatte er tatsächlich Geld von seinen Eltern bekommen und würde mich nun kaufen?

Oder kam er nur, um Herrn El Haji abzusagen, damit dieser mich anderweitig verkaufen konnte?


Der junge Mann, Muhamet, wie er wohl hieß, stieg auf jeden Fall die Stufen des Podests hinauf, wo Herr El Haji ihn bereits erwartete. Auch er hatte Muhamet anscheinend bereits bemerkt. Vermutlich freute er sich bereits darauf, auch seine letzte Sklavin zu verkaufen und damit die Reise nach Sansibar zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

Sie besprachen etwas, das ich nicht verstand, dann gab der junge Mann dem Sklavenhändler ein Säckchen. Was dort drin war, konnte ich mir vorstellen. Der Kaufpreis für die Kuh, die sich immer noch reichlich erfolglos am Rand des Podests versteckte. Auch Muhamet hatte mich sofort „entdeckt“ und blickte mit einem Strahlen zu mir herüber. Ich wurde wohl etwas rot, als ich seinen Blick registrierte.

Anscheinend war sein Bittgang bei seinen Eltern erfolgreich gewesen und er hatte endgültig beschlossen, mich zu kaufen. Das hieß dann wohl auch, dass es nun auch für mich soweit war. Auch ich hatte nunmehr einen neuen Besitzer, einen neuen Herrn, dem ich zu dienen hatte. Ich gehörte nunmehr diesem jungen Mann, ob ich wollte oder nicht. So wie die Kamele dort unten auch irgendjemandem gehörten und diesem zu Dienst sein mussten. Auch die Kamele hatten sich ihren Besitzer wohl nicht ausgesucht. Zumindest Muhamet hatte sich aber auch nicht groß für die Kamele dort unten interessiert, sein Interesse hatte offensichtlich ausschließlich der Kuh gegolten, die immer noch gefesselt hier oben saß…


Herr El Haji blickte in das Säckchen, holte eine Münze heraus und war offensichtlich zufrieden.

Dann klopfte er dem jungen Mann noch auf die Schulter und sie schienen noch ein paar freundliche Worte zu wechseln. Wie zwei gute Bekannte. Oder wie zwei Männer, die gerade ein für beide Seiten gutes Geschäft abgeschlossen hatten.

Über eine dritte Person, die allerdings nicht gefragt worden war.

Der junge Mann strahlte und blickte wieder zu mir herüber.

Ich wusste nicht so recht, ob ich diesen Blick erwidern sollte und so sah ich nur ganz kurz hinüber und senkte dann wieder den Kopf. Irgendwie war mir aber klar, dass mich dieser junge Mann in nächster Zeit noch öfters anblicken würde, ich war ja jetzt seine Sklavin.



Als die Männer ihr Gespräch beendet hatten, kam Herr El Haji zu mir herüber und hieß mich aufzustehen:


„Clara,

ich glaube, Deine Gebete wurden erhört, Muhamet hat Dich tatsächlich erworben.

Das freut mich für Dich.

Wenn Du ihm gehorsam bist, wird er Dich sicher gut behandeln, er ist ein freundlicher junger Mann.

Ganz sicher hättest Du es schlimmer treffen können.

Vielleicht sehen wir uns ja sogar irgendwann einmal wieder, unsere Familien sind wie ich vorher schon gesagt hatte befreundet.

Mache das Beste auf Deinem Schicksal und sei Muhamet eine fleißige und treue Sklavin.

Wie ich schon öfters gesagt habe, ergeht es aufsässigen Sklavinnen nicht gut, ich hoffe wirklich für Dich, dass Dir dies erspart bleibt. Dein Leben wäre wirklich zu schade, um es auf irgendeiner Plantage oder in einem Bergwerk zu vergeuden.

Also sei eine gehorsame Sklavin, dann wirst Du sicher auch gut von Muhamet und seiner Familie behandelt werden.“



Mit diesen Worten zog Herr El Haji mein Kleid nach oben, so dass er wieder meinen nackten Körper sehen konnte. Wiederum schämte ich mich so.

Dann nahm er einen Schlüssel und öffnete das Schloss, mit welchem die Kette zwischen meinem Hals und meinen Händen fixiert war.

Ich konnte endlich wieder meine Hände nach unten nehmen und meine Arme ausstrecken, das tat gut.

Herr El Haji ließ mein Kleid wieder nach unten fallen, mit meinen befreiten Händen konnte ich wieder in die Ärmel des Gewands schlüpfen. Dann nahm Herr El Haji jedoch wieder die Kette und befestigte diese mit dem Vorhängeschloss wieder mit dem Ring an meiner Halsschelle. Zumindest diesmal ohne meine Hände noch zusätzlich daran zu fesseln.

Dann zog er mich an der Kette wie eine Kuh hinüber zu dem jungen Mann, der auf mich wartete.

Er übergab das Ende der Kette an Muhamet und wechselte noch ein paar freundliche Worte mit ihm.

Auch gab er ihm einen Beutel, in welchem sich mein Keuschheitsgürtel und das einzige, was mir noch geblieben war, befand, nämlich mein altes Kleid und die kleine Kette mit dem Elfenbeinamulett. Ich war froh, dass ich den Keuschheitsgürtel nicht wieder anziehen musste.


Muhamet bedankte sich bei Herrn El Haji und sah mir dann in die Augen und strahlte dabei.

Keine Ahnung warum, aber irgendwie konnte auch ich ein kleines Lächeln nicht verhindern. Eine Träne lief mir aus den Augen.

Romantisch war dies nicht gerade, wie eine Kuh angekettet auf einem Podest einer fremden Stadt zu stehen und von einem Mann, dessen Besitz ich nun war, angesehen zu werden.

Und dennoch hoffte ich irgendwie, dass dies der Beginn meines persönlichen Märchens vom Aschenputtel war. Dass dies mein Prinz wäre, der mich aus meinem Elend befreien würde.

Was sollte ich auch anderes tun, als mich an diese naive Hoffnung auf ein glückliches Ende dieses Horrors zu klammern.

Bei diesem Gedanken lief mir eine weitere Träne aus den Augen.


Der junge Mann, Muhamet, bemerkte offensichtlich diese Träne und wischte diese zärtlich mit einem Tuch ab.

Dann sagte er fast schüchtern etwas auf Arabisch, was so etwas wie „Hallo“ hieß. Dazu noch etwas Anderes, das ich aber nicht verstand.

Ich erwiderte den Gruß, so viel Arabisch konnte ich bereits nach ein paar Wochen auf dem Schiff eines arabischen Sklavenhändlers.

Das Niederländisch, das ich auf dem Weg nach Sansibar gelernt hatte, konnte ich nun wohl endgültig wieder vergessen, dieses würde ich wohl nicht mehr brauchen. Stattdessen würde ich wohl in nächster Zeit Arabisch lernen müssen.

Auch die seine anschließenden Worte „Gehen wir“ verstand ich bereits und so folgte ich ihm an der Kette an meinem Halseisen hinunter vom Podest und hinein in mein neues Leben…


130. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 20.03.24 20:56


23. Die müffelnde Kuh


Irgendwie war es ein sehr, sehr seltsames Gefühl, als der junge Mann leicht an der Kette an meinem Halsband zog und mich vom Podest hinabführte.

Einerseits fühlte ich mich erneut wie eine Kuh.
Andererseits war ich doch auch irgendwie froh, bei diesem jungen Mann gelandet zu sein, froh, dass dieser nun mein Besitzer war.

Es hätte wohl viel, viel schlimmer kommen können. Vermutete ich zumindest, wenn ich zum Beispiel an Catharinas Abschied zurückdachte. An die Schläge mit dem Rohrstock, welche sie von ihrem neuen Besitzer gleich zur Begrüßung bekommen hatte. Mit ihr hätte ich nicht tauschen wollen.

Und warum auch immer klammerte ich mich immer noch an die naive Hoffnung, dass nun alles gut werden würde, dass ich das schlimmste überstanden hätte.


Aber zunächst führte dieser junge Mann auch mich wie eine Kuh an der Kette über den Marktplatz.

Leute sahen mich an, irgendwie war mir das sehr unangenehm, obwohl ich diese Blicke von Sansibar bereits zur Genüge kannte.

Zumindest ging Muhamet langsam genug, dass ich ohne Probleme mitkam und nicht an meinem Halseisen gewürgt wurde. Fast schien es, als ob er extra vorsichtig ging, um mir nicht wehzutun.

Auch drehte er sich öfters um, um zu sehen, ob bei mir alles in Ordnung war. Ich war etwas überrascht, so etwas kannte ich bisher nicht. Für Herrn El Haji war es völlig selbstverständlich gewesen, dass ich und die anderen Frauen ihm folgten, egal wie, das war unser Problem gewesen.

Dabei sah Muhamet mir auch jedes Mal in die Augen und strahlte. Und ja, er hatte ein hübsches und sympathisch aussehendes Gesicht, das konnte ich nun aus ungefähr eineinhalb Metern Entfernung noch besser erkennen als zuvor. Irgendwie war es schön, wie er mich anlächelte, sein Lächeln tat meiner geschundenen Seele gut. Ein Mann, der mich anlächelte und mich nicht begaffte und begrapschte, sondern wie einen Menschen ansah, so etwas hatte ich schon lange nicht mehr erleben dürfen.

Ich glaube sogar, ich errötete etwas, jedes Mal wenn er mich strahlend ansah.

Allerdings war es auch so, dass es mir irgendwie peinlich war, nunmehr sein Besitz zu sein und an meinem Halsring angekettet hinter ihm zu herzulaufen. Daher konnte ich seinem Lächeln – so schön es auch war – nicht allzu lange standhalten und senkte den Blick meist ziemlich schnell, nachdem ich ihm in seine braunen Augen gesehen hatte.



Wie gesagt, dieser Gang an der Kette über den Marktplatz war seltsam, irgendwie anders als meine vorherigen. „Schön“ wäre sicherlich das falsche Wort gewesen, aber so unangenehm und schmerzhaft wie die vorherigen war er auch nicht.

Trotzdem beneidete ich etwas die beiden flämischen Brüder, welche zuvor ohne Kette an ihrem Halseisen „frei“ (naja, allerdings auch mit gefesselten Händen) über den Marktplatz gehen konnten.
Warum gönnte mir Muhamet nicht auch diese Freiheit?

Weglaufen hätte ich eh nicht können, wohin auch in dieser fremden Stadt? Hätte ich überhaupt weglaufen wollen, wenn ich es gekonnt hätte?

Seltsamerweise war ich mir dessen momentan gar nicht so sicher.


Allerdings, anscheinend war es hier üblich, dass Sklaven an der Kette vom Sklavenmarkt weggebracht wurden, so war es – bis auf die beiden Flamen – bei allen gewesen, auch bei meinem Bruder, meinem Vater, meiner Mutter, meiner Schwester, Elise, Catharina, Fenja und den sechs Afrikanern.

Ich war nun eine, seine Sklavin, daran gab es keinen Zweifel, egal wie mir der junge Mann in die Augen sah, wenn er sich wieder umdrehte.


Und irgendwie hatte ich mein Dasein als Sklavin schon so halb akzeptiert, was hätte ich auch sonst machen sollen. Bereits in Sansibar hatte ich feststellen müssen, dass niemand kommen würde, um mich zu retten.

Vielleicht würde es mir ja auch – so wie es Herr El Haji gesagt hatte – hier nicht so schlecht gehen. Nur meine Freiheit, die hatte ich verloren, für lange Zeit, vielleicht auch für immer.

Aber vielleicht war es sogar besser, ein unfreies, aber gutes Leben als Sklavin zu haben, denn als freie Frau ein schweres Leben zu haben? Die Schweren des Lebens hatte ich bereits in Hannover kennengelernt, sonst wären wir nicht von dort fortgegangen. Nein, es war bestimmt nicht immer schön gewesen, dass wir jeden Monat aufs Neue sehen mussten, wie wir über die Runden kamen. Und ob uns in Batavia wirklich ein besseres Leben erwartet hätte, war auch in den Sternen gestanden.
Zugegebenermaßen war es vor allem eine Hoffnung gewesen.

Wie auch immer, eine Wahl hatte ich nicht, ich war nun hier in Al Kharsun und musste versuchten, das Beste aus meinem neuen Leben zu machen. Meinem neuen Leben als Sklavin.


Auch das Gefühl, an der Kette irgendwohin laufen zu müssen, kannte ich ja leider bereits zur Genüge, weshalb ich zumindest versuchte, auch diesen peinlichen Gang über den Marktplatz irgendwie mit fast stoischer Gelassenheit zu ertragen. Eine Wahl hatte ich wie gesagt sowieso nicht.

Mit einem Anflug von Sarkasmus dachte ich mir, dass diese Gänge an der Kette immer wieder spannend waren, denn ich wusste nie, wo ich als nächstes hingeführt wurde. Vielleicht zu einem Sklavenmarkt, auf dem ich verkauft wurde, vielleicht zu einem Schiff, das mich nach Arabien brachte, vielleicht zu einem chinesischen Schmied, bei dem ich einen Keuschheitsgürtel angelegt bekam. Schön waren die Ziele jedenfalls meistens nicht gewesen. Eigentlich konnte es fast nur besser werden.


Muhamet führte mich also an der Kette über den Marktplatz. Wir überquerten diesen komplett, dann kamen wir auf der anderen Seite des Platzes zu einem größeren Haus, aus welchem ein angenehmer Duft kam.

Dem Geruch nach war dies ein Badehaus. Fand Muhamet, dass ich zu sehr müffelte? Ein bisschen peinlich war mir dieser Gedanke schon.

Aber Recht hatte er wohl durchaus, seit Sansibar, also schon seit Wochen, hatte ich mich nicht mehr gewaschen. Ein bisschen wunderte es mich fast, dass er für so ein müffelndes Häufchen Elend so viel Geld bezahlt hatte.

Muhamet führte mich um die linke Ecke des Hauses und blieb dort an einem Eingang stehen. Dort stand eine junge arabische Frau und begrüßte Muhamet. Sie trug ein Kopftuch und hatte ein hübsches Gesicht. Die beiden unterhielten sich kurz, aber vermutlich waren sie sich schnell einig, worum es ging: Um die müffelnde Kuh hinter ihm. Wie peinlich.


Muhamet gab der jungen Frau sodann ein Geldstück und das Ende der Kette, an welcher ich hing.

Die junge Frau sagte freundlich etwas zu mir, was ich jedoch nicht verstand.

Dann führte sie mich an der Kette in das Haus, Muhamet blieb draußen.

Drinnen war ich in der Tat in einem Badehaus, in einem arabischen Hamam. Auch innen roch es sehr angenehm in diesem Badehaus. Es gab verschiedene Räume, welche hauptsächlich mit weißen und blauen Fliesen verkleidet waren. Ein sehr schöner, exotischer Ort. Ein ganz klein wenig fühlte ich mich wie in einem Märchen aus 1001er Nacht.

Die junge Frau zog mir mein Kleid aus, meine Fesseln an den Händen und am Hals entfernte sie jedoch nicht. Konnte sie vermutlich auch nicht ohne Schlüssel. Zu wundern schien sie sich auch nicht. Die Kette zu meinem Halsring durfte ich selbst in der Hand halten.

Danach wusch sie mich mit Wasser ab und seifte mich danach mit einer wohlriechenden Lauge ein. Anschließend wurde ich nochmals mit warmem Wasser abgewaschen und abgetrocknet. Auch meine Haare, welche nach der langen Reise schon sehr zerzaust waren, wusch sie mit einer Lauge und kämmte diese anschließend. Vermutlich unnötig zu sagen, dass mir diese Berührungen deutlich lieber waren als das Begrapschen durch die Männer zuvor auf dem Podest.

Besonders gründlich wusch sie meine Stirn und behandelte diese auch zwei oder dreimal mit einer Seife. Anscheinend entfernte sie meine Markierungen dort. Diese hatten ihren Dienst getan. Trotzdem war ich natürlich froh, diese los zu sein. Ob die junge Frau wusste, wofür die beiden Markierungen auf meiner Stirn gestanden hatten? Zumindest bei der einen vermutlich ja, sie sagte aber auch nichts dazu.


Die ganze Prozedur dauerte vielleicht eine halbe Stunde, dann durfte ich mein Kleid wieder überziehen und die Frau führte mich an der Kette wieder hinaus zu Muhamet.

So gewaschen und duftend war ich seit Monaten, seit Hannover nicht mehr gewesen. Und auch dort hatten wir uns einen solchen Besuch im Badehaus nur sehr selten geleistet, dieser war nicht ganz billig und unser Einkommen reichte für solche Vergnügungen eher selten.

Ja, trotz der Handschellen und dem Ring um meinen Hals fühlte ich mich irgendwie gut nach diesem Bad. An diesen Ort würde ich gerne öfters kommen.
Anscheinend war auch Muhamet sehr erfreut, als mich die junge Frau ihm wieder übergab.

Statt einer müffelnden Kuh hatte er nun eine wohlriechende Kuh an seiner Kette. Und vermutlich war die Kuh frisch gewaschen und „abgeschminkt“ auch etwas hübscher als zuvor.

Entsprechend strahlte Muhamet noch mehr als zuvor, als er mich ansah.


Ich bekam wieder ein freundliches „Hallo“ und etwas Anderes, das ich nicht verstand, zugeworfen. Vermutlich war es irgendeine Art von Kompliment gewesen und ich konnte ein kleines Strahlen und eine leichte Röte in meinem Gesicht nicht verhindern.

Vielleicht meinte es dieser junge Mann ja wirklich gut mit mir?

131. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 20.03.24 23:48

Schön das Sie es geniessen kann ein wenig Wellnes zu bekommen.
Intressant glaube so langsam findet Sie sich ab mit dem Sklavenstatus, ist sicherlich auch besser je früher man damit sich arrangiert und sich sogar damit anfreunden kann.
Bin gespannt wie es mit den beiden weitergeht und wie die Zwei die Sprachbarriere überwinden.
132. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 21.03.24 20:22

Zitat
Schön das Sie es geniessen kann ein wenig Wellnes zu bekommen.
Intressant glaube so langsam findet Sie sich ab mit dem Sklavenstatus, ist sicherlich auch besser je früher man damit sich arrangiert und sich sogar damit anfreunden kann.
Bin gespannt wie es mit den beiden weitergeht und wie die Zwei die Sprachbarriere überwinden.


Jepp, ich glaube diese kleine „Wellness-Behandlung“ war ein win-win für beide Seiten. Unsere Clara wurde endlich mal wieder gewaschen und Muhamet freut sich wie man liest wie ein Schnitzel über seine aufgehübschte Sklavin. So eine müffelnde Sklavin nach Hause zu bringen, würde vermutlich auch einen schlechten Eindruck bei seiner Familie hinterlassen. Ich weiß nicht, ob er sich bei seinen Eltern für diese große Ausgabe rechtfertigen muss, aber so kann er diesen vielleicht leichter erklären, warum er einem Sklavenhändler die halben Ersparnisse der Familie ausgehändigt hat .

Vielleicht hat der eine oder andere auch mal wieder eine kleine Parallele bemerkt: Unsere Caro mochte ja auch gerne baden. So oft wie Caro wird Clara aber sicher kein Wellness bekommen. Ich weiß tatsächlich auch nicht, wo die in der arabischen Wüste überhaupt das Wasser herhatten, um sich zu waschen, aber irgendwie haben sie es auf jeden Fall geschafft. In Punkto Körperhygiene waren die Araber den Europäern wohl über Jahrhunderte voraus. Vielleicht war auch das ein Grund, warum Muhamet seine neue Sklavin erst mal unter die Dusche gesteckt hat…

Ja, sicherlich hat Clara ihr Leben als Sklavin halbwegs akzeptiert – etwas Anderes bleibt ihr auch gar nicht übrig.
Vielleicht kann man es sogar „anfreunden“ nennen. Genießen wird sie ihr Sklavendasein wohl nicht. Sie ist durchaus gehorsam (was damals wohl der Normalfall war), weniger aufsässig als beispielsweise Fenja, aber devot ist sie eher nicht. Aber ihr ist wohl bewusst, dass es – nach aktuellem Stand – auch schlechter ginge.

Was ich eigentlich zum Ausdruck bringen wollte:
Bestimmt ging es Sklaven und Sklavinnen manchmal besser als freien Menschen. Für 90% der Bevölkerung bestand das Leben wohl bis ins 20. Jahrhundert hinein auch nur aus Arbeiten von früh bis spät, um am Ende des Tages ein Dach über dem Kopf und ein Brot auf dem Teller zu haben. Dazu vielleicht noch ein paar Kinder in die Welt setzen und freitags/sonntags in die Kirche/Tempel/Moschee gehen und hoffen, dass nicht wieder ein Krieg kommt. Das war’s (nach meiner Vorstellung) für große Teile der Bevölkerung. Und wenn man keine Arbeit hatte, dann waren selbst diese Dinge schwierig (Hänsel und Gretel lässt grüßen). Da hatte es so manche/r Haussklave/in bei einer reichen Familie vermutlich besser, diese mussten sich dann zumindest nicht um ihr täglich Brot sorgen.

Ich bin mir sicher, die beiden werden sich irgendwie „verstehen“. Es dürfte aber klar sein, wer die Sprache des anderen lernt. Eine emanzipierte Beziehung wird das zwischen den beiden ganz sicher nicht werden, diese Geschichte versucht immer noch, halbwegs realistisch zu bleiben…
(wer einen absolut unrealistischen Unsinn lesen möchte, dem seien die Geschichte von den schönen Prinzessinnen Pipa und Bella ans Herz gelegt )
133. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von windelfohlen am 21.03.24 20:45

Das ist dir auf jedenfall gelungen mit dem Aspekt das Sklaverei eine "sicheres" leben ermöglicht, wen kein Krieg kommt, und dann ist aber die Frage wie gut überlebt man als Sklave wen der Krieg ausbricht.

Oh da muss unsere Clara einen sehr guten Eindruck
hinterlassen, wen die hälfte jetzt weg ist vom vermögen.
134. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 21.03.24 21:44

Zitat
Das ist dir auf jedenfall gelungen mit dem Aspekt das Sklaverei eine \"sicheres\" leben ermöglicht, wen kein Krieg kommt, und dann ist aber die Frage wie gut überlebt man als Sklave wen der Krieg ausbricht.

Oh da muss unsere Clara einen sehr guten Eindruck
hinterlassen, wen die hälfte jetzt weg ist vom vermögen.


Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir uns richtig verstanden haben.
Natürlich ist niemand freiwillig Sklave geworden, um ein angenehmeres Leben zu haben. Auch Clara nicht.
Aber wenn man schon mal Sklave/in war (und an dieser Tatsache nichts ändern konnte), so hat vermutlich der ein oder andere Sklave vielleicht auch die Vorteile zu schätzen gewusst (könnte ich mir vorstellen).
Im alten Rom (vermutlich dem Sklavenhalterstaat, der uns kulturell am nächsten steht) könnte vielleicht auch der ein oder andere Sklave in Rom glücklich gewesen sein, nicht wie die jungen freien Römer nach Germanien oder Persien marschieren zu müssen, um dort auf Leben und Tod gegen irgendwelche Barbaren kämpfen zu müssen...
(könnte ich mir vorstellen)

Aber Du hast natürlich auch völlig Recht, wenn die Zeiten schlechter wurden, wurden die Zeiten für Sklaven noch schlechter, diese waren dann die ersten die "über die Wupper" (sorry für die Wortwahl) gingen. Wie gesagt, erstrebenswert war das Leben als Sklave bestimmt nicht, aber aussuchen konnte es man sich in aller Regel nicht. So wie auch Clara sich bestimmt nicht gewünscht hatte, dass ihr Schiff gekapert worden war...

135. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 24.03.24 09:51


24. Die Kuh wird immer hübscher


Muhamet strahlte mich an und nahm dann wieder das Ende der Kette zu meinem Halsring und führte seine nunmehr wohlriechende und frisch gewaschene Kuh weiter.

Wiederum schien Muhamet sehr vorsichtig zu gehen, so dass ich ihm ohne Probleme und ohne schmerzhafte Züge an meinem Hals folgen konnte.
Und fast schien es, als ob er sich nunmehr noch lieber zu mir umdrehte als zuvor. Und ich wurde wieder jedes Mal etwas rot dabei und senkte dann schüchtern den Blick, nachdem ich in seine braunen Augen gesehen hatte.

Wir liefen auch nicht allzu weit. Ein paar Mal bogen wir links und rechts ab, irgendwie hatte ich es mir schon lange abgewöhnt, mir den Weg zu merken, wenn ich an der Kette irgendwohin geführt wurde. Daran ändern konnte ich sowieso nichts.

Zumindest war das letzte Ziel das erste schöne gewesen, an das man mich angekettet geführt hatte.
So wie Muhamet auch der erste Mann gewesen war, der sich mit einem freundlichen Lächeln zu mir umgedreht hatte, während er mich an der Kette geführt hatte.


Nach ein paar Minuten blieben wir vor einer Werkstatt stehen und traten ein.

Wiederum befand ich mich in einer Schmiede.
Allerdings in keiner wie in Sansibar, sondern anscheinend in einer Silberschmiede, denn ich konnte diversen Schmuck aus diesem schönen Metall sehen. Ich kannte Silberschmuck auch aus Hannover, allerdings war dieser zu teuer gewesen, als dass wir uns diesen hätten leisten können. Ich muss zugeben, dass ich aber doch ab und zu einen Blick riskiert hatte, wenn ich in Hannover an einer Silberschmiede vorbeigekommen war. Hübsch sahen die Sachen schon aus.

Meine Mutter hatte von meinem Vater auch einmal eine Silberkette bekommen, damals, als unsere Geschäfte noch besser liefen.

Irgendwie konnte ich mir aber nicht vorstellen, dass ich als Sklavin zur Begrüßung erstmal eine Silberkette bekam.

So naiv war nicht einmal ich.



Tatsächlich begrüßte der Schmied, welcher in der Werkstatt stand, Muhamet und sie beredeten etwas, das ich mal wieder nicht verstand. Offenbar ging es aber wieder um die Kuh hinter ihm.

Es hatte den Anschein, als ob sich die beiden Männer auch schnell handelseinig geworden waren.

Dann nahm Muhamet einen Schlüssel und schloss damit zuerst das Vorhängeschloss an meinem Eisenring und dann diesen selbst auf. Vermutlich hatte er die Schlüssel von Herrn El Haji bekommen.

Es war ein ungewohntes Gefühl, den Ring nicht mehr an meinem Hals zu spüren, musste ich diesen doch seit Sansibar ohne Unterbrechung tragen.

Allzu lange sollte ich diese Befreiung aber auch nicht genießen dürfen.

Der Schmied nahm ein Maßband und legte mir dieses um den Hals.

Unangenehme Erinnerungen an Sansibar wurden in mir wach, auch musste ich daran denken, dass Muhamet meinen Keuschheitsgürtel auch noch dabeihatte. Ob ich diesen nochmals tragen musste? Oder war dieser nun, da ich verkauft war, obsolet?

Ich traute mich nicht zu fragen und die Worte dafür hätte ich auch nicht gehabt, aber dass er diesen mitgenommen hatte, war wohl kein gutes Zeichen.


Ähnlich wie in Sansibar musste ich dann etwas warten. Zumindest diesmal nicht nackt in der Mitte des Raumes.

Der Schmied machte sich ans Werk und einige Zeit später präsentierte er Muhamet sein Werk: Ein silberglänzendes, ungefähr 3 cm breites Halsband.

Ich war mir nicht sicher, ob dieses wirklich aus Silber war, das wäre wohl sehr teuer gewesen.
Eventuell war das Halsband auch aus einem anderen Metall, Kupfer, Bronze oder etwas Ähnlichem und hatte einen silbernen Überzug. Im Grunde war das mir aber auch egal, denn etwas Anderes gefiel mir an dem Halsband ganz und gar nicht:

Nämlich der Ring, der sich vorne an dem Halsband befand. Ein kleiner Ring, wie ich ihn von dem Eisenring, den ich seit Sansibar tragen musste, kannte. Wofür dieser war, wusste ich leider inzwischen zur Genüge. Es war ja gerade erst ein paar Minuten her, dass Muhamet die demütigende Kette von diesem entfernt hatte. Auch schmerzten meine Arme immer noch etwas davon, dass diese den halben Vormittag an diesen gefesselt gewesen waren.

Meine Gefühle waren gespalten. Einerseits wollte ich kein Halsband tragen, egal ob aus Eisen, Silber oder sonst etwas. Andererseits war dieses Halsband sicher schöner und angenehmer zu tragen als der hässliche Eisenring, den ich nun seit Wochen, seit Sansibar tragen musste.

Aber mal wieder war es ja auch nicht so, dass mich irgendjemand gefragt oder ich irgendeine Wahl gehabt hätte.

Muhamet hatte mich gekauft und konnte damit nun bestimmen, ob und was ich um den Hals trug.

Und auch, ob ich nochmals ein Gefängnis über meinem Unterleib tragen müsste. Momentan lag dieses jedenfalls in dem Beutel, welchen Muhamet auf einen Stuhl gelegt hatte.


Der Schmied gab Muhamet das Halsband, dieser hob meine langen Haare hoch und legte mir dieses vorsichtig um den Hals und verschloss dieses mit einem kleinen Schlüssel.

Das Ganze dauerte nur wenige Sekunden, diese genügten jedoch, um mir klarzumachen, dass Muhamet nun mein Herr, mein Besitzer war.

Das Gefühl, eine Metallfessel um meinen Hals zu haben, kannte ich leider bereits allzu gut. Aber wie vermutet fühlte sich dieses Halsband doch etwas besser an als der Eisenring. Das Band lag fest um meinen Hals, allerdings auch nicht so fest, dass es mir die Luft genommen hätte.

Der Druck an meinem Hals war jedoch ausreichend, um mich nunmehr ständig an meine Situation als Muhamets Sklavin zu erinnern.

Ich musste zugeben, dass auch dieser Schmied – ebenso wie der in Sansibar – seit Handwerk verstand, das Halsband passte wohl nahezu perfekt.

So wie ein Halsband wohl liegen muss, um einer Sklavin allzeit ihren demütigenden Status als Eigentum ihres Herrn zu vergegenwärtigen.

Zu meiner Überraschung schloss Muhamet dieses jedoch nach der Anprobe wieder auf und gab es dem Schmied zurück. Sie unterhielten sich kurz, dann begann der Schmied damit, in das Halsband noch arabische Schriftzeichen einzugravieren, welche ich jedoch nicht lesen konnte.

Ich konnte mir jedoch denken, was diese bedeuteten. Viel hatte ich von der Unterhaltung nicht verstanden, jedoch hatte der Schmied Muhamet irgendetwas mit „Sklavin“ gefragt und dieser hatte irgendetwas mit „Clara“ und „Muhamet Chersoni“ geantwortet.

Also vermutlich würde auf dem Halsband in Kürze nun mein Name und der meines neuen Besitzers stehen.

Das war wieder einer dieser Momente, in denen ich mich vor Scham zu gerne in Luft aufgelöst hätte. Und es bedauerte, dass ich kurze Zeit später immer noch da war.

Nein, dieses Halsband war kein Liebesbeweis wie die Silberkette, die meine Mutter damals von meinem Vater bekommen hatte. Dies war ein Kontrollwerkzeug, eine Plakette, auf der jeder Mann und jede Frau der Stadt lesen konnte, dass ich eine Sklavin war und nun Muhamet gehörte. Eine Versicherung, dass ich – sollte ich auf die Idee kommen wegzulaufen – als Sklavin identifiziert und zu meinem Besitzer zurückgebracht werden konnte.

Muhamet hatte mich nicht gekauft, um mich zu befreien. Von diesem naiven Tagtraum musste ich mich spätestens jetzt verabschieden.

Er hatte mich gekauft, damit ich ihm als seine Sklavin diente.

In diesem Moment beneidete ich meine Mutter, welche das Glück gehabt hatte, einen Ehemann zu haben. Von Gleichberechtigung konnte man bei meinen Eltern zwar beim besten Willen nicht reden, aber zumindest war meine Mutter nicht das Eigentum meines Vaters, so wie ich jetzt Muhamets Eigentum war.

Erst jetzt gehörte sie, ebenso wie meine Schwester, einem fremden Mann. Ebenso wie mein Vater und mein Bruder. Und ich. Wie furchtbar.



Entsprechend fühlte ich mich elend, während der Schmied seine Gravurarbeiten ausführte und Muhamet ihm interessiert dabei zusah.

Ich war ein Aschenputtel - und würde es auch bleiben.

Ich überlegte, ob ich vielleicht die Augen schließen sollte, um mir diesen Anblick zu ersparen. Aber das hätte die Sache nicht besser gemacht. Tatsächlich konnte auch ich meine Augen nicht von dem Schmied abwenden, während dieser meine Demütigung vollendete.

Als der Schmied mit der Gravur fertig war, gab er das Halsband erneut an Muhamet und dieser legte mir dieses erneut um den Hals und verschloss dieses wiederum. Nunmehr endgültig.

Klick.

Mein neuer Besitzer sah sich das Halsband nochmals genau an und war anscheinend zufrieden. Er befühlte nochmals sowohl das Metall als auch meinen Hals und strahlte wieder übers ganze Gesicht. Vermutlich war er sehr glücklich, dass ich nun sein Besitz war und dies nun auch jeder lesen konnte.

Meine Freude hielt sich dagegen in Grenzen. Dieses Halsband war das demütigende Symbol für meinen Status als Sklavin.

Der Schmied gab mir dann eine Art Spiegel, so dass auch ich sehen konnte, was nunmehr meinen Hals zierte.

Ich hatte das Gefühl, dass der Schmied fast ein wenig stolz auf sein Werk war.

Zugegebenermaßen sah das Halsband mit seinem Silberglanz nicht schlecht aus. Egal ob es ganz oder nur teilweise aus Silber war, würde Muhamet ein kleines Vermögen dafür ausgeben. An den Seiten befanden sich die arabischen Schriftzeichen, diese sahen eigentlich sehr hübsch aus, aber der – vermutliche – Inhalt war natürlich in höchstem Maße erniedrigend. Auch auf den kleinen Ring vorne und das Schloss auf der Rückseite hätte ich gerne verzichten können.

In gewisser Weise war das Halsband auch ein Symbol, dass ein neuer Abschnitt in meinem Leben begann. Ich war nunmehr nicht mehr im Besitz des Sklavenhändlers, sondern im Besitz des jungen Mannes, ich war nun Muhamets Sklavin, nicht mehr die von Herrn El Haji. Das konnte nunmehr wohl auch jeder lesen, der das Halsband genauer betrachtete.

Ob auch mein Leben nun zumindest etwas schöner werden würde, so wie das Ding um meinen Hals?

Das stand in den Sternen, aber ich hoffte es irgendwie.

Das silberglänzende Halsband war jedenfalls ein Schmuckstück und gleichzeitig ein Kontrollwerkzeug, eine Fessel und eine Demütigung. Zumindest eine schönere als der Eisenring zuvor.


Die Kuh wurde immer hübscher. Und blieb doch eine Kuh.


Muhamet bedankte sich bei dem Schmied und gab diesem ein paar Münzen für seine Arbeit. Wie viele genau konnte ich nicht sehen und wollte ich eigentlich auch gar nicht wissen. Die Kuh wurde nicht nur immer hübscher, sondern auch immer teurer. Dann steckte er meinen alten Eisenring in den Beutel zu dem Keuschheitsgürtel und verband die Kette nunmehr mit meinem neuen silbernen Halsband.

Dieses sah schöner aus, erfüllte aber genauso seinen Zweck, mich als Sklavin herumzuführen.

Als erstes führte mich mein neuer Besitzer zurück auf die Straße.

Obwohl Muhamet wieder sehr vorsichtig war und nur ganz sanft an der Kette zog, schauderte mir trotzdem bei dem Gedanken, dass er mich nun mittels meines neuen Halsbands überall hinbringen konnte, egal ob ich wollte oder nicht.

Und ganz sicher hatte mich Muhamet nicht nur deswegen für viel Geld gekauft, um mich im Badehaus waschen zu lassen.

Was er wohl mit mir vorhatte?



Wir gingen zurück auf den Marktplatz und bogen dann nach rechts in eine Gasse ein. Vielleicht die gleiche Gasse, durch welche zuvor meine Mutter und Veronica verschwunden waren.

Ich war doch froh, als wir in diese Gasse einbogen. Zum einen war es hier schattig und damit nicht mehr so heiß wie auf dem Marktplatz, zum anderen standen hier nicht mehr so viele Leute herum, die mich neugierig betrachteten. Auch frisch gewaschen und mit einem neuen Halsband schämte ich mich noch immer, wie eine Kuh an der Kette über den Marktplatz geführt zu werden.

Wiederum war es so, dass Muhamet sich öfters zu mir umdrehte und seine duftende und nunmehr auch noch mit einem silbernen Halsband aufgehübschte Kuh anstrahlte.



Nach ein paar hundert Meter bog Muhamet dann nach rechts in eine Gasse ab und dann nochmals nach links in eine weitere Gasse. Jedenfalls vermutete ich das, genau aufgepasst hatte ich mal wieder nicht. So wie sich eine Kuh ja auch nicht den Weg zum Markt oder vom Markt zu ihrem neuen Eigentümer (oder zum Schlachthof?) merken muss.

Dann blieb Muhamet vor einem Haus stehen.

Er sagte erneut etwas, das ich nicht verstand und strahlte mich wieder an. Vermutlich wollte er sagen, dass dies sein Zuhause war.

Und auch mein künftiges Zuhause.

136. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 26.03.24 19:05

25. Das neue Zuhause, Teil 1


Wir standen also vor einem Haus in der Altstadt von Al Kharsun. Kein Palast, aber das Haus machte einen gepflegten Eindruck.

Muhamet klopfte und einen Moment später öffnete uns eine Frau mit Kopftuch und begrüßte ihn herzlich. Dem Aussehen nach war dies seine Mutter.
Dann warf sie auch mir einen interessierten Blick zu. Vermutlich war sie auch neugierig, wofür ihr Sohn zuvor so viel Geld von seinen Eltern erbeten hatte.

Wieder wäre ich zu gerne im Boden versunken, wie ich so angekettet vor ihr stand. Auch wenn ich nicht freiwillig hier war, so schämte ich mich doch irgendwie für meine Situation. Zumindest müffelte ich nicht mehr so wie zuvor und der demütigende rote Punkt auf meiner Stirn war zum Glück auch weg.

Muhamets Mutter warf mir jedoch einen freundlichen Blick zu und sagte etwas wie „willkommen“.

Ich antworte schüchtern auf Arabisch „Guten Tag“, viel mehr konnte und auch wollte ich momentan nicht sagen.

Dann traten wir in mein neues Zuhause ein.


Muhamet entfernte auch die Kette an meinem neuen Halsband, anscheinend war er der Ansicht, dass diese hier nicht mehr notwendig war. Meiner Meinung nach wäre diese eigentlich von Anfang an nicht notwendig gewesen, aber das traute ich mich nicht zu sagen, abgesehen davon, dass ich eh nicht gewusst hätte, wie ich dies auf Arabisch hätte sagen sollen. Auch die Schellen um meine Hände entfernte er, sodass ich „nur noch“ das neue Halsband trug.

Tatsächlich konnte ich mein Glück kaum fassen, endlich diese demütigenden Handschellen los zu sein. Das erste Mal seit Sansibar, eigentlich seit dem Überfall vor Lydsaamheid waren meine Hände wieder frei von irgendwelchen Fesseln. Vielleicht war heute doch mein Glückstag.

Meine naive Hoffnung, dass er mir vielleicht auch noch das Halsband abnehmen würde, erfüllte sich jedoch nicht. Dieses blieb fest um meinen Hals.
Mir war auch nicht entgangen, dass Muhamets Mutter dieses betrachtet und den dort eingraviert Text gelesen hatte. Ich kann kaum beschreiben, wie unangenehm mir dies war. Vorstellen musste ich mich vermutlich nicht mehr, sie wusste nun ja bereits wie ich hieß. Und dass ich die Sklavin ihres Sohns war.

Warum konnte ich mich nicht einfach in Luft aufzulösen?


Da mir dieser Wunsch einmal mehr verwehrt blieb, sah ich mich ein wenig um.

Als erstes konnte ich erkennen, dass das Haus einen Innenhof hatte, in diesem stand eine Palme und unter dieser eine Bank. Ein hübscher Ort.

Keine Ahnung, was mich hier noch erwarten würde, aber irgendwie war dieser Ort ein angenehmer Kontrast zu all den schrecklichen Plätzen, welche ich in den letzten Wochen gesehen hatte – das Deck unseres Segelschiffes in Ketten, dann die Steinhalle in Sansibar, die Schmiede dort, die Gefängniszelle auf dem Boot des Sklavenhändlers, das Podest auf dem Marktplatz von Al Kharsun.
Dagegen machte dieser Ort einen idyllischen und friedlichen Eindruck. Wiederum hoffte ich, dass ich den schlimmsten Teil dieses Horrors hinter mir hatte und mein Leben nun zumindest ein klein wenig besser werden würde.


Wir gingen durch den Innenhof und dann nach rechts und kamen in eine Küche.

Zu meiner Überraschung war dort auch gerade eine schwarze Frau am Arbeiten, vermutlich eine weitere Sklavin der Familie. Sie trug ebenfalls ein silberfarbenes Halsband, so wie ich nun. Auch an ihrem Halsband waren auf der Seite arabische Schriftzeichen eingraviert. Lesen konnte ich diese nicht, aber ich konnte mir denken, was diese hießen. Auch an dem Halsband der schwarzen Frau war vorne ein Ring befestigt, so dass man auch diese Frau so wie mich an eine Kette hätte fesseln können.

Weitere Fesseln an den Händen oder Füßen konnte ich aber nicht erkennen, sie konnte sich frei bewegen. Dennoch war auf den ersten Blick klar, dass sie eine Sklavin war. So wie ich nun auch.


Die schwarze Frau war groß gewachsen und ein paar Jahre älter als ich, vielleicht Mitte oder Ende 30.

Sie begrüßte mich und stellte sich als Zuri vor. Ich grüßte zurück und versuchte zu sagen, dass ich Clara hieß. Für viel mehr reichte mein Arabisch nicht, abgesehen davon, dass ich ungern gleich meine ganze Leidensgeschichte von Lydsaamheid bis hierher erzählt hätte.

Es war aber sofort klar, dass wir nunmehr Kolleginnen, Leidensgenossinnen waren.

Zuri machte auch einen sympathischen und zufriedenen Eindruck, trotz des demütigenden Metallbands um ihren Hals. Vermutlich war ihr bewusst, dass es ihr hier in diesem Haushalt besserging als vielen anderen Afrikanerinnen, welche für Europäer, Araber oder Inder auf deren Plantagen schuften mussten. So sah es zumindest auf den ersten Blick aus.

So wie sie mit Muhamet und dessen Mutter sprach, hatte ich das Gefühl, dass sie in gewisser Weise schon zum „Inventar“ des Hauses gehörte. Was genau sie sprachen, konnte ich jedoch nicht verstehen, Zuri schien perfekt Arabisch zu sprechen.
Vermutlich würde auch mein Arabisch in ein paar Monaten besser sein als heute, denn hier gab es ganz offensichtlich niemanden, der deutsch sprach und ob und wann ich meine Familie wieder treffen würde, war doch sehr ungewiss.

Ich muss aber zugeben, dass ich zumindest die leise Hoffnung hatte, diese irgendwann wiederzusehen. Meine Schwester und meine Mutter wohnten nun vermutlich gar nicht weit weg von hier und falls Muhamet es wirklich gut mit mir meinte, würde er mir vielleicht eines Tages den Wunsch erfüllen, diese wiederzusehen. Hoffentlich.

Hier in meinem neuen Zuhause wurde jedenfalls Arabisch gesprochen.

Wahrscheinlich hätte ich mich Zuri auch gar nicht vorstellen müssen, wahrscheinlich hatte auch sie bereits meinen Namen und meinen Status lesen können.

Ich überlegte, warum Muhamet mich gekauft hatte, obwohl die Familie doch bereits eine Sklavin hatte. Vielleicht hatte die Familie beschlossen, dass nunmehr auch Muhamet eine eigene Haussklavin bekommen sollte? Vielleicht war er deswegen zum Sklavenmarkt gegangen um dort eine afrikanische Sklavin wie Zuri zu kaufen. Vermutlich hatte er genug Geld für eine afrikanische Sklavin dabeigehabt.


Aber dann… naja, dann hatte er mich gesehen und … naja, irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Muhamet sich nicht mehr für die afrikanischen Sklavinnen interessiert hatte, obwohl es ja zu diesem Zeitpunkt noch vier durchaus hübsche Afrikanerinnen, sogar mit rotem Punkt, zu kaufen gegeben hätte… Diese wären vermutlich deutlich billiger als ich gewesen… Und für die anderen Europäerinnen auf dem Podest hatte er sich genauso wenig interessiert…

Es war kaum zu übersehen gewesen, er wollte mich. Mich oder keine…


Naja, der Rest ist Geschichte und da war ich nun in meinem neuen Leben als Muhamets Sklavin hier in diesem Haus…

137. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 28.03.24 00:53

Herzlich willkommen im neuen Zuhause und neuem Leben liebe Klara. Ich bin gespannt wie dein Leben als Sklavin weitergeht. Vom ersten Eindruck her hab ich das Gefühl du hast mit deinem Besitzer Glück gehabt ich bete und drücke die Daumen das ich mich nicht täusche
138. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 30.03.24 19:53

26. Das neue Zuhause, Teil 2


Ein bisschen stand ich wie bestellt und nicht abgeholt in der Küche. Da war ich also nun, Muhamets neue Sklavin. Und nun?

Würde ich nun meine ersten Befehle erhalten? Welche Arbeit sollte ich als erstes erledigen?

Vermutlich sah ich etwas betreten drein. Ich wartete auf meine ersten Befehle, aber eigentlich war ich müde und durstig. Und meine Familie, Fenja, Elise und Catharina vermisste ich auch schon. Ich fühlte mich allein, obwohl wir zu viert in diesem Raum standen. Dieser Morgen war wirklich schwer für mich gewesen, vor allem emotional.

Ich dachte zurück, es war erst ein paar Stunden her, dass ich auf dem Schiff des Sklavenhändlers hier im Hafen dieser Stadt angekommen war. Dann der Marsch in der Sklavenkarawane hier herauf, das angekettet werden auf dem Marktplatz, all die fremden Männer, die mich auf dem Podest begafften und begrapschten, dann das erste Mal, dass ich Muhamet gesehen hatte, der Horror wie meine Familie und meine Mitreisenden nacheinander verkauft wurden, der Moment, als meine Mutter und meine Schwester in einer Gasse dieser Stadt verschwanden, das Hoffen und Bangen, ob Muhamet wiederkommen würde, unser seltsamer Gang über den Marktplatz, seine strahlenden Blicke, das wohltuende Bad, das neue Halsband, der erste Kontakt mit seiner Mutter und Zuri…

Und nun?

Ich war wohl einfach kaputt.

Fast bemitleidete ich Muhamet ein wenig, dass er für so ein Häufchen Elend so viel Geld bezahlt hatte. Als Kaufmannstochter hatte ich das Gefühl, dass Muhamet eine Fehlinvestition getätigt hatte, dass ich den Preis bei weitem nicht wert war, den für mich bezahlt hatte. Vielleicht hätte er mehr für sein Geld bekommen, wenn er doch eine der Afrikanerinnen oder eines der anderen europäischen Mädchen gekauft hätte.

Gerade weil ich Muhamet irgendwie mochte, tat es mir für ihn leid, dass er so ein schlechtes Geschäft gemacht hatte. Ich hätte nicht gewusst, was ich hätte tun sollen, um den hohen Preis, den er für mich bezahlt hatte, auch nur annähernd wieder reinzuarbeiten.

Insbesondere jetzt nicht, ich war so müde.

Wie gerne wäre ich jetzt Dornröschen gewesen. Dann hätte ich mich hingelegt und hätte hundert Jahre geschlafen, hätte eine Dornenhecke um mich herum wachsen lassen können, bis mich irgendwann ein Prinz erlöst hätte.

Nur war ich leider keine Prinzessin, sondern nunmehr eine Sklavin.

Und von einem Prinzen, der mich aus meinem Elend erlöst hätte, konnte ich nur träumen.

Ja, Muhamet war gut zu mir. Aber das Metallband um meinen Hals machte mir doch klar, dass er mein Herr und nicht mein Prinz war.


Vermutlich bemerkten auch die anderen, wie kaputt und emotional erschöpft ich war. Zuri bot mir ein Glas Wasser und ein paar Datteln an. Das war wirklich sehr freundlich und ich nahm beides gerne an. Schüchtern brachte ich ein „shoukran“ (Danke) heraus, eines der Wörter, die ich in den letzten Worten auf dem Schiff des arabischen Sklavenhändlers gelernt hatte. Nicht, dass sich dort jemand bei mir bedankt hätte, aber es war von mir erwartetet worden, dass ich mich regelmäßig bedankte, zum Beispiel, wenn die Helfer des Sklavenhändlers uns erlaubten, eine Arbeit zu beenden oder eine Pause einzulegen.

Auch bei anderen Worten und Phrasen wie „bitte“, „Entschuldigung“, „Guten Morgen“, „Guten Appetit“ etc. war die Kommunikation auf der Dhau doch recht einseitig gewesen. Zumindest hatte ich so schon einen kleinen Grundstock an arabischen Wörtern für meinen Dienst als Sklavin hier erlernt.

Datteln hatte ich das erste Mal bei unserem Stopp in Merka kennengelernt. Diese waren wirklich sehr lecker, sehr süß und schmeckten fast wie Honig. Auch ein Fladenbrot, vielleicht von ihr selbst gebacken, bot mir Zuri an. Auch dieses war unglaublich lecker. Obwohl ich hundemüde war, hatte ich irgendwie doch Hunger. Viel hatte ich heute noch nicht gegessen und dieser Tag, der noch nicht einmal vorbei war, war wirklich sehr anstrengend für mich gewesen.

Ich war wirklich sehr erstaunt, ich hatte wirklich das schlimmste erwartet, als man mich an der Kette vom Hafen herauf zum Marktplatz geführt hatte.
Aber nun wurde ich erst mal wie ein Gast und nicht wie eine Sklavin behandelt. Zumindest fast, ein Gast würde natürlich kein verschlossenes Metallband mit seinem Namen um den Hals tragen.
Auch dass Muhamet mich weiterhin mit einem Strahlen ansah, konnte ich irgendwie noch nicht begreifen.

Nachdem ich gegessen und getrunken hatte, sagte Muhamet etwas zu mir, was ich aber nicht verstand. Dann nahm er meine Hand und führte mich aus der Küche hinaus. Ja, wirklich, er nahm mich an der Hand, nicht an einer Kette an meinem Halsband, wie alle anderen arabischen Männer zuvor.

Ich konnte sowieso kaum ein Wort Arabisch, aber nun war ich wirklich sprachlos.

Ich wusste nicht, wie mir geschah.


Er führte mich aus der Küche heraus und dann eine Treppe hinauf in den ersten Stock des Hauses. Auf der vom Eingang aus gesehen linken Seite gab es eine kleine Kammer. Groß war diese nicht, darin stand ein Bett und eine Kommode. Allerdings besaß ich nichts mehr, was ich dort hätte hineintun können. Auch ein Fenster gab es, allerdings mit einem Gitter. Immerhin, ein Bett, eine Decke und ein Kissen, ein Luxus, wie ich ihn schon seit Hannover nicht mehr gehabt hatte. Meine Kammer in Hannover war etwas größer gewesen, allerdings hatte ich diese mit meiner Schwester teilen müssen. Und natürlich kein Vergleich mit der Strohmatte in unserer Gefängniszelle auf dem Schiff, die ich erst vor ein paar Stunden verlassen hatte.

Im Vergleich dazu war dies hier fast das Paradies auf Erden.

Der Tag, welcher so schrecklich begonnen hatte, bekam auch immer mehr Lichtblicke.

Muhamet hatte wohl bemerkt, wie müde ich war. Er streichelte mir nochmals übers Gesicht, sagte etwas, was ich leider wieder nicht verstand und ging dann. Er schloss die Tür, verschloss diese nicht, obwohl die Türe auch ein Schloss hatte.
Das erste Mal seit Sansibar war ich nicht eingesperrt, was für ein schöner Tag.

Ich zog mich aus und legte mich hin. Es war ein unglaubliches Gefühl, wieder in einem Bett zu liegen, noch dazu auf festem Grund. So dauerte es auch nur wenige Minuten und ich war eingeschlafen…




Irgendwann klopfte es an der Tür und Zuri kam herein.

Ich war noch schlaftrunken und musste mich erst einmal orientieren.

Einen Moment wunderte ich mich tatsächlich, ich war tatsächlich in einem Bett und nicht auf einer Strohmatte aufgewacht. Allerdings immer noch als Sklavin, immer noch in Gefangenschaft, auch wenn die Türe anscheinend nicht abgesperrt gewesen war.

Draußen war es noch hell, vermutlich war es erst späterer Nachmittag, vermutlich hatte ich zwei oder drei Stunden geschlafen. Gut geschlafen, vermutlich so gut wie seit Lydsaamheid nicht mehr.


Ich zog wieder mein Kleid an und folgte Zuri.

Dabei betrachtete ich auch ihr Halsband und die Inschrift dort etwas genauer. Allerdings konnte ich nichts entziffern, die arabische Schrift war mir noch unbekannter als die arabische Sprache. Vermutlich würde sich auch dies bald ändern.

Ich fasste mir auch an den Hals und befühlte mein eigenes Halsband. Ohne Zweifel war dieses etwas angenehmer als der Eisenring, allerdings saß dieses genauso fest verschlossen um meinen Hals.

Mit etwas Wehmut dachte ich daran, dass ich das Halsband ebenso wenig ablegen konnte wie meinen Status als Sklavin. Für beides bräuchte ich die Zustimmung meines neuen Herrn, Muhamet. Allerdings hatte dieser für beides heute Vormittag viel Geld bezahlt, daher war es doch sehr wahrscheinlich, dass ich sowohl das Halsband als auch den Sklavinnenstatus noch sehr, sehr lange ertragen musste.

Vielleicht für den Rest meines Lebens, so wie Zuri, die vor mir ging.


Zunächst machte diese mit mir einen kurzen Rundgang durchs Haus. Dieses war sehr schön eingerichtet. Es gab diverse Zimmer, welche sie mir jedoch noch nicht alle zeigte. Es gab unter anderem einen Salon, ein großes Esszimmer, ein großes Schlafzimmer, vermutlich für die Hausherren, zwei weitere große Schlafzimmer, vermutlich für Muhamet und noch jemand anderen, eine Kammer für Zuri, ein Gästezimmer und eine Art Waschküche. Insgesamt ziemlich viele Räume, von außen hatte das Haus gar keinen so großen Eindruck gemacht. Und anscheinend gehörte dieses ganze Haus den Chersonis, ich war doch etwas beeindruckt. Die Familie schien recht wohlhabend zu sein. Sonst hätte sie mich vermutlich auch nicht kaufen können. Ein „Schnäppchen“ war ich bestimmt nicht gewesen. Im Gegenteil, vermutlich hatte Herr El Haji für mich einen Wucherpreis aufgerufen, den ich niemals wieder reinarbeiten konnte.


Danach gingen wir in die Küche. Anscheinend war es an der Zeit, das Abendessen zuzubereiten und so half ich ihr, soweit ich konnte. Nicht dass ich nicht hätte kochen können. Auf dem Schiff des Sklavenhändlers hatte ich ja bereits seit Wochen „Küchendienst“ geleistet und auch zuhause in Hannover – in meinem alten, unwiderruflich vergangenen Zuhause - hatte ich seit meiner Kindheit zusammen mit meiner Mutter und meiner Schwester die Hausarbeit erledigt. Aber hier wusste ich zum einen nicht, was wir überhaupt zubereiteten, noch wo all die benötigten Dinge waren und auch war die Kommunikation mit Zuri etwas schwierig, denn viel Arabisch verstand ich noch nicht.

Zuri hatte jedoch eine Engelsgeduld und versuchte mir zu erklären, was ich tun sollte. Auch die arabischen Begriffe für die Lebensmittel, Werkzeuge und diverse andere Dinge teilte sie mir immer wieder mit, bis ich mir diese irgendwann merken und aussprechen konnte. Fast schien es, als ob sie auch froh wäre über die Gesellschaft, über eine Mitsklavin, auch wenn diese ca. 15 Jahre jünger war als sie selbst und noch nicht viel von dem verstand, was sie sagte. Aber das würde sich vermutlich ändern. Ob sie sich auch manchmal allein fühlte, so wie zuvor?

So bereiteten wir gemeinsam ein Abendessen vor. Muhamet sah mal kurz in der Küche vorbei, nicht ohne mich dabei anzulächeln (er warf aber auch Zuri einen freundlichen Gruß zu). Er blieb aber nur kurz, anscheinend hatte er noch anderes zu tun.

Vermutlich hatte ich Zuri mehr behindert als geholfen und war die meiste Zeit im Weg herumgestanden, aber irgendwann war das Abendessen dann doch fertig und wir brachten dieses in den Speisesaal des Hauses. Dieser war nicht luxuriös, aber doch geschmackvoll eingerichtet. Möbel aus Tropenholz standen an den Seiten und auf dem Boden befanden sich Teppiche, welche vermutlich auch nicht ganz billig gewesen waren.

An einem großen Tisch aus dunklem Edelholz saßen bereits Muhamet, seine Mutter, eine junge Frau und ein weiterer Mann zu Tisch. Die junge Frau war vermutlich seine Schwester und der Mann sein Vater. Letzterer machte durchaus auch einen angenehmen Eindruck, er war nicht besonders groß, nur ein paar Zentimeter größer als wie ich, hatte dunkle Haare und einen Bart. Seine Schwester – vermutlich war diese zwei, drei Jahre jünger als er – warf mir einen freundlichen Gruß zu, betrachtete mich aber auch neugierig.

Ich war doch etwas nervös. Vermutlich war dies der Mann, der Muhamet einige weitere Goldstücke gegeben hatte, damit er mich kaufen konnte. Damit ich heute hier war. Ein guter Freund von Herrn El Haji, weswegen dieser heute viele Interessenten an mir heute abgewiesen hatte. Sehr viele. Vielleicht wäre ich sonst an einem angenehmeren Ort gelandet, höchstwahrscheinlich aber nicht. Irgendjemand hätte mich gekauft, wenn nicht Muhamet, dann jemand anders, das war offensichtlich gewesen. Vielleicht hätte mich dann der grausame ältere Herr erworben, der sich dann letztlich für Catharina entschieden hatte, dachte ich mit einem Schaudern. Ich erinnerte mich daran, dass dieser durchaus an mir interessiert gewesen war. Auch an das Kopfschütteln von Herrn El Haji erinnerte ich mich noch gut. In diesen Minuten hätte mein Schicksal wirklich einen ganz anderen Weg nehmen können. Vielleicht musste ich Muhamets Vater dankbar sein, dass ich heute hier war?

Der Mann begrüßte mich ebenfalls freundlich und betrachtete mich auch interessiert. Vermutlich wollte auch er wissen, wofür sein Sohn so viel Geld ausgegeben hatte. Irgendwie war mir das peinlich. Genauso wie das silberne Halsband, das mich sofort als Muhamets Sklavin identifizierte.

Aber letztlich war ich das ja auch.

Muhamets Vater fragte seinen Sohn diverse Dinge, vermutlich ging es um mich, denn sie sahen immer wieder zu mir herüber. Ich verstand allerdings kein Wort von dem, was sie sprachen.

Vielleicht kritisierte Muhamets Vater seinen Sohn, dass er viel zu viel Geld für mich ausgegeben hatte? Dass er mich zu Herrn El Haji zurückbringen und sein Geld zurückfordern sollte?
Vermutlich waren Sklaven und Sklavinnen vom Umtausch ausgeschlossen. Aber nachdem Herr El Haji anscheinend ein Freund von Muhamets Vater war, würde er vielleicht eine Ausnahme machen. Gerade, weil Herr El Haji mich sicherlich noch weiterverkaufen könnte, genügend andere Interessenten hatte es gegeben. Vielleicht würde sogar der grausame ältere Herr mich noch nehmen? An Geld schien es diesem nicht gemangelt zu haben.

Ich muss zugeben, dass ich bei diesem Gedanken etwas Angst bekam. Nein, es war bestimmt nicht schön, als Sklavin mit einem silbernen Metallband um den Hals hierzustehen. Aber zurück zum Sklavenmarkt, um dort erneut, an jemand anders verkauft zu werden, wollte ich auch nicht. Besser würde es woanders bestimmt nicht werden, im Gegenteil. Irgendwie mochte ich Muhamet und Zuri schon, ungern hätte ich zu diesen bereits heute wieder „Lebewohl“ gesagt.

Ich sandte ein kleines Gebet zum Himmel, dass mir dies erspart bleiben würde.

Aber anscheinend war das Gespräch nicht so negativ wie ich befürchtete, denn Muhamets Vater sah zufrieden zu mir herüber, während Muhamet selbst immer noch genauso strahlte wie zuvor, wenn er mich ansah.

Vermutlich durfte ich doch hierbleiben.


Nach einer Weile bedeutete mir Zuri dann, dass wir gehen sollten und die Herrschaften in Ruhe essen lassen sollten. Vielmehr brachten wir der Familie dann noch einen zweiten Gang und danach ein Dessert und Tee hierzu.

Es war kaum zu übersehen, dass Muhamet mich jedes Mal anlächelte, wenn ich hereinkam, während seine Eltern und seine Schwester mich neugierig, aber nicht unzufrieden musterten.

Zuri brachte mir auch bei, dass ich beim Bedienen eine kleinen Knicks und eine kleine Verbeugung vor den Herrschaften machen sollte. Das war tatsächlich auch nichts neues, auch die Sklavenhändler hatten auf dem Schiff auf diesen unterwürfigen Gesten bestanden.

Nachdem wir auch die Teller des Desserts abgeräumt hatten, bedeutete mir Zuri, dass wir nun auch essen könnten. In der Tat war ich auch langsam hungrig geworden, wie ich die ganze Zeit den Chersonis die Speisen serviert hatte ohne selbst davon etwas zu essen.

Zum Glück war aber auch noch genug übrig, sodass wir auch mehr als satt wurden. Auch wenn wir auf dem Schiff bestimmt unser Bestes getan hatten, mit unseren begrenzten Möglichkeiten jeden Tag etwas Vernünftiges zuzubereiten, so war dieses Abendessen doch kein Vergleich dazu. Von dem eintönigen Essen zwischen Amsterdam und Lydsaamheid ganz zu schweigen. Und von den Piraten hatten wir sowieso nur irgendetwas zu essen bekommen, damit wir die Strapazen bis Sansibar irgendwie überlebten und sie uns dort verkaufen konnten.

Anschließend mussten wir die Küche aufräumen und die Sachen abspülen. Ja, es gab viel zu tun, aber wirklich erstaunlich war dies auch nicht. Auch auf der Fahrt auf der Dhau ging die Arbeit, welche uns die Sklavenhändler auftrugen, nicht aus. Und auch in Hannover hatten wir uns keine Magd leisten können, welche uns diese Arbeiten abgenommen hätte, so waren auch dort diese immer an uns hängen geblieben.

Vermutlich gingen diese Arbeiten zu zweit aber auch schneller als wenn Zuri diese – wie bisher – hätte alleine machen müssen und so waren wir irgendwann auch fertig und hatten noch Zeit, uns zu unterhalten. Naja, „unterhalten“ war vielleicht das falsche Wort, im Wesentlichen war dies ein erster Arabischkurs, denn Zuri versuchte mich erstmal dorthin zu bringen, dass wir uns überhaupt unterhalten konnten. So blieb diese Unterhaltung heute auch recht oberflächlich, auch wenn es bestimmt viel gegeben hätte, was wir uns hätten erzählen können.

Nichtsdestotrotz verstanden wir uns von Anfang an. Vielleicht weil geteiltes Leid halbes Leid ist? Natürlich wünschten wir beide der jeweils anderen kein Leben als Sklavin. Aber gemeinsam wäre dieses vielleicht etwas leichter zu ertragen als allein.

139. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 05.04.24 18:02

27. Die verlorene Unschuld


Der Abend verging und irgendwann kam Muhamet in die Küche. Er sagte etwas zu Zuri, was sich nach einem Gute-Nacht-Gruß anhörte. Dann lächelte er mich an, nahm meine Hand und führte mich hinauf in den ersten Stock, in eines der Schlafzimmer, welches anscheinend seines war.

Das Schlafzimmer hatte ich bei meinem Rundgang heute Nachmittag bereits gesehen. Es gab ein großes Bett, auf dem einige Kissen und eine dünne Decke lagen. An der linken Wand stand ein großer Schrank aus dunklem Tropenholz, gegenüber der Tür befand sich ein größeres Fenster und darunter eine Kommode, ebenfalls aus dunklem Tropenholz.

Muhamet schloss die Türe und zog mir dort mein Kleid aus, was ich auch ohne Widerrede über mich ergehen ließ. Er war ja jetzt mein Herr, mein Besitzer.

Ein bisschen peinlich war es mir schon, so vor ihm zu stehen, nackt, nur mit einem silbernen Halsband um den Hals, welches mich als seine Sklavin kennzeichnete. Vermutlich lief ich rot an.

Allerdings war es ja auch nicht das erste Mal heute, dass er meinen nackten Körper sah. Mir wurde etwas unwohl, als ich an den heutigen Morgen zurückdachte, als Muhamet – und viele andere Männer – mich nackt und gefesselt als Ware auf dem Podest gesehen hatten. Zumindest waren meine Hände nun nicht mehr gefesselt wie heute Morgen und frisch gewaschen war ich auch noch. Ich stand auch nicht mehr zum Verkauf- ich war nun verkauft. An den Mann neben mir. Deshalb war ich nun hier, hier in diesem Haus, hier in diesem Zimmer.


Muhamet begutachte meinen Körper ähnlich wie heute Morgen und berührte mich ein paar Mal vorsichtig. Er strahlte nicht mehr ganz so breit wie zuvor, eher sah er mir mit einem schüchternen, aber irgendwie doch sympathischen Lächeln in die Augen. Mit einer kleinen Geste bedeutete er mir, dass ich mich aufs Bett legen sollte.

Irgendwie war mir klar, was nun kam.


Spätestens seitdem mir der Piratenhauptmann in Sansibar den roten Punkt auf die Stirn gemalt hatte, hatte ich oft daran gedacht. Dass ich irgendwann jemandem gehören würde, der mir meine Unschuld nehmen würde.

Wer „derjenige“ wohl wäre und wie es wohl wäre, das hatte ich mir oft überlegt. Allerdings ohne eine Antwort zu erhalten.

Diese bekam ich heute, hier und jetzt.

Zumindest die Antwort auf die Frage nach dem „wer“ kannte ich aber eigentlich bereits von dem Moment an, als Muhamet Herrn El Haji das Säckchen mit den Goldmünzen überreicht hatte.


Und ja, ich hatte immer Angst vor diesem Tag, vor diesem Moment gehabt und hatte diese immer noch.

Ich wollte doch irgendwann mal einen lieben Mann heiraten und diesem als seine Ehefrau meine Unschuld geben. Und nicht irgendeinem reichen Herrn als seine Sklavin.

Zumindest hatte ich bereits einige Wochen Zeit gehabt, mich mit dem Gedanken abzufinden, dass es trotzdem so kommen würde. Viele, sehr viele Tränen hatte ich vergossen, während ich versuchte hatte, dieses Schicksal irgendwie zu akzeptieren. Dass ich nie einen christlichen Mann heiraten würde, dass ich stattdessen irgendeinem Herrn, der mich kaufen würde, als Sklavin zu Diensten sein müsste. Auch mit meiner Weiblichkeit.


In dieser Hinsicht versuchte ich dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen, dass der Mann, dem ich nun meine Unschuld opfern würde, zumindest hübsch war und es allem Anschein nach auch gut mit mir meinte. Und ja, irgendwie mochte ich diesen jungen Mann schon, auch wenn ich noch lange nicht bereit gewesen wäre, mein Innerstes mit diesem zu teilen.


Aber das spielte auch keine Rolle, als Sklavin war ich nun sein Besitz, also konnte er über mich bestimmen. Auch über meine Unschuld.

Für diese hatte er vermutlich auch viel Geld bezahlt.


Tatsächlich war dies das einzige, was zählte. Mit einem gewissen Schaudern dachte ich an Elise und Catharina zurück. Vermutlich würden auch diese schon bald ihre Unschuld opfern müssen. Vielleicht ebenso wie ich schon heute Abend, vielleicht hatten sie es auch schon getan, während ich mit Zuri in der Küche gesessen war. Vielleicht auch Veronica, dessen war ich mir aber nicht sicher, zumindest hatte es zuvor nicht den Anschein gehabt, als ob der ältere Herr sie wegen des roten Punkts auf ihrer Stirn gekauft hätte. Ausgeschlossen war dies aber natürlich auch nicht. Vor allem Catharina beneidete ich in keinster Weise, wenn ich daran dachte, wer ihr Unschuld gekauft hatte, wer bei ihr „derjenige“ sein würde oder schon gewesen war.

Mir schauderte und ich versuchte meine Gedanken dahin zu lenken, dass ich eigentlich großes Glück hatte, hier zu sein, dass das Schicksal es eigentlich gut mit mir meinte. Dass dieser junge Mann neben mir mein Herr, aber eigentlich doch sehr nett war.

Nein, ich hatte nicht das Gefühl, bei einer Hexe gelandet zu sein.

Meine Hände waren nicht mehr gefesselt, daher hätte ich mich auch wehren können. Zumindest für einen kurzen Moment. So wie damals in meinem Albtraum im Hafen von Sansibar. Aber das wollte ich tatsächlich nicht.

In gewisser Weise war ich doch bereit, mich Muhamet als seine Sklavin hinzugeben. Mit allem, was dazugehörte, auch mit meinem Körper.



Allzu viel will ich über die nächste Stunde auch gar nicht erzählen. Diese war doch sehr intim.


Muhamet war sehr zärtlich zu mir. Es hatte den Anschein, dass ihm auch bewusst war, dass dies kein leichter Moment für mich war.

Er umarmte mich und verwöhnte mich zunächst mit ein paar Küssen. Mich hatte noch nie vorher ein Mann geküsst, irgendwie war das schön. Dass geküsst werden sich schöner anfühlte, als begrapscht zu werden, muss ich vermutlich nicht erzählen. Von all den Berührungen, welche mein Körper heute erdulden musste, waren diese sicherlich mit Abstand die schönsten.


Etwas verwirrt war ich schon. Bisher hatte ich immer nur erlebt, dass Sklaven und Sklavinnen Befehle erteilt und diese dann gegebenenfalls geschlagen wurden, wenn deren Besitzer mit der Ausführung nicht zufrieden waren. Dass eine Sklavin geküsst und gestreichelt wurde, hatte ich dagegen noch nie gehört oder gesehen.

So hatte ich etwas Zeit, mich an seinen Körper zu gewöhnen. In gewisser Weise fühlte ich mich wohl in seinen Armen, trotz des Unvermeidlichen, das kommen würde.


Auch als es dann soweit war, war Muhamet sehr vorsichtig und einfühlsam.


Weh tat es trotzdem, das war wohl nicht zu verhindern, egal wie zärtlich Muhamet zu mir war.

Ich war nun sein, im wahrsten Sinn des Wortes.


Auch danach nahm er mich in den Arm und wir schliefen irgendwann zusammen in seinem Bett ein.

140. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Windelmeister am 06.04.24 21:47

Nun ist Klara also entjungfert. Sicher nicht so wie es sich Klara gewünscht hätte. Schließlich hat sie als Sklavin dort kein Mitsprscherecht. Trotzdem möchte Ich ihr gratulieren wurde sie doch nicht wie eine Sklavin sobdern eher wie eine Freundin behandelt.
141. RE: Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 07.04.24 18:41

Zitat
Nun ist Klara also entjungfert. Sicher nicht so wie es sich Klara gewünscht hätte. Schließlich hat sie als Sklavin dort kein Mitspracherecht. Trotzdem möchte Ich ihr gratulieren wurde sie doch nicht wie eine Sklavin sondern eher wie eine Freundin behandelt.


@Windelmeister

Nein, sicher war dieses Kapitel nicht Claras größter Wunsch. Allerdings war/ist das Leben nicht immer ein Wunschkonzert. Insbesondere nicht für eine Sklavin. Und letztlich lief ja die ganze Geschichte seit dem Überfall vor der afrikanischen Küste auf diesen Abend hinaus. Letztlich waren Abende wie dieser einer der Gründe, warum Piraten Schiffe und Dörfer überfallen haben (sowohl in dieser Geschichte als auch tausende Male in der Realität…).

Ich will ja eine halbwegs realistische Geschichte erzählen und leider lief es vermutlich für tausende oder Millionen Sklavinnen dann tatsächlich darauf hinaus, dass sie mit ihrem neuen Besitzer im Bett gelandet sind. Ohne Mitspracherecht, natürlich. In meiner Vorstellung ist es dann in der Realität in den meisten Fällen so abgelaufen wie ich es zu erzählen versuche - die Sklavin hat sich weder groß gewehrt und sicher auch nicht gefreut, sondern ihr Schicksal „geduldet“ (in so mancher archaischen Gesellschaft ist das bei der Eheanbahnung heute wohl immer noch so ähnlich…). So jedenfalls meine Vermutung, ich kann mich aber natürlich auch täuschen, war ja nicht dabei.

Allerdings ist diese Geschichte trotzdem bewusst auch einen kleinen Tick positiver als die Realität. „Wie eine Freundin“ hätte man vor 300 Jahren wohl nicht gesagt, voreheliche Liebschaften waren damals wohl eher selten. Aber dass sie für eine Sklavin außergewöhnlich gut behandelt wird, stimmt schon.

Ich erzähle die Geschichte ja aus Sicht unserer etwas naiven und unerfahrenen Clara. Der aufmerksame Leser hat aber sicherlich längst mitbekommen, was tatsächlich passiert ist - nämlich dass Muhamet sich Hals über Kopf in unsere Clara verliebt hat, als er sie das erste Mal auf dem Podest gesehen hat…

Das hat Clara aber vermutlich noch nicht so ganz verstanden, auch wenn sie vielleicht fühlt, dass Muhamet sie mag. Aber dass sie allein mit Hausarbeit ihren Kaufpreis nicht wieder reinarbeiten kann, das hat sie schon richtig erfasst. Das war aber auch nicht der Hauptgrund, warum Muhamet sie gekauft hat… Vermutlich wird es aber noch etwas dauern, bis sie das ganz versteht.

Dass Muhamet so in seine neue Sklavin verschossen ist, heißt aber natürlich nicht, dass er sie sofort freilassen würde, nachdem er für sie ein kleines Vermögen ausgegeben hat. Das wäre doch sehr unrealistisch und wir sind hier nicht bei den Märchen von Walt Disney… Nein, sicherlich wird der Gegensatz zwischen seiner Verliebtheit und dem Statusunterschied es für die beiden noch etwas schwierig machen, ihr gemeinsames Glück zu finden …

(sorry, wenn ich mal wieder etwas ausschweifend geworden bin ...)

142. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 10.04.24 20:29

28. Der erste Morgen als seine Sklavin


So wachte ich am nächsten Morgen nicht mehr auf einer Strohmatte in der Gefängniszelle auf dem Schiff eines Sklavenhändlers auf, sondern in einem bequemen Bett. Neben meinem neuen Besitzer, Muhamet.

Nach meiner Freiheit hatte ich gestern nunmehr auch meine Jungfräulichkeit verloren.

Den roten Punkt, den mir die junge Frau im Badehaus gestern abgeschminkt hatte, würde ich nie mehr tragen können oder müssen.

Erneut dachte ich mit einer gewissen Traurigkeit daran, dass ich meine Unschuld lieber für einen lieben Ehemann aufgehoben hätte, der mich zum Traualtar geführt hätte.

Aber dafür war es nun zu spät. Eine Wahl hatte ich gestern allerdings auch nicht gehabt. Ich war ja nun eine Sklavin. Und ob mich jemals ein Mann zum Traualtar führen würde, war doch sehr ungewiss. Welcher Mann würde schon eine mittellose Sklavin heiraten?

Würde es vielleicht doch dieser hübsche junge Mann neben mir tun, eines Tages?

Das wäre dann wirklich ein Märchen aus 1001er Nacht, ein Märchen, das sich für eine Sklavin vermutlich nur sehr selten erfüllte.

Aber träumen durfte ich natürlich davon, was blieb mir auch anderes übrig.

Meine Traurigkeit blieb allerdings.


Wie ich so nachdachte, erwachte auch Muhamet. Er war nicht traurig. Im Gegenteil, er strahlte wieder übers ganze Gesicht, als er mich erblickte. Er begrüßte mich mit einem arabischen „Guten Morgen“ und noch etwas, das ich nicht verstand. Vielleicht ein schöner Kosename für mich? Obwohl ich es nicht verstand, hörte es sich aus seinem Mund schön an.

Trotz meiner Traurigkeit konnte ich nicht anders, als den Gruß zu erwidern und ebenfalls zu lächeln. Vermutlich wurde ich auch wieder etwas rot dabei.

Ich mochte sein Lächeln, es war irgendwie ehrlich. Trotz der Tatsache, dass ich seine Sklavin, sein Besitz war, sah er mich wie einen Menschen, nicht wie eine Kuh an.

Wie ein Mann wohl eine Frau ansieht, wenn er verliebt ist.

Ein seltsamer Gedanke. War er das wirklich? Verliebt in seine Sklavin, in seinen Besitz? In mich? So wie ein Ehemann in seine Ehefrau verliebt ist?

Ich wusste es nicht. Was wusste ich schon von der Liebe?

Nichts.

Die Liebe war für mich bisher nicht mehr als ein Traum gewesen. Und seit meiner Versklavung vor der Ostküste Afrikas sogar ein unerfüllbarer Traum.

Oder etwa doch nicht?

Ob verliebt oder nicht, glücklich war Muhamet auf jeden Fall, das war nicht zu übersehen. Glücklich, dass ich ihm gehörte. Glücklich, dass ich hier war.


Meine eigenen Gefühle spielten verrückt. Ich war immer noch traurig. Und doch gleichzeitig irgendwie ebenfalls glücklich, dass ich hier war.


Muhamet ergriff mich an der Hüfte und zog mich zärtlich zu sich. Er küsste und streichelte mich. Irgendwie fühlte sich dies wieder gut an. Ja, ich genoss es, wie er mich berührte. Aus irgendeinem seltsamen Grund hoffte ich sogar, dass er mich nie mehr wieder loslassen würde, dass ich einfach für immer hier bei ihm bleiben könnte.

Vielleicht meinte es das Schicksal doch gut mit mir, dass ich hier gelandet war? Vielleicht würden sich meine Träume doch eines Tages erfüllen?


Ich war hin- und hergerissen, zwischen meiner Traurigkeit, nie ein normales Familienleben führen zu können, den Zärtlichkeiten, welche meiner gepeinigten Seele schmeichelten, und der leisen, ganz leisen Hoffnung, dass Muhamet vielleicht doch eines Tages mein Prinz aus 1001er Nacht sein würde, mich aus meinem Sklavenstatus entlassen und vielleicht sogar irgendwann heiraten würde…



143. Auswanderin unter Kontrolle

geschrieben von Neuschreiber63 am 17.04.24 20:55


29. Die letzte Erinnerung an das alte Leben


Da lag ich also nun in diesem Bett, in einem fernen, fremden Land namens Oman, irgendwo in Arabien.

So wie es aussah, war meine Reise beendet, war ich am „Ziel“ angekommen. Allerdings einem ganz anderen Ziel, als ich sein wollte. Ich war nicht in Ostindien angekommen, um dort ein neues, besseres Leben zu beginnen. Ich war nun in Arabien, wohin man mich als Sklavin verkauft hatte.


An den hübschen jungen Mann, der neben mir lag und dessen Sklavin ich seit gestern war. Mein neuer Besitzer schien durchaus Gefallen an mir zu haben, er streichelte und küsste mich.

Auch wenn ich nicht seine Frau, sondern seine Sklavin war, so genoss ich diese Berührungen dennoch. Irgendwie fühlte ich mich doch wohl hier, in irgendeiner Weise geborgen. Nach all den schrecklichen Wochen auf See und insbesondere den zwei schrecklichen Tagen in Sansibar und gestern hier in Al Kharsun, an welchen ich zweimal wie eine Kuh verkauft worden war, tat diese Geborgenheit meiner Seele gut. Selbst wenn es eine Geborgenheit als Sklavin war.

Falls Muhamet wirklich in mich verliebt war, würde er mich vermutlich weiterhin gut behandeln. Dies waren doch schon einmal schöne Aussichten, zumindest verglichen mit all den Befürchtungen, welche mich in den letzten Wochen geplagt hatten. Ich hatte ja inzwischen auch schon oft genug gesehen, wie schrecklich andere Sklavinnen und Sklaven behandelt wurden, wie sie mit Peitschen und Stöcken geschlagen wurden. Dies war mir bisher erspart geblieben. Herr El Haji hatte mir ja auch gestern gesagt, dass er das Gefühl habe, dass Muhamet mich mögen würde und er mich gut behandeln würde, wenn ich ihm gehorsam wäre. Vielleicht hatte er ja recht gehabt?


Momentan wurde ich jedenfalls wirklich gut behandelt, Muhamet war wieder sehr zärtlich zu mir. Schüchtern versuchte ich, seine Küsse zu erwidern. Ich hatte noch nie einen Mann geküsst, aber eigentlich war das gar nicht so schwer. Und in gewisser Weise war es sogar schön.

Ich hatte das Gefühl, dass dies auch Muhamet gefiel.

Vielleicht bereute er es ja doch nicht, dass er mich gestern für viel zu viel Geld gekauft hatte?
Für den Preis, den er gestern für mich bezahlt hatte, hätte er vermutlich zwei oder drei hübsche und fleißige Afrikanerinnen bekommen.

Momentan schien er sich aber nicht über seine Fehlinvestition zu ärgern, ganz im Gegenteil.
So wie es aussah, wollte Muhamet mich auch nicht zum Sklavenmarkt zurückbringen. Der Horror, ein drittes Mal verkauft zu werden, würde mir wohl erspart bleiben. Zumindest vorerst.

Vermutlich war das ein furchtbar naiver Gedanke, aber ich stellte mir vor, dass seine Umarmung bedeuten würde, dass er mich nun für immer behalten und beschützen würde, vor der ganzen grausamen Welt da draußen, in der mich so viele Leute wie ein Stück Vieh behandelt hatten. Dass er mich beschützen würde, damit ich solch schreckliche Tage wie gestern nie mehr erleben müsste. Vielleicht war sogar das Metallband um meinen Hals ein Zeichen, dass ich unter seinem Schutz stand?

Ich war immer noch so furchtbar naiv. Aber zumindest nicht mehr so traurig wie gestern oder wie vorhin, nachdem ich aufgewacht war.

Jedenfalls umarmte Muhamet mich und ich konnte wieder seinen wohlgeformten Körper fühlen. Mein neuer Besitzer war wirklich ein attraktiver junger Mann.


Irgendwann wollte Muhamet auch wieder in mein Innerstes und ich ließ ihn gewähren.

Es tat auch nicht mehr so weh wie gestern Abend, vermutlich würde ich mich daran gewöhnen.

Ein seltsames Gefühl war es dennoch, ihn in mir zu spüren. Deutlicher konnte ich vermutlich nicht fühlen, dass ich ihm gehörte.

Dass ich gleichzeitig auch immer noch mein Sklavinnenhalsband mit seinem Namen trug, verstärkte dieses Gefühl vermutlich noch.

Wiederum spielten meine Gefühle verrückt. Ich wollte frei sein und niemandem gehören. Und war doch gleichzeitig froh, Muhamet zu gehören und nicht jemand anderem, zum Beispiel dem älteren Geschäftsmann, der gestern Catharina mitgenommen hatte.

Und wenn Muhamet mich vor all dem Unbill dort draußen in diesem fremden Land beschützen würde, wäre ich vielleicht sogar gerne seine Sklavin, auch mit meinem Körper.


Die harte Wahrheit war jedoch auch, dass es eigentlich keine Rolle spielte, ob ich gerne seine Sklavin war und ob ich ihm gerne meinen Körper hingab. Muhamet hatte mich gestern nicht gefragt, ob ich meinen Körper und mein Innerstes mit ihm teilen wollte, und fragte mich auch heute nicht. Das stand ganz offensichtlich nicht zur Disposition.

Aber so war es sicherlich einfacher und angenehmer, für ihn und auch für mich.


Auch danach war Muhamet noch eine ganze Weile zärtlich zu mir, sodass es ziemlich spät wurde, bis wir letztlich aufstanden.

Die Sonne stand bereits am Himmel und es war schon ziemlich warm geworden.

Die Hitze kannte ich bereits von gestern, aber heute würde mich wohl niemand zu einem Sklavenmarkt führen, dies waren doch schon einmal schöne Aussichten für den heutigen Tag. Vermutlich würde dieser nicht so schrecklich werden wie der gestrige.


Muhamet bedeutete mir, dass ich mir mein Kleid anziehen und in die Küche gehen sollte. So viel verstand ich bereits.

Er hatte auch noch eine kleine Überraschung für mich:

Er öffnete die Schublade seiner Kommode, holte daraus mein Kettchen mit dem Elfenbeinamulett hervor, welches mir Herr El Haji gestern auf dem Podest abgenommen hatte, und gab es mir zurück. Ich hatte dieses schon vermisst, aber ich hatte mich gestern nicht getraut, Muhamet danach zu fragen.

Ob er wusste, was dieses wertlose Kettchen für mich bedeutete? Vermutlich nicht. Für ihn war es vermutlich nur ein winziges Stückchen Elfenbein, das mit Sicherheit nur Bruchteile von dem gekostet hatte, was er gestern für das silberne Band um meinen Hals ausgegeben hatte. Aber für mich war dieses Kettchen abgesehen von meinem alten Kleid und einem Paar abgetragener Schuhe das letzte, das mich an mein altes Leben erinnerte. Damals, als ich noch mit meiner Familie zusammen und frei war. Dieses Leben war Vergangenheit, ebenso wie vermutlich der Elefant, dem der Stoßzahn einmal gehört hatte. Etwas melancholisch wurde ich doch bei dem Gedanken.

Dennoch war ich sehr glücklich, dass er mir mein Kettchen zurückgab und bedankte mich mit einer Träne in den Augen bei Muhamet. Genauso gut hätte er dieses wegwerfen und damit eine der letzten Erinnerungen an mein altes Leben tilgen können.

Muhamet war wohl auch mein schüchternes Strahlen nicht entgangen, als ich mein Kettchen wieder zurückhatte. Es machte auch fast den Anschein, dass er sich mit mir freute, denn er strahlte ebenfalls.

Vermutlich erröte ich wieder ein wenig. Und vermutlich erröte ich noch mehr, als er mir noch einen Kuss gab, bevor ich ging.


Nun trug ich wieder zwei Dinge um den Hals, das kleine Kettchen als Erinnerung an mein altes, vergangenes Leben – und das große, silberglänzende Halsband aus Metall als Symbol für mein neues Leben als Muhamets Sklavin.



In der Küche traf ich wieder Zuri.

Sie trug heute ein anderes Kleid, aber wieder, bzw. immer noch das gleiche silberne Halsband mit den arabischen Schriftzeichen. So wie ich auch, ablegen konnten wir dieses ja nicht.

Wir begrüßten uns gegenseitig mit einem arabischen „Guten Morgen“. Eine kleine freundliche Konversation unter Sklavinnen, welche die Sprache der jeweils anderen nicht sprachen. Ich hatte aber keine Zweifel, dass wir uns schon bald mehr unterhalten konnten. In der Sprache eines dritten Landes, in das wir wohl beide nicht gewollt hatten, aber für uns beide nun zwangsweise die neue Heimat war – Arabisch.

Zuri hatte mein Halskettchen anscheinend sofort bemerkt und sagte etwas wie „sehr schön“.

Vielleicht erinnerte sie das Halskettchen an ihre Heimat, Afrika? Eine kleine Erinnerung auch an ihr altes Leben, an eine Zeit, die ebenso unwiderruflich vergangen war wie mein altes Leben oder das Leben des Elefanten? Gut möglich. Daran hatte ich gar nicht gedacht, als ich mir das Kettchen zuvor angelegt hatte.

Wie ich auch sonst in Kapstadt beim Kauf des Kettchens nie im Leben daran gedacht hätte, eines Tages gemeinsam mit einer Afrikanerin als Sklavin in einer Küche irgendwo in Arabien zu stehen. Aber genau dort war ich nun. Die Wege des Herrn sind manchmal unergründlich.


Zuri ließ sich nichts weiter anmerken, ob das Elfenbeinamulett sie an ihre Heimat, an ihr altes Leben erinnerte, sie sagte auch nichts weiter dazu. Das wäre wohl auch sinnlos gewesen, ich hätte es eh nicht verstanden. Mich hätte aber schon interessiert, wie lange sie schon hier in Arabien war. War sie damals, als sie als Sklavin hierhergebracht worden war, genauso jung wie ich gewesen? Oder vielleicht noch jünger? Was hatte sie auf dem Weg hierher erdulden müssen? Wie oft war sie verkauft worden, bevor sie hier gelandet war?

Eines Tages, wenn ich besser arabisch sprach, würde ich sie fragen.



Zuri hatte bereits Kaffee gekocht und einen großen Teil des Frühstücks zubereitet.

Ich hatte ein etwas schlechtes Gewissen. Während ich im Bett gelegen war, hatte Zuri die ganze Arbeit alleine machen müssen. So hatte sie sich die Hilfe durch eine Mit-Sklavin vermutlich nicht vorgestellt.

Allerdings war es auch nicht meine Idee gewesen, die ganze Nacht und den halben Morgen bei Muhamet zu verbringen.

Ob Zuri wusste, warum ich erst jetzt kam? Dass ich nicht mehr dieselbe war wie gestern Abend, als wir uns verabschiedet hatten?

Vermutlich konnte sie es sich schon denken, sie sagte aber nichts dazu.


Viel gab es auch nicht mehr vorzubereiten, wie gesagt hatte Zuri schon das meiste erledigt.

Zumindest konnte ich ihr helfen, die Sachen zu servieren.


Wie bereits gestern Abend saß Familie Chersoni wieder gemeinsam am Tisch. Auch Muhamet war bereits gekommen und warf mir wieder einen Gruß und ein Strahlen zu.

Die anderen begrüßten mich ebenfalls freundlich, gefühlt musterten sie mich auch heute wieder neugierig. Auch sie warfen einen kurzen Blick auf das kleine Amulett an meinem Hals.

Ob sie wussten, dass ich gestern Nacht Muhamet meine Unschuld gegeben hatte? Etwas peinlich war mir der Gedanke schon, aber ändern daran konnte ich natürlich auch nichts mehr. Im Grunde hatte ich auch gestern Abend daran nichts ändern können, jedenfalls vermutete ich das. Und in gewisser Weise war es auch schön gewesen.

Vielleicht hatte ich mich schon von meinem Traum eines christlichen Ehemanns verabschiedet, sonst wäre ich bei der Erinnerung an gestern Abend vermutlich in Tränen ausgebrochen. Aber so war es nur ein ganz kurzer Anflug von Traurigkeit. Vielleicht war es auch Muhamets Lächeln, das meine Traurigkeit schnell wieder verdrängte.


Groß ins Gespräch kam ich mit Muhamets Familie allerdings auch heute nicht, dazu war mein Arabisch auch noch viel zu schlecht, als dass ich mich hätte unterhalten können. Und angebracht wäre es vermutlich auch nicht gewesen, zumindest hatten uns die Sklavenhändler auf der Reise hierher beigebracht, dass eine Sklavin nicht ungefragt mit ihrem Herrn zu sprechen habe.

Immerhin bedankte sich die Familie, als Zuri und ich ihnen die Getränke und die Speisen servierten, das war tatsächlich schon mehr, als ich auf dem Schiff des Sklavenhändlers erfahren durfte.

Ich muss aber auch zugeben, dass es mir unangenehm war, wieder der ganzen Familie das Halsband zu präsentieren, das mich als Sklavin kennzeichnete. Ja, ich war eine Sklavin, ohne Zweifel, aber es hätte von meiner Seite aus ausgereicht, wenn ich, Zuri, Muhamet und die anderen dies wussten.

Entsprechend saß ich auch nicht mit am Tisch, egal wie intim Muhamet zuvor mit mir geworden war. Mein Platz war trotzdem nicht hier bei Familie Chersoni, sondern in der Küche bei Zuri. So wie eine Magd in Europa auch nicht bei ihrem Dienstherrn am Tisch sitzt.

Auch im Übrigen unterschied sich mein Dienst hier – bisher – nicht groß von der einer Magd in Europa. Aber es gab doch auch gewichtige Unterschiede. Zum Beispiel konnte eine Magd in Europa nach einer bestimmten Zeit den Dienst quittieren und gehen. Ein solches Wahlrecht stand mir nicht zu. Ich war nun Muhamets Besitz und musste hierbleiben, ob ich wollte oder nicht, vermutlich für den Rest meines Lebens. Oder bis er mich weiterverkaufen würde. An wen auch immer. Mir schauderte. Auch so etwas konnte einer Magd in Europa nicht passieren.

Vermutlich konnte Muhamet mit mir alles machen, was ihm beliebte. Mich lieben, mich beschützen oder mich bestrafen, mich verkaufen, theoretisch mich sogar töten. Wenn ich ihm nicht gehorchen würde, war es sogar ziemlich wahrscheinlich, dass es mir schlecht ergehen würde.

Und ein Sklavenhalsband musste natürlich auch keine Magd in Europa tragen.

Nein, auch wenn es mir – bisher – hier nicht schlecht ging, so war ich doch ganz eindeutig keine Magd, sondern eine Sklavin.


Nachdem die Herrschaften ihr Frühstück beendet hatten, durften auch Zuri und ich in der Küche unser Frühstück zu uns nehmen.

Wiederum war noch so viel übrig, dass wir mehr als satt wurden. Auch waren die Sachen, die Zuri vorbereitet hatte, durchwegs sehr lecker. So ein gutes Frühstück hatte ich tatsächlich schon lang nicht mehr gehabt, selbst in Hannover nur sehr selten, vielleicht am Ostersonntag oder einem anderen Sonntag, wenn es etwas zu feiern gab.

Mir war seltsam zu Mute. Ich war eine Sklavin und vermisste meine Freiheit, meine Familie, meine Freundinnen. Und trotzdem ging es mir hier fast besser als in den letzten Jahren zuhause in Hannover, als wir jeden Monats aufs Neue darum gekämpft hatten, irgendwie über die Runden zu kommen.

Gut möglich, dass es Zuri ähnlich ging. Das Leben in Afrika war wohl noch härter und entbehrungsreicher als in Hannover. Vermutlich ging es ihr hier, zumindest materiell, besser als in ihrer Heimat. Vielleicht ertrug sie deshalb ihr Dasein als Sklavin – zumindest nach außen hin – ohne das geringste Anzeichen von Traurigkeit oder Unzufriedenheit.


So gut es ging versuchte ich mich wieder mit Zuri zu unterhalten. Wiederum hatte sie als Arabischlehrerin sehr viel Geduld mit mir. Zumindest war ich willig, diese fremde Sprache so schnell wie möglich zu lernen, etwas Anderes blieb mir auch kaum übrig, wenn ich nicht stumm und taub durch den Rest meines Lebens wandeln wollte.

Das wäre schon allein deswegen sehr schade gewesen, weil Zuri weiterhin sehr freundlich zu mir war und ich mich gerne mehr bzw. leichter mit ihr unterhalten hätte.


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