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Thema:
eröffnet von Fabian am 10.09.05 02:42
letzter Beitrag von Fallen_Soul am 28.05.03 20:13

1. Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von Fabian am 02.04.03 15:09

Hallo,

meine Eheherrin kontrolliert neuerdings, seitdem sie auf dieses Forum aufmerksam gemacht wurde, meine Stories auf für sie unerwünschte Themen (Analsex, unerträgliche Gewalt, Gummifetischismus). Zwar veröffentliche ich die Geschichten ohne ihre Zustimmung, weiß aber, dass sie mir bestimmte Dinge sehr übelnehmen würde. Habe deswegen schon beim Schreiben eine Schere im Kopf.

Beim nachträglichen Lesen bemerkte sie schon manchesmal: "Da kann man mal wieder sehen, was du für eine Phantasie hast!" Ich musste ihr dann immer erneut erklären, dass der Autor und die fiktive Hauptfigur / Figuren nicht identisch sind, nicht einmal in einer Ich-Erzählung.

Nun mein eigentliches Anliegen: Glaubt ihr auch, dass der Autor sich in seiner Figur / seinen Figuren 1 : 1 widerspiegelt?


Viele Grüße ............... Fabian

2. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von Roger_Rabbit am 02.04.03 15:55

Zitat
Nun mein eigentliches Anliegen: Glaubt ihr auch, dass der Autor sich in seiner Figur / seinen Figuren 1 : 1 widerspiegelt?


Fabian,

kurz und knapp (meines Erachtens): Nein!
3. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von mister am 02.04.03 16:27

Hallo Martin
Sind nicht Deine Fantasien ein Teil von Dir?
Viele Grüße Michael
Mister
4. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von Why-Not am 03.04.03 03:03

Hallo Fabian,

Zitat

Glaubt ihr auch, dass der Autor sich in seiner Figur / seinen Figuren 1 : 1 widerspiegelt?


Nein. Die eigenen Phantasien spiegeln sich selbstverständlich in den eigenen Stories wider. Aber die Figuren sind - zumindest bei mir - nicht mit mir identisch. Sie sind mir i. a. sympathisch. Und das bedingt natürlich, daß sich gewisse Eigenschaften oder Wertvorstellungen von mir selbst zumindest teilweise in den Figuren widerspiegeln.

Mal hat eine Figur meinen schrägen Humor, mal eine Passion (außerhalb SM), die ich teile. Aber die Figuren sind "eigenständig". Außerdem schreibe ich aus dramaturgischen Gründen überwiegend aus der Sub-Perspektive, da es für mich viel schwieriger wäre, Spannung aufzubauen, wenn ich aus der Perspektive desjenigen erzählen würde, der die Fäden in der Hand hält und bereits im Voraus weiß, wie sich die Story entwickelt.

Bei mir konnte ich bisher aber noch keine devote Ader entdecken. Von daher sind meine zentralen Figuren zwangsläufig ungleich meiner Person. Bei den anderen Figuren gibt es manchmal schon mehr Ähnlichkeiten.

Why-Not
5. Figur und Autor

geschrieben von Fallen_Soul am 26.05.03 19:36

Fabian,

wir hatten diese Diskussion glaub ich schon mal an anderer stelle.
Meine Meinung hierzu:
Jeder Autor spiegelt sich in seinen Visionen wohl irgendwo wieder, aber auf keinen Fall würde ich die Hauptperson mit dem Erzähler gleichsetzen.
Schliesslich entwickeln sich die Stories doch irgendwie in eigener Dynamik.
Die initiale Idee spannt dabei ein grösseres Umfeld um sich auf, das die Personen meist schon recht gut umreisst und skizziert.
Der Autor hat also nicht so viel einfluss auf die Handlungen der Person, da er ansonsten riskiert, seine Personen unnatürlich zu "verbiegen".

Ich plädiere also auf unschuldig.
6. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von xrated am 26.05.03 21:08

Zitat

Nun mein eigentliches Anliegen: Glaubt ihr auch, dass der Autor sich in seiner Figur / seinen Figuren 1 : 1 widerspiegelt?

Schwierige Frage... - Ich würde sagen nur in seiner Phantasie. Pauschal könnte folgender Spruch zum Tragen kommen: Nur in unseren Träumen sind wir wirklich FREI! Ob die Träume und Phantasien umgesetzt werden können, also Real werden zu lassen, das steht auf einem ganz anderen Blatt Papier. Das was man hier zumindestens in der Fetish-Rubrik liest, oder auch die heisse Story "Tatoo", von einem nun mittlerweilem bekanntem Author, das ist TRAUM-Kopfkino...., und nicht wirklich umsetzbar - vielleicht schon, kann mir aber kaum vorstellen, das jemand sowas durchzieht. Man sollte Traum/Phantasie immer noch gut zu trennen wissen/verstehen im Bezug zur Realität.

meint xrated
7. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von Nachtigall am 27.05.03 11:01

Hallo Fabian,

Zitat

meine Eheherrin kontrolliert neuerdings, seitdem sie auf dieses Forum aufmerksam gemacht wurde, meine Stories auf für sie unerwünschte Themen (Analsex, unerträgliche Gewalt, Gummifetischismus). Zwar veröffentliche ich die Geschichten ohne ihre Zustimmung, weiß aber, dass sie mir bestimmte Dinge sehr übelnehmen würde. Habe deswegen schon beim Schreiben eine Schere im Kopf.

"Schere im Kopf" klingt echt ungesund . Aber im Ernst: Was stört denn eigentlich Deine Frau daran, dass Du über Dinge schreibst, die sie nicht ausleben möchte, weil sie ihr nicht zusagen? Vermittelt es ihr das Gefühl, dass Dir bei ihr etwas fehlt, oder wie soll man das verstehen? Oder möchte sie sich einfach ein "Bild" von Dir in ihrer Vorstellung bewahren, das Dir eigentlich nicht entspricht, weil es Deine Fantasien ausklammert - die doch ein Teil von Dir sind?

Um übrigens auf Deine Frage zurückzukommen: Ich glaube durchaus, dass es sehr auf den Autor und dessen Geschicklichkeit oder Einfühlungsvermögen ankommt, ob die Figur und der Schreiberling völlig oder weitgehend identisch sind. Aber unstrittig wird niemand über ein Thema schreiben, das ihn kalt lässt, von daher finde ich durchaus, dass die Wahl der Themen gewisse Rückschlüsse erlaubt. Genau deswegen finde ich es auch sehr mutig, Stories zu schreiben, denn immerhin gibt man damit etwas von seinem innersten, intimsten Bereich preis und setzt ihn der allgemeinen Kritik aus. Diesen Mut habe ich jedenfalls bislang nicht aufgebracht, also meine Hochachtung an alle Story-Writer!

Lieben Gruß
Anja
8. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von reddog am 27.05.03 11:57

Hi, ihr Lieben!
Natürlich bin ich es, der die Phantasie aufbringt, die Personen in Handlungen einbaut. Wenn sie mir nicht weinigstens in Ansätzen entsprechen, kann ich sie kaum glaubhaft darstellen. Sie -müssen- also immer auch ein Stück von mir, von meinem Erleben, Fühlen und wollen preisgeben.
Manchmal aber sind es auch meine Albträume, die einfließen. Auch die gehören zu mir. Auch die wirken dann glaubhaft (immer unter der Voraussetzung, dass ich überhaupt in der Lage bin Charaktere zu zeichnen. Was nur die Leserschaft beurteilen kann!).
Allerdings, Anja, halte ich es für verwegen, aus den dargestellten Figuren Rückschlüsse auf den Autor zu ziehen. Oder glaubst du Richard Bach / Steven King wäre das Monster, das er in seinen Romanen so trefflich schildern kann? Wohl kaum.
Wir sind alle keine Literaten mit Weltniveau, daher sei hier noch die Ausnahme von der Regel aufgeführt. In Memoiren, in autobiographischen Romanen und in so genannten Schlüsselromanen (z.B. Mephisto von Klaus Mann) wird diese "Regel" durchbrochen.
Also, Wanderer kommst du nach Sparta...
Nehmt nicht alles, was ihr bei mir lest (so ihr mich denn lest) für mein Leben, für mein Erlebtes, für mein Gewolltes. Manchmal ist es auch nur mein Befürchtetes.
Gurß
Detlef
9. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von Starub am 27.05.03 14:06

Hallo,

ich denke dass dieses Problem wohl jeder Author mit sich rumschleppt! Einerseits will er sich mit der Romanfigur auseinandersetzen und sie lückenlos beschreiben(Gefühle, Sehnsüchte etc.), andererseits möchte er seine eigene Identität nicht in diese Figur einbringen, sie quasi eigenständig lassen! Was ich erlebt habe, kann ich beschreiben. Alles andere ist auf einer Gefühlsebene einzuordnen, die jeder Autor(nach seiner Charaktere beschreibt). Letztendlich sind die nicht erlebten Beschreibungen einer Romanfigur, versteckte Sehnsüchte und Träume eines Authoren.
Ob er /sie sich damit identifizieren kann, zeigt die Realität! Egal welcher Inhalt in einem Roman verborgen ist!
Das ist meine persönliche These über die Beschreibung von Inhalten einer Figur!

Gruss Starub
10. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von Nachtigall am 28.05.03 09:31

Hallo Detlef,

Zitat

Allerdings, Anja, halte ich es für verwegen, aus den dargestellten Figuren Rückschlüsse auf den Autor zu ziehen. Oder glaubst du Richard Bach / Steven King wäre das Monster, das er in seinen Romanen so trefflich schildern kann? Wohl kaum.

mit "Rückschlüsse ziehen" habe ich nicht gemeint, dass Autor und Figur identisch sind! Sonst hätte ich das explizit so ausgedrückt. Aber die Wahl des Themas gibt Einblick darauf, was den Schreiber umtreibt. Um bei Deinem Beispiel zu bleiben: "Steven King" beschreibt in jedem seiner Romane, den ich gelesen oder verfilmt gesehen habe, Furcht. Die Protagonisten wiegen sich zunächst in Sicherheit, haben jedoch oft schon Ahnungen des Grauens, das unrettbar auf sie zukommt. Und wenn es dann kommt, ist es unbesiegbar, unberechenbar und unfassbar, man kann es nicht begreifen / verstehen. Sofern irgendjemand entkommt (passiert nicht notwendigerweise!) gilt das nur auf Zeit, denn das Grauenvolle ist immer noch da und kann jederzeit wieder ausbrechen.

Daraus ziehe ich zumindest den Rückschluss, das ein solcher Mensch weiß, was namenlose Furcht ist (nicht Angst, die ist nämlich auf etwas bestimmtes bezogen und fassbar und kann deshalb besiegt werden). Und dass er von dieser Thematik nicht loskommt (abgesehen von einer autobiographischen Geschichte über einige Jungen, die die Leiche ihres Spielkameraden neben Bahngleisen finden) lässt mich annehmen, dass er auch seine Furcht nicht los wird. Oder, falls er diese "Erfolgsschiene" nur aus finanziellen Gründen weiter verfolgen sollte, muss er skrupellos sein, denn sonst würde er irgendwann auch über die "Auflösung" der Furcht schreiben wollen.

Klar, dass ich daneben liegen kann mit meinen Rückschlüssen, ich kenne den Mann ja nicht. Aber naheliegend finde ich sie trotzdem, wenn ich auch grob vereinfacht habe. Sie sind jedenfalls dafür verantwortlich, dass ich seine Bücher nicht mehr lese und deren Verfilmungen nicht mehr ansehe; sollte er das "Strickmuster" inzwischen geändert haben, sag Bescheid, dann schau ich mal wieder hinein.

Viel interessanter finde ich es, wenn jemand vielseitig interessiert ist und deshalb seine Themen variieren. Irgendeine Information gibt man aber immer preis, wenn man Andere seine Fantasiegebilde lesen lässt - mehr habe ich gar nicht sagen wollen.

Zitat

Nehmt nicht alles, was ihr bei mir lest (so ihr mich denn lest) für mein Leben, für mein Erlebtes, für mein Gewolltes. Manchmal ist es auch nur mein Befürchtetes.

Glaube ich Dir gerne. Aber damit gewährst Du Einblick in das, was Dich bewegt, ob Du es nun fürchtest oder erhoffst. Also lässt es doch definitiv Rückschlüsse zu, ob sie nun zutreffen oder nicht!

Ich gebe allerdings zu, mich im letzten Posting etwas missverständlich ausgedrückt zu haben, ich hatte sogar direkt nach dem Posten überlegt, ob ich es ändern soll (hätte ich mal machen sollen...). In dem Fall hätte ich an einen bestimmten Satz drei Wörtchen angefügt:

Zitat

Ich glaube durchaus, dass es sehr auf den Autor und dessen Geschicklichkeit oder Einfühlungsvermögen ankommt, ob die Figur und der Schreiberling völlig oder weitgehend identisch sind - oder überhaupt nicht.

Ich habe es übrigens nicht geändert, weil es mir mehr auf die Fortsetzung ankam.

Lieben Gruß
Anja
11. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von reddog am 28.05.03 09:57

Guten Morgen, Anja!
Stimmt, so kann ich deiner Argumentation zustimmen.
Was S. King betrifft, muss ich gestehen, habe ich lediglich einen Roman angelesen, Verfilmungen dagegen gar nicht gesehen.
Horror ich halt nicht mein Ding. Es reicht mir, dass ich ihn verbreite.
Selbst wenn ich Figuren darstelle, die meiner Erlebens- und Gefühlwelt konträr entgegenstehen, kann ich das doch nur aus dem Canon meines Wissens heraus, was dir auch wieder Einblicke in meine Person gäbe.
Ich wünsche dir ein schönes, langes Wochenende.
Detlef
12. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von Starub am 28.05.03 13:35

Hi Nachtigall,

vortrefflich interpretiert! Besser kann es nicht in Worte gefasst werden!

Gruss Starub
13. Re: Verhältnis Autor und Figur

geschrieben von Fallen_Soul am 28.05.03 20:13

Und doch möchte ich noch einmal das Beispiel von Stephen King aufgreifen, und zwar "Stark-The Dark Half" in dem er selbst Opfer seines Monsters (in dem Fall ein eigenes Pseudonym) wird, das seine dunkleren Phantasien repräsentiert.
Eine schöne Darstellung dafür, dass man diese Phantasien nun mal in sich hat, auch wenn man sie sicher nicht in der Realität erfahren will. Man wird sie nicht los und natürlich tauchen sie auch in den Geschichten auf, die man schreibt...


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