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  Das Reich der Megara (Neuauflage)
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sheeeep Volljährigkeit geprüft
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:21.05.21 00:52 IP: gespeichert Moderator melden


Wie immer hervoragend! Man kann dich nicht genug loben! Herzlichen Dank wieder einmal für die Fortsetzung !
Grüße Christian

[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von sheeeep am 21.05.21 um 01:00 geändert
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prallbeutel Volljährigkeit geprüft
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Licentia poetica

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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:22.05.21 13:15 IP: gespeichert Moderator melden


Zitat
Wie immer hervoragend! Man kann dich nicht genug loben! Herzlichen Dank wieder einmal für die Fortsetzung !
Grüße Christian


VIELEN DANK!
Viele Grüße von prallbeutel
---
Meine Geschichten:
+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
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onkelb Volljährigkeit geprüft
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:22.05.21 15:12 IP: gespeichert Moderator melden


Mist! Hab gehofft hier wär schon eine Fortsetzung. Auch von mir: Vielen Dank für die tolle Geschichte.
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prallbeutel Volljährigkeit geprüft
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Licentia poetica

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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:23.05.21 13:06 IP: gespeichert Moderator melden


Doch eines verargte ihr süßes Leben in der feinen Gesellschaft wie ein Stachel in ihrem holdseligen Allerwertesten: Der Keuschheitsgürtel um ihre Taillen ließ sie unerbittlich das Joch auf sich nehmen. Und in diesem Punkt ließ Fama mit sich reden wie mit einer Mauer. „Ihr habt eine tüchtige Lektion verdient!“, hatte sie streng kund getan. Und über diesem Ungemach brüteten die beiden Damen nun wieder und wieder. Fama fiel zu ihrem tiefen Bedauern nicht auf ihr Schauspiel herein, die Jungfern voller Unschuld zu mimen.

„Wenn mich mein Gedanke nicht trügt, dann ist dieser untreue Lustsklave von Mutter Schuld an der ganzen Misere“, überlegte Aurora und kräuselte ihre Stirn über ihrem kleinen Näschen. Vesta nickte nachdenklich. „Ja, dieser Amatio, oder wie sein Name sich auch immer schimpfen mag. Wir sollten ihm im Kerker dafür danken!“ Aurora schmunzelte ironisch. „Hat der nicht schon genug Leid erfahren?“ Vesta schüttelte trotzig ihren Kopf, dass die langen Locken durch die Luft flogen und zeigte einen trotzigen Schmollmund. „Schwesterlein, wie rührend! Beinahe sentimental! Nein! Ich habe Lust, es ihm heimzuzahlen!“ Aurora hatte anfänglich Bedenken. „Aber er wird gut bewacht. Die Wächterinnen lassen uns nicht zu ihm.“ Vesta wusste jedoch: „Eine klingende Goldmünze hat schon so manche Tür geöffnet.“ Jetzt strahlte auch Aurora selbstgefällig und leckte sich über ihre erdbeerfarbenen Lippen.

An der Westküste reisten Tartaros, Honos und vier Soldaten an den Steilwänden der Felsenkante entlang. Die Meuterer, die als Schiffbrüchige von Fischern gerettet worden waren, zogen Richtung Norden, um sich in die dunklen Wälder der unwegsamen Gegenden zurückzuziehen. Die hohen dichten Baumkronen versprachen sichere Verstecke. Von den Bewohnern eines Fischerdorfes hatten sie erfahren, dass Megara zwar geschlagen war, doch nun Fama, die Siegreiche, regierte. Auch unter ihr waren Männer rechtlos und mussten mit Versklavung rechnen. Die Pest hatte gegen die Cholera obsiegt.

„Hätten wir doch nie mit Leda gebrochen“, bedauerte Honos schwermütig, ihr ehemaliger Majordomus, und seufzte. „Jetzt haben wir alle gegen uns.“ Der Schmied Tartaros grummelte. „Humbug! Ich sage, wir werden in den Wäldern des Nordens ein neues Leben beginnen.“ Auch das Soldatenquartett waren guten Mutes. Die Pferde hatten die Männer in einem Gehöft gestohlen und auch gleich noch Waffen und Kleidung mitgehen lassen. Das beste Gewand und das schönste Schwert hatte sich Tartaros genommen.

Eines Abends kam es am knackenden Lagerfeuer der Männer, auf dem einige Fische auf einem Spieß brieten, zu einem handfesten Streit um die Führung der Gruppe. Tartaros beanspruchte die Position des Befehlshabers. Doch auch Honos und ein Soldat wollten das Kommando haben. Jeder brachte eigene Argumente vor, doch bald schon verstummten die Worte, und dafür flogen die Fäuste. Glücklicherweise zog niemand eine Blankwaffe.

Der kräftige Tartaros behielt die Oberhand und teilte fleißig aus. Seine Fäuste waren wütend wie Blitz und Donner und prasselten wie wilder Gewitterregen auf die Gegner ein. Doch schlussendlich verbündeten sich die Anderen gegen ihn und überwältigten den bärtigen Muskelmann, fesselten ihn an einen Baum und stimmten ab, wer sie nun führen sollte. Honos erhielt am meisten Zustimmung und wurde zum neuen Führer ernannt. Tartaros brüllte mit seiner sonoren Stimme. „Dir werde ich es zeigen! Bindet mich los, damit ich Honos…“ Weiter kam er nicht, denn ein Soldat knebelte den Schmied mit einem alten Lappen und einem Ledergurt.

Erst bei Sonnenaufgang wurde Tartaros aus seiner Bredouille befreit. Er hatte alle Waffen abgeben müssen und wurde von den anderen gemieden. Brummelnd ritt er weit hinter den Anderen wie ein Aussätziger. Als die Männer mittags eine kleine Rast an einem Flüsschen machten, war von dem Schmied nichts mehr zu sehen. „Er scheint einen eigenen Weg eingeschlagen zu haben“, argwöhnte einer der Soldaten. „Soll er doch“, meinte Honos und zuckte gleichgültig mit den Schultern, während er einen Stiel einer Wildrose abbrach und an der Blüte schnupperte.

Die Männer tranken aus ihren Lederschläuchen, aßen einige Streifen gewürztes Trockenfleisch, dass sie sich ebenso ergaunert hatten wie die Pferde, und pflückten einige Beeren und Trauben, die in der Umgebung reichlich wuchsen. Honos lag entspannt und auf einem Halm kauend im hohen Gras unter einer alten schattenspendenden Buche und betrachtete eine kleine, weiße Wolke, die hoch am blauen Himmel entlang zog, bevor sie hinter den Baumwipfel tauchte. Von mehreren Seiten zwitscherten Vögel ihre Lieder, die Sonne wärmte angenehm seine Haut, wenn sich die Zweige bewegen, und ein leichter Windzug erfrischte ihn gleichzeitig. „Wie schön der Norden ist“; schwärmte er. Sollten diese barbarischen Weiber doch ihre Schreckensherrschaft im heißen, trockenen Süden ausüben.

Doch dann verpuffte die Idylle in einem Wimpernschlag. Jäh brachen Reiterinnen wie aus dem Nichts aus dem Dickicht: Kopfgeldjägerinnen. Honos sprang auf, seine Gefährten ebenfalls. Sie zogen ihre Waffen, doch es war bereits zu spät. Die Verfolgerinnen hatten die Männer umkreist und zielten mit gespannten Bögen auf ihre Leiber. „Lasst eure Schwerter fallen!“, befahl eine Reiterin, die in ihrer Lederrüstung und den mit Metalldornen beschlagenen Stiefeln martialisch aussah. Einer der Soldaten sprang tollkühn vorwärts und schleuderte sein Schwert über dem Kopf, doch er kam nur wenige Schritte weit. Schon hatten ihn zwei Pfeile durchbohrt. Leblos fiel er zu Boden und verscheuchte jegliche Hoffnung auf erfolgreiche Gegenwehr.

Honos und die zwei anderen Kämpen warfen ihre Waffen von sich. „Auf die Knie mit euch! Und die Hände hinter den Kopf!“, befahl die Reiterin. Die Männer gehorchten augenblicklich und sahen, wie mehrere Söldnerinnen von ihren Rössern glitten und sie an den Händen mit groben Hanfseilen banden. Wenige Momente später waren ihnen Eisenschellen um die Hälse gelegt, die mit einem weiteren Seil an den Reittieren befestigt wurden. So mussten die vier Männer hinter den Jägerinnen hermarschieren und schnappten nur Wortfetzen auf wie: „…zwar kein Troll, aber wenigstens vier Sklaven, wovon einer etwas Ertragreiches sein könnte…“

Honos wusste, dass die Kriegerin ihn meinte. Ahnte sie, dass er Majordomus unter Leda war? Wie sollte sie das wissen? Verhielt er sich irgendwie gewählter als die Soldaten?Oder verriet seine Kleidung etwas? Er sah an sich hinab: Nein, er trug die gleichen Beinkleider und einen ähnlichen Wams wie die Kerle. Und ihn schmückte auch kein Brandzeichen auf der Stirn, das ihn als Majordomus auszeichnete. Was für ein absurder Gedanke, bemerkte er und... Abrupt zerrte Honos mit dem Kopf wieder nach vorne, denn ein scharfer Ruck an seiner Eisenkrause zwang ihn dazu.

Seine Führerin nahm keine Rücksicht darauf, dass seine Beine ihn kaum noch trugen, dass er brennenden Durst hatte und dass seine Füße mit Blasen übersät waren. Im Gegenteil: Ein schmerzhafter Hieb mit einer Peitsche versetzte seinen Hintern in einen Flächenbrand. „Wirst du wohl deinen Arsch in Bewegung setzen, du Hund!“, hörte er hinter sich eine Söldnerin aufbrausend schimpfen. Honos stöhnte unterdrückt auf. Die Frau ritt neben ihn und drückte ihm die Schwertspitze unter sein Kinn: „Wenn du stolperst, schleifst du so lange auf dem Boden, bis du wieder aufstehst. Also lege lieber einen Schritt zu. Trägheit billige ich nicht.“ Ihre Augen blickten kalt wie die eines Raubfisches in die Welt.

Erst am Abend lagerten die Jägerinnen auf einer kleinen mit Moos bewachsenen Lichtung. Honos fiel entkräftet um wie ein Sack Reis. Die Anführerin kam zu ihm, der inzwischen an Armen und Beinen gefesselt neben seinen Kameraden auf dem Waldboden lag, und unterwarf ihn ihrer kaltblütigen Beobachtung. „Woher stammt ihr? Wem seit ihr davon gelaufen?“ „Wir sind freie Männer vom Westkontinent“, antwortete Honos, der eine penetrante Mücke aus seinem Gesicht pustete. Die Kriegerin sah sich um und blickte in die Gesichter ihrer Kameradinnen. Dann lachten plötzlich alle los. Das Weib in der Lederrüstung zog einen kleinen, verzierten Dolch und schnitt mit überraschender Geschicklichkeit und Geschwindigkeit die Beinkleider des Honos auf, so dass seine Männlichkeit blank vor aller Augen lag. „Und nun will ich die Wahrheit von dir Lügenbaron wissen!“ Die Klinge blitzte im Licht des nahen Lagerfeuers auf.

Helena lag auf einem goldsamtenen Diwan in ihrer Residenz und kostete den Schluck edlen Rebenblutes. Sie wartete begierig auf die Rückkehr ihrer Gesandten, die die Angaben des Abas überprüfen sollten, und nestelte ungeduldig an einem glitzernden Opal, den sie als in Gold eingefasste Brosche an ihrem Gewand trug. Es gab also eine alte Verbindung zu den Höhlen mit der Festung? Alte Minenschächte, die bis in das Höhlensystem führten? Abas hatte Helena den genauen Ort verraten, wo der Zugang zu den sagenumwobenen Höhlen war. Das hörte sich vielversprechend an.

Die zwei Soldatinnen waren eiligst aus der Residenz galoppiert, um zu der besagten Stelle in einer nahen Felsenschlucht zu reiten. Dort befand sich ein Teich mit einem Zufluss über einen Wasserfall. Hier im Süden war Wasser zwar ein kostbares Gut, doch führte der Fluss aus unerklärlichen Gründen Salzwasser, so dass sich gewöhnlich niemand für den Weiher und die Kaskade interessierte. Doch nun sollte er das Tor in die Unterwelt sein! Die Reiterinnen stiegen ab und betrachteten die Wasserwand. „Dahinter soll die Pforte zu einem gewaltigen Höhlensystem sein?“, fragte die eine ungläubig. „Wir werden es erfahren!“, prophezeite die andere bestimmt und stieg in das Wasser, das ihr am Ufer nur bis zu den Knien reichte.

Sie zog ihr Schwert, als erwarte sie ein Monster oder einen göttlichen Wächter mit blitzenden Dämonenaugen und Hörnern, der den Eingang verteidigte. Ihre Kameradin folgte ihr geschwindfüßig, zog aber sicherheitshalber auch ihre lange Klinge. Respektvoll näherten sie sich dem rauschenden Fall. Das Wasser schäumte und lärmte immer lauter in ihren Ohren. Die ersten Spritzer befleckten ihre Lederwesten und ihre Gesichter. Sie sahen sich an und dann sprangen sie wie eine Person todesmutig durch die undurchsichtige Wand…

… und fanden sich in einer kleinen Grotte wieder. Das Wasser dunkelte den natürlichen Felsraum stark ab, doch konnten die Soldatinnen noch gut die Umgebung aus hellem Gestein erkennen. Auf der anderen Seite des Gewölbes führte offenbar ein schmaler Gang in die Finsternis. „Hier können wir ohne Fackeln nichts ausrichten. Darin sind wir blind wie die Nacht“, stellte die Uniformierte fest. „Aber wie bekommen wir Lichter trocken durch den Wasservorhang?“, wollte die andere wissen. Zunächst kehrten sie um und berichteten der Statthalterin, was sie entdeckt hatten. Helena war begeistert. „Das muss der Eintritt sein, von dem Abas gesprochen hat. Ein Trupp soll die Höhle erkunden! Eilt!“

Also machten sich drei Soldatinnen und sechs Kampfsklaven auf den Weg. Auch Pechfackeln hatten sie dabei, die in dickes und gewachstes Leder eingebunden waren, damit sie trocken durch die Wasserwand gelangten. Sogar Proviant hatte die Gruppe dabei. Wer wusste schon, wie lange die Höhlengänge waren? Drei Kampfsklaven übernahmen die Spitze, drei folgten als Nachhut. Obwohl die Leibeigenen nicht zur Klasse B, also den riesigen Barbaren, zählten, waren sie viel größer und breiter als die Weiber und mussten sich an einigen Stellen des Ganges mühsam durch schmale Schlitze quetschen. Fast nirgends war der Gang hoch genug, dass die Männer gerade marschieren konnten.

Die Fackeln loderten und zauberten unheimliche Schatten an die rauen Felswände. Doch dann wurde der Gang so niedrig und schmal, dass die Männer nur noch kriechend vorwärts kamen. Die Soldatinnen blieben zurück. „Zwei von Euch erkunden den Gang“, befahl die Anführerin und zeigte auf die beiden „Freiwilligen“. Es dauerte lange, da kroch einer der staubigen Sklaven rückwärts endlich zurück und berichtete aufgeregt: „Wir haben eine weitere größere Höhle entdeckt. Aber der Zugang ist so eng, dass mein Kamerad an der Hüfte stecken geblieben ist.“ Die Centuria, die die Gruppe führte, schnaubte ohne Galanterie: „Aus dem Weg! Ich gehe selbst.“ Sie griff sich eine Fackel mit verkürztem Stab und kroch in den tunnelartigen Gang.

Vor ihrem Gesicht loderte die Flamme. Wenn das Feuer jetzt erlischt, bin ich verloren, fürchtete sie. Es wurde immer enger. Sie fragte sich, wie die Männer es überhaupt geschafft hatten, ihre umfangreichen Leiber hier hindurch zu zwängen. Bald schon erkannte sie die Umrisse von Füßen, von Beinen und den Hintern des Sklaven, der in dem Zugang zu der entdeckten Höhle steckte. „Mach, dass du weiter kommst!“, befahl die Centuria streng. „Aus dem Weg!“ Eine dumpfe Antwort ertönte. „Ich versuche es ja. Aber meine Hüfte sitzt fest!“ Der Leibeigene stützte sich mit den Händen an der Felswand ab und versuchte mit aller Kraft, seinen Unterleib aus dem Gang zu drücken, doch alle Versuche blieben erfolglos. „Mir scheint, ich kann dir helfen“, rief die Soldatin. Der Sklave fragte sich skeptisch, wie die zierliche Frau die Kraft aufbringen wollte, ihn…

…doch im nächsten Moment war ihm klar, was das Ansinnen der Anführerin war. Sie heizte seinem Allerwertesten mit der Fackel ein. Die Schreie des Sklaven hörte sie dumpf durch die Felsen und schmunzelte. Sie schwenkte die Flamme hin und her über seine Hinterbacken, verharrte hier, stoppte dort und presste die Glut ins Fleisch. Das Brennen wütete wie ein Malstrom in der gepeinigten Kreatur. So ein loderndes Holz war doch ein hervorragendes Mittel, um Sklaven voranzutreiben. Und schon bald flutschte der Leibeigene wie ein Korken aus einer Flasche in die Höhle. „Geht doch!“, freute sich die Centuria über ihre furiose Hilfe und kroch hinterher.

Die Grotte war größer als der Thronsaal der Fama. Und sogar gewaltiger als der Thronsaal der Megara, vermutete die Centuria. - Bald würde sie es genau wissen, falls dieses Höhlensystem wahrhaftig bis zu den Minenschächten unter der Festung reichte. Die Centuria leuchtete in dem großen Felsunterschlupf umher. Leider fand sie keine weiteren Gänge oder Schächte. „Sollte das etwa eine trostlose Sackgasse sein?“, sinnierte sie, und ihre Worte hallten von den Steinwänden wider. „Vorwärts!“, befahl die Uniformierte dem Sklaven scharf und versetzte ihm einen kräftigen Tritt in den noch heißen Hintern. „Prüfe die Wände, ob da irgendwo ein Durchgang zu finden ist.“

Der Sklave tastete sich vorsichtig vor und suchte nach einer Öffnung in der rauen Wand. Doch nirgends war etwas zu entdecken. „Hier ist nichts“, rief er zu der Centuria, als er alles abgesucht hatte und hörte sein eigenes Echo. „Versuche es noch einmal! Hier muss ein Weg sein!“, behauptete die Uniformierte borniert und trank aus einem Lederschlauch einen Schluck Wasser, beseelt in der Hoffnung fündig zu werden. Schließlich kroch sie zurück, um die anderen und mehr Fackeln zu holen. Nun stand der Sklave in stockfinsterer Dunkelheit. Irgendwo tropfte es. Der Mann drehte sich angstvoll im Kreis und suchte die Schwärze nach gefährlichen Tieren, Unholden oder Dämonen ab, doch er konnte nichts erkennen.

War das Wasser, das sich an der Decke sammelte und hinabtropfte? Oder stand im Schatten der Finsternis ein sabberndes Monster gar, dass nur darauf gewartet hatte, ihn zu fressen? Beseelt von tiefster Furcht und Beklemmnis zitterten seine Glieder. Wo blieben sie denn?, fragte sich der Mann nach einer Weile. Als nach einer gefühlten Ewigkeit immer noch niemand erschien und auch nichts zu hören war, versuchte er zurück in den Gang zu kriechen, aus dem er gekommen und die Centuria wieder verschwunden war, doch passte er einfach nicht hindurch. Wie sollte er nun überhaupt jemals wieder diese teuflische Falle verlassen?, durchschoss ihn panisch ein Gedanke. Der Verzweifelte versuchte hektisch in den Zugang zu krabbeln, aber egal, wie er sich verrenkte, er schaffte es nicht. „Hallo? Hilfe!“, rief er in seiner Not. Seine Stimme zitterte. Wo blieben nur die anderen? Sie hätten längst hier sein müssen.

Die Centuria war zurück gekrochen, hatte von der Höhle erzählt und meinte schließlich: „Lasst uns zuerst eine kleine Mahlzeit zu uns nehmen und ein wenig ausruhen, bevor wir alle in die Düsternis vordringen.“ Das ließen sich die Soldatinnen und die Leibeigenen nicht zwei Mal sagen. Erst nach geraumer Weile machten sie sich auf den Weg zu dem zurückgelassenen Sklaven, der in der Dunkelheit mittlerweile Panik, Platzangst und Furcht vor bösen Geistern durchlebte und am ganzen Leib schlotterte.

Als die drei Uniformierten und fünf anderen Kampfsklaven in dem Hohlraum endlich erschienen und ihn mit ihren Fackeln ausleuchteten, saß der Sklave in einer Ecke zusammengekauert und zitterte vor Angst. „Nicht mehr allein lassen, bitte…“, stammelte er. Eine brünette Schwertträgerin seufzte. „Sklavenpack! Keinen Schneid, keinen Charakter. Was für armselige Geschöpfe!“








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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:29.05.21 16:02 IP: gespeichert Moderator melden


Viele Meilen weiter im Osten saß Caduceus über eine Schale mit Kräutern und einem geheimnisvollen Sud gebeugt. Trotz Verbot seiner Herrin hatte er erneut die Dämpfe entzündet, die ihm Sehkraft schenkten. Der Alchimist sah Leda nur sehr verschwommen. Die Königin war noch immer als Magd irgendwo… gefangen? Er konnte es nicht genau erkennen. Der Nebel in seiner Vision war einfach zu undurchdringlich. Doch in seinen Bildern tauchte jäh die alte Tyrannin Megara auf. Sie saß nicht auf ihrem Thron sondern lief gehetzt und Hals über Kopf durch einen engen Gang… eine Höhle… Oder war es ein Minenschacht? Hunderte Leiber verfolgten sie… Was hatte das zu bedeuten?

Caduceus konnte sich keinen Reim auf die ominösen Erscheinungen machen. Dann verschwand die Vision und ein neues Bild erschien vor seinen Augen: Abas, der Königsgemahl saß neben Leda auf dem Thron. Die Beiden wurden vom Volk bejubelt. Warfen da große Ereignisse ihre Schatten voraus? Caduceus bekam rasende Kopfschmerzen, als würden kleine bösartige Zwerge mit Spitzhacken in seinem Schädel arbeiten. Er schüttelte das Haupt und verjagte alle Bilder. Hatte er die Vergangenheit gesehen? Oder gar die Zukunft? Würde Leda wieder den Thron des Reiches besteigen?

Der Alchimist war so aufgeregt, dass er sein Tintenfässchen umkippte. Hastig rettete er die Pergamente, die in der Nähe lagen, doch einige Schriften waren besudelt und nicht mehr zu gebrauchen. Das Gewerk von Stunden! Caduceus machte sich seufzend daran, sein Missgeschick zu beseitigen und die befleckten Seiten zu ersetzen. Aber seine Gedanken waren dabei forthin nicht den Buchstaben sondern Leda, Abas und Megara zugewandt.

Am folgenden Sonnenaufgang wachte er nicht von Vogelgezwitscher, sondern vom Klatschen der Peitsche auf. Er zog sich schnell sein zinnoberrotes Wams über und blickte aus dem kleinen, vergitterten Fenster seiner Kammer: Auf dem Innenhof wurde einer der Feldsklaven gezüchtigt. Die mit Knoten gespickte Geißel war gefürchtet und maßlos grausam. Caduceus eilte hinaus und blieb an dem überdachten Weg entlang des Gebäudes stehen, um einen Haussklaven zu fragen, warum der Leibeigene eine so schwere Strafe erhielt. Der Diener raunte: „Es geht das Gerücht, dass ein Troll aus der Metropole geflüchtet und Richtung Osten unterwegs sei. Er könnte sich hier irgendwo in den Wäldern aufhalten. Der Sklave hatte so große Bangigkeit, dass er zum Haupthaus geflüchtet ist und um eine andere Arbeit gebettelt hat. Aber die Verwalterin hat gesagt, die Peitsche bräche ihn zur Besinnung, so dass er die Scheu vor dem Troll verlöre.“

Caduceus tat der Mann leid, denn er hatte wahrlich aus Furcht gehandelt. Er schritt zu seiner Herrin, die er auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes bemerkte, und bat höflich um Gnade für den Sklaven, der schon erschöpft über dem Strafbock hing wie ein nasser Sack. Womöglich hatte „Euer Großartigkeit“ ja ein Fünkchen Mitleid. Danach konnte sie sich im Glanz ihres Großmutes sonnen.

Die Gebieterin hörte dem Alchimisten gnädig aber auch gelangweilt zu. Kein anderer Sklave hätte es gewagt, sie ungefragt anzusprechen. Caduceus erbat sogar Erbarmen, brachte ungefragt eine Bitte vor. Das war tollkühn. Er hatte von dem schrecklichen Gerücht gehört, was mit einem Dienstboten geschehen war, der um eine Gefälligkeit gebeten hatte. Die Dame des Hauses hatte den Unglücklichen von kräftigen Knechten festhalten lassen und eine Schmiedezange gegriffen. Dann hatte sie das Instrument an den ersten Fingernagel angesetzt und wie bei einem Abzählreim Ja und Nein abgewechselt - nach jedem Finger. Da sie mit Ja angefangen hatte, endete der zehnte Fingernagel mit Nein. Somit war die Bitte abgelehnt. Eine kleine Lehrstunde ganz nach ihrem Geschmack.

Doch heute seufzte die Gebieterin lediglich und hob die Hand, worauf das Weib mit der Peitsche sofort die Züchtigung unterbrach. Caduceus sah erleichtert zu der Verwalterin des Hauses, die für die Bestrafungen zuständig war. Sie trug eng anliegende Hosen, die nach außen weit ausgestellt waren. Schwarze, kniehohe Lederstiefel bedeckten ihre Füße und Unterschenkel, ein weißes Seidenhemd mit Rüschen trug sie am Leib, über das sie eine feine Lederweste gestreift hatte. Die rechte Hand, die die Peitsche hielt, war in einen schwarzen Lederhandschuh gehüllt.

Die Zuchtmeisterin zog diesen nun aus und steckte ihn sich in den breiten Gürtel. Sie sah fragend zu der Hausherrin hinüber. Caduceus hatte sein Ziel tatsächlich erreicht. Mit einem Zeichen sorgte die oberste Dame des Hauses dafür, dass die Bestrafung beendet war. Ihre Verwalterin band den Sklaven mürrisch los, der kraftlos in den Staub fiel. Als sie ihn mit der Peitsche auf die Beine bringen wollte, rief die Lady über den Platz: „Gebietet Einhalt! Schafft ihn in seine Unterkunft und sorgt für einen Heilsud und einen Verband.“

Die garstige Verwalterin schaute, als habe sie gerade etwas Unerhörtes wahrgenommen. Sie hätte lieber den Peitschengriff als Knüppel verwendet, um das faule Pack vom Boden zu prügeln. Sie hätte ihm die Lederschnur um den Hals gewickelt wie eine Garotte und es hoch gezwungen. Rute und Strafe gab den Sklaven Weisheit und Manieren, so hieß es. Doch sie führte die Anweisungen gewissenhaft aus, schickte einen Diener mit der Kräuterzubereitung und einem Leinenverband, den er dem Delinquenten um die Hüfte wickelte, nachdem er ihm die kühlende Mixtur vorsichtig mit einem kleinen Spatel auf den Hinterbacken verteilt hatte.

Die Gebieterin wunderte sich wegen der rührenden Sorge um den erbärmlichen Angsthasen und ließ Caduceus später am Tage bei sich erscheinen, um ihn wegen der Sache zu befragen. Sie wusste selbst nicht so genau, warum sie dem Wunsch des Alchimisten entsprochen hatte. Caduceus erwähnte die verwirrenden Traumbilder, die er gehabt habe. Von Leda und Abas auf dem Thron und dem Untergang des Matriarchats. Die Herrin spottete: „Und daran glaubst du, Narr? Mannsbilder werden niemals die gleichen Rechte besitzen wie Damen. Welch Absurdität! Vergleichst du auch edle Rösser mit Gewürm? Also... schlag dir diese Flausen aus dem Kopf! Der Sklave hat die Züchtigung verdient. Und er hätte noch mehr Schläge bekommen. Ich lasse bereits schon viel zu viele Kapriolen durchgehen. Weißt du nicht, wie es in anderen Häusern zugeht?“

Sie grinste. Caduceus schaute sie verdutzt an. Die Lady erzählte von der Nachbarin, einer mondänen Großgrundbesitzerin mit hunderten Sklaven, die auf ihren Plantagen schufteten. „Dort ist das Spießrutenlaufen eine beliebte Unterhaltung. Auch die Herrin und alle weiblichen Angestellten beteiligen sich mit Freude und ganz nach Gutdünken daran. Wenn ein Sklave seinen Tagessoll nicht erreicht, läuft er mehrfach die Reihe auf einer Chaussee entlang…“ Und je mehr sie von den drakonischen Bestrafungen bei der Nachbarin erzählte, desto erleichterter war Caduceus bei seiner Edeldame zu leben, die zwar auch mit eiserner Rute regierte, doch gerecht waltete.

Am Nachmittag besuchte er den wunden Sklaven, der auf dem Bauch lag und stöhnte. „Wie geht es dir?“, fragte er mitfühlend. Der Liegende bedankte sich bei dem Alchimisten für seine Anteilnahme. Doch dann begann er zu weinen. Caduceus schaute ihn irritiert an. „Welch Unbill peinigt dich noch?“ Der Sklave ließ seinem Jammer freien Lauf. „Die Verwalterin war vorhin hier. Sie hat mir angedroht, Salz und Pfeffer auf meinem Arsche zu verreiben.“ Caduceus war entsetzt von solcher Grausamkeit. Aber was sollte er tun, solange niederträchtige Weiber alle Rechte und Herzen aus Stein hatten und die Schale ihres Zorns über hilflose Kreaturen ausgossen? Männer hatten sich zu fügen. Sie mussten ihr Schicksal begreifen und annehmen oder verzweifeln. Doch Caduceus erinnerte sich an seine Traumbilder. Vielleicht wurden die Visionen ja doch eines fernen Tages wahr.

Als die Centuria bei der Statthalterin vorsprach und erklären musste, dass die große Höhle eine Sackgasse war, zitterte ihre Stimme. Würde Helena sie dafür verantwortlich machen? Würde sie als Überbringerin der schlechten Nachricht bestraft werden? Doch glücklicherweise schritt Helena zu ihrem Prügelsklaven, um sich an diesem auszutoben, der nun tapfer sein Scherflein dazu beitragen durfte, damit die edle Dame sich wohler fühlte. Schwerer wurde ihr Arm, doch die Last des Ärgers fiel von ihr.

Hätte die Centuria kein Stirnband getragen, wäre ihr der Schweiß in die Augen gelaufen. Erleichtert und befreit von Unmut verließ sie die Residenz. Im Nachhinein musste sie über den Befehl zur Erforschung der Höhlengänge sogar schmunzeln. Auf dem Rückweg hatte sie noch Mal ihr Vergnügen gehabt. „Wie flink und emsig doch der fette Arsch des Sklaven durch den Gang gepasst hat, als ich ihn ein wenig mit dem Fackelstumpf angetrieben habe“, erinnerte sie sich amüsiert.

Helena sah die Lage weniger belustigt. Sie plagte, dass ihr Plan, Megaras Festung unterirdisch zu stürmen, misslungen war. Erzürnt ließ sie Abas vorführen. Die Palastwachen zwangen den Königsgemahl auf die Knie. „Rede!“, forderte die Statthalterin mit einer Stimme wie eine Klinge aus absoluter Dominanz und poliertem Schneid. „Wo ist der Zugang zu der Zitadelle? Die Höhle ist nicht mit den Minenschächten verbunden!“ Abas hob abwehrend die Hände: „Aber ich habe doch niemals behauptet, dass es einen direkten Durchgang gibt…“ Helena schnaubte zornig und spuckte ihm spritzend ins Gesicht. „Bringt ihn zurück in den Kerker. Und nehmt ihm die Kleider und schließt ihn in das Eisenbrett!“ Ihre geifernden Worte hallten in den Mauern nach und waren so schneidend, als wollten sie die Steinblöcke zu Staub zerbröseln.

Abas wurde hochgerissen und so schnell mitgenommen, dass er halb stolperte, halb über den Marmorboden schleifte. An der dicken Eichentür vor der Treppe in die Gefangenengewölbe waren alte Worte eingemeißelt: - Lass alle Hoffnung fahren. - Von Moosbewuchs und Dreck waren sie kaum noch leserlich. Niemand wusste, wer sie einst dort verewigt hatte. Helena erschien kurz darauf ein zweites Mal bei ihrem Prügelsklaven, der sich mit jämmerlichem Gesicht die blauen und roten Striemen auf seinem Hinterteil besah. Seine Augen quollen ihm fast aus dem Kopf, als die Statthalterin mit sauertöpfischer Miene erneut zur Gerte griff…

Während die unterdrückten Schreie des Prügelsklaven dumpf bis auf den Hof der Residenz drangen, öffnete sich dort ein schweres Holztor mit schweren Eisenbeschlägen: 24 Kampfsklaven aus einer Einheit im Westen marschierten in Reih und Glied hinein. Ihre rustikalen Rüstungsteile klapperten, die Schnürsandalen an ihren Füßen stampften im Gleichtakt. Mehrere Soldatinnen überwachten die kleine Parade. Als Nachhut folgten sechs Leibeigenen, die völlig nackt in Ketten versuchten, den marschierenden Vordermännern zu folgen.

Und das war gar nicht so einfach, denn die Sechs waren so verkettet, dass Fußgelenke und Gemächt der Leibeigenen mit einer kurzen Kette verbunden waren, die sie in die Hocke zwangen. Die Hände waren ihnen im Nacken an ihren Halsring gefesselt. „Was haben diese Exemplare sich zu schulden kommen lassen?“, wollte eine der Soldatinnen wissen. Ihre Nachbarin wusste: „Sie sind aus einer Schwefelmine desertiert. Haben wegen der Dämpfe nach Luft geschnappt und gejammert, sie ersticken. Die Bezirksduxa wird an ihnen ein Exempel statuieren. Man munkelt, sie sollen in eine Höhle gebracht werden…“

Die beiden Frauen betrachteten die sechs Gefangenen, wie sie in ihrem erzwungenen und schokanten Entengang noch mehrfach im Kreis über den Hof gejagt wurden. Eine andere, junge Soldatin mit geflochtenem Haar kicherte leise, als sie sah, wie einer der Leibeigenen sich dabei versehentlich immer wieder die Männlichkeit zerrte und quiekte. Ein anderer Sklave verlor das Gleichgewicht und kippte in den Staub. Sofort schlugen zwei blonde Wächterinnen mit dicken und breiten Lederstreifen gleichzeitig auf ihn ein. „Wirst du wohl deinen Arsch heben und weiterlaufen!?“, hieß es im Befehlston. Doch die geschwächte Kreatur kam in seiner Fesselung nicht mehr auf die Füße. Bei ihren hilflosen Versuchen strampelte sie, stöhnte verzweifelt und jammerte, doch dann schaffte sie es irgendwie doch noch, unter den auf sie einprasselnden Beschimpfungen, Hieben und Tritten in Position zu kommen und gedemütigt hinter den anderen so geschwind sie konnte herzuwatscheln. Elend und Mühsal hießen das täglich Brot eines Sklaven.

Nordwestlich der Metropole näherten sich einige Reiterinnen mit vier Männern. Honos und die drei ehemaligen Soldaten der Leda wankten erschöpft mit auf dem Rücken gebundenen Händen hinter den Berittenen her, die sie an einem Seil führten wie Kälber.
Honos konnte es immer noch nicht fassen, dass er diesen Furien alles geschildert hatte. Sie wussten nun, dass er Majordomus der Leda war, sie gemeutert hatten, auf einem fremden Kontinent gestrandet waren, nun wieder hier waren, und das Leda noch lebte. Was so eine kleine, scharfe Klinge an einem Gemächt nicht alles bewirkte! Vor allem, wenn es sein eigenes war!

Honos war sich klar, dass er nun nicht einfach als Leibeigener auf irgendeinem Sklavenmarkt verschachert, sondern als politische Geisel festgehalten wurde, falls Leda jemals wieder an die Macht zu kommen versuche. Ein lebenslanger Kerkeraufenthalt erwartete ihn. Diese Bürde hatten die Schicksalsgöttinnen für ihn ersponnen. Tartaros, der eigensinnige Schmied, hatte es da ja noch fein getroffen, ärgerte sich Honos. Der Kerl würde nun in den nördlichen Wäldern leben. Frei. Doch da irrte Honos gewaltig.

Tartaros war zunächst den vier ehemaligen Gefährten in einiger Entfernung gefolgt, hatte sich dann aber weiter im Osten abgesetzt. Am Abend hatte er ein Lager aufgeschlagen und war gerade dabei, vor seinem Lagerfeuer, das nur noch vor sich hin glühte, einzuschlummern, da wurde er auf ein Mal hellwach. „Was war das?“ Er wollte sein Schwert ziehen und musste zu seinem Schrecken merken, dass sein Gürtel leer war. Honos hatte ihm die Waffen genommen, erinnerte er sich entsetzt! Was sollte er nun tun? War das ein wildes Tier gewesen? Eine Art Brüllen. Halb menschlich, halb animalisch.

Tartaros tastete nach einem dicken Holzstück, das an seinem anderen Ende noch glühte und griff es mit seiner kräftigen Hand. Wer ihn überfallen wollte, der musste es mit ihm aufnehmen. Der wackere Tartaros spannte Zoll um Zoll seine starken Muskeln an. Nur wenige Recken konnten es in Körperkraft mit ihm aufnehmen. Und auch im Faustkampf war er geübt. Doch was sollte er gegen einen Bogenschützen unternehmen? Aber ein Bogenschütze stampfte nicht so laut daher und brüllte. Das musste ein großes Tier sein.

Tartaros lugte in die Dunkelheit. Er war bereit, den Knüppel auf den Gegner zu schmettern, dass sowohl Holz wie auch Schädel des Angreifers zersplitterten… Wieder das Brüllen. Nur noch lauter. Näher. Tartaros Herz raste. Zweige schoben sich zur Seite. Tartaros machte sich bereit. Er würde es notfalls mit einem Bären oder einem Panther aufnehmen… Jetzt bewegten sich nicht nur Zweige sondern ganze Äste zur Seite, knackten, brachen, stürzten zu Boden. Schließlich schien es sogar zwei junge Bäume auseinander zu reißen. Der Kopf des Schmiedes schob sich in den Nacken. Er sah mit offenem Mund nach oben.

Vor ihm stand eine über zwei Mann große Wand aus Fleisch, wie er sie nimmer für möglich gehalten hatte. Der Erstarrte wurde aschfahl und stieß ein tiefes Stöhnen aus, die Götter mögen diesen Kelch an ihm vorbei gehen lassen, aber der Troll war das Letzte, das Tartaros in seinem schnöden Leben sah. Einen Herzschlag später krachten die monströsen Pranken des Untiers auf sein Opfer nieder.

Als die Söldnerinnen bei Fama, der Siegreichen, vorsprechen wollten, wurden sie zunächst von den Gardistinnen barsch abgewiesen. „Kein Troll – kein Einlass – keine Belohnung!“, stellte die Uniformierte prägnant fest. Doch als die Anführerin der Kopfgeldjägerinnen von einem besonderen Fang berichtete, wurde die Gardistin hellhörig. Es dauerte nicht lange, bis die Frau mit Honos vor der ehrwürdigen Königin Fama stand. „Honos“, sagte die Regentin, und ihr Tonfall troff dabei vor Spott und Hohn. „Der Majordomus der Leda. Sieh an!“

Die Söldnerin wurde großzügig mit Goldmünzen aus einem ledernen Portefeuille bedacht und bedankte sich mit einer tiefen Verbeugung vor der Majestät. Sie verließ die Residenz und stolzierte die große Treppe des Anwesens hinab auf, vorbei an den Gardistinnen und zurück auf die gepflasterte Straße. Ihren Kameradinnen gab sie einen nur geringen Anteil der Belohnung ab. Mit den Worten „mehr war Honos nicht wert“ teilte sie jeder Jägerin drei Goldmünzen aus und ergänzte großzügig: „Nehmt die drei übrigen Sklaven. Mir bleiben als Anführerin ja fünf Goldmünzen. Da sollt ihr den Rest noch unter euch aufteilen dürfen.“

Damit verabschiedete sie sich samt ihrer angeblichen Großzügigkeit pfeilgeschwind. Unter ihrer Lederweste fühlte sich der Filzbeutel mit den 15 Goldmünzen, die ihr geblieben waren schwer und gut an. Zur Feier des Tages würde sie ein Lusthaus aufsuchen und sich von einem Sklaven verwöhnen lassen. Von Kopf bis Fuß…


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AlfvM
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:30.05.21 11:44 IP: gespeichert Moderator melden


Klasse weiter so GLG ALF
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sheeeep Volljährigkeit geprüft
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:30.05.21 15:21 IP: gespeichert Moderator melden


Ich schließe mich meinem Vorredner in jeder Weise an! Tolle Fortsetzung!
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prallbeutel Volljährigkeit geprüft
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:03.06.21 12:04 IP: gespeichert Moderator melden


Danke für die Feedbacks!

Hier kommt die Fortsetzung:

Die anderen Söldnerinnen ahnten nichts davon, dass sie betrogen worden waren und waren mit den drei Goldmünzen recht zufrieden. Für die drei anderen Sklaven würde es zusammen nicht einmal einen Bruchteil dessen geben. Was konnte man für drei Goldmünzen alles erwerben?! Einen neuen Waffenrock, eine gute Klinge, feine Mahlzeiten in Tavernen und reichlich Wein, um sie hinunterzuspülen. Doch als erstes zog es sie in ein Lusthaus, um dem Fleische zu frönen. Nur eine einzige der Frauen bestand darauf, die Sklaven vorher auf einem Markt zu verhökern, um das Geschäft abzuschließen. Die Kameradinnen wollten sich nicht damit aufhalten und schenkten ihrer Waffenschwester kurzerhand die drei minderwertigen Subjekte.

Also zog die Söldnerin alleine mit ihnen los. Nur zwei Gassen weiter bemerkte sie schon eine kleine Bühne, auf der Dutzende Sklaven eng aneinandergereiht in Ketten standen und verschachert wurden. Die Sklavenhändlerinnen hatten es in dieser Zeit nicht einfach. Die Preise waren so tief wie der Westozean und entsprechend war die Gewinnspanne so niedrig, dass sich das Geschäft kaum noch lohnte.

Die Befürchtungen der Jägerin wurden wahr: Die Händlerin wollte die drei Sklaven nicht kaufen – höchstens beinahe geschenkt nehmen. Hinzu kam, dass die kläglichen Exemplare keine erzogenen Leibeigenen waren, in denen ein tiefer Gehorsam innewohnte und die Kommandos und bedingungslose Loyalität gelernt hatten. Sie würden bei der nächsten Gelegenheit weglaufen oder gar die Hand gegen ihre Gebieterin erheben. Das vergällte ihr die Freude an ihrem neuen Hab und Gut vollends.

„Vielleicht sollte ich sie einfach irgendwo anbinden und vergessen“, seufzte die Söldnerin, „und mich einer neuen gerüsteten Truppe anschließen, um den Troll doch noch zu finden“. Sie blickte ihr Trio vorwurfsvoll an, als habe es die Schuld an seiner Wertlosigkeit. Drei fette Schweine wären ihr lieber gewesen. Oder nur drei Hühner. Frustriert rieb sie sich über den Paspel ihres Wamses. Kein Wunder, dass ihre Kameradinnen ihr dieses Präsent gemacht hatten. Das Trio war nichtsnutzig.

In den Tiefen unter einer Trutzburg waren schwere Schritte von derben Stiefeln und das Klirren von Ketten zu hören. Honos wurde mit kurzen, schweren Fußketten in einen dreckigen, dunklen Kerkerraum gestoßen. Anschließend kamen die zwei Wächterinnen, die ihn hinab gebracht hatten, zu ihm und steckten seine Handgelenke in ein Eisenbrett, das über seinem Kopf an dem groben Mauerwerk eingesetzt war. Wenigstens war das Prangereisen so nah am Boden angebracht, dass er dabei sitzen konnte.

Als die Uniformierten den Kerker verließen, konnte Honos im Schummerlicht Umrisse von zwei vorgebeugten Gestalten sehen. Er hatte offenbar zwei Mitgefangene. Die Gefangenen kamen langsam näher. Sie sahen aus, als würden sie schon lange in diesem Kerker vegetieren. Ihre Kleider waren nur noch schmutzige Fetzen, die ihre dreckigen Leiber kaum bedeckten. Ihr Schopf fiel tief hinab und ein langer krauser Bart zierte die Brust der Männer.

Honos fragte: „Wer seid ihr? Ich heiße Honos. Ich… He da!“ Die Kerle zerrten an seiner Kleidung und rissen sie ihm vom Körper. „Was soll das? Finger weg! Das sind meine Sachen!“ Doch die Männer zogen, zerrten und rissen an dem Stoff, bis jeder von ihnen seinen Teil hatte und sich die Leinenstücke um den Körper wickelte oder knotete. Honos dagegen saß nun splitternackt in seiner Fesselung, die Arme noch über dem Kopf in Prangereisen gefangen. Fassungslos blickte er zu den dreisten Plünderern.

Lange Zeit später öffnete sich ein Schlitz in der Eisentür: Eine Wärterin schob drei Holzschalen mit Haferschleim hinein und dazu einen verbeulten Kübel mit abgestandenem Wasser. Die Männer fielen über das Essen her, wie hungrige Tiere. Honos hatte kein großes Verlangen nach dem unappetitlichen Brei, doch so langsam knurrte ihm der Magen vor Hunger. „He, da, seid so frei“, rief er den Mitgefangenen zu. „Bringet ihr mir meine Schüssel, bitte? Wie soll ich essen mit den Armen über dem Kopfe?“ Die Männer sahen kurz und gleichgültig auf, doch dann widmeten sie sich wieder ihren Näpfen. Einen Löffel hatten sie nicht zur Verfügung, daher mussten sie mit den Fingern den Brei in ihre Schlünde schaufeln.

Als ihre Schüsseln leer waren, teilten sie sich die dritte Portion. Honos sah hilflos zu. „Aber… Das ist doch meins…“ Die zwei Männer beachteten seine Einwände nicht und schaufelten Honos Anteil gierig in sich hinein. Hoffen und Harren machte eben so manchen zum Narren. Wenigstens hielten sie ihm den Kübel Wasser hin, der allerdings nur noch ein paar Schlucke enthielt, die er trinken konnte.

Einige dicke Steinmauern über dem Gefangenen wechselte ein Säckchen mit Goldmünzen die Besitzerin: Eine Wächterin nahm den kleinen Lederbeutel rasch aus jungen Händen entgegen. Aurora und Vesta blickten verstohlen um sich, dass sie niemand sah. Die gerüstete Frau winkte die beiden Edelfräuleins hinter sich her und schloss die knarrende, dicke Kerkertür auf. Eine lange Wendeltreppe mit ausgetretenen Stufen ging es hinab. Die Luft hier unten war unangenehm feucht und schwül. Die Uniformierte führte ihre zwei Gäste durch einen langen Gewölbekorridor, an dessen rohen, kahlen Wänden Fackeln leuchteten. Vesta und Aurora bekamen Beklemmungen in dieser trostlosen und engen, dunklen Umgebung.

Danach ging es durch eine Gittertür und einen weiteren Gang entlang. Links und rechts führten dicke Türen zu Verliesen. Es folgten einige Zellen mit Gitterwänden, die nur zum Teil bewohnt wurden. Vesta schrie schrill auf, als ein Gefangener aus der Dunkelheit hervor geschossen kam und ihr seine schmutzige Pranke entgegenstreckte: „Wasser, Herrin. Bitte habet Erbarmen mit einem armen, unbedeutenden Sünder…“ Ruckartig zog der Gefangene seine Hand zurück, als die Wächterin mit einer Rute danach schlug. „Kommt, weiter“, drängte sie die beiden Fräuleins und beschleunigte ihre Schritte, die in dem Gewölbe laut klackten. Aurora wäre gern noch verweilt, um den armen Tropf in seinem Kerker zu hänseln. Aber es gab wichtigeres zu tun.

Und endlich erreichten sie eine weitere dicke Tür, deren massige Eichenbohlen von außen mit schweren Eisennieten und Verschlägen verstärkt waren. Als die Tür aufschwang, winkte die Wächterin die beiden Damen hindurch. „Was immer ihr vorhabt, macht es flink, bevor meine Ablösung erscheint“, wies sie die jungen Frauen an. Vesta und Aurora schlüpften in die Zelle. Die Luft war furchtbar und beleidigte die verwöhnten Näschen der feinen Damen. Aber darüber verloren sie kein Wort. Sie sahen Amatio vor sich: Er lag in Ketten auf einem eisernen Dornenbett und stöhnte vor sich hin.

„Erkennst du uns?“, beugte sich Vesta über den Sklaven. „Wir kommen zu einem Anstandsbesuch.“ Amatio blickte sie nicht an. Seine Augen wirkten blind. Ob er es wirklich war, konnten die feinen Damen nicht sagen. Er trug einen schmutzigen Lendenschurz, sonst nichts. Aurora streckte ihre behandschuhten Finger aus und hob den dreckigen Stoff an, warf ihn nach oben auf Amatios Bauch und grinste böse. „Du wirst wohl kein Weib mehr beglücken!“ Vesta griff unter ihr langes, bauschiges Kleid und zog einen schmalen, langen Dolch aus einem rosenweißen Strumpfband. Sie richtete die Klinge auf Amatio und sprach kalt wie Eis: „Du bist schuld an unseren Keuschheitsgürteln. Dafür wirst du voll Harm dein Leben aushauchen!“

Theatralisch hob sie die Waffe, doch in diesem Moment öffnete sich hinter ihr die Tür und eine Stimme rief erbost: „Haltet ein!“ Vesta und Aurora drehten sich überrascht um: eine andere Wachfrau. Aurora zischte in einer Mischung aus unverhohlener Wut und Distinguiertheit: „Verschwindet! Wir sind noch nicht fertig!“ Doch die Uniformierte kam herein und schloss die Tür hinter sich. Dann zog sie ihr Schwert. „Ich habe genug gesehen und gehört. Ihr seid wahrlich Bestien. Ihr habt nichts als den Tod verdient!“

Die beiden Edeldamen sahen sich bestürzt an. „Ihr…. Gerra?“, japste Vesta nach Odem, als habe sie einen Tritt gegen die Rippen erhalten. Aurora wurde noch bleicher als ihr Antlitz sowieso schon war. Die Schmiedemeisterin! Sie lebte! Und sie war hier in der Metropole!? Gerra kam auf die beiden Fräuleins entschlossen zu. „Wenn ich Fama nicht töten kann, so soll wenigstens ihre verkommene Brut aus dieser Welt getilgt werden.“ Mit diesen Worten hob sie drohend ihre Klinge, bereits in Reichweite zu den verschreckten jungen Ladys, die in höchster Not zitterten wie Espenlaub. Ihre ganze Hybris war dahingeschmolzen wie Butter in einem Kupfertopf über dem Feuer.

Viele Meilen weiter westlich waren Helena und ihre Armee immer noch unschlüssig, wie sie die Festung der Megara stürmen könnten, in der sich die Tyrannin verbollwerkt hatte. Die Höhle war eine Sackgasse gewesen, doch Fama, die Siegreiche, drängte darauf, dass die alte Tyrannin endlich aus ihrem Bau zu holen sei. Die Sklavenhändlerin Ceres war längst zu einer maßgeblichen Beraterin geworden und in den Stand einer Duxa erhoben worden, was ihr sehr schmeichelte. Und gemeinsam mit der Statthalterin entwickelte sie bereits einen neuen perfiden Plan.

Sie musste erfahren, ob Abas die Wahrheit gesprochen hatte, oder ob es einen anderen Eingang zu dem Höhlensystem gab, der schließlich doch noch eine Verbindung zu Megaras Bastion fand. Aber dieses Mal nutzte sie nicht die Tortur sondern ging subtiler vor. Noch an diesem Tag erhielt der Königsgemahl einen Mitgefangenen. Erst, als der neue Zellenbewohner seine Filzkapuze lüftete, erkannte Abas überrascht: „Ein Weib? Wer seid Ihr? Warum hat man Euch zu mir gesteckt?“ Die Mitgefangene war schmutzig, als habe sie sich durch einen Kohlenkeller gerollt, doch wunderschön waren ihre Züge. „Ich heiße Ceres. Ich war Gardistin unter Königin Leda. Man hat mich im Westen gefangen genommen. Ich soll in diesem Kerker verrotten, weil ich weder Megara noch Fama die Treue schwören will.“

Abas war bass erstaunt. Eine Gefolgsgenossin? „Wisst Ihr etwas über Ledas Schicksal? Gibt es noch mehr Freie, die das Schreckensregime nicht anerkennen?“ Abas überhäufte Ceres mit Fragen und erkannte dann, dass er sie für eine Antwort auch zu Wort kommen lassen musste. Gebannt hing er ihr an den Lippen. Er war so von ihrer Erzählung verzaubert, dass ihm erst nach einer Weile auffiel, dass er nackt vor ihr stand – eingeschlossen in ein grausames Eisenbrett, das ihn in unnatürliche Haltung zwang. Doch in diesem Moment spürte er nur heiße Scham, ungeschützt vor den Augen des Weibes.

Doch Ceres schien seine Nacktheit gar nicht wahrzunehmen oder eine Bemerkung wert zu sein. Stattdessen holte sie ein Stück altes, trockenes Brot aus ihrem schmutzigen Rock hervor und reichte es dem hungrigen Abas. Seit die Soldatinnen in der Höhle nicht weiter hatten vordringen können, war Helenas Großzügigkeit dem Königsgemahl gegenüber wie weggeblasen gewesen. Wieder hungrig nahm er die Gabe der Samariterin gerne an und kaute auf der harten Rinde. Auch Wasser reichte Ceres ihm. In einer verbeulten Schale war genügend vorhanden.

Gegen Abend brachten die Wärterinnen dann sogar eine Mahlzeit, die für Kerkerhäftlinge recht annehmbar war und neben einer faden Suppe sogar Fleischreste enthielt. „Sagt mir, Abas. Wenn sich genügend Rebellen zusammenfinden… Können wir auch die Bastei der Megara stürmen? Gibt es eine Schwachstelle in den Mauern?“ Auf diese Frage hatte sie lange Zeit hingearbeitet, hatte von hehren Rebellen schwadroniert, die sich heimlich formierten und eine Revolte starten wollten, Fama und Megara und alle bösen Weiber entmachten würden.

Und hiernach führte Ceres sogar noch ein gestelztes Schauspiel auf, als die Wärterin plötzlich erschien und sie aus der Zelle schleifte und drohte: „Unsere Kampfsklaven rufen nach einem Weib. Und du bist die Auserwählte! Hoch mit dir in den Wonnegarten!“ Verächtlich lachend schubste die Uniformierte die Gefangene hinaus. Als die schwere Tür ins Schloss fiel, hörte Abas ihre verzweifelten Rufe und Laute, als werde sie geschlagen und den Gang entlang getrieben wie ein Schlachtvieh.

Doch das Schmierentheater war nur zu dem Zwecke aufgeführt, Abas Vertrauen zu gewinnen. Mit blauen Flecken und zerrissenem Rock und Hemd erschien Ceres eine Stunde später wieder, wurde grob in die Zelle geworfen und unter höhnischem Gespött zurückgelassen. Abas hätte sich nichts mehr gewünscht, als Ceres in die Arme nehmen und trösten zu können, doch in seiner Fesselung war dies nicht möglich. „Oh, Ceres, was haben dir diese Tiere nur angetan?“, erkundete er barmherzig.

Und dann staunte er, dass ihm der Mund offen stehen blieb, als Ceres sich kraftlos auf die Beine hob und mit zitternder Hand einen Schlüssel hochhob, dass Abas ihn sehen konnte. „Ich schließe dich jetzt aus dem Eisenbrett frei.“ Abas ließ es starr geschehen. Zum einen, weil seine Gelenke steif geworden waren, zum anderen weil er immer noch kaum glauben konnte, was da geschah. Woher hatte Ceres den Schlüssel? Und im nächsten Moment kam ihm der furchtbare Gedanke. „Oh, Ceres! Was musstest du dafür tun? Was hast du erlitten? Nur, um mir Linderung zu beschaffen?“

Ceres machte einen Knicks und verkündete wohldienerisch: „Majestät. Ihr seit für mich immer noch der Gemahl der Königin! Ich tat nur Recht und scheute keinen Feind, doch - so verzeiht - wird es der Preis dafür niemals über meine Zunge schaffen.“ Abas stöhnte, als er seine Glieder bewegte. Blitzartige Schmerzwellen durchschossen seinen Körper. Trotzdem nahm er Ceres in die Arme und bedankte sich unter Tränen bei ihr. Er fühlte sich in ihrer Schuld und würde dieses Opfer nimmer vergessen.

Spät in der Nacht drückten sich die beiden Gefangenen eng aneinander, um der Kälte des Gemäuers einigermaßen entgegenzuwirken, das sich bei Sonnenuntergang einstellte. Abas flüsterte: „Es gibt noch eine Besonderheit in der Außenmauer, die kaum jemand kennt. Vermutlich weiß selbst Megara selbst davon nichts.“ Ceres horchte auf. Sie versuchte nicht zu aufgeregt zu klingen, doch musste sie sofort fragen: „Was für eine Besonderheit?“

Abas erwiderte: „An einer Stelle sind vier Blöcke nur Blenden. Hinter den dünnen Platten besteht die Mauer nur aus einem Holzgerüst. Auf der Innenseite ist dies ebenfalls so. Es ist eine Art Notausgang, der von König Talos III. eingebaut worden ist, noch vor seiner Hochzeit mit Megara. Wozu er diente, das weiß ich nicht, aber er könnte die Achillesferse der Festung sein.“ Ceres Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie hatte den Einfaltspinsel da, wo sie ihn haben wollte. Sie versuchte ruhig zu wirken, obwohl es in ihr brodelte. „Wo ist die Stelle?“ Ihre Stimme war ein wenig höher und lauter als sonst. Abas sah sie verwundert an. „Warum musst du das wissen? Die Erkenntnis wird diese Kerkermauern wohl niemals verlassen. Ich glaube nicht an einen Sieg der Rebellen.“

Verzweifelt seufzte Abas vor sich hin. Er war hoffnungslos und grämte sich. Auch Ceres seufzte. Doch aus einem anderen Grund. Am liebsten hätte sie Abas gerüttelt und geschüttelt, damit er die Stelle endlich nannte, aber sie musste sich mit dieser kargen Auskunft für heute zufrieden geben, wenn sie nicht verdächtig werden wollte. Sie kuschelte sich noch enger an den Königsgemahl und fühlte seine Männlichkeit. „Wenn ich es so nicht aus ihm herausbekomme, dann vielleicht mit den Waffen eines Weibes…“, überlegte sie und griff hinter ihren Rücken. Sie spürte, wie Abas Luststab in ihrer Hand wuchs und strich sanft darüber.

So ging es eine Weile. Sie fühlte, wie seine Lust sich Bahn verschaffen wollte, doch verweigerte sie ihm die Entladung und zog ihre Hand zurück, bevor Abas seinen Samen vergießen konnte. Aufstöhnend schlossen sich seine Arme enger und fester um den zierlichen Leib des Weibes, doch wagte er nicht, seine Erfüllung mit Worten einzufordern. Ceres hatte heute schon genug grobe Mannsbilder erdulden müssen.




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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:06.06.21 13:13 IP: gespeichert Moderator melden



Im Machtzentrum des Reiches, der Metropole, herrschte im Palast der Fama große Aufregung. Die Regentin eilte die Stufen in den Kerker hinab, um persönlich nachzuschauen, was dort geschehen war. Die Wächterin, die völlig aufgelöst und kurzatmig erschienen war, hatte etwas von Vesta und Aurora erzählt, die leblos in einer leeren Zelle gefunden worden seien. Und der Gefangene Amatio sei geflohen.

„Wie konnte das geschehen?“, brauste die Herrscherin auf und raffte ihr prunkvolles Kleid hoch, um nicht darüber zu stolpern. Die Gardistinnen, die polternd hinter ihr hereilten, konnten kaum Schritt halten. Fama, die Siegreiche, hetzte die ausgetretenden Stufen hinab in das feuchtkalte Gewölbe und ließ sich zu der Zelle des Amatio führen. Eine Heilerin, die mehrere geheimnisvolle Amulette um den Hals trug, kümmerte sich bereits um ihre Töchter. „Sprich! Was ist geschehen?“, wollte Fama wissen.

Eine Wächterin mit einem braunen Filzumhang tauchte auf und meldete salutierend: „Große Königin, es gab eine Verräterin in unseren Reihen. Zwei Wachfrauen sind niedergestochen worden und…“ Sie wurde von einer Gardistin unterbrochen, die keuchend auftauchte und klappernd die mit Metall beschlagenen Stiefel zusammenschlug: „Majestät! Wir haben die Flüchtigen gestellt. Gerra, die ehemalige Zunftmeisterin der Schmiede, hatte sich verkleidet als Wächterin eingeschmuggelt, wohl um ihren Liebsten…“ Sie unterbrach mitten im Satz und erglühte, als sie Famas Gesichtsausdruck bemerkte. „Ich meine, Euren untreuen Lustsklaven zu befreien.“

Fama sog zischend Luft durch die Nase ein. „Bringt dieses faulige Gewürm zu mir! Ich werde ihnen beiden die Haut…“ Die Gardistin verbeugte sich. „Verzeiht, Majestät. Doch die Bogenschützinnen haben ihre Leiber auf der Flucht durchsiebt.“ Fama schnaubte erbost. Gerra und Amatio hatten sich ihrer Bestrafung entzogen! In ihrer Hybris war das für sie reinste Blasphemie! Wie hatten sie es wagen können zu sterben? Schließlich fiel ihr Blick auf ihre Töchter, die am Boden lagen. Die Heilerin hatte bei Vesta zahlreiche Schröpfgläser angebracht während Aurora mit ausgestreckten Armen einen Aderlass über sich ergehen lassen musste.

„Was fehlt meinen Töchtern?“, fragte Fama. Die Heilerin tat kund: „Sie sind von Gerra niedergeschlagen worden. Ihr Geist ist verwirrt. Sie waren kurz bei Besinnung, doch sprachen sie nur Unfug. Dann fielen sie wieder in tiefen Schlaf.“ Die Frau rührte einen grünlich-braunen Schleim zusammen, den die beiden Damen wohl schlucken sollten, wenn sie wach würden. „Schafft sie nach oben in ihre Gemächer“, befahl Königin Fama und rümpfte die Nase. Stammte der Gestank von dem Sud oder dem Gemäuer? Sie wollte nur noch raus aus dieser gossenhaften Umgebung. Sie fühlte sich, als habe sie im übelsten Pfuhl gebadet.

Als die Regentin den Kerker verlassen und tief Luft geholt hatte, holte die Heilerin eine Tonschatulle hervor und öffnete sie: Zwei Wärterinnen drehten sich angewidert weg. So viele Blutegel auf einmal hatten sie noch nie gesehen. Als vier Sklaven mit Tragen kamen, um die beiden Edelfräuleins in ihre Gemächer zu bringen, ahnten sie nicht, wie verunstaltet Vesta und Aurora unter ihren Laken waren. Die Heilerin hatte sie entkleidet und die Egel auf ihren weißen Leibern verteilt.

Eine Gardistin ahnte, was sich hier abgespielt hatte: Vesta und Aurora hatten die Heilerin in der Vergangenheit zahllose Male mit unnützen Fragen für ihre Flausen ermüdet: Welche Medizin kann einem Sklaven welche Beschwerden verursachen? Welche Wirkung hat dies? Was ist jenes? Was geschieht, wenn man einem Sklaven von diesem Sud verabreicht? Oder es ihm in größeren Mengen einflößt? Oder es in seinen Arsch spült? Was brennt auf einem frisch gestriemten Arsch am schönsten?

Die Heilerin durfte die störenden Fräuleins nicht davonjagen, schließlich waren sie die Töchter der Statthalterin gewesen – und nun sogar Prinzessinnen. Aber solange sie besinnungslos waren, würde sie mit Freude an ihnen experimentieren und sich so ihre Genugtuung holen.

Bevor Fama in den prächtigen Thronsaal zurückkehrte, besuchte sie Honos in seiner Zelle in einem anderen Trakt des Kellergewölbes. Vier Wärterinnen banden zuvor die beiden Mitgefangenen fest und stülpten schwarze Hauben über ihre Köpfe. Die Augen der Königin durften nicht von den dummen Gesichtern der Männer beleidigt werden. Und ihren Anblick hatten sie in keiner Weise verdient. Fama näherte sich Honos und grinste ihn an. „Wie gefällt euch euer neues wohlfeiles Heim?“ Honos erwiderte schwächlich: „Habt Erbarmen mit mir. Ich habe Leda längst die Treue abgeschworen. Ich habe im Exil rebelliert und gehöre nicht zu ihr. Ihr habt keinen Vorteil durch mich.“

Fama hob ihre fein gezupften Augenbrauen: „So! Dann seit ihr also nichts wert?“ Sie winkte eine Wärterin herbei. „Bringt mir diesen Kopf heute Abend auf einem silbernen Tablett.“ Damit drehte sie sich um und verließ die Zelle,ohne ihren Gefangenen noch einmal zu mustern. Honos rief ihr verzweifelt hinterher: „Majestät! Haltet ein! Ich könnte Euch vielleicht den Aufenthaltsort der Leda benennen.“ Seine Stimme war schrill und voll Panik. Die Königin erschien erneut. „Hast du etwas gesagt?“

Honos wiederholte: „Ich weiß, wo sich Leda aufhält. Ich habe sie in einem Hafen der Westküste erblickt.“ Fama überlegte. Versuchte der Majordomus mit einer dreisten Lügengeschichte seinen Hals zu retten? Oder wusste er wirklich etwas? Leda! Sie war aus dem Exil zurück? Dieses Weib lebte noch und wagte es sogar ins „Reich der Fama“ zurückzukehren? Sie wies die Wärterin an: „Lasst ihn am Leben.“ Honos atmete auf. Dann ergänzte Fama: „Aber ich muss wissen, ob dieser Nichtsnutz die Wahrheit spricht. Bringt ihn später zur Befragerin!“ Honos ächzte. Befragerin? Er sollte gemartert werden! Nur das konnte dies bedeuten!

Als seine Mitgefangenen wieder von ihren Hauben und den Ketten befreit wurden und die Wachfrauen die Zelle verlassen hatten, erzählten die Männer Honos von den grausigen Befragungsmethoden, die sie selbst zwar noch nicht erlebt, aber von denen frühere Mitgefangene berichtet hatten. Dem Majordomus wurde speiübel. Er schlotterte am ganzen Leib und wäre zusammengesunken, wenn er nicht in das Eisenbrett gezwungen gewesen wäre. „Hört auf mit diesen Schauergeschichten!“, forderte er. Am liebsten hätte er sich die Ohren zugehalten, aber die Fesselung ließ dies nicht zu. Die Männer setzten ihre Erzählungen rücksichtslos fort und wussten auch von Amatios Schicksal und schmückten es so blumig wie möglich aus. „Wir haben seine animalischen Schreie gehört. Und das Gelächter der Frauen“, flüsterte der eine Mann. Der andere griff Honos ans Gemächt und zog es lang. „Und dann…“

Die Tür wurde erneut geöffnet und zwei Wärterinnen peitschten die Männer zur Seite, befreiten Honos aus seinem Eisenpranger und legten ihm neue Ketten an, mit denen er nur kleine Trippelschritte machen konnte. Seine Hände waren immer noch an ein Halseisen gebunden. „Sieh da, du bist schon fasernackt“, lachte eine der Uniformierten und versetzte Honos einen kräftigen Hieb über seine Hinterbacken. „Du kannst die Befragerin wohl kaum erwarten!“ Die Frauen lachten höhnisch und zerrten Honos aus der Zelle.

Einer der Männer rief ihnen hinterher: „Wann bekomme ich meine Freiheit wieder? Ich habe doch nur ein Stück Leder gestohlen weil meine Schuhe…“ „Schweige!“, gab eine der Wächterinnen zurück. „Du bleibst solange in deinem Loch, bis ich etwas anderes sage. Und das wird in diesem Leben nicht mehr geschehen!“ Sie knallte die schwere Tür zu.

Honos wurde in einen kahlen Gewölberaum gebracht, wo er von den Gerüsteten strauchelnd zu einer Steinsäule gestoßen wurde, vor der eine kleine Treppe aus Holz stand: „Hoch mit dir! Setz dich auf die Säule!“ Honos gehorchte und nahm auf dem etwa zwei Handbreit großen Sitz Platz. Die Wachfrauen entfernten die Treppe aus Holz, so dass Honos Füße in etwa einer Elle Höhe in der Luft hingen. Bequem war es hier nicht gerade. Eine Gestalt, komplett in ein schwarzes Gewand gekleidet, erschien: Die Befragerin.

Sie trug eine nachtschwarze Kapuze, die ihr Gesicht im Schatten hielt. Über den Leib hatte sie eine ebenso schwarze Pelerine gezogen. Sie kam näher und drückte Honos Schenkel auseinander. „Nein“, bettelte der Majordomus zitternd. Sollte es ihn schon sofort die Männlichkeit kosten? Doch die Befragerin griff nach einem eisernen Bügel, der an der Steinsäule befestigt war und zog nun Honos Gemächt lang, schob den Bügel hinüber und verschloss ihn. Honos sah entsetzt zwischen seine Beine. Was für eine perfide Fessel! So etwas konnte sich nur ein diabolisches Weib ausdenken! „Damit du nicht hinunterfällst“, erklärte sie nüchtern. „Morgen sehen wir uns wieder. Dann wirst du mir von Leda berichten.“ Mit diesen Worten schritt sie aus dem Raum. Bald schon verhallten ihre Stiefelschritte im Flur vor der Zelle.

Schon nach weniger als einer Stunde wurde die Säule ausgesprochen hart und klein. Honos konnte sich noch nicht einmal mit den Händen abstützen, denn die waren noch in den Eisenschellen an seinem Halsband angebracht. Die Füße taumelten hilf- und nutzlos in der Luft. Der Majordomus sah sich angestrengt in dem Raum um. Außer der Säule und der Holztreppe, die unerreichbar in eine Ecke geschoben worden war, gab es hier nichts zu entdecken. Das würde eine lange Nacht werden.

Am nächsten Morgen wachte Abas im Kerker unter der Residenz der Helena in der Alten Hauptstadt im Westen des Kontinents auf. Wie schön wären ein paar wärmende Sonnenstrahlen in seinem Gesicht gewesen, die ihn wach geküsst hätten, aber darauf musste er in diesem dunklen Kerker wohl verzichten. Doch er spürte die Wärme von Ceres, die eng an ihn geschlungen die Nacht verbracht hatte.

Sofort durchfloss Abas wieder Lust. Sein Stab war hart. Vielleicht war er deshalb aufgewacht. Was sollte er nur tun? In Gegenwart eines Weibes würde er sich nicht seiner Hände behelfen können. Und als hätte diese wunderbare Person die gleichen Gedanken, drehte sich Ceres zu ihm, küsste ihn und erforschte mit ihren Fingern Abas Leib und fand schon bald das scharfe Schwert. Wieder erglühten Abas Wangen. Die Nacktheit vor dem bekleideten Weib war erniedrigend. In diesem Moment kicherte sie verschämt. „Wo sind denn eigentlich deine Kleider?“

Abas pulsierte das Blut, und sein Kopf bis hinunter in den Nacken wurde puterrot. Er hätte Ceres Fingerchen verlegen von seinem Gemächt gedrückt, doch war seine Begierde so endlos groß, dass er nur noch in sie eintauchen wollte. Ceres beugte sich nun vor und küsste seine Männlichkeit. Abas stöhnte wohlig auf. Oh, hoffentlich war das nicht nur ein Traum und böser Streich der Alten Götter! Liebe Götter! Lasst es Wahrheit sein!

Und von Augenblick zu Augenblick war Abas klarer, dass dies kein Schabernack seiner Sinne, sondern die ganze Wahrheit war! Er zuckte vergnügt und lustvoll, als Ceres ihre Lippen öffnete, um seinen Dolch zu empfangen. Ihre kleinen Finger ergriffen und liebkosten sein volles Gemächt. Abas atmete flach und schnell, seine Muskeln verkrampften. Er gab Laute von sich, die er noch gar nicht gekannt hatte. Und dann war der Zeitpunkt gekommen, an dem er seinen Samen vergießen wollte.

Die Berührungen hörten abrupt auf. Ceres verweigerte ihm jegliche weitere Liebkosung. „Liebster, willst du in mich tauchen?“, hauchte sie. Abas nickte wild und wollte sich mit pochendem Schwert auf sie stürzen, doch Ceres knöpfte und band grausam langsam ihre Stoffe auf. Der ungeduldige Abas wurde fast verrückt vor Geilheit. „Nimm mich, mein Ritter“, flüsterte sie und legte sich auf den Rücken. Als ihre Schenkel endlich unbedeckt waren, öffnete Ceres ihre Beine und zog Abas, ihre Hände in seinen Nacken gehakt, zu sich, über sie, auf sie, in sie.

Abas stöhnte wild auf, als sein Schwert in ihrer feuchten Weiblichkeit versank wie eine heiße Klinge in Butter. Zwei Stöße reichten aus, um seinen Samen zu entladen. Abas klammerte sich an Ceres fest. Dieses wunderbare, weiche und warme Weib! Er knabberte an ihren unverhüllten Brüsten, deren Warzen sich keck aufgerichtet hatten. Ceres war gegen ihren Willen selbst stark erregt und rieb ihre Finger nun an ihrer Scham und genoss die Berührungen des Königsgemahls, der an ihren Brüsten, ihrem Nacken und ihren Ohrläppchen knabberte.

Bald schrie sie heiser vor Ekstase. Dieser Abas wäre ein hervorragender Lustsklave, dachte Ceres, als durch ihren Leib Wellen der Lust und des Vergnügens schwemmten.
Sobald sie aus diesem stinkenden Loch raus war, würde sie von ihrem Liebessklaven Aphron von den sinnlichen Künsten des Abas erzählen und sie von ihm einfordern! Aber nun musste sie sich wieder auf ihre Mission konzentrieren. Bald würde sie Abas so weit haben, dass er aus dem Nähkästchen plaudern würde. Vielleicht verliebte er sich gar in sie. Er wäre nicht das erste Mannsbild! Und hoffentlich bald, dachte sie bei sich, denn sie wollte wieder aus diesen dreckigen Fetzen und diesem feuchten Gemäuer entkommen.

Wenigstens würde sie jeden Tag für ein paar Stunden dieser Unterwelt den Rücken kehren können. Sie hatte mit den Wachfrauen ausgemacht, dass sie täglich für „Verhöre“ weggebracht würde. In dieser Zeit genoss Ceres ein frisches Bad, duftende Kleider und ein leckeres Essen sowie einen weichen Diwan, um ihre Glieder zu strecken. Allerdings nur, um wenige Stunden später mutwillig wieder Schutz und Dreck an ihren Leib zu wischen und die stinkenden Fetzen anzuziehen, die ihr bereits verhasst waren wie nichts zuvor in ihrem Leben.

Was sie nicht alles für die Statthalterin Helena tat! Sie sah schon die Kisten voll Geschmeide und Goldmünzen, Perlen und Bernstein, die sie eingedenk der entscheidenden Information erhalten sollte. Bald würde Abas sein Schweigen brechen. Dann war es endlich aus mit der Scharade.

Honos war trotz seines schmerzenden Arsches mehrfach kurz eingenickt, aber jedes Mal, wenn sein Kopf auf seine Brust hinab gefallen war, sofort wieder aufgeschreckt, hatte wild mit den Unterschenkeln versucht sich an der Säule festzuklemmen, und den Oberkörper wieder in die Senkrechte zu bekommen, um nicht mit seinem gesamten Gewicht an seinem Gemächt aufgehängt zu werden. Endlich hörte er die schwere Tür: Eine Wächterin mit unergründlichen, großen, grünen Augen sah hinein und ein Schmunzeln stahl sich auf ihre Lippen. „Na? Wohlfein geschlafen, der Herr?“ Honos konnte kaum erwarten, die Befragerin endlich zu sehen und ihr alles zu erzählen, so dass er endlich sein geschundenes Sitzfleisch von diesem harten Stein heben konnte. Doch zu seinem Schrecken musste er hören, wie die Wächterin ihm mitteilte: „Die Befragerin sitzt noch zu Tisch. Es wird ein Weilchen später werden. Doch bis die Sonne im Zenit steht wird sie gewiss erscheinen.“

Damit war die Wächterin auch schon wieder verschwunden. Honos glaubte seinen Ohren nicht und seufzte laut auf. Wer holte ihn endlich von diesem Marterpfahl? „Sie soll sich beeilen!“, rief er der Uniformierten ungeduldig hinterher. Im gleichen Atemzug bedauerte er sein vorlautes Maul. Die Wächterin grinste im Flur nur und murmelte: „Ich glaube nicht, dass er sich wünscht, dass die Befragerin sich beeilt.“

Die Andeutungen der Wächterin sollte sich bewahrheiten, denn kaum war die Befragerin in ihrer schwarzen Gewandung mit der Kapuze erschienen, gab sie einem mit Muskeln bepackten großen Sklaven einen Wink, worauf dieser gehorsam an einer Kette zog, die durch eine Öse in der Wand verschwand. Durch einen Mechanismus hob sich der Steinboden in einem Durchmesser von vielleicht vier Ellen um die Säule herum mit kreischenden Geräuschen nach oben. Kurz darauf ertasteten Honos nackte Fußsohlen endlich Boden und entlasteten seinen Hintern. Aufstehen konnte er zwar wegen des Eisenbügels um sein Gemächt nicht, doch die Entlastung tat unendlich gut.

Im ersten Moment schmerzte es sogar noch mehr wegen der ungewohnten Bewegung nach einer ganzen Nacht in gleicher Position, aber dann genoss Honos den Druck auf den Füßen. Die Alten Götter hatten seine Gebete erhört! Er wollte sich in seinem ganzen Leben nie wieder freiwillig hinsetzen! Die Befragerin forderte ihn auf, alles zu berichten, was er über Leda wisse. Und Honos folgte ihrer Aufforderung. Als er ihr den Ort des Fischerhafens genannt und auch von einigen ihrer Begleiter erzählt hatte, hoffte er darauf, nun von dieser grausamen Steinsäule befreit zu werden. Doch auf einen Wink der Befragerin erschienen zwei andere Sklaven, die eine Eisenwanne mit glühenden Kohlen trugen und diese auf der erhöhten runden Plattform um die Säule ausschütteten.

Schlagartig zog Honos seine Knie weit nach oben. Wieder dieser grausame Druck auf seinem Arsch! Er machte ein schmerzverzerrtes Gesicht. Jetzt war alles noch schlimmer als heute Morgen. Die Befragerin sah gefühllos und kalt wie ein Reptil zu und verkündete: „Heute Mittag wirst du mir erneut berichten, worüber du im Bilde bist. Wisse: Ich habe noch jede Zunge gelockert.“ Mit diesen dicktuerischen Worten verließ sie den Raum, und die Sklaven folgten ihr.

Honos sah ihnen ungläubig hinterher. Dann stierte er auf die Kohlen. Er versuchte die Oberschenkel abzusenken, doch dann würde er die Füße in die Glut stellen müssen. Irgendwie verrenkte er sich so, dass er die Knie zwar absenken, aber dann die Unterschenkel anwinkeln musste. Nach kurzer Zeit bekam er einen Krampf und drehte die Beine wieder nach vorne und zog die Knie an. Bald schon brannten die Muskeln seines Oberschenkels vor Erschöpfung. Das Brennen wurde immer heißer, dann begannen die Beine auch noch unkontrolliert zu zittern. Endlich näherten sich seine Füße der Glut. Schlimmer konnte die Hitze auch nicht sein… Doch! Mit einem hellen Schrei zuckte er beflügelt vom Schmerz wieder hoch. Die kurze Berührung hatte ihn eines Besseren gelehrt.


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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:13.06.21 13:43 IP: gespeichert Moderator melden



Nach gefühlt ewiger Zeit sackten die zitternden Beine wieder tiefer und tiefer. Honos starrte panisch auf seine Füße. Sie sanken gegen seinen Willen. Seine Kräfte waren einfach aufgezehrt. Als seine Sohlen die Kohlen erreichten, zuckte er doch wieder hoch. Jählings hörte er hinter sich prustendes und glucksendes Gelächter. Er drehte sich, soweit es ging und sah zwei Wachfrauen, die sich in den Raum wohl hineingeschlichen haben mussten. „Heiß, die Kohle?“, gackerte die eine Frau. „Bitte schiebt sie weg oder löscht sie aus. Ich kann meine Beine nicht mehr halten“, flehte Honos. Und sein Unterkörper zitterte und bebte in der Tat unkontrolliert, so dass er hin und wieder ungewollt erneut die glühenden Stücke berührte.

Doch die Wachfrauen lachten stattdessen nur schadenfroh und grinsten ihn an. „Was haben wir denn da?“, wollte die eine Uniformierte wissen und zeigte mit ihrem Peitschengriff auf Honos Schritt. Dann ließ sie ihn mit einem ploppenden Laut wie einen Knüppel auf die gefangenen Kronjuwelen niedersausen. Der Majordomus grunzte gepeinigt auf. „Wenn ich dir deine Klöten abschlage, kannst du aufstehen und bist frei“, schlug die Wächterin vergnügt vor. Die andere hieb Honos beherzt auf die Schultern, so dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte.

„Schau dir dieses Schweinchen an!“, zeigte ihre Kameradin auf Honos Schritt. Über dem Eisenbügel stand wie eine Standartenlanze sein Liebesschwert, hart und steif in die Höhe. „Es scheint ihm sogar zu gefallen“, grinste sie und tippte den Luststab mit dem Peitschengriff an, so dass er lebendig wurde und zuckte und hoch und runter wippte. Honos wurde rot vor Scham. Er wäre am liebsten im Erdboden versunken. Aber er saß wie auf einem Präsentierteller.

„Macht dem ein Ende! Raus hier!“, schallte es jäh streng durch den Raum. Die Befragerin war erschienen. Die Wächterinnen machten eiligst, dass sie wegkamen. Ihre Anwesenheit war ihnen vermutlich gar nicht erlaubt gewesen. Im Flur wisperte die Wachfrau ihrer Kameradin pikiert zu: „Wir haben doch gar nichts gemacht!“ „Ja“, bestätigte diese blasiert, „der Malefikant soll doch froh sein, dass wir nicht das Dornenkissen unter seinen Arsch gelegt haben“.

Die Befragerin widmete sich in aller Ruhe ihrem Delinquenten. „Erzähle mir, was du weißt. Wo befindet sich Leda? Wie ist sie dorthin gekommen? Wann war das?“ Honos ratterte schnabelschnell alles herunter, was er schon heute Morgen geschildert hatte. Die Ermittlerin ließ ihn noch zwei Mal alles wiederholen. Dann endlich zog ihr Hilfssklave wieder an der Kette. Dieses Mal bewegte sich das Steinrund wieder Richtung Boden. Endlich konnte Honos seine Beine hängen lassen. Trotzdem zitterten und zuckten sie noch willkürlich, als hätten sie ein Eigenleben.

Aus Honos Mund tropfte Speichel. Die Befragerin winkte den Sklaven herbei. Der Mann löste Honos aus dem Eisenbügel. Von ganz alleine sackte Honos entkräftet zur Seite und landete unsanft auf dem Steinboden neben der Säule. Die Untersucherin erläuterte: „Ich werde dich heute Abend erneut befragen. Dann werden dir meine Fragen mit Peitschenhieben ins Fleisch getrieben.“ Honos lag noch auf dem Boden. Er hatte keine Ahnung, wie er seine Glieder halten oder anwinkeln sollte. Egal, wie er sich bewegte, tat alles weh, als sei er aufs Rad gespannt gewesen und kein Knochen mehr heil. Wie lange sollte dieses Verhör noch weiter gehen? Er hatte doch alles erzählt!

Für Cain war der Weg aufs Feld, wo er jüngst arbeitete, stets ein Spießrutenlaufen. Seine Hörigkeit gegenüber Kerbera hatte sich herumgesprochen und sämtliche Mägde, Knechte und Burschen zogen ihn damit auf, sobald er nur in Sicht kam. Einmal hatte eine Magd ihre Bluse tiefer gezogen, ihre Brüste gezeigt und gerufen: „Komm doch her, wenn du Verlangen danach hast. Aber frage vorher Kerbera, ob sie es dir erlaubt!“ Um sie herum hatte ein halbes Dutzend Mägde laut gackernd gelacht. Verschämt war Cain ob der Spöttelei weitergeeilt. Ein anderes Mal hatten ihn der Stallbursche und seine Freunde aus den Nachbargehöften mit Mist beworfen und verhöhnt. Cain war weggelaufen, doch die Jünglinge hatten ihn eingeholt und seine Beinkleider zerrissen.

Cain war immer noch verwirrt über diese bizarre Erfahrung. Vier Jünglinge hatten ihn auf den Bauch gelegt und seine Beine gespreizt. Der Anführer der Bande hatte einen Rettich aus der Bauchtasche seines Wamses gezogen. Cains Gefühlswelt spielte verrückt. Dieser unglaublich erniedrigende und auch schmerzhafte Moment hatte ihm jedoch im nächsten Augenblick eine seltsame Art von Lust bereitet. Und als die Jünglinge lachend ihrer Wege gegangen waren, hatte Cain bemerkt, wie sein Samen aus ihm gelaufen war.

Jetzt hatte er den mutigen Entschluss gefasst, Kerbera zu verlassen und seiner Wege zu ziehen. Noch heute wollte er das Gehöft verlassen und zurück an die Westküste zu reisen, um als Fischer sein Glück zu versuchen. Als er in dieser dunklen Nacht seine wenigen Habseligkeiten in eine Lederrolle bündelte und ein wenig Proviant einpackte, beobachtete ihn Hagbard. Er sprach ihn darauf an, ob er verreisen wolle, und Cain stritt alles ab, doch wurden seine Ohren rot beim Lügen und er verstrickte sich schnell in Ungereimtheiten. Hagbard war nicht auf den Kopf gefallen. Er wusste gleich, wo der Hase lief. „Du willst uns verlassen? Ist es das?“

Cain brach der Angstschweiß aus. Würde Hagbard ihn nun verraten? Doch der Mann legte ihm kameradschaftlich eine Hand auf die Schulter und sagte mitfühlend: „Ich verstehe dich. Du musstest bei Kerbera viel erdulden. Das hält kein Mann lange aus. Geh nur. Ich werde niemandem davon erzählen. Die Edeldame muss nun ohne ihren Sklaven auskommen.“ Cain dankte Hagbard erleichtert und ging in den Stall, um ein Ross zu satteln. Er hatte die Falle, die Hagbard ihm gestellt hatte, gar nicht bemerkt. Hagbard grinste spitzbübisch und murmelte: „Leda hatte also Recht. Kerbera ist ein Adelsfräulein aus dem Frauenreich. Vielleicht sogar eine bedeutende Person. Und Cain ist ihr Sklave.“

Kurz darauf, Hagbard hackte gerade Holzscheite für den Ofen, denn das Feuer in der Küche der Bäuerin war am Abend ausgegangen, hörte er Pferdegetrappel. „Mach es gut, Cain“, sprach er zu sich selbst. Anschließend ging er zu Leda, um von den Neuigkeiten zu berichten. Leda nickte nachdenklich. „Damit ist es bewiesen. Sie ist enttarnt. Entlarvt. Aber warum ist eine Edeldame aus Megaras Kreisen freiwillig im Westen und arbeitet als einfache Magd?“ Sie runzelte die Stirn und dachte nach. Plötzlich kam ihr der Gedanke: „Das ist es! Sie ist eben nicht freiwillig hier. Sie ist fahnenflüchtig. Fragt sich nur, warum.“ „Weil ich Megara vom Thron stoßen wollte und mein Plan missglückt ist“, schrillte jäh eine vor Gift triefende Stimme hinter ihnen.

Hagbard und Leda wirbelten herum: Kerbera stand vor ihnen. „Deshalb!“ Leda fragte unsicher: „Du bist auf der Seite der Gerechtigkeit? Du wolltest die Tyrannin und ihr Regime stürzen?“ Kerbera lachte aus vollem Hals. Und in diesem Moment flog ein Käuzchen über sie hinweg und rief. In den Ohren von Leda und Hagbard hörten sich die Laute des Vogels an wie Hohngelächter. Kerbera zeigte ein Grinsen, das eher einem Zähnefletschen ähnelte. „Aber doch nicht uneigennützig, mein dummes Kind! Ich wollte die neue Herrscherin sein! Ich wollte die goldene Widderkrone tragen! Ich wollte die Armee aus Kampfsklaven anführen und die Macht über den ganzen Kontinent besitzen!“

Leda meinte enttäuscht: „Du bist keinen Deut besser als Megara.“ Auf einmal zog Kerbera einen blitzenden Dolch unter ihrer Schürze hervor und kam bedrohlich auf Leda zu. „Ihr werdet mich nicht an dieses einfältige Bauerngesinde verraten! Dieser närrische Pöbel! Dieses elende Pack! Und anschließend werde ich mit derselben Klinge diesen treulosen Cain von seinem Sklavenleiden erlösen.“ Sie hob ihren Arm und war bereit zum Todesstoß. Leda hatte keine Chance. Sie konnte nicht mehr ausweichen. Sie hob beide Arme, um sich vor der Klinge zu schützen, doch würde sie das nicht retten. Das war ihr bewusst.

Maia und Boreas hatten sich in dieser wundervollen Sommernacht im Stroh ausgiebig geliebt. Obwohl er anschließend wieder mit einem Keuschheitsgürtel verschlossen wurde, so fühlte Boreas sich bei Maia wohl und gut aufgehoben. Er malte sich bereits die Zukunft mit diesem Prachtweib in den schönsten Farben aus. Zärtlich streichelte er über ihren venushaften Leib, umkreiste ihre harten Knospen, zeichnete die femininen Linien ihres Körpers nach. Längst war er kein höriger Sklave mehr. Er würde alles für Maia tun – sogar sein Leben geben. Doch aus freien Stücken. Er liebte dieses Weib mehr als alles andere auf dieser Welt.

Ihre nackten Leiber waren mit einem feinen Schweißfilm überzogen. Maia streifte sich ihr Wams über und stieg in ihren Rock, den sie auf einer Kalesche abgelegt hatte. „Ich werde mich ein wenig unter dem Sternenzelt frisch machen. Bleib nur liegen, Boreas.“ Sie entglitt seinen Blicken und lief barfuß davon. Boreas streckte sich im Stroh, rekelte sich auf der Unterlage, auf der sie sich geliebt hatten. Das Leben konnte so schön sein!

Maia folgte einem Trampelpfad zu einem kleinen Weiher, um sich eine Hand voll Wasser ins Gesicht zu schütten. Da horchte sie auf: War da Pferdegetrappel zu vernehmen? Maia runzelte die Stirn. Sie musste sich getäuscht haben. Am dunklen Himmel leuchteten unzählige Sterne. Maia fühlte eine tiefe Zufriedenheit. Sie genoss die Ruhe und Friedlichkeit der Nacht. In der Ferne hörte sie ein Käuzchen rufen.

Sie schlenderte zum Gehöft zurück und hörte dumpfe Stimmen in der Nacht. „Zu dieser Zeit?“, fragte sich Maia. „Wer ist denn da noch wach?“ Sie schritt zu der alten Scheune, in der Lina und Hagbard ihr Ruhelager hatten. Aber war da nicht die laute und aufgeregte Stimme von Kerbera gewesen? Die Neugierde trieb sie an das einen Spalt aufstehende Tor. Plötzlich wurden ihre Augen groß vor Schreck. Kerbera lief mit erhobener Blankwaffe auf Lina zu, die hilflos ihre Arme als Schutzschild hob.

Viele Meilen entfernt lagen Mann und Weib beisammen. Ceres versprach Abas die ewige Liebe und liebkoste seine Brust. Der Königsgemahl las in Ceres wunderschönen Augen: „Holde, was für ein edler Götterbote hat dich mir geschickt? Jetzt, im dunkelsten Kapitel meines Lebens! Zumindest kann ich mit der Gewissheit sterben, dass ich die wahre Liebe gefunden habe.“ Seine Wangen flammten auf, als er seine Worte der Liebsten schenkte. Ceres streichelte ihn und säuselte ihm süße Verheißung ins Ohr. „Vielleicht gibt es doch noch Verbündete, von denen wir nichts wissen. Auch eine Fama, geschweige denn Helena, ist nicht unbesiegbar! Vielleicht kann ich eine Wachfrau dazu überreden, uns aus dem Kerker fliehen zu lassen…“ Abas seufzte. „Zu schön, um wahr zu sein! Aber wenigstens wird auch die tyrannische Megara nicht aus ihrem goldenen Käfig entkommen.“

Ceres nahm einen neuen Anlauf, um ihm das Geheimnis um die Schwachstelle in der Festungsmauer zu entlocken. „Sag, mein Herzblatt, angenommen, wir würden das Reich regieren… Es wäre ein gerechtes Land. Oh, ja! Ganz in der Tradition von König Talos III. Und alle sadistischen Furien wie Megara, Fama und Helena würden für alle Zeiten in den Tiefen eines Verlieses verschwinden. Wie würdest du deine Mannen die Bastion der alten Despotin erstürmen lassen? Du sprachst von einem geheimen Durchlass in der Befestigung?“ Abas lächelte. „Dieses Wissen wird uns niemals etwas nützen. Was soll ich Helena davon berichten? Es ist doch sinnlos, solange es noch grausame Weiber gibt, die der Herrschsucht verfallen sind. Damit ersetzen wir nur die Pest durch Fleckenfieber oder Pocken durch Ruhr. Was ist der Sinn, frage ich dich, mein Augenstern?“

Seine Augen schauten Ceres traurig an. Sie lächelte ihm aufmunternd zu und lobhudelte: „In meinen Gedanken bist du bereits König des Alten Kontinents, Liebster. Du hast den Thron verdient. Niemand sonst! Und ich werde stets treu an deiner Seite sein, solange du lebst. Sag mir, weißt du wahrhaftig, wo sich dieser Durchlass befindet?“ Abas antwortete: „An der Südmauer stehen zwei Wachtürme, die wie Erker vorstehen und mit Moos bewachsen und nicht weit von einem Birkenhain entfernt sind. Geht man 25 Schritt vom Hain auf die Mauer genau zwischen den Türmen zu und hält sich dann fünf Schritt weit nach links, so erreicht man einen Bereich der Mauer, der durch besonders große Steine auffällt. Doch der Größte ist nur Schein. Dort befindet sich die besagte Platte, so dünn, dass sie mit wenigen Rammschlägen zu zermalmen ist.“

Ceres Augen blitzten freudig auf. Sie hatte Abas das Geheimnis entlockt! Eine reiche Belohnung war ihr sicher. Die Stunden, bis sie endlich wieder von den Wächterinnen aus der Zelle geholt wurde, kamen ihr vor wie die Ewigkeit. Wie ekelte sie dieser ganze Dreck hier an! Die Dunkelheit! Die Feuchte! Die Kälte! Der Schmutz auf ihrer Haut! Die stinkenden Fetzen, die sie trug! Und endlich musste sie nicht mehr das Liebchen des Gefangenen spielen!

„Was ist mit dir?“, fragte Abas verwundert, als er merkte, dass sie sich von ihm abwandte. „Nichts“, erwiderte sie eisig, und auch ihr Antlitz wirkte kalt wie mit Frost überzogen. Abas fühlte einen Schauder den Rücken hinunterlaufen. Was war mit Ceres nur geschehen? Hatte er sie bedrängt? Er zog sich vorsichtig zurück. Ceres hatte so unendlich viele Grausamkeiten erlebt! Kein Wunder, dass sie sich in sich zurückzog. Wenigstens hatte er ihr nun etwas zum Träumen gegeben.

Als sie dieses Mal von den Wachfrauen aus der Zelle geholt wurde, hatte sie sich scheinbar in ihr Schicksal ergeben, denn sie jammerte nicht und wehrte sich auch nicht mehr. Abas sah ihr mitleidig nach. Was würden die gemeinen Soldatinnen nur mit ihr tun? Würde sie wieder zu lüsternen Kampfsklaven gebracht? Oder hatten die uniformierten Frauen vor, sich selbst mit der Ärmsten zu vergnügen? „Oh, Ihr Alten Götter“, betete Abas, „bitte schützt Ceres vor allzu großer Pein!“

An diesem Tag kehrte Ceres nicht zurück in den Kerker. Abas fragte eine Gerüstete, als diese ihm eine Schale mit dampfendem Brei in die Zelle schob, aber diese ignorierte sein Ansinnen hochnäsig. Was war mit Ceres geschehen? Lebte sie noch? Abas sank unglücklich auf dem alten Stroh zusammen und rührte trotz knurrendem Magen den Brei nicht an. Er hatte Leda nicht beschützen können. Und nun war ihm auch noch Ceres genommen. Welche Schmach! Eine fiese Scham brannte lichterloh in seinem Herzen. Was war er nur für ein Versager?

Im Kerker der Metropole unter Famas Palast bot sich kein glücklicheres Bild als in den Verliesen der Helena: Auch dort vegetierten Gefangene in schmutzigen, dunklen Zellen dahin. Die Sklaven waren Fama vollkommen gleichgültig. Einige von ihnen saßen bereits seit langer Zeit auf Strafstühlen, andere knieten in einem Pranger in ihrer Zelle, einige waren an Wände gekettet und würden dort bis zum Ende ihres Lebens verbleiben. Manch einer der Männer hatte sich nur eine Bagatelle zu schulden kommen lassen, manch einer war sogar völlig zu unrecht festgenommen worden. Doch wer sich beschwerte oder um Gnade flehte, dem schenkten die Wärterinnen bestenfalls ein paar Hiebe mit der Lederpeitsche.

Nicht wenige der Sklaven waren im Schnellverfahren vor einer gelangweilten Strafrichterin zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt worden, andere warteten noch auf ein Urteil, das nie kommen würde. Doch einer der armen Kreaturen war den Damen des Reiches wichtig: Honos, der ehemalige Majordomus der Leda. Er wusste vom Aufenthaltsort der Ex-Königin. Die Befragerin hatte ihm alle Erkenntnisse entlockt. In mehreren Verhören hatte sie ihn ausgequetscht wie eine Zitrone. Begonnen hatte alles mit dem Sitzpfahl. Doch am nächsten Tag waren beißende Brustklemmen und Gewichte an seinem Gemächt dazugekommen.

Endlich war die sonst so miesepetrige Befragerin sicher, dass Honos die ganze Wahrheit sprach und hatte zufrieden von ihm abgelassen. Fama, die Siegreiche, war hochzufrieden. Die Rechtsgehilfin wurde nicht nur mit einem Orden und einem Beutel Goldmünzen für ihre ausgezeichnete Arbeit belohnt, sondern sie erhielt auch gleichzeitig den Status einer Senatorin. Nur wenige Personen hatten die Befragerin jemals ohne ihre Kapuze gesehen, so dass sie niemand im Senat erkennen würde. Nur Fama selbst war selbstverständlich eingeweiht.

„Schafft ihn zu den anderen Sklaven in die Minen. Er ist nun ohne Bedeutung für mich“, wies Fama mit einem süffisanten Lächeln an. Noch am selben Tag brachten Wachfrauen den Gefangenen zu den Kupferminen im Umland der Metropole. Dort würde er sein wohl nicht mehr langes Leben in gähnender Tiefe unter dem Alten Kontinent fristen. „Aber man hat mir die Freiheit versprochen!“, schrie er, als er schleifend abgeführt wurde und von seiner düsteren Zukunft erfuhr. Die Uniformierten lachten hämisch. Eine Wächterin sagte: „Aber natürlich bist du frei! Frei, für unsere Herrscherin in den Minen zu arbeiten. Sei froh, dass deine Rippen nicht unseren Stahl schmecken!“ Honos kreischte und brüllte aufmüpfig. Doch seine Tobsucht führte nur dazu, dass die Frauen nicht gerade sanft mit ihm umgingen. Schließlich musste er sich unter den Hieben der Wachfrauen geschlagen geben. Verbittert reihte er sich in die Schlangen der Arbeitssklaven ein und wurde mit ihnen durch Fußketten verbunden.

Seine Gegenwehr hatten die Wächterinnen nicht vergessen. In der Sklavenkolonne angekommen, rissen sie ihm die letzten Kleider vom Leib und lachten höhnisch. „Die braucht er in den Minen nicht. Da ist es warm genug!“ Und so kam es, dass Honos als einziger Sklave völlig unbekleidet arbeiten und sich regelmäßig den Spott der Antreiberinnen gefallen lassen musste, die ihn als „possierlichen Minordomus“ betitelten.

Leda hatte indes mit ihrem Leben abgeschlossen. Kerbera kam mit erhobenem Arm auf sie zu. In ihrer Faust blitzte die Klinge ihres Dolches, in ihren Augen schien ein tollwütiges Fieber. Auch Hagbard, der den Angriff miterleben musste, konnte sie nicht mehr retten, denn er stand zu weit entfernt. In diesem Wimpernschlag erschien auch Maia von ihrem Spaziergang zum Weiher und sah Kerbera bei ihrer Attacke. „Nein!“, rief sie und erfasste die Situation sofort. Kerbera schleuderte herum und giftete sie an: „Mischt Euch da nicht ein, Soldatin!“

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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:20.06.21 16:12 IP: gespeichert Moderator melden


Maia erstarrte. Was hatte sie gesagt? Soldatin? Wer war diese Kerbera wirklich? Woher wusste oder ahnte sie zumindest, dass sie Soldatin gewesen war? Sie hatte nichts dergleichen erwähnt. Kerbera nickte: „Ja! Da staunt das dummes Ding! Ich weiß alles!“ „Sie ist eine Senatorin der Megara!“, rief Hagbard aufgeregt. Maia hörte bestürzt, wen sie da vor sich hatte. In diesem Moment schleuderte Kerbera wieder herum und stach mit dem Dolch nach Leda, die nun aufschrie.

Boreas stand zu dieser Zeit von seiner Ruhestätte auf und fragte sich, wo Maia blieb. Er schlüpfte in sein Wams und Beinkleid und machte sich auf die Suche nach seiner geliebten Herrin – denn eine Gebieterin würde sie wohl immer für ihn bleiben. Wenn er gewusst hätte, was gerade jetzt in der nahen Scheune geschah, wäre er wohl so hastig wie möglich dorthin geeilt, doch unwissend gähnte er und verließ gemächlich sein Strohbett, um draußen nach Maia Ausschau zu halten. Die Luft war kühl und erfrischend. Ob Maia beim Weiher war? Doch was war das? Boreas hatte einen verzweifelten Schrei gehört! Wo war der hergekommen? Aus der alten Scheune, wo Lina und Hagbard schliefen…

Gleichzeitig wischte Maia aus ihrer Schürze in einer blitzartigen Bewegung seitlich ein Messer hervor und jagte es durch den Raum. Noch bevor Kerbera den spitzen Dolch in Ledas Leib versenken konnte, zischte Maias Klinge und bohrte sich mit einem schlürfenden und schmatzenden Geräusch in ihr Ziel. Kerbera sackte wie vom Blitz getroffen zusammen. Noch immer hielt sie ihren Dolch in der Faust, doch ihr Blick war starr zur Decke gerichtet. Ihre Lippen zitterten. Leda hörte, wie sie den Namen ihres Gemahls aussprach: „…Abas… wird… sterben… Du… Hexe…“

Hagbard stürzte zu Leda und nahm sie schützend in den Arm. Nun erschien auch Boreas, der zur Scheune gelaufen war, als er den Schrei gehört hatte. „Wir müssen sie verschwinden lassen, bevor das andere Gesinde oder die Bäuerin etwas erfährt“, schlug Leda vor, die den gröbsten Schock überwunden hatte. Boreas und Hagbard kümmerten sich darum und trugen Kerbera zum Weiher. Leda und Maia gingen zu Nike und Zelos und berichteten ihnen von dem nächtlichen Angriff. Und noch lange saß Leda wach und dachte darüber nach, was Kerbera mit ihren letzten Atemzügen gesagt hatte. Abas lebte. Noch.

Für den nächsten Morgen ließen sie sich eine Geschichte einfallen, warum Kerbera und Cain nicht mehr da waren: Sie hatten angeblich ein Ross gestohlen, um damit zu verschwinden. Die Bäuerin war aufgebracht, ihr Blick war düster, als würde ein Sturm aufziehen, und sie schickte zwei Knechte mit schnellen Pferden hinterher, um die flüchtigen Diebe zu jagen, doch wie zu erwarten mussten die Männer erfolglos zurückkehren, weil Cains Vorsprung schon zu groß war und sich die Spuren verloren hatten.

Leda hatte einen Entschluss gefasst: Sie musste in die Hauptstadt zurückkehren und Abas aus den Fängen der Megara befreien! Hagbard, Zelos und Nike wollten ihr dieses Himmelfahrtskommando ausreden, doch nichts hielt die Königin davon ab. Dann wandte sie sich an Maia und Boreas: „Ihr gehörtet zu Megaras Truppen?“ Maia schüttelte den Kopf. „Nein, ich war Soldatin der Fama. Megara ist nur noch ein Schatten ihrer selbst in ihrer Zitadelle. Die wahre Herrscherin über den Alten Kontinent ist Fama, die Siegreiche.“
Dann zeigte Maia auf ihren Begleiter. „Boreas war Kampfsklave. Ich habe ihn freigekauft.“ Leda nickte langsam und bestätigte der Exsoldatin nun auch ihre eigene und wahre Gestalt. „Mein Name ist nicht Lina, wie du wohl inzwischen argwöhnst.“

Am nächsten Tag beschloss die Gruppe, das Gehöft zu verlassen und trotz aller Gefahren in Richtung Osten in die Hauptstadt zu reisen. Alle wollten Leda helfen, ihren Abas wieder zu sehen. Auch, wenn es ihre letzte Reise werden würde. Sie kauften nur zwei Tage später der überraschten Bäuerin mit dem ersparten Lohn sechs Rösser ab, so dass jeder einen Sattel und vier kräftige Beine unter sich hatte. Als sie aufbrachen, tauchte plötzlich der Jäger Arcanum auf, der sie damals zu dem Hof geführt hatte. „Ihr seit Königin Leda, nicht wahr?“, fragte er unverblümt und deutete eine Verbeugung an. „Ich habe es von Anbeginn geahnt. Gebt mir die Ehre, Euch zu begleiten, wohin auch immer es Euch zieht.“ Leda nickte dem Jäger anerkennend zu. „Ihr seit sehr mutig, dass Ihr uns begleiten wollt. So seit willkommen in unseren Reihen.“

Und so machten sich sieben Gefährten auf nach Osten, ohne zu wissen, was genau sie dort erwartete. Je weiter sie in Richtung der aufgehenden Sonne ritten, desto mehr Einfluss hatte das Matriarchat. Männer wurden in ihren Rechten verstümmelt, erledigten niedrige Arbeiten und fügten sich unter ihre Eheherrinnen. Bald schon erreichten sie eine Region, in der es nicht üblich war, dass ein Mann frei lebte. Die Gefährten beschlossen also, um nicht aufzufallen, vier Rösser zu verkaufen und Arcanum, Hagbard, Zelos und Boreas marschieren zu lassen. Auch mussten sie ihre Kleidung gegen fadenscheinige, alte Tücher eintauschen.

Nike nahm schmunzelnd zur Kenntnis, wie sehr Arcanum, Hagbard und Zelos sich über ihren erzwungenen Fußmarsch ärgerten, brummten und grummelten. Nur der ehemalige Kampfsklave Boreas nahm dies gelassen hin. Er war Schlimmeres gewohnt. Und so setzte die kleine Gruppe ihre Reise in langsamerem Tempo fort, während die Damen ihren Po im Sattel positioniert hatten, die Kerle jedoch bald schon über Blasen an den Sohlen klagten.

Als die Gemeinschaft an einem Gehöft mit Schmiede vorbeikam, entschloss sich Leda dazu, den Männern zur Tarnung Eisenhalsbänder umlegen zu lassen. Hagbard und Arcanum stöhnten, doch rissen sie sich zusammen, um nicht aufzufallen, und ließen die Prozedur zähneknirschend über sich ergehen. Die Schmiedefrau schlug vor: „Wie wäre es mit Brandeisen für die Sklaven? Falls sie mal verloren gehen, sind sie so leichter wieder zu finden.“ Die Männer schauten entsetzt zu Leda. Zu ihrer unendlichen Erleichterung lehnte sie freundlich ab. „Das wäre ergötzlich, aber nein, nicht nötig. Sie sind vollkommen hörig.“ Damit schlug sie Hagbard mit dem Griff ihrer Reitpeitsche herzhaft über den Hintern, dass er aufzuckte. Nike musste ihre Lippen zusammenpressen, um nicht lauthals loszuprusten. Arcanum stöhnte innerlich. „Worauf habe ich mich da nur eingelassen!?“

Doch es sollte noch nicht der letzte Schreck gewesen sein, denn die Schmiedefrau stellte fest: „Warum trägt denn nur einer der Sklaven einen Keuschheitsgürtel? Ich habe welche da. Ganz günstig würde ich sie Euch vermachen.“ Zelos, Arcanum und Hagbard schüttelten den Kopf, doch schnell merkten sie, dass sie als Mannbilder nur zu gehorchen hatten. Leda fragte Nike: „Was meinst du? Keuschheitsgürtel sind eine bewährte Tradition.“ Nike grinste Zelos diabolisch an. „Ja. Ich denke, wir sollten sie nehmen.“ Zelos stierte sie ungläubig an. Auch Arcanum und Hagbard glaubten, ihren Ohren nicht trauen zu dürfen. Doch schon bald wurden sie eines Besseren belehrt: Die Schmiedin schloss ihre Männlichkeiten kurzerhand ein und verlangte ein paar Kupfermünzen für die Schlüssel. Sie zwinkerte Leda, Nike und Maia zu und meinte: „Ich habe die Röhren schön eng gemacht. So können die schlafenden Tiger ohne Erlaubnis nichts Böses anstellen.“ Dann lachte sie amüsiert, und die Damen fielen mit ein.

Als die Gefährten weiter geritten waren, empfahl Hagbard: „Wir sollten die Keuschheitsgürtel nun wieder ablegen.“ Leda war anderer Meinung. „Nein, die bleiben schön dran. Wir wollen doch kein Risiko eingehen.“ Mit diesen Worten gingen die Pferde in einen leichten Trab über, und die Männer mussten sich beeilen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Keuchend und leise in sich hinein fluchend liefen sie hinter den Rössern her.

Einige Duxas der Helena griffen die Festung der Megara von Norden an – Scheinangriffe, die eine Kampfeinheit am Südwall decken sollten. Mit einem gewaltigen Rammbock tauchten unerwartet zwölf Kampfsklaven - sechs an jeder Seite – auf und jagten auf eine Stelle der südlichen Mauer zu. Am vorderen Ende war der Stamm mit Eisen beschlagen. Bogenschützinnen gaben ihnen Deckung, so gut es ging. Die meisten Wachen hatte Megara zur Nordwand abberufen, denn dort erwartete sie einen Großangriff des Feindes. Ceres beobachtete gespannt von dem kleinen Hain aus, wie die Ramme durch die Steinplatte brach.

Beinahe wären die Kampfsklaven gestürzt, doch behielten sie das Gleichgewicht, holten erneut Anlauf und schossen mit ihrem verstärkten Balken auch durch die Innenverkleidung der Mauer. Auf ein Kommando von Ceres spurteten weitere Kämpen auf die Südmauer zu und betraten die Festung der Megara. Alles ging blitzartig von statten. Mehr und mehr Kämpfer stürmten eilig aber leise in das Innenleben der Bastion. Abas hatte die Wahrheit gesagt, freute sich Ceres. Sie hatten die Schwachstelle der Zitadelle gefunden, die als uneinnehmbar galt – bisher.

Als endlich innerhalb der Mauern Alarm ertönte, war es bereits zu spät: Dutzende Wachen waren ausgeschaltet, Hunderte Kampfsklaven und Soldatinnen der Helena hatten große Bereiche der Burganlage unter Kontrolle gebracht. Megara erfuhr erst davon, dass sie überrumpelt worden war, als nur noch der Burgfried und wenige Gemäuer im Innern der Bastei verteidigt wurden. Hunderte Kämpfer der Tyrannin hatten sich dem Feind ergeben, darunter auch Dutzende Soldatinnen bis hinauf in die obersten Duxa-Ränge.

Auch die wilden Kämpfe am Nordtor wurden eingestellt. Das gewaltige Fallgitter und schwere mit Eisendornen gespickte Haupttor öffnete sich von innen. Acht Kolosse von Sklaven drehten das imposante Rad, das die dicke Kette aufdrehte, um den Eingang in die Festung zu gewähren. Die letzten Kämpfer kamen ergeben von den Verteidigungswehren hinab und legten kleinlaut ihre Waffen ab, die sich auf riesigen Haufen scheppernd ansammelten.

Als Helena in ihrer Residenz das Horn mit dem vereinbaren Signal hörte, schlich sich ein tiefes Triumphgefühl in ihr Gesicht. Was für ein honigsüßer Klang erreichte da ihr Ohr! Megaras Niederlage stand kurz bevor! Die letzten Rückzugsmöglichkeiten würden ebenfalls bald zerstört werden. Die Despotin scharte nur noch wenige Loyale um sich. Einige Leibeigene und Gardistinnen waren die letzten Personen, die wohl kaum noch zu großer Gegenwehr fähig waren. Vielleicht zogen sie sich zurück und verschanzten sich, doch ihr Proviant würde bald aufgebraucht sein und sie müssten ihre Gürtel enger schnallen.

„Ich werde in dieser Zitadelle regieren“, freute sich Helena und strich sich zufrieden über ihren Kamisol. „Soll Fama doch in der Metropole glauben, sie sei die absolute Königin… Die westliche Region wird unter meiner Macht stehen.“ Duxa Ceres verneigte sich vornehm vor der Statthalterin und verkündete die Einnahme des Bollwerks. „Wir könnten sie nun leicht ausräuchern, wenn Ihr dies möchtet, werte Helena“, schlug Ceres vor. Doch davon wollte Helena nichts wissen. „Nein, ich will sie gedemütigt sehen! Ich will, dass Megara von ganz alleine aus ihrem Loch gekrochen kommt! Abgezehrt und mit vertrocknetem Gaumen! Dass sie um Gnade bettelt!“ Ceres nickte erhaben. „Meine Truppen sind dabei, die Burg für Euch herzurichten, werte Helena.“

Die Statthalterin lächelte. „Informiert mich über jede Neuigkeit, was Megara und ihre Brut angeht“, wies sie an. „Und nun geht hinfort und lasst mich allein.“ Sie leerte ihren Silberpokal mit dem kühlen Trunk in einem Zug und wischte sich unfein die Lippen mit dem Handrücken ab. Als Ceres mit fliegendem Umhang und stolzen Stiefelschritten gegangen war, klatschte Helena zwei Mal in die Hände. Sofort erschien ihr Leibsklave: Der Mann trug ein goldbewebtes Tuch um die Hüften und ein goldenes Halsband sowie klingelnde Glöckchen an den Brustwarzen. „Herrin? Ihr habt mich gerufen?“, fragte er und fiel vor Helena auf die Knie, das Gesicht zu Boden gesenkt. „Besorgt Uns Trauben und Rotwein. Und Nüsse mit Honig. Und zwei ergötzliche Lustsklaven, die Uns unterhalten. Und du, du tanzt ein wenig für Uns.“

Der Leibsklave senkte sein Haupt bis zum marmornen Boden: „Sehr wohl, Gebieterin.“ Wie von der Tarantel gestochen sprang er auf und eilte davon, um die Wünsche der Statthalterin zu erfüllen. Denn er wusste, was geschah, wenn Helena ungnädig wurde. Doch heute schien sie frohsinnig zu sein. Der Leibsklave würde alles tun, damit dies auch so bliebe. Stumm und gehorsam musste er sein, damit sein Haupt nicht im Korb des Henkers landete.

An anderem Orte herrschte Trübsal und Wut. Megara atmete schwer und drückte beide Hände auf ihr Herz. „Wie konnte das geschehen? Wie sind die Rebellen in meine Burg gekommen?“ Eine Gardistin antwortete: „Höchste Göttin, es…“ Doch Megara unterbrach sie barsch: „Ruhe! Hör auf mit diesem Göttergeplänkel! Bin ich eine Göttin? Wenn ich eine wäre“, sagte sie in leidendem Tonfall und ließ sich kraftlos auf einen Stuhl fallen, „dann wäre ich wohl nicht verraten worden. Dann würde ich nicht hier im Turm hocken, niedergestreckt von Unwürdigen…“

„Majestät“, versuchte es die Gardistin ein zweites Mal, „es war ein böser Hinterhalt. Es gab eine Lücke in der Mauer. Eine geheime Schwachstelle. Niemand wusste davon.“ Megara presste den Rotweinkelch aus Gold so feste in ihre Hand, dass sich ihre Fingerknöchel weiß färbten. „Niemand! Niemand! Aber eine Person musste es doch wissen! Wer? Wer frage ich?“ Die Gardistin wusste keine Antwort und schluckte die Stille hinunter. „Können wir den Burgfried und die innere Wehranlage halten?“, fragte die gestürzte Despotin. „Sagt die Wahrheit!“ Die Gardistin erwiderte: „Majestät, ich kann Euch darauf keine Antwort…“ Megara winkte angewidert mit ihrem Handrücken: „Dann geht! Verschwinde, Weib! Mach, dass du mir aus den Augen kommst! Alle haben sich gegen mich verschworen! - Was ist mit den Minen? Haben die nichtsnutzigen Sklaven endlich einen Ausgang zu den Höhlen gegraben?“ Die Gardistin nahm steif Haltung an. „Majestät, leider befinden sich die Zugänge zu den Stollen im südlichen Bereich der Festung, die der Feind kontrolliert. Selbst wenn es einen solchen Durchgang geben würde…“ Weiter kam sie nicht, denn Megara warf den Kelch nach ihr und schrie: „Hinaus!“

Die Herrscherin stieg in das Kellergewölbe des Burgfriedes hinab. Sie wusste von einem Gang, der zu den Minen führte. Ihr Gatte, König Talos III., hatte ihn damals unter strenger Geheimhaltung bauen lassen und danach dafür gesorgt, dass die Tunnelanlage ein Geheimnis blieb. Megara traute niemandem ihrer wenigen verbliebenen Gefährtinnen über den Weg. Deshalb machte sie sich selbst auf, um zu prüfen, wohin sie der Gang führen würde.

Sie steckte sich mit einem Fidibus eine Fackel an und schob im dunklen Gewölbe einen Stein im Mauerwerk zur Seite, der nur locker in der Wand steckte. Ein rostiger Eisenring erschien, an dem sie zog. Durch einen Mechanismus öffnete sich die Mauer mit einem kreischenden Schaben einen Spalt. Megara schlüpfte hindurch, erpicht ihre Robe nicht zu beschmutzen, und betrat den niedrigen Stollen. Zu ihrer Enttäuschung endete der Weg schon bald, als sei er nicht zu Ende gegraben worden.

Megara pochte gegen den Fels. Hörte es sich hohl an? Die Imperatorin klopfte erneut. Ja, nun war sie sich gewiss. Sie nahm ihren Schmuckdolch und schlug mit dem Griffende gegen die Stelle. Wieder und wieder. Und als sie schon aufgeben wollte, brach jäh der Fels ein. Ein kleines Loch war entstanden. Megara schien mit der Fackel hindurch. Dahinter befand sich ein Hohlraum. Vielleicht war ihr der Durchbruch zu den Höhlen gelungen? Ein Fluchtweg? Megaras Herz klopfte bis zum Hals. Doch nun musste sie zurück, bevor ihre Abwesenheit bemerkt wurde. Eilig kehrte sie um und klopfte sich den verräterischen Staub von ihrem prunkvollen Kleid.

„Sprich: Wie viel Tage reicht unser Proviant noch?“, wollte Megara von einer Duxa wissen. Die Soldatin schätzte: „Es kommt darauf an, ob wir rationieren. Wasser haben wir genug durch den Brunnen. Aber die Mahlzeiten könnten…“ Megara unterbrach unwirsch: „Wie lange?“ Die Duxa erwiderte: „Vielleicht drei oder vier Wochen.“ Megara hob stolz ihr Kinn: „Wir werden niemals kapitulieren! Wir werden kämpfen bis zum Tode!“ Die Duxa verneigte sich: „Sehr wohl, Majestät.“
Viele Grüße von prallbeutel
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:27.06.21 19:26 IP: gespeichert Moderator melden


Tolle Geschichte. Viele Veränderungen im Vergleich zur ursprünglichen Versiion. Super.
VG Alf
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:04.07.21 12:36 IP: gespeichert Moderator melden


Ein halbes Dutzend Briefraben brachten die frohe Kunde hurtig nach Osten in die Metropole. Eiligst hatte die Falknerin einem schwarzen, krächzenden Vogel die kleine Lederröhre abgebunden und das Pergament entfaltet. Sofort war eine Gardistin mit der Botschaft zur Herrscherin geeilt. Fama, die Siegreiche, frohlockte. „Famos! Bald rutscht Megara auf den Knien vor mir!“ Euphorisch tanzte sie durch den Palast.

Ihren Töchtern Aurora und Vesta war weniger zum Feiern zu mute. Immer noch steckten sie in Keuschheitsgürteln, die ihre Mutter ihnen wegen ihrer diversen Eskapaden hatte anlegen lassen. Doch Fama ließ sich nicht von der schlechten Laune ihrer Töchter anstecken und ließ zahlreiche Feste veranstalten, Musikanten mit Mandolinen, Schellen, Fideln, Schalmeien und Trommeln auftreten und zu dekadenten Banketten für die Edeldamen einladen.

Diese Feierlichkeiten arteten flink zu Orgien aus. Aurora und Vesta wurden gelb vor Neid, als sie das vergnügliche Treiben der anderen Edelfräuleins erlebten und genau wussten, wie die Schäkereien mit den Lustsklaven später in Separees ihren Höhepunkt finden würden. Harfenspieler sorgten für die unschuldig klingende Untermalung des sündhaften Treibens. Diese geilen Weiber waren disziplinlos und verkommen!

Vesta schüttete einem Jüngling ein Pulver in den Kelch, das seine Manneskraft für mindestens drei Tage völlig tötete. Als sie dann später an der Nische vorbei schlich, um sich an ihrem Streich zu erfreuen, hörte sie statt einer frustrierten Frau höchst erregte Lustgeräusche und Gestöhne und lugte überrascht um die Ecke: Das Edelfräulein ließ sich von der fehlenden Standhaftigkeit des Lustsklaven nicht entmutigen und vergnügte sich mit dessen Zunge. Vesta wäre am liebten mit ihrem kleinen Zierdolch herbeigestürmt und hätte dem Sklaven auch diese Möglichkeit genommen. Und das unbeherrschte Weibstück hätte auch Federn lassen müssen. Aber das hätte ihr nur neuen Ärger eingebracht. So musste sie ihre Wut und den bissigen Neid herunterschlucken wie bitterste Galle, obwohl sie fast daran zerplatzte.

Aurora dagegen hatte das Fest so bald verlassen, wie sie die Wächterinnen sie aus dem Saal hinausgelassen hatten und sich in die privaten Gemächer ihrer Mutter geschlichen. Fama trug die Schlüssel zu den Keuschheitsgürteln ihres Nachwuchses nicht bei sich, also mussten sie irgendwo versteckt sein. Die Tochter der Herrscherin schickte alle Bediensteten aus den Räumen und drohte: „Wenn meine Mutter davon erfährt, dass ich hier war, werde ich euch alle ohne Ausnahme peitschen lassen, bis…“ Der Rest des Satzes war nicht zu verstehen, denn in ihrer Wut presste sie die Zähne zusammen und gab eher Knurrgeräusche wie ein Isegrim von sich als eine junge Lady von Hofe.

Sie suchte und kramte und eilte in den Räumen umher, doch kein Schlüssel war zu finden. Aurora war Schweiß gebadet, doch gab sie nicht auf. In ihrem Eifer bemerkte sie zu spät, dass Fama das Fest verlassen hatte und unerwartet in der Tür stand: „Aurora! Was tust du da?“ Die Tochter erschrak so sehr, dass sie eine Schatulle mit Schmuck fallen ließ. Eine Perlenkette zerplatzte, filigraner Goldschmuck und Ringe mit diversen Edelsteinen schlugen auf dem Boden auf und verteilten sich auf den Marmorplatten. „Oh!“, gab Aurora von sich und bückte sich nach dem Schmuck. „Verzeiht, Mutter, ich wollte nur ein wenig Geschmeide von Euch leihen, um hübsch für Euch auszusehen.“

Fama runzelte die Stirn. „Mitten in der Nacht? Wohl eher für euren Spiegel! Nun, so sei es. Such dir etwas aus und lass mich dann allein.“ Aurora wählte eine Brosche mit Saphiren und einen passenden Ring und verließ das Gemach der Herrscherin. Mit dem Geschmeide lief sie in ihre Kammer. Ihre nächtliche Aktion war von keinem Erfolg gekrönt gewesen. Aber sie musste den Schlüssel einfach bekommen! Nur wie?

Als Aurora sich so wütend in ihr Bett warf, dass ihr die Tränen kamen, klopfte es. „Wer stört?“, blaffte sie. Ein Dienstsklave erschien unterwürfig und entschuldigte sich vielmals für die Störung der Nachtruhe, doch er sei in einer äußerst wichtigen Angelegenheit da. Aurora kniff die Augen zusammen: „Das hoffe ich für dich – und deinen Arsch!“ Ihre Oberlippe hob sich ordinär, als sie die Drohung aussprach. Der Sklave kam ihr gerade recht! An ihm würde sie ihren Frust auslassen! Der Dienstbote verneigte sich so tief er konnte und sprach so leise, dass Aurora ihre Ohren spitzen musste, um ihn zu verstehen. „Ich habe Euch eine wertvolle Nachricht zu bringen, höchstwerte Aurora. - Ich weiß, wo sich der Schlüssel zu Eurem Keuschheitsgürtel befindet.“

Aurora fielen fast die Augen aus ihrem süßen Gesichtchen. „Du weißt was...?“ Der Sklave wiederholte noch leiser und eindringlicher seine Botschaft. Aurora kam auf den Leibeigenen zu, der auf die Knie fiel. Das Edelfräulein kniete sich zu ihm nieder. „Dann sprecht!“ Langsam hob der junge Mann sein Gesicht und wagte einen Blick in Auroras Augen. Ein schelmischer Ausdruck erschien auf seinem Mund. „Ich möchte dafür etwas von Euch.“ Auroras Miene vereiste.

Am nächsten Tag sah es im Palast der Fama aus, als hätten Hundertschaften Vandalen gewütet. Dass Saufen und Huren keine Domäne der Mannsbilder war, zeigte sich in Famas Residenz, denn die „feinen“ Damen hatten ein sprichwörtliches Trümmerfeld hinterlassen. Sogar ein Kunstwerk eines Kupferstechers war demoliert worden. Ziemlich war das Verhalten der Gesellschaft nicht gewesen. Der Ruch der Ladys war augenscheinlich.

So mancher Sklavenarsch war bei den Verlustierungen malträtiert oder gedehnt worden und neben dem Aufräumlärm – Tische und Bänke wurden geschoben, Geschirr klirrte auf großen Tabletts, Dienstboten mit Wischlappen schrubbten die Böden – ertönten in einigen Ecken noch stöhnende Lustsklaven, die teils noch in ihren Fesselungen hingen, teils steckte ihnen noch ein Luststab aus Holz oder eine Kerze an empfindlicher Stelle, teils versuchten sie auch erst wieder zur Besinnung zu kommen, denn manche Edelfräuleins kannten lustige Trinkspiele, bei denen sich die Leibeigenen zum Vergnügen der Damen gegenseitig übertrumpfen mussten.

Während die meisten der adligen Frauen noch in ihren großen Himmelbetten lagen – allein oder mit ein oder zwei Lustsklaven an ihrer Seite – waren die Dienstsklaven bereits längst wieder damit beschäftigt, die Unordnung des Vortages zu beseitigen. Eine Wächterin wunderte sich, dass bereits am Vormittag eine Tochter der Herrscherin durch die Gänge eilte. Gewöhnlich ließen die beiden verwöhnten gerade dem Görenalter entwachsenen Damen den Tag erst gegen Mittag einläuten. Doch dann schmunzelte die Wachfrau: Aurora hatte wohl wie so viele andere Ladys einige Kelche zu viel gezecht. Denn ihrem Gesichtsausdruck nach hatte die feine Dame es so eilig, weil sie ihr Frühstück wieder hergeben wollte. Und ihren Kopfputz hatte sie offenbar auch schon verloren.

Und bald darauf sah die Uniformierte Aurora wie zur Bestätigung sich mit einem weißen Tuch über den Mund wischen, husten und nach einem Becher Wasser greifen. Doch auch diesen Inhalt behielt sie nicht lange bei sich. Die Wächterin sah diszipliniert zu Seite, doch musste sie all ihre Kraft zusammen nehmen, um nicht zu kichern. Die Götter hatten Humor.

Die Schwester Vesta lag noch in ihren Federn und seufzte verzweifelt: „Wie lange soll ich denn nur noch in dem vermaledeiten Keuschheitsgürtel leiden?“ Sie klingelte nach einem Dienstsklaven, der ihr ein Morgenmahl und frisches Wasser besorgen sollte. „Zieh dich gefälligst angemessen züchtig an, du Unhold!“, schimpfte sie. Der Diener verneigte sich voller Elan und entschuldigte sich vielmals. Er trug einen Lendenschurz und eine Art Brustgeschirr aus Leder, wie es für die Dienstboten der Fama vorgeschrieben war. Was sollte er nun unternehmen? Was erwartete die junge Lady von ihm? Woher sollte er plötzlich ein Wams oder gar Beinkleider bekommen? Und würde Fama dies erlauben?

Vesta starrte dem Sklaven auf seine halb bloßgelegten Pobacken, als er das Gemach verließ. „Überall sündige Versuchungen…“, stöhnte Vesta innerlich. Als ihr Blick an die Kuppel genau über ihrem Bett fiel und sie die Fresken sah, die Frauen in einem Sklavenharem darstellten, schloss sie abrupt die Augen. War sie verflucht? Überall gab es nur Unzucht! Was war das für eine verkommene Welt voller Hurerei?

Als der Diener mit dem Befohlenen zurückkehrte, trug er ein dünnes Wollwams und eine knarzende Lederhose. Er stellte alles ab und verließ die Tochter der Herrscherin. Hastig lief der Sklave anschließend zurück zu dem Besitzer des Beinkleids, der sich währenddessen ängstlich hinter einem dunklen Mauervorsprung des Palastes herumgetrieben hatte. „Endlich! Denk daran, ich habe etwas gut bei dir! Heute Nacht!“, flüsterte der Mann. Der Dienstbote entledigte sich der Hose und seufzte. „Ja, ich fürchte es. Und wenn ich dir stattdessen ein paar Kupfermünzen gebe? Alles, was ich in diesem Mond gespart habe?“ Doch der Mann verneinte und grinste obszön. „Ich will dein williges Fleisch!“

Hurtig eilte der Dienstbote zurück in den Palast. Wenn entdeckt würde, dass er seinen Platz verlassen hatte, würde er ohnehin eine saftige Prügelstrafe erhalten. Aber wäre er Vesta ohne Hose unter die Augen gekommen, hätte er sich ihren Zorn zugezogen. Zum Glück würde er ab heute im Stall arbeiten, so dass er mit Vesta so bald nicht mehr in Berührung kam. Leider hatte er nun einen gar hohen Preis zu zahlen. Doch er war sich gewiss: Er hatte das kleinere Übel gewählt.

Aurora stöhnte auf ihrem Bett vor Lust. Ihr Leib rekelte sich. Halb entblößt. Ihr Luxuskörper genoss die Berührungen, mit denen sie sich selbst verwöhnte. Wie hatte sie das vermisst! Oh, die süße Lust! Als ihr Verlangen explodierte drückte sie ihren Rücken weit durch und presste ihre Lippen zusammen, um nicht zu laut zu sein. Der geöffnete Keuschheitsgürtel lag neben ihr, als hätte er sie nie gefangen gehalten. Die junge Dame hatte die Augen geschlossen, ihre Lider flatterten vor Vergnügen. Heiße Erregung und Befriedigung durchströmte sie wie glühende Lava, die aus einem Vulkan leuchtend zu Tal floss. Erdbeben gleich durchzuckte es ihren Leib. Oh, wie hatte sie das herbeigesehnt!

Doch als ihre Lust langsam verebbte spürte sie die Worte des Sklaven neben sich wie einen Schwall eiskalten Wassers aus einem Nachttopf: „So! Nun werden wir die edle Lady wieder verschließen. Und das nächste Mal tauche ich meinen Luststab in Eure holde Weiblichkeit!“ Aurora knirschte mit den Zähnen, als der junge Mann sie in die eiserne Fessel band und den Schlüssel abzog und pfeifend in die Luft warf, auffing und wegsteckte. Aurora brummelte leise: „Am liebsten würde ich dich peitschen lassen, bis du weißt, wie man sich einer honetten Lady gegenüber gebührlich benimmt! Und deinen Sch****z würdest du nie wieder sehen, wie es sich für solch Sünder geziemt!“ Der Bursche lachte glucksend: „Ja, aber dann würde Eure werte Mutter erfahren, wie ihr sie äußerst unschicklich hintergeht.“ Mit diesen dreisten Worten war er verschwunden.

Doch dann tauchte sein Kopf kurz erneut in der Tür auf. Ein feistes Grinsen im Gesicht bewegte er seine Zunge obszön in seinem Mund an der Wange entlang und kicherte: „Ich dachte immer, Ihr seid ein verwöhntes, unnützes Gör. Doch Ihr seid doch zu etwas gut.“ Aurora schleuderte eine Schale nach ihm, doch die Tür war bereits geschlossen, als sie scheppernd gegen die Holzwand mit den kunstvollen Verzierungen knallte. Stille folgte, die nur irgendwann von einem leisen Geläut einer fernen Glocke unterbrochen wurde, doch das Fräulein dann wieder einsam zurückließ.

Die Sonne war schon weiter über den Himmel gewandert, als eine Richterin in schwarzer Robe mit einem kleinen Bronzehammer gegen einen ebenso bronzenen Gong hämmerte, der auf ihrem Tisch stand. Neben ihr saß die Protokollantin. Links und rechts vom Richtertisch standen Wächterinnen in dicken Lederwesten, hohen Stiefeln und bewaffnet mit Säbel, Dolch und Hellebarde. Ihre Gesichter waren völlig ausdruckslos. Zwei weitere Wachfrauen erschienen in der großen, zweiflügeligen Tür auf der gegenüberliegenden Seite des langen Raumes und brachten den ersten Angeklagten.

Der nackte Mann schlurfte mit Fußeisen zwischen den Wächterinnen her auf den Richtertisch zu bis zu einer Linie auf dem Boden. Seine Hände und sein Kopf waren in einem klobigen Holzbrett fixiert. Die Uniformierten hatten kurze, dicke Lederruten in den behandschuhten Händen, mit denen sie dem Angeklagten auf das Gesäß schlugen: „Auf die Knie mit dir, du Wurm, vor der ehrwürdigen Richterin!“ Gern hätte sie ihm ein ganzes Dutzend geschenkt, doch dafür war keine Zeit.

Links vom Richtertisch stand ein weiteres Möbel, hinter dem die Anklägerin saß und verlas: „Der Angeklagte wird beschuldigt, einer Edeldame ungehörig nahe gekommen zu sein.“ Die Richterin las sich das Pergament durch. „Ich sehe. Angeblich hat ihm jemand ein Bein gestellt, so dass er der Geschädigten so vor die Füße gefallen ist, dass er ihr Kleid besudelt hat…“ Im Gesicht des Angeklagten herrschte größte Anspannung. Seine Augen rasten von links nach rechts, hin und her, unstet, so rasend, wie ihm auch das Herz schlug. Sein Mund war verzerrt. Doch war es bei schärfster Strafe verboten, bei Gericht zu sprechen. Und so blieb er stumm.

Die Richterin warf das Dokument der Protokollantin gelangweilt hin und meinte: „Müßig, die Einzelheiten zusammenzusuchen. Der Angeklagte bekommt Kerkerhaft in einer Sammelzelle. Er bleibt für seine Zeit im Brett verschlossen.“ Dann murmelte sie so leise, dass selbst die Protokollantin es kaum hörte: „Mögen seine Mitgefangenen ihn füttern.“ Schließlich fügte sie hinzu: „Bei guter Führung mag er in 50 Tagen um Gnade ersuchen. Der Nächste!“ Der Mann wurde abgeführt. Hilfe suchend drehte sich der Verurteilte zur Richterin um, doch die beachtete ihn nicht mehr.

Auf dem Flur kam ihm der nächste Gefangene entgegen. Das entsetzte Gesicht des Abgeführten steigerte die Angst des neuen Angeklagten nur noch. So fertigte die Richterin in der kommenden Zeit über hundert Männer ab. Etwa jeder Dritte war ein „Prügelsklave“, der die Strafe für seine Herrin antrat, die das Gesetz gebrochen hatte. Manche der Männer erhielten Züchtigungen, andere Kerkerhaft. Schließlich gähnte die Richterin: „Es ermüdet mich. Die Anderen sollen morgen vorgeführt werden.“

Die Protokollantin wies darauf hin, dass noch neun Fälle auf Gnade ausstanden. Alle Männer hätten sich gut geführt während ihrer Kerkerzeit. Die Richterin winkte blasiert ab. „Mich überkommt langsam Hunger. Ich lehne pauschal alle Begnadigungsgesuche ab. Sollen sie erneut nachfragen.“ Die Protokollantin nickte und vermerkte bei drei Männern, dass diese in 50 Tagen wieder vorsprechen könnten. Bei vier Gefangenen würde ein neues Gnadengesuch allerdings erst in 150 Tagen möglich sein. Und bei zwei Männern würde jeweils ein Jahr verstreichen.

Die Richterin eilte mit der Anklägerin geschäftig schwatzend zu Tisch. Die Protokollantin runzelte die Stirn, als sie einen der Namen las. War der Mann nicht vergangenes Jahr auch schon hoffnungsvoll gewesen, was ein Gnadengesuch anging? Er saß nun schon vier Jahre länger als das ursprünglich vollstreckte eine Jahr. Wegen irgendeiner Lappalie. Nur weil es aus der Küche so lecker nach Karkassen und feinem Wildbret über dem Bratrost roch… Die Protokollantin zuckte mit den Achseln. So ein Pechvogel. Wer konnte bei diesem verführerischen Duft widerstehen, wenn er Hunger litt? Na, im Kerker würde er nicht mehr in Versuchung geraten.

Die Protokollantin schüttelte ihr langes blondes Haar, nachdem sie die Robe abgelegt hatte und das Gericht verließ, um mit ihrer Kutsche nach Hause zu fahren. Sie liebte ihre Tätigkeit. Jeden Tag gab es neue Strafen. Und die Gesichter der Verurteilten waren so verschieden: Angst, Verzweiflung, aufkeimende oder sterbende Hoffnung, Pein, Flehen… Sie konnte mittlerweile jedes Gesicht lesen wie ein Buch. Sie freute sich schon auf den morgigen Tag. Ein Angeklagter war der Unzucht beschuldigt. Ihn würde die Richterin vor die Wahl stellen: zehn Jahre Kerker oder lebenslang Keuschheitsgürtel. Was würde der Mann wohl wählen?

Zu Hause angekommen, hieß ihr Privatsklave sie willkommen und half ihr aus den engen Stiefeln. Die Protokollantin grinste, als sie ihren rechten Stiefel gegen den Arsch des Sklaven drückte, als dieser den Linken von ihrem Fuß zog. „Ich habe mir die ganze Zeit eine Frage gestellt“, sagte sie zuckersüß. „Wenn ich dich vor die Wahl stellen würde…“ Sie berichtete ihrem Sklaven von der morgigen Verhandlung. Der Sklave stöhnte erschrocken und meinte nach reiflicher Überlegung: „Ich würde zehn Jahre im Kerker warten.“

Die Protokollantin dachte nach. Vielleicht sollte sie der Richterin vorschlagen, ihr Strafmaß zu erhöhen. Es wäre doch interessant, ab welcher Kerkerzeit ein Mann lieber lebenslang verschlossen werden wollte. Oder man verschärfte die Kerkerhaft mit regelmäßiger Züchtigung. Ach, es gab so viele schöne Dinge. Vielleicht könnte sie ja mit ihren Freundinnen Wetten abschließen, was der Angeklagte morgen wählen würde…


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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:14.07.21 18:39 IP: gespeichert Moderator melden


Weitere Wochen verstrichen, und der Proviant in Megaras Burgfried wurde knapp. Die loyalsten Gardistinnen der Tyrannin mussten mit Waffengewalt dafür sorgen, dass nicht auch die letzten Untertanen Megaras sich in die Arme des Feindes ergaben. Wer wollte schon sterben für eine Regentin, die längst entmachtet war? In wenigen Tagen würden die letzten Rationen aufgezehrt sein. Auch der Geblendetste würde anfangen zu denken: Wie sollte das hier enden? Wovon wollte man leben? Oder wollte man todesmutig in die Reihen tausender Kampfsklaven reiten und mit dem eigenen Lebenssaft den Boden tränken? Oder hatte Megara vor, den Freitod zu wählen? Was blieben für Möglichkeiten? Auch Megara spürte, wie sie die Loyalität selbst ihrer Sondergarde verlor.

Helena und Ceres wussten von Überläuferinnen, wie lange der Vorrat im Burgfried reichen würde. Zufrieden rechneten sie nun jeden Tag damit, dass sich auch die letzten von Megaras Untertanen ergaben. Die wenigen Kampfsklaven, über die die Tyrannin noch verfügte, waren sicherheitshalber entwaffnet worden. Doch es stellte sich heraus, dass eine größere Gefahr von den Duxas und Soldatinnen ausging, denn diese erschienen eines Morgens bei Megara und verkündeten das Ende ihres Treueschwurs.

Um nicht irrtümlich erschossen zu werden, schickten sie einen Kampfsklaven mit einer weißen Fahne vor, um die Kapitulation zu verkünden. Der Mann litt panische Angst, doch bis auf einen nassen Lendenschurz erlitt er keinen Schaden. Megara hatte sich in ihr Schicksal ergeben. Was sollte sie auch noch tun?

Als die schwere Eisentür zu der inneren Wehranlage geöffnet wurde, erschienen die Frauen unbewaffnet und mit den Händen hinter den Köpfen in einer Reihe und marschierten langsam in einen weiteren Hof der Festung. Von allen Seiten zielten Dutzende Bogenschützinnen der Helena auf die Gefangenen. Was mit ihnen zu geschehen hatte, darüber war sich die Statthalterin noch nicht einig.

Als zweiter Zug folgten die meisten der Kampfsklaven. Sie würde ein hartes Leben in den Minen erwarten. Schließlich waren es Kriegsgefangene. Sie mussten – im Gegensatz zu den Soldatinnen – auf den Knien vorwärts kriechen, die Hände ebenfalls an ihren Köpfen. Ein besonders kräftiger Sklave mit einem tätowierten Gesicht verzog seine kräftigen Kiefer zu einem grimmigen Ausdruck, wie eine junge Bogenschützin fand. Sie erwischte sich bei dem Gedanken, dem stolzen Krieger ihren Pfeil in den Allerwertesten zu schießen, doch wollte sie keinen Ärger mit ihrer Centuria riskieren. Es würde noch genügend Gelegenheiten geben, dem Koloss seinen Stolz auszutreiben…

Helena und Ceres jubelten innerlich und inspizierten die innere Wehranlage des Bollwerks. Doch noch immer war ein einzelner Turm, der Burgfried, verschlossen und unzugänglich. Megara befand sich dort, allein zurückgelassen von ihren wortbrüchigen Untertanen, mit sieben letzten Sklaven, die niemand gefragt hatte, ob sie hatten bleiben wollen. Die Diktatorin wusste längst, dass ihre Zeit vorbei war, aber dieses letzte Refugium gab sie noch nicht auf. Sie hörte weibliche Stimmen von außerhalb ihres Turms, die sie verspotteten. Die Imperatorin ballte ihre kleinen Fäuste und schluckte eine scharfe Antwort hinunter. Es würde die uniformierten Rebellinnen nur noch mehr anstacheln, wenn sie ihnen auf ihre Unverschämtheiten und Provokationen etwas erwiderte. Diese Missgeburten, die sich aufbliesen wie Kröten, würden eines Tages ihre verdiente Ernte einfahren.

Stattdessen schritt sie in das Gewölbe unter dem Burgfried und befahl ihren Sklaven oben zu bleiben. Den schweren Riegel zum Außentor des Turms hatte sie mit einer Kette verschließen lassen. Den Schlüssel trug sie stets bei sich. Selbst zu ihren letzten sieben Sklaven hatte sie kein Vertrauen mehr. Die ehemalige Herrscherin steckte sich eine Fackel an und begab sich mit dem tanzenden Lichtschein wieder zu der Geheimtür an dem groben Mauerwerk, öffnete den versteckten Durchlass und schlüpfte in den Gang dahinter bis zu der Stelle, an der sie den kleinen Durchbruch zu den Höhlen – oder war es ein Minengang? – gebrochen hatte. Sie vergrößerte ihn mühsam mit dem Schaft ihres Dolchs, schlug mit ihrer ganzen Verzweiflung und unterdrückten Wut auf die Ränder des Lochs ein, um es zu vergrößern.

Als ihr der Schweiß den Körper in Strömen hinab lief, fragte sie sich, warum sie nicht ihre Sklaven die Schufterei machen ließ. Wozu noch die Geheimniskrämerei? Sie stieg also wieder empor und befahl zwei der Leibeigenen hinab, die die Arbeit staunend aufnahmen. Mit der Geheimtür hatten sie nicht gerechnet. Megara erblickte sich in einem halbblinden Spiegel und riss ihre Augen auf: Ihr Kleid klebte ihr durch die Ströme Schweiß eng am Körper und zeigte jede Gestalt, jede Linie ihres göttlichen Leibes! Sogar die aufgestellten Brustwarzen ihres edlen Busens. Die Tyrannin stöhnte ob des grausigen Abbildes ihrer Selbst auf und sah sich verstohlen nach den Sklaven um. Wagte da etwa einer, sein Auge auf ihren kostbaren Leib zu werfen? Sie würde dafür sorgen, dass es seine letzte Sünde war!

Doch die Sklaven waren teilweise im Gewölbekeller, um an dem Durchschlupf zu ackern, andere hatten sich auf das Flachdach hinter die Zinnen gelegt, um an der frischen Luft ein wenig zu verschnaufen. Megara rümpfte ihr Näschen. Keinem war sie ein Blick wert! Diese unkultivierten Grobiane! Sie wurde nicht beachtet. Sie wurde ignoriert! Das war Insubordination! Oder Blasphemie! Schnaufend stieg sie die Wendeltreppe zur Dachluke hoch und jagte fünf Leibeigene hoch: „Kniet nieder vor eurer Gött… Vor eurer Königin! Vor eurer Majestät!“

Die Sklaven gehorchten. Doch erkannte Megara da erste Zeichen von Widerwillen? Was war in den Augen zu erblicken? Lustlosigkeit? Zweifel? Resistenz? Die Tyrannin griff nach einem Stock, der an der Wand lehnte und prügelte auf die Männer ein, die Schutz suchend die Wendeltreppe hinab liefen. Sie schrie ihnen hinterher: „Ihr seid es nicht wert, zu den letzten Bewohnern von Megaria zu gehören! Ihr seid nur Dreck! Dreck! Dreck! Dreck! Dreck!“ Megara schlug sich immer mehr in Rage, bis sie jäh einen festen Griff an ihrem Handgelenk spürte. Die Despotin öffnete verdutzt den Mund. Ihre Augen quollen ihr fast aus den Höhlen. Wagte es ein Sklave Hand an seine Gebieterin zu legen? War das möglich? War das vorstellbar?

Sie schaute auf die Pranke, die sie zwar nicht so stark hielt, dass es schmerzte, doch spürte sie die mächtige Gewalt, die dahinter steckte. „Nicht mehr schlagen… bitte“, sprach der muskulöse Mann in seinem Lendenschurz. Megara war völlig konsterniert, ließ den Stock fallen und sackte in sitzende Position zusammen. Ihre Augen blickten ins Leere. So weit war es also gekommen! Morgen würde der Fluchtweg frei sein. Dann würde sie verschwinden wie ein geprügelter Hund. Die Geheimtür würde sie von innen verriegeln. Sollten die Sklaven doch entweder im Burgfried ihr Schicksal erfüllen oder als Kriegsgefangene der Fama ein noch schlimmeres Übel erleiden. Wen juckte das?!

Nach zwei Stunden wurden die erschöpften Sklaven im Gewölbe von zwei anderen abgelöst. So schafften die Männer durch viel Fleiß innerhalb eines Tages einen Durchgang, durch den sich selbst ein Sklave zwängen könnte. Die letzte Zeit vor der Morgendämmerung wurde es ruhig im Burgfried. Alles schien zu schlafen. Als Megara am Morgen durch die wenigen Sonnenstrahlen aufwachte, die durch die Schießscharten des Turms hereinbrachen wie Lanzen aus Licht, stellte sie fest, dass sie allein war. Als erstes führte ihr Griff panisch zu ihrer Brust, um die sie den Schlüssel zur Türkette gebunden hatte: Er war noch da!

Erleichtert machte sie sich auf die Suche nach ihren Leibeigenen. Sie griff nach dem Stock. Was hatte sie für eine Lust, diesen Sklaven ihre Ärsche wund zu schlagen! Doch weder in den Obergeschossen des Turms noch im Kellergewölbe waren sie anzutreffen. Es blieb nur eine bittere Schlussfolgerung: Die Treulosen hatten durch den Fluchttunnel das Hasenpanier ergriffen. „Dieses Gewürm werde ich…“ - Megara konnte vor Wut nicht weiter sprechen. Sie würgte fast vor Zorn. Ihr gesamter Körper zitterte. Sie wollte schreien, doch hielt sie sich im letzten Augenblick zurück. Sie durfte jetzt kein Aufsehen erregen.

ALs nächstes stellte sie fest, dass die Sklaven die Schlüssel zu ihren Keuschheitsgürteln gefunden hatten. Megara brachte einen weiteren Seufzer hervor, der so tief schien wie der Burgbrunnen. Aber sie musste sich jetzt auf sich und ihr Leben konzentrieren. In einem Anflug von Wahn öffnete sie mucksmäuschenstill die Kette zum Eingang und entfernte die schweren Riegel. Dann lauschte sie an dem Tor. Jetzt bräuchte das verräterische Volk nur einzutreten! Aber bis dahin würde sie bereits im Geheimgang stecken. Sie packte die letzten Vorräte zusammen, darunter einen Lederschlauch mit Wasser, und dann stieg sie hinab in das Kellergewölbe, um ebenfalls durch den Tunnel zu entkommen und der Meute nachzujagen.

Beim Durchstieg riss eine scharfe Kante des Felsens ihr das Kleid bis zur Hüfte hoch auf, doch das war ihr jetzt gleichgültig. Als Bewaffnung hatte sie nur einen Dolch dabei. Alles andere war zu sperrig und schwer. Megara kämpfte sich durch den engen Gang. Er war sehr abschüssig, so dass sie mehrfach ausrutschte, und bald war ihr Haar voll mit Spinnweben und Dreck, ihre Hände und ihr Gesicht zeigten dunkle Spuren vom Staub und Schmutz der Tiefe. Die Fackel war ihr einziger Begleiter in dieser Einsamkeit unter der Oberfläche. Der Gang reichte weiter und weiter, wurde wieder enger und grober.

Megara stöhnte und ächzte. Ein Zurück gab es nicht. Sie musste weiter in die Ungewissheit. Wo würde sie auskommen? Wohin führte dieser Stollen? Landete sie in den Minen oder den Höhlen? Welches Schicksal hatten die Alten Götter für sie vorbestimmt? Der Tunnel schien geradewegs in die Unterwelt zu führen. Megara stolperte voran und eilte gehetzt weiter, als erwarte sie hinter sich nicht nur den Feind sondern auch die Dämonen des Todesreiches. Ihre Fackel brannte wild lodernd. Noch. Doch bald schon würde sie schwächer werden und schließlich versiegen. Die entmachtete Herrscherin wagte kaum daran zu denken, was dies bedeuten würde! Allein in der Finsternis und irgendwo in der unendlichen Einsamkeit der Höhlen!

Megara stolperte weiter über Fels und Gestein, bückte sich, um einigen spitzen Stalaktiten auszuweichen, die von der Decke herabhingen. Dann lief sie wankend weiter, gehetzt, mittlerweile erschöpft. Doch sie wollte so flink wie möglich wieder aus diesem grauenhaften Stollen hinaus. Irgendwo in der Dunkelheit tropfte es. Ihre Schritte hallten an den steinigen Wänden wieder. Doch was war, wenn sie ihr Weg nur in einen Minenschacht führte, in dem Arbeitssklaven schufteten? Dort würden auch Wachen sein. Famas Untertanen. Megara betete zu den Alten Göttern, dass sie den Zugang zu den Höhlen fand. Ihre gemurmelten Gebete verstummten abrupt, als ihr bewusst wurde, dass sie sich vor nicht allzu langer Zeit selbst als Göttin proklamiert hatte. Wie Hohn musste ihr Bittgesuch an die Alten Götter auf diese wirken.

Als Leda, Hagbard, Nike, Zelos, Arcanum, Maia und Boreas die Stadtmauern der alten Hauptstadt erreichten, schärfte Leda ihren Gefährten ein: „Denkt daran, dass wir nur Reisende sind. Wir dürfen uns auf keinen Fall verdächtig machen. Nike und Maia: Nehmt die Männer ruhig hart ran. Es sind nur Sklaven! Wahrt den Schein!“ Maia und Nike grinsten. Den Männern dagegen war ein wenig mulmig zumute.

Ledas Plan, sich als Wachfrau in den Kerker einzuschmuggeln, konnte sie bald vergessen. Der Vorfall in der Metropole mit der Schmiedemeisterin Gerra hatte sich bis zur Hauptstadt herumgesprochen, und nun herrschten besonders strenge Auswahlkriterien beim Personal. Trotzdem gab es auch in der großen Festung einige Soldatinnen, die sich für bare Münze gern ausfragen ließen. Und so erfuhr Leda, dass Abas noch lebte und in einem Kerker tief unter der großen Burg dahinvegetierte. Leda spürte einen Stich durch ihr Herz. „Oh, Geliebter! So nah – und doch so fern!“ Sie musste ihn sehen!

Da kam ihr ein Tumult zu Hilfe: „Alarm! Die Despotin ist geflohen!“ hieß es in den Straßen und Gassen. Aufgeregte Soldatinnen liefen umher, vor und hinter ihnen Kampfsklaven in voller Montur und Bewaffnung. Es schepperte, als sie in kleinen Trupps über die Wege stampften. Leda fragte eine Frau, die an einem Torbogen stand, was los sei. „Fama? Wieso geflohen?“ Die Frau sah Leda verständnislos an. „Nein, nein! Megara! Die alte Tyrannin ist aus ihrem Burgfried verschwunden!“

Die sonst so streng bewachte Zitadelle war nun frei zugänglich. Überall liefen Wachen umher, doch niemand schien sich für Leda zu interessieren. Alle suchten nur nach der Despotin, die wie durch Magie aus dem Burgfried verschwunden war. Niemand konnte es sich erklären. Auch die sieben Sklaven waren wie druch böse Magie in Luft aufgelöst. Durch eine Windböe war das Tor zum Burgfried wie durch Zauberhand aufgeschlagen. Im ersten Moment hatten die Soldatinnen ihre Bögen gespannt. Wollte Megara mit ihren sieben Sklaven in den Tod laufen? Oder kamen sie kleinlaut auf Knien heraus, um um Gnade und ihr Leben zu betteln? Doch schnell fanden sie heraus, dass von Megara weit und breit keine Spur war.

Leda konnte einfach so durch ein offenes Fallgitter mit gefährlich aussehenden Spitzen spazieren und die Festungsanlage betreten. Es war ein sehr merkwürdiges Gefühl nun inkognito in ihre ehemalige Residenz zurückzukehren. Irgendwie waren ihr die Gemäuer vertraut, und doch war alles so fremd. Vieles hatte sich geändert, war pompös verziert, eine ganze Reihe mit Strafprangern stand am Rand des Innenhofes, ein überdimensioniertes Mosaik zeigte Attribute des Matriarchats: kniende Männer vor Herrinnen, die Peitschen und andere Symbole der Macht in Händen hielten. Einige der dargestellten Frauen hatten einen Fuß auf den Rücken der Sklaven gestellt, die ihnen den anderen Stiefel küssten.

Der Kerkerflügel war leider doch noch bewacht. Leda kannte sich gut in der Burg aus, denn schließlich hatte sie hier als Regentin gelebt. Sie nutzte das allgemeine Durcheinander und wartete ab, bis gerade niemand in der Nähe einer alleine postierten Wächterin war. Dann ging alles blitzschnell: Sie überwältigte die Uniformierte, schleppte sie in eine dunkle Nische eines Mauervorsprungs, verkleidete sich und schritt selbstbewusst durch die langen Flure, ohne aufgehalten zu werden.

Schließlich erreichte sie ein Gelass, von dem aus eine Geheimtür zum Innenhof führte. Von dort wiederum gelangte sie zumindest schon in die Nähe der Kerker. „Wer da?“, hörte sie plötzlich eine strenge Stimme hinter sich. Leda wirbelte herum. „Wer seid ihr?“, fragte Leda zurück. Die Frau, die vor ihr stand, trug Reiterhosen der Soldatinnen und hohe Stiefel mit spitzen Sporen aus Metall. An ihrem Gürtel hing ein Säbel. „Ich bin Ceres, höchste Duxa und Senatorin der Statthalterin Helena. Und du? Ich hoffe, du hast eine gute Entschuldigung dafür, dass…“ Weiter kam sie nicht.

Leda hatte den Namen vernommen. Im ganzen Land war mittlerweile die Geschichte darum bekannt, wie Helenas Truppen Megaras Bollwerk stürmen konnten und wer das Geheimnis auf welche Art und Weise dem Königsgemahl Abas entlockt hatte. Einen kurzen Wimpernschlag später hatte Leda ihr Schwert blank gezogen und war auf Ceres eingestürmt. Als ehemalige Sklavenhändlerin war sie in der Waffenkunde nicht so geübt wie eine Soldatin, doch Ceres beherrschte ihre Klinge trotzdem ungewöhnlich gut und parierte die überraschende Attacke mit ihrem Säbel.

Die beiden Frauen fochten und schlugen aufeinander ein, drehten Pirouetten, hüpften durch den Gang, duellierten sich auf einer Treppe, gerieten beide in engem Gegeneinander auf eine Tischreihe und kämpften weiter, während unter ihren Stiefeln Schüsseln, Becher, Kelche und Schalen zersprangen, zu Boden klirrten. Ein Gemälde wurde zerfetzt, als Ceres mit ihrer Klinge weit bogenförmig ausholte und Leda unter dem tödlichen Hieb der scharfen Klinge wegtauchte. Das gemalte Bild zeigte Helena, wie sie, nun kopflos, stolz von einer Balustrade in die Ferne blickte. Ein ähnliches Schicksal erlitt eine kleine Statue aus weißem Marmor, die der Wucht von Ceres Schneide nicht gewachsen war.

Dann bot sich Leda endlich die Möglichkeit zu einem blitzartigen Vorstoß. Sie stieß ihr kurzes Schwert nach vorne und landete in einem weiten Ausfallschritt, doch Ceres konnte sich gerade noch zur Seite drehen, um dem Todesengel zu entkommen. Nun steckte die Spitze von Ledas Klinge fest in einem Wappenschild aus Holz. Auf Ceres grimmigem Gesicht zeigte sich ein grausames Lächeln. Sie hob ihre Waffe und holte auf die nun ungeschützte Leda aus. Die ehemalige Königin duckte sich weg, bekam Ceres Arm zu fassen und drückte ihn mit aller Kraft zur Seite und nagelte ihn förmlich gegen die Wand. Aus dem Augenwinkel bemerkte Leda, wie Ceres ihre linke Hand hinter dem Rücken verschwinden ließ. Einen Bruchteil des Moments später blitzte eine kurze kleine Klinge in der Hand der Duxa auf. Der spitze Dolch suchte sich den tödlichen Weg in Ledas Herz.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:14.07.21 20:54 IP: gespeichert Moderator melden


Weiterhin eine spannende Geschichte. Ich bin gespannt wie es mit Leda ausgeht. Lass uns nicht so lange warten.
VG Alf
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:24.07.21 13:15 IP: gespeichert Moderator melden


Doch er fand ihn nicht. Rasend schnell hatte Leda die Gefahr erkannt und das Handgelenk der Duxa weggeknickt. Durch den Schwung wurde Ceres mitgedreht und verlor für einen Augenblick das Gleichgewicht, stürzte aufkeuchend zu Boden und fiel mit dem Gesicht voran auf den nackten Marmor. Der hinterhältige Angriff war abgewehrt.

Leda bemerkte erst nach weiteren bangen Lidschlägen, dass Ceres sich nicht mehr rührte. War jene Widersacherin so unglücklich gefallen, dass sie bewusstlos geworden war? Es könnte auch eine Finte sein, argwöhnte Leda und stieß die Leblose mit der Stiefelspitze vorsichtig an, doch sie rührte sich nicht. Leda griff nach dem Säbel der Gegnerin und presste die Spitze gegen Ceres Rücken: „Steht auf, Weib! Oder ich durchbohre Euren sündigen Leib!“ Doch nichts tat sich.

Leda kniete sich hin und drehte Ceres auf den Rücken, immer auf der Hut vor einem tückischen Angriff. Doch die Duxa sah leblos wie eine Puppe an die hohe Decke. Ihr Blick war gebrochen. Ceres war tot. Leda bemerkte den Dolch: Ceres hatte sich selbst unglücklich beim Sturz ihre Klinge in den Leib gerammt. Ihre Heimtücke war ihr zum Verhängnis geworden.

Leda zwang sich, ihren Blick von der verhassten Duxa zu lösen. Sie musste Abas finden! Da kam sie auf eine Idee: Sie entkleidete Ceres und verwendete deren Insignien, um sich selbst als Duxa auszuweisen. Das würde ihr den Zugang zum Kerker öffnen. An zwei weiteren Posten kam sie vorbei, die zackig salutierten als sie die scheinbare Duxa bemerkten. Leda erinnerte sich: Noch diesen Gang entlang und dann durch die Pforte. Dort war der Eingang zum Kerkergewölbe, dem sie sich selbstbewusst mit der Autorität, die ihr die Uniform verlieh, mit strammen Schritte näherte.

Helena ahnte nichts von Ledas Anwesenheit. Sie schritt ungeduldig in ihrem Regierungssaal umher. Ihr Seidenumhang wehte hinter ihr her. „Wie hat diese Hexe es geschafft unbemerkt aus dem Burgfried zu entkommen? Ich glaube nicht an schwarze Magie! Und die sieben Sklaven? Wo sind die? Acht Personen einfach verschwunden! Das gibt es doch nicht!“ Sie öffnete das Fenster mit den Butzenscheiben, als würde sie hoffen, Megara auf wundersame Weise vor dem Palast zu entdecken. Doch nur zwei Männer mit vier Rössern standen dort, als warteten sie auf besseres Wetter.

Helena räusperte sich. Sklaven, die dumm herumstanden! Vor ihrer Residenz! Wer hatte ihnen das wohl befohlen? Gab es nichts zu tun? Warum vertrieben ihre Wachen dieses Gesindel nicht? Aber die Statthalterin hatte gerade andere Sorgen, als sich über zwei unbedeutende Leibeigene zu ärgern, die sich in der Hitze zu sonnen schienen. „Bringt Duxa Ceres herbei! Ich will wissen, was sie zu tun gedenkt! Sie ist schließlich meine Beraterin!“ Eine Gardistin eilte pflichtschuldig los. Helena seufzte. Wenn Fama, die Siegreiche, davon erfuhr, dass ihr Megara ihr abhanden gekommen war, dann würde ihr Kopf über den Marktplatz rollen.

Sie murmelte: „Die Wachen müssen gepennt haben! Sie haben sich betrunken und so fest geschlafen…“ Die Statthalterin wollte schon Befehl geben, sämtliche Soldatinnen samt Kampfsklaven, die um den Burgfried herum postiert waren, vor ein Scharfgericht zu stellen, doch dann wurde ihr klar, dass Schlamperei nicht der Grund der unentdeckten Flucht sein konnte. Es waren einfach zu viele Truppen um den Burgfried postiert. Da hätten ganze Hundertschaften schlafen müssen. „Aber wie ist das möglich?“, sprach sie zu sich selbst und grübelte darüber nach.

Die beiden Sklaven vor dem Palast hatte sie längst wieder vergessen. Sie hätte ihnen mehr Aufmerksamkeit gewidmet, wenn sie gewusst hätte, dass Boreas und Zelos dort auf Leda warteten. Auf Leda und, wie sie hofften, auch auf Abas. Obwohl sie skeptisch waren, ob Leda der gewagte Coup gelingen mochte. Nach außen wirkten die beiden Sklaven wie ein gelangweiltes Duo, doch innerlich bebten sie vor Aufregung. Statt sich etwas anmerken zu lassen, dösten sie scheinbar im Stehen vor sich hin und beäugten das Treiben auf der breiten Pflasterstraße, die zum Palast führte, und an deren Rand einige Stände mit Handelsgütern positioniert waren. An nichts mangelte es: Fisch, Fleisch, Obst, Gemüse, Gewandungen, Rüstzeug, Kohle, Gewürze und sogar Schnitzereien und Schmuckwerk boten die Kaufleute feil.

Auf einem Holzpodest waren fünf kräftige Sklaven in Hand- und Fußketten an Pfosten gebunden. Eine Händlerin in schwarzer Lederhose, karmesinrotem Kurzmantel mit silbernen Knöpfen und hohen schwarzen Stiefeln spazierte vor dem Podest hin und her und versuchte die vorbeieilenden Damen von einem Erwerb zu überzeugen. Die Leibeigenen trug nur einen Lendenschurz.

Manche potentielle Käuferin wollte die Männlichkeit betrachten, bevor sie „die Katze im Sack“ erstand. Mit einem Ruck zog die Händlerin die fünf Leinenfetzen beiseite. Die Männer wanden sich vor Scham an ihren Pfählen. Das war ein gutes Zeichen. Sie waren es noch nicht gewohnt. Frischfleisch war beliebt. Doch musste es auch zunächst noch erzogen werden. Aber das gefiel einigen Edelfräuleins gut, und daher achteten sie beim Kauf gewöhnlich darauf, dass die Sklaven noch nicht gezähmt waren.

Einer der Kreaturen war von der Natur in den Lenden nicht gerade vortrefflich ausgestattet worden. Er musste den Spott zahlreicher Zaungäste ertragen, ob er nicht lieber eine Maid sein wollte. Auch amüsierten sich einige Damen tuschelnd darüber, dass ausgerechnet der Sklave mit der magersten Gestalt den größten Phallus von allen hatte. Aber alles Interesse reichte nicht, um die Ware an die Frau zu bringen. Die Händlerin musste feststellen, dass keiner der Fünf eine neue Besitzerin finden würde, obwohl sie die Preise schon schmerzhaft gesenkt hatte. Es waren schwere Zeiten. Sie hob verärgert die Peitsche und versetzte allen Fünfen ein paar Streiche. „Ihr bringt mir kein Glück! Ihr Nichtsnutze! Niemand will euch haben.“

Sie sinnierte. Morgen würde sie ein Schild aufstellen: Zwei Sklaven zum Preis von einem! Und sie würde gegen eine Schutzgebühr einen Sklaven für eine Woche auf Probe mitgeben. Die Kundin konnte dann bei Nichtgefallen die Ware zurückgeben und ihre Münzen erstattet bekommen - wenn am Sklaven keine groben Schäden entstanden waren. Plötzlich tauchte eine Dame auf und fragte nach dem kräftigsten Mann. Sie zeigte auf den Sklaven. Die Händlerin löste ihn sofort vom Pfosten und befahl: „Los! Mach Kniebeugen! Zeig deine Beinkraft! Schneller! Oder willst du die Peitsche?“ Der Mann sank in die tiefe Hocke und streckte seine Beine wieder durch, wieder und wieder.

Die Handelstreibende zeigte begeistert auf den schwitzenden nackten Mann. „Er ist so stark wie zwei. Ihr könnt ihn vor einen Pflug schnallen und das Feld bestellen.“ Die Interessierte hielt skeptisch den Kopf schief. Die Geschäftsfrau band einen weiteren Sklaven los und ließ ihn sich auf die Schultern des Kraftpaketes setzen. „Seht Ihr? Er ist stark wie ein Bär!“ Die Dame fragte nach dem Preis. Nach einem kurzen Feilschen reichte sie ein Säckchen mit den geforderten Münzen herüber und nahm ihren Neuerwerb in Empfang. Das Fräulein reichte dem muskulösen Sklaven nur bis zur Brust. Die Arm- und Fußketten würde sie zu Hause entfernen lassen. Die Händlerin reichte ihr den Lendenschurz, aber die Dame winkte ab. Sie lächelte verschmitzt. „So ein prachtvolles Gemächt muss er doch nicht verstecken.“ Sie strich gedankenverloren über den glänzenden Körper des Mannes. Dann verschwanden sie im Trubel der Menge.

Kurz darauf gab es eine weitere Anfrage an die Sklavenverkäuferin. Eine Dame in Reiterhosen und weißer Rüschenbluse war vor dem Podest stehen geblieben. „Sagt, können Eure Geschöpfe auch kämpfen?“ Die Geschäftsfrau nickte. „Ich habe die besten Kämpfer des Landes.“ Sie löste zwei der vier restlichen Männer von ihren Pfählen und befahl: „Zeigt der Lady, was ihr könnt! Wer zuerst den Gegner auf den Rücken bringt, hat gewonnen. Der Verlierer bekommt die Dornenhose.“ Die Nennung des respektablen Strafgerätes reichte aus, um die Sklaven zu einem ambitionierten Ringkampf zu ermutigen.

Im Kerker unterhalb der Bastei lief eine Duxa die dunklen Gänge entlang, die nur durch einige wenige Fackeln in ein trübes Dämmerlicht getaucht wurden. Leda fragte eine Wächterin nach der Zelle des Königsgemahls und eilte weiter. Die Uniformierte zeigte ihr den Weg und blieb eine Weile später vor einer dicken Tür stehen, die mit Eisen ummantelt war. „Lasst mich ein!“, befahl Leda. Als die Wachfrau das Schloss geöffnet hatte, versetzte Leda ihr einen Hieb auf den Hinterkopf, der sie sofort in das Reich Morpheus schickte und auf den Steinboden zusammensinken ließ.

Leda schaute voller Hoffnung und Erwartung in die Zelle: Sie sah dort, in ein Eisenbrett gespannt, einen abgemagerten, alten Mann. „Habt ihr den Königsgemahl geseh…“, begann sie, da erkannte Leda ihren ausgemergelten Gatten. „Abas!“ Sie eilte zu ihm und fiel auf die Knie. „Oh, Abas! Mein Geliebter! Oh, Abas!!“ Der Gefangene trug einen Vollbart, wirre Locken auf dem Schopf und hob nur langsam den Kopf, als habe er kaum Kraft und außerdem starke Schmerzen bei jeder Bewegung. „Leda?“ Seine Frage hörte sich an, als glaube er nicht wirklich daran, dass sie vor ihm stand. „Ja, Abas, ich bin es. Ich hole dich hier raus!“ Leda strich ihm sanft über den Kopf. Abas kicherte leise: „Oh, Leda, du erscheinst mir wieder. Wie so oft. Dein Geist, er ist…“ Sie unterbrach ihn: „Nein, Abas. Ich bin es wahrhaftig! Schau her!“ Sie griff sein Kinn und hob den Kopf. Abas ächzte. Angst erschien in seinen Augen. Er litt keinen Trug?

Leda suchte fieberhaft nach den Schlüsseln zu seinem Eisenpranger, fand sie am Gurtgehänge der bewusstlosen Wachfrau, schloss Abas auf, der kaum laufen konnte, und stützte ihn. „Komm mit, wir müssen eilen!“ Nun kam der knifflige Part: Unbemerkt mussten sie aus der Festung entkommen. Dazu benötigte Abas eine Verkleidung. Und nun kamen ihre Gefährten mit ins Spiel.

Nike und Maia täuschten die Sklaventreiberinnen vor, die den scheinbaren Leibeigenen Hagbard in die Zitadelle trieben. Hin und wieder wünschte sich der ehemalige Berater von Königin Leda, dass er Arcanum mit dieser Rolle beauftragt hätte, denn die beiden Damen waren sehr überzeugend und jagten den in Ketten gelegten Sklaven vor sich her.

Maia hieb mit einem Lederknüppel zu, Nike hatte eine mehrSchw***nzige Peitsche, die sie auf Hagbard niederknallen ließ. Aus dem Handgelenk heraus nahm sie Schwung und peitschte die Striemen seitlich auf den Arsch des Sklaven, der jedes Mal, wenn er getroffen wurde, einen kleinen Sprung nach vorne machte und gerade so ein quiekendes Jammern unterdrücken konnte. „Los! Du Wurm! Ich mache dir Beine, wenn du deinen faulen Arsch nicht bald ein wenig behänder schwingst!“ Hagbard mühte sich in seinen Fußketten ab, doch mehr als Trippelschrittchen waren damit nicht möglich.

Als sie den Innenhof erreichten, hielt eine Wachfrau das Trio mit ausgestrecktem Arm auf. „Was ist Euer Begehr im herrschaftlichen Palast?“ Maia antwortete im Brustton aus Selbstbewusstsein: „Bringt uns zum Kerker. Wir haben einen Angeklagten, der der Richterin morgen vorgestellt werden soll.“ Die Wachfrau nickte zackig und führte die beiden Frauen mitsamt ihrem Sklaven in Richtung Kerker. Sobald sie durch einen Säulenbogen gegangen waren, sah sich Maia um: keine Zeugen weit und breit. Sie gab Nike ein Zeichen. In Windeseile war die Wache überwältigt und Hagbard aus seinen Ketten befreit. Maia zog sich die Uniform der Wächterin an und befahl vier Kampfsklaven, die in der Nähe Wasser aus einem Brunnen schöpften, eine kleine Sänfte zu besorgen.

Bald darauf erschienen die Männer mit dem gewünschten Transportmittel. Im nächsten Moment tauchten Leda und der hinkende Abas auf, der wirkte, als würde er fast zusammenbrechen. Nike winkte ihnen zu. Sie setzten Abas in die Sänfte und zogen die Vorhänge zu. Die Kampfsklaven schauten verwundert, wagten aber der Uniformierten gegenüber keine Fragen zu stellen oder gar Befehle zu verweigern. Hagbard schlüpfte mit in die Sänfte, was die Träger zwar ordentlich ins Schwitzen brachte, doch verfügten die mit Muskeln bepackten großen Kolosse über unglaubliche Kräfte und stampften mit ihren Schnürsandalen über den staubigen Hof Richtung Ausgangstor.

Schließlich erschienen Gardistinnen, die nicht so leicht zu täuschen wären. Also musste auch Nike noch in die Sänfte schlüpfen, was das ganze Tragegerät ein wenig zum Schwanken brachte. Doch die Träger gaben nicht auf und schleppten das hohe Gewicht weiter, während Maia in Wachuniform voranmarschierte. Trotzdem stoppte eine misstrauische Gardistin den kleinen Zug. „Wer seid Ihr? Wohin des Wegs?“

Da erschien Leda in ihrer Duxagewandung, die sie Ceres abgenommen hatte. „Lasst sie durch! Wollt ihr etwa die herrschaftliche Helena aufhalten?“ Die Gardistin nahm Habachtstellung an. „Ich wusste nicht…“ Sie winkte den anderen Wachen hastig, dass die Sänfte passieren dürfe. Als der kleine Zug in der Gasse vor der Palastmauer verschwunden war, kratzte sich die Gardistin am Kopf. Helena in so einer kleinen Sänfte? Und ohne Leibgarde? Und warum lief eine Duxa zu Fuß hinterher? Seit Megara aus dem Burgfried entkommen war, spielten alle verrückt.

Bei Boreas und Zelos angekommen, ließen sie die Läufer mit ihrer Sänfte zurück und teilten sich die vier Rösser. „Wir müssen so rasch wie möglich die Stadt verlassen!“, forderte Leda, die ihren Abas vor sich auf dem Sattel hielt und aufpassen musste, dass der Entkräftete nicht hinab fiel. Dann ging es im rasanten Galopp Richtung Westen, so weit wie möglich aus dem Machtbereich der Helena hinfort.

Dass die Gruppe keinen Moment zu früh aufgebrochen war, hörte sie hinter sich, als bereits Alarmhörner den Ausbruch signalisierten, so vermutete Leda. Doch in Wahrheit war Abas Flucht noch gar nicht entdeckt worden. Stattdessen hatte man Ceres gefunden. Helena tobte in der Zitadelle. „Seit wir diesen Königsgemahl in unseren Händen haben, verfolgt uns das Pech! Er ist verhext. Gardistin! Bringt mit seine Männlichkeit! Jetzt! Ich will sie unter meiner Stiefelsohle…“

Die Wache schickte sofort zwei Soldatinnen in den Kerker, den Gefangenen zu holen, und als sie erfuhr, dass er geflüchtet war, riss sie die Augen auf. Sie gab der Wortführerin eine schallende Backpfeife und stapfte davon. Als die Uniformierte dann mit der schlechten Nachricht zu Helena zurückkam, dass die Zelle des Abas leer sei, spielte die Stadtoberste mit dem Gedanken, das erstbeste Opfer, das ihr über den Weg lief, ihre Stahlklinge kosten zu lassen, doch sie riss sich zusammen, wie es sich für eine Statthalterin gehörte.

Helena warf alle Wachen und Dienstsklaven hinaus, goss sich einen Kelch voll Rotwein ein, trank ihn in einem Zuge leer und stierte gegen eine Wand, an der ein Gemälde mit Famas Antlitz hing. Sie zeigte mit dem Finger drohend auf das Portrait: „Ihr werdet mich nicht meines Amtes entheben! Eher werde ich rebellieren und meinen eigenen Stadtstaat ausrufen! Die Macht nimmt mir niemand mehr!“ Helena würde auch in Zukunft die Geschicke der Alten Hauptstadt lenken. Das nahm sie sich fest vor.

Als die Gardistinnen herausgefunden hatten, mit welchem Trick Abas befreit worden war, schickten sie die Träger der Sänfte in den Kerker. Sie würden in den nächsten Tagen der Richterin vorgeführt werden und ihre Strafe erhalten. Schließlich waren sie bei der Flucht beteiligt gewesen. Sie konnten froh sein, wenn sie nur mit blauen Hintern zur Zwangsarbeit in die Salz- oder Kupferminen geschickt wurden. Doch zu einem besseren Schicksal würde es nicht reichen. Das Gericht wusste, was die Herrscherin erwartete und würde ein Exempel statuieren.

Trotz der zahlreichen Söldnerinnen und Kampfsklaven, die von Helena auf die Flüchtenden gehetzt wurden, entkamen die Gefährten nach Westen. Denn nur wenige Meilen außerhalb der Stadtmauern gab es nur noch selten Menschen, die der Helena treu ergeben waren. Im Gegenteil: Je weiter die Jägerinnen nach Westen kamen, desto misstrauischer und feindseliger wurden sie von der Bevölkerung empfangen. Niemand gab ihnen Hinweise, wo sich die Gesuchten aufhielten. Ihre Spur versandete im Nirgendwo.

Schließlich mussten sie umkehren, weil sie ihre Beute endgültig verloren hatten und ein weiteres Vordringen nach Westen zu gefährlich gewesen wäre. Ledas kleine Reisegruppe dagegen wurde überall herzlich willkommen geheißen, gastfreundschaftlich begrüßt, versorgt und unterstützt. In den Siedlungen an der Westküste war ihre Reputation so groß, dass sie lauthals und begeistert bejubelt wurde. An ihrer Seite erhielt auch Abas, der sich inzwischen ein wenig erholt und sein Gesicht rasiert hatte, den gleichen Respekt entgegengebracht. Leda war den Tränen nahe, dass das Volk sie noch so sehr verehrte und als Königin anerkannte.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:31.07.21 15:47 IP: gespeichert Moderator melden


Leda, Abas, Maia, Nike, Arcanum, Hagbard und Zelos hatten nach wenigen Wochen eine ganze Schar von treuen Mitstreitern um sich versammelt. Vielen Menschen aus den westlichen Landen gefielen die neuen Gesetze der Fama genauso wenig wie die alten der Megara. Sie wünschten sich ein unabhängiges Königreich. Eine Protektorin, die ihnen die Freiheit garantierte. Zwar waren es vorerst nur etwa zweihundert Taugliche für den Kriegsdienst, doch auch in anderen Landstrichen stellten sich die Bevölkerung gegen die Machthaberin Fama.

Erste Nachrichten zu Aufständischen erreichte die Statthalterin Helena in diesen Tagen und ließ sie aufbrausend reagieren: „Schickt eine Truppeneinheit Kampfsklaven in die Dörfer und fackelt sie nieder! Jeder, der sich Fama nicht unterwirft, soll brennen!“ Die letzten Worte keifte sie laut wie Peitschenschläge. Natürlich sah auch Helena ihre eigene Macht schwinden, sollte es im Westen zu eigenständigen kleinen Königreichen kommen. Doch die Entwicklung war kaum aufzuhalten: Immer mehr Soldatinnen desertierten und tauchten in den kommenden Wochen unter. Sogar einige Sklaven vergaßen ihre Stellung in der Gesellschaft und flüchteten entweder nach Norden in die unberührten Wälder oder begehrten sogar offen gegen die Damen des Matriarchats auf.

Zwei Soldatinnen unterhielten sich eines Abends am Lagerfeuer über ihren Dienst, der sie bald für mehrere Tage als Aufpasserinnen der Sklaven in die Minen schicken würde. Eine Schwarzhaarige mit mandelförmigen Augen in einer Hirschlederuniform meinte: „Hast du von dem Sklavenaufstand in den alten Schächten gehört?“ Ihre brünette Kameradin nagte gerade an einem würzigen Fleischspieß, schüttelte den Kopf und hörte gebannt zu, wie die Kameradin erzählte, dass vor einiger Zeit dort unten eine ganze Kolonne Sklaven von Unbekannten befreit worden sei. Mit einer Hand griff die Zuhörerin in eine Schale mit Reis, der durch Safran ganz gelb gefärbt war. „Mindestens drei Dutzend Sklaven waren einfach verschwunden. Allerdings hat man alle nach drei Tagen wieder gefunden. Und es waren unerwartet sieben Männer mehr als vorher. Man munkelt, es handele sich um die letzten Begleiter der Megara. Aber genau weiß es niemand.“

Dann beugte sich die Schwarzhaarige vor und flüsterte: „Keiner der Männer trug mehr seinen Keuschheitsgürtel. Wer weiß, was da unten in den Stollen geschehen ist. Womöglich sind die Wilden übereinander hergefallen.“ Die Brünette, deren Mund und Nase mit Bratensaft verschmiert war, kicherte: „Nach so langer Abstinenz von aller Lust kein Wunder, oder?“ Sie warf den halb abgenagten Spieß weit hinter sich und hörte Kettenrasseln. Der schnellste Sklave würde sich den fettigen Leckerbissen schnappen – und der stärkste von ihnen würde ihn verspeisen.

Unsichere Zeiten zogen auf. Bei kleineren Scharmützeln überall im Lande und auch in den Städten zogen die meisten der Aufrührer zwar den Kürzeren und mussten mit empfindlichen Strafen rechnen; doch obwohl die Ladyschaften hart und unerbittlich gegen jede Form von Befehlsverweigerung oder Flucht vorgingen, zerfiel das Vereinte Imperium in kürzester Zeit in zahlreiche kleine autarke Herrschaftsgebiete, von denen sich die meisten als Königreiche ausriefen. Die Landkarte zerbröselte in zahllose Herrschaftsgebiete.

Einige Duxas, denen ihre Einheiten treu folgten, setzten sich ab und annektierten einen Landstrich; reiche Edeldamen beanspruchten eine Region für sich und verfügten über genügend hörige Sklaven und Mitstreiterinnen, so dass sie ein kleines Reich bildeten. Mit ihrer Privatarmee konnten sie ihr Anwesen samt kleiner Siedlung und den umliegenden Feldern gegen jegliche Eindringlinge verteidigen. Der Wille der Gebieterin war Gesetz. Doch außerhalb dieser Mauern galten wieder andere Regeln, so dass die Kleinreiche stets zwischen Krieg und Handel abwägen mussten, um ihre Überleben zu sichern. Die Koexistenz mit rivalisierenden Reichen war notwendig, denn kein Staat war völlig autark.

Aber auch ehemalige Sklaven brachten es bis zum Machthaber. Es gab Mannsbilder, die so viel Charisma ausstrahlten, dass ihnen hunderte flüchtige Leibeigene folgten, und die auch die Bevölkerung hinter sich brachten, die froh war, dass sie in den unsicheren Zeiten einen Führer hatte, der sie beschützte. Einen männlichen Protektor, der sie vor dem Matriarchat absicherte. Wie Jünger folgten sie einem dieser Männer freiwillig und glaubten an die Allmacht ihres Idols. Die fleischliche Lust sollte jeder mit jedem frönen, so sein Dogma. Polygamie war für die Gruppe natürlich und normal. Doch die Orgien, die beinahe täglich stattfanden, führten auch zu Streit und Eifersucht, so dass sich vereinzelt Paare abspalteten und alleine ihr Glück in den Wäldern suchten.

Helena sagte sich von Fama los und rief sich schließlich zur unabhängigen Königin aus, doch viel mehr als ein – wenn auch reicher – Stadtstaat war ihr Reich nicht. Dafür residierte Helena im größten Palast des Alten Kontinents. Und sie trug wohl auch die pompöseste Krone von allen Herrscherinnen, denn sie hatte Megaras goldenen Widderkopf mit den großen Rubinen für sich entdeckt. Sie liebte es, wenn ihre Dienstsklaven und Untergebenen vor Angst schlotterten, wenn sie vor ihren Thron gebracht wurden.

Helena, die Widderkönigin, so nannte sie ihr Volk bald. Und ihre Strafen waren gefürchtet. Nicht nur die Peitsche regierte, sondern Helena hatte Schandmasken aus schwerem Schmiedeeisen herstellen lassen, die der Widderkrone ähnelten, aber einen halben Zentner wogen. Sie waren mit dem Kopf des Delinquenten verbunden und absperrbar. Manche Verurteilten mussten damit von Sonnenauf- bis untergang auf dem Marktplatz stehen. Andere ließ sie ihm Kerker des Palastes damit an die Wand ketten.

Der Liebessklave der erstochenen Ceres, Aphron, wurde zu Helenas privatem Harem gesteckt. Doch hatte Helena nicht vor, den Lustsklaven jemals wieder aus seinem Keuschheitsgürtel zu erlösen. Er galt ihr eher als eine Art Trophäe, ein Erinnerungsstück an ihre Duxa, die durch eine List Megaras Bollwerk erobert hatte. Das einzige Präsent, das er von ihr hin und wieder erhielt, war eine rote Blume, die auf seinem Arsch aufblühte, wenn sie lustvoll eine kurze Geißel mit ledernen Knoten schwang, um sich an dem Quieken des Empfängers zu weiden. Danach fragte sie ihn, ob er gern aus dem Keuschheitsgürtel erlöst werden wollte, und nachdem er dies sehnlichst bejaht hatte, lachte sie ihn hämisch aus und griff sich einen anderen Liebessklaven, um mit ihm vor den Augen des Abgewiesenen der Lust zu frönen.

Die Monarchin Fama verfügte neben der Metropole nur noch über einen Teil der östlichen Lande. Überall auf dem Alten Kontinent entstanden kleine autonome Herrschaftsgebiete, über die sie keinen Einfluss mehr geltend machen konnte. In der Metropole allerdings führte sie weiterhin ein strenges und unnachgiebiges Regiment nach ihren Regeln und Gesetzen. Die Stadtmauern wurden verstärkt, so dass keine Feinde die reiche Stadt überfallen könne, so hieß es. Sie war nun uneinnehmbar.

Doch war der wahre Grund wohl eher, dass Fama Sorge haben musste, dass noch weitere Einwohner ihr geliebtes Reich verlassen würden. Und Sklaven, die es erst bis außerhalb der Stadtgrenzen geschafft hatten, würden in der Umgebung bald Unterschlupf bei anderen Machthabern finden – einigen Leibeigenen gelang dies, einige wurden Fänge der ausrückenden Soldatinnen und mussten mit den Konsequenzen leben, die meist sehr schmerzhaft und erniedrigend waren. Da stand sie Megara in nichts nach.

Fama schickte in dieser Zeit mehrmals einige Kuriere ins Umland, um Menschen, die sich ihr anschließen wollten, freies Geleit und Amnestie zu gewähren, falls sie sie verraten und sich dem Feind angeschlossen hatten. Doch diese Versuche, ihr Reich zu mehren, blieben meist erfolglos. Manch Bote kam nicht mehr zurück. Und die, die mit leeren Händen erschienen, ließ Fama für ihr Scheitern auf dem Markt nackt in den Pranger stellen und der Willkür ihrer Untergebenen aussetzen.

Dabei war dies noch eine moderate Bestrafung. Unter Famas harscher Herrschaft gab es für besondere Vergehen die „Honigstrafe“. Der Delinquent wurde zwischen vier Pflöcke am Boden gespannt. Dann schmierten ihm die Schergen der Autokratin die Lenden mit Honig ein. Den Rest übernahm die Natur. Bei der Honigstrafe waren Dutzende Zaungäste garantiert und erfreuten sich an dem Spektakel. Damit schlug Fama zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie sorgte für abschreckende Beispiele, und zugleich stieg ihre Beliebtheit im Volk für diese Schauspiele, denen viele Damen als Zeitvertreib sehr gern frönten.

Der ehemalige Majordomus der Leda, Honos, hatte Pech: Er musste auch weiterhin als Kettensklave in den Kupferminen schuften, denn der Schacht lag noch innerhalb der Stadtgrenzen der Metropole. Er hatte die Hoffnung auf eine Befreiung längst aufgegeben und sich mit seinem düsteren Schicksal abgefunden. Er buckelte sich krumm und würde eines Tages in seinen Ketten in irgendeinem dunklen Stollen zu Boden sinken und die Augen schließen. Die Sklaven, die in einer benachbarten Mine tätig waren, hatten dagegen Glück, denn sie wurden von rebellischen Leibeigenen befreit und schlossen sich einem kühnen Recken an, der sie nach Norden in die Freiheit führte, wo kein Mensch ein Sklave war und jeder für den eigenen Münzbeutel arbeitete.

Famas Töchter Aurora und Vesta profitierten von den politischen Wirren. Die Königin hatte keine Nerven mehr übrig, sich das ständige Gejammer ihrer missratenen Brut anzuhören und entließ sie aus ihren Keuschheitsgürteln. Die beiden Gören hatten nichts Besseres zu tun, als ihre neue Freiheit ausgiebig mit einem undamenhaften Zechgelage zu feiern, zu dem auch mehrere Dienstsklaven genötigt wurden. Aurora und Vesta glänzten dabei nicht gerade mit Bescheidenheit, was ihre lüsternen Wünsche und Triebhaftigkeit angingen. Den Leibeigenen im Hause der Fama wurde klar: Böse Zeiten waren angebrochen. Die gefürchteten Prinzessinnen kannten keine Grenzen in ihren bösen Streichen und sadistischen Spielen.

Ein Tag später wurde ein bestimmter Dienstsklave nackt und mit gestriemtem Hintern in eine Kerkerzelle gebracht. Aurora beobachtete, wie er von Wächterinnen grob hineingestoßen wurde. Kurz darauf folgten drei riesige Kampfsklaven, die dem Gefangenen in dieser und den nächsten Nächten Gesellschaft leisten würden. Aurora blieb noch über eine Stunde auf ihrem Beobachtungsposten stehen und naschte dabei genüsslich Honigmaronen. Befriedigt und mit maliziösem Grinsen verfolgte sie fasziniert das grausige Geschehen in der Zelle wie in einem Theaterstück und lauschte dem eindringlichen Flehen und würdelosen Jammern des Sklaven, der sie auf so schändliche Weise erpresst hatte. Dafür würde er nun teuer bezahlen. Wieder und wieder und wieder. Später wollte sie noch das Brandeisen schwingen, um dem Geschehen ein befriedigendes Ende zu setzen.

Vesta war derweil in einem weißen Seidenkleid im Lustgarten und herrschte zwei Sklaven an, die damit beschäftigt waren, ein Blumenbeet aus Amaryllis anzulegen. Einer von beiden hatte eine der weiß-roten Blüten gepflückt, stellte die Prinzessin fest. Beide verneinten vehement. Vesta befahl den beiden, sich abwechselnd Backpfeifen zu geben, bis einer gestehen würde der Schuldige zu sein. Die Hände klatschten ins Gesicht des Gegenübers, wieder und wieder.

Es dauerte eine ganze Weile, und beide Wangen waren dunkelrot gefärbt, bis einer aufgab und sich trotz seiner Unschuld bekannte, weil er keine andere Möglichkeit sah. Vesta freute sich diebisch. Sie ließ den Täter entkleidet über ein liegendes Fass binden und strich fast liebevoll über eine lange Rute in ihrer Hand. Sie würde die Hinterbacken des jungen Mannes der Farbe seiner Wangen anpassen. Bald schon schluchzte der Jüngling, der nur wenige Jahre älter als die Prinzessin war, herzzerreißend. Doch das stachelte Vesta nur noch mehr an. Je weiter die Züchtigung voranschritt, desto mehr spürte sie unter dem Kleid ihre Venus wohlig kribbeln, die vor lauter Erregung Freudentränen vergoss.

Der Sklave winselte und schwor, die Blume nicht gepflückt zu haben. „Ich habe es nur gesagt, damit die Backpfeifen aufhören...“ Vesta atmete empört aus. „Du hast deine Prinzessin angelogen?! Na, dir werde ich deine Lügenmärchen austreiben!“ Der Sklave sollte es büßen mit unwahrer Zunge gesprochen zu haben. Das zierliche Fräulein tänzelte hinter dem Mann und schlug erneut herzhaft zu. Wieder und wieder auf das geschundene Sitzfleisch. Sie hieb sich in einen regelrechten Rausch.

Als sie ihre Kräfte verließen stolzierte sie zum Kopf des Leibeigenen und ging in die Hocke, um ihm ins Antlitz schauen zu können. „Ich vergebe dir.“ Der Jüngling schluchzte und stammelte dankbare Worte. Tränen liefen ihm über die Wangen und tropften vom Kinn. Vesta stand auf und ging zur Tür. Die Wache wies sie an, den Sklaven über die Tonne gebunden zu lassen. „Er erhält alle volle Stunde zehn Hiebe mit dem Stock bis zur Morgenröte.“ Die Uniformierte salutierte. „Jawohl, hochgeehrte Prinzessin.“ Frohlockend kehrte Vesta in ihre Kammer zurück. Sie winkte einen Diener herbei. „Bringe mir einen Tiegel Salz.“ Den würde sie morgen benötigen. Doch zunächst brauchte sie ihren erholsamen Schlaf in den Seidenkissen ihres Nachtlagers, in das sie ihren königlichen Leib samt zartem Po bettete.

Die Umwälzungen in den Machtverhältnissen sorgten für völlig neue Konstellationen.
Sogar eine alte Weggefährtin der Fama nutzten die Gunst der Stunde nach den Kriegswirren und rief ein eigenes Königreich aus: Cassandra, eine Großgrundbesitzerin mit Zuckerrohrplantagen und tausenden Sklaven ließ von Söldnerinnen ihren Grund und Boden sichern und erschuf ein Männer verachtendes und absolutistisches Regime, gegen dass das alte Matriarchat der Fama oder der Megara noch als tolerant zu bezeichnen war. Das Reich dieser Imperatorin war neben Famas und Helenas eines der mächtigsten Gebiete.

Die Leibeigenen, die in ihrem Besitz schufteten, wussten nur vom Hörensagen, dass einige andere Mannsbilder in der Umgebung frei lebten. Ihre Ketten und die schweren Hals-, Arm- und Fußbänder ließ ihnen keine Wahl. Sie mussten ihr Schicksal annehmen, sich den ganzen Tag zu schinden, damit die Ladys der Gesellschaft in Saus und Braus feiern und sich verlustieren konnten. Für sie gab es nur die Arbeit, zwei karge Mahlzeiten und den kurzen Schlaf. Und selbst der wurde oft noch durch die nächtlichen und lauten Feierlichkeiten der lachenden Damen gestört.

Das Leben der Sklaven unter Cassandra war eher ein Dahinvegetieren. Doch wer eine Regel missachtete oder einer Lady aus anderem Grund missfiel, der musste mit drakonischen Strafen rechnen. Regelmäßig wurden mit Fett eingeriebene Pfähle aufgestellt, auf die Angeklagte gespießt wurden. Die Höhe der Holzstäbe war so gewählt, dass der Leibeigene sich nicht ernsthaft verletzte, wenn er auf den Zehen stand, doch sich von alleine nicht mehr von dieser perfiden Fixierung lösen konnte. Hände und Kopf waren in einem Brett positioniert, das er auf den Schultern trug. Manche waren stattdessen vom Hals bis zur Taille mit einem langen Hanfseil eingewickelt. Die Häscher der Cassandra in ihren hautengen Lederuniformen und den gebogenen Klingen ihrer Blankwaffen, die an eine übergroße Sichel erinnerten, ließen sich immer wieder neue Gemeinheiten einfallen. Aber Zucht und Ordnung waren wichtig.

Da hatten es die Kutschensklaven noch vergleichsweise gut. Vier in einer Reihe, drei Reihen voreinander, zogen sie die edlen Wagen der Ladys aus Cassandras direktem Umfeld. Oft nutzten die reichen Fräuleins das schöne Wetter, um Lustfahrten mit ihren Fahrzeugen zu unternehmen. Manche hatte ein Dutzend Sklaven hinter die Kutsche gebunden, die zur Ablösung der erschöpften eingespannten Zugkreaturen dienen sollten.

Die Zweibeiner trugen ein Brustgeschirr, einen Hüftriemen und eine Armfessel auf dem Rücken. Die Deichsel war mit dem Zaumzeug an Brust und Hüfte verbunden. Leinen führten von der Kutscherin zu den Kandaren der Läufer. Als Kopfschmuck diente eine Haube oder ein Kopfriemengeflecht mit einem senkrechten Federbusch auf dem Haupt. Außerdem verliefen am Kopfzeug Schlaufzügel, die die Zweibeiner zwangen, den Kopf tief auf die Brust zu drücken. Dazu trugen sie dicke Stiefel aus hartem Leder und natürlich ihre Keuschheitsgürtel - wie jedes Mannsbild. Manche Edeldamen fanden es schick, den Sklaven Holzzapfen mit einem hübschen Schweif in den Anus zu bohren, um sie mehr wie Pferde aussehen zu lassen.

Damit sich die Lady während der Fahrt ganz entspannt in ihrem Plüschsessel der Landschaft und vielleicht einem süßen Küchlein und einem guten Tropfen widmen konnte, saß auf der Pritsche gewöhnlich eine Kutscherin mit Peitsche, die das Gefährt steuerte. Es gab aber auch einige Fräuleins, die lieber persönlich die Geißel schwangen und die Zweibeiner antrieben, bis diese strauchelten und zusammenbrachen. Besonders gefürchtet war unter den Kutschensklaven eine Strecke, die einen langen Hügel hinaufführte, der so steil war, dass er üblicherweise nur unter immensem Einsatz der Peitsche bewältigt werden konnte.

Die Arbeit als Kutschensklave war hart und sehr anstrengend, doch die Männer erhielten reichlich zu essen, um bei Kräften zu bleiben. Man erkannte diese Leibeigenen schon an ihren dicken Oberschenkelmuskeln und den ausgeprägten Waden, allerdings auch an den geschundenen knackigen Hinterteilen, die regelmäßig von einer langen Peitsche geküsst wurden. Waren die Edeldame und die Kutscherin zufrieden mit der Laufleistung, so erhielten die zweibeinigen Pferde eine weiche Ruhestätte aus Stroh und genug Haferbrei; doch wenn das nicht der Fall war, halfen Einzelunterricht und die Peitsche weiter. Es gab auch hin und wieder Ausschussware, denn wer konnte humpelnd eine Kutsche ziehen? Die ging dann in die Minen oder auf die Felder, um noch für etwas nützlich zu sein.

Die Feldarbeiter, die am frühen Morgen in Kolonnen in ihren Ketten an den Strafpfählen vorbeizogen, hatten sich an den Anblick der mitleiderregenden Kreaturen gewöhnt. Sie gehörten zum Landschaftsbild wie die Dornensträucher und Olivenbäume der Region. Hin und wieder machten sich Wachfrauen der Cassandra eine Gaudi und gaben den nach Wasser lechzenden Leidenden einen Schlauch mit Wein zu trinken, um sich anschließend über deren Trunkenheit lustig zu machen und weitere böse Scherze zu treiben.

Im Westen des Kontinents wurde die von Megara gestürzte Königin Leda wenige Monde später als neue Regentin gefeiert: Ledanien nannte sie den Küstenstrich, der nach und nach immer mehr Einfluss in der Region gewann. Ihr kleines Reich sollte ganz in der Tradition von Talos III. geführt werden, bevor Megara den Geist des Herrschers vergiftet hatte. Inzwischen hatte Leda tausende Anhänger, eine kleine, aber gut gerüstete Armee und zahlreiche Untertanen, die ihrer Königin zujubelten und für sie durchs Feuer gehen würden.

Hagbard war ihr Majordomus und wichtigster Berater geworden, Zelos oberster Gardist. Abas, ihr Gemahl, teilte sich mit Leda die Macht, doch folgte er in erster Linie den Wünschen seiner Retterin. Zu Anfang war es hart für Abas, seine Eifersucht im Zaume zu halten, denn er hatte nun davon erfahren, dass Leda auch mit Hagbard und anderen Recken das Bett geteilt hatte. Doch mit der Zeit akzeptierte er es. Schließlich hatte er selbst auch so mancher weiblichen Schürze nicht nur hinterher gegafft. Wenn er bedachte, dass er vor einer scheinbaren Ewigkeit als Jüngling in die Hauptstadt gereist war, weil die Königin Megara auf Bräutigamschau war, hatten die Schicksalsspinnerinnen so einiges mehr für ihn ausgedacht, als er je für möglich gehalten hätte. Wie naiv er damals gewesen war! Abas schüttelte seinen blonden Kopf, der mittlerweile schon erste graue Strähnen aufwies.

Aber ansonsten hätte ich niemals das wunderbarste Weib der Welt kennen und lieben gelernt, bedachte er. Das Schicksal hatte die Soldatin Leda und den Goldschopf Abas zusammengeführt und wieder getrennt. Doch keine Macht konnte ihre Wiedervereinigung verhindern. Selbst, wenn Abas beinahe der hinterhältigen Ceres verfallen wäre, die ihre teuflischen Verführungskünste wie Gift verspritzt hatte. Nun waren die Liebenden wieder beisammen und wollten es ewig bleiben.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:31.07.21 22:14 IP: gespeichert Moderator melden


Ganz prima Kapitel...ohne wenn und aber...wenn ich nur an die Kutschsklaven denke.....Kopfkino! Herzlichen Dank dafür!



Liebe Grüsse
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:08.08.21 13:43 IP: gespeichert Moderator melden


Maia und Boreas lebten in einer schmucken Kate, die sie mithilfe von einigen rechtschaffenen Knechten und emsigen Mägden bewirtschafteten. Sie brachten es bald zu ordentlichem Wohlstand, denn die fruchtbaren Böden erzeugten so viel Ernte, dass sie die Wochenmärkte der ganzen Region beschicken konnten. Eigens dafür angeschaffte Ochsenkarren brachten die Kisten mit dem frischen Gemüse und Getreide über die langen Wege in die Siedlungen an der Küste.

Ob Boreas noch oder wieder einen Keuschheitsgürtel trug - das blieb das Geheimnis der Beiden. Doch man munkelte, Maia trüge unter ihrem Kleid ein Lederhalsband mit einem Schlüssel daran. Jedoch wuchsen niemals Gerüchte, sie sei ihrem Recken nicht treu. Ein jeder Galan, der sich herausputzte, um sie zu beeindrucken, erhielt einen Korb. Und so lebte das Paar zufrieden in ihrem geräumigen Bauernhaus, das mit feinstem Fachwerk verziert war.

Cain, der ehemalige Liebessklave der Senatorin Kerbera, hatte sein Glück an der Küste als Fischer gefunden und erfuhr zu seiner Zufriedenheit, dass der Landstrich unter dem Schutz einer gewissen Leda stand, die das Reich Ledanien ausgerufen hatte. Vielleicht würde er seine Majestät eines Tages besuchen, der er sein neues Leben zu verdanken hatte, und ihr die Treue schwören, sollten Soldaten benötigt werden. Doch vorerst widmete er sich den Küstengewässern und fuhr mit Kameraden über die Wellen, um die Netze auszuwerfen und am Abend mit reicher Beute in den Hafen zurückzukehren.

Von Weibern hatte er genug und blieb lieber für sich in einer kleinen Hütte in den Hügeln an den Dünen, die über einen hölzernen Weg zum Strand führten. Manche Leute erzählten sich, Cain sei auf einem seiner Fischzüge von einer betörenden Meerjungfrau verhext und seiner Männlichkeit beraubt worden. Auch Cain hatte davon flüstern hören, doch darüber konnte er nur schmunzeln. In seiner Hütte war zwar kein Platz für ein Weib, doch seine Lust wusste er auf andere Weise zu sättigen.

Arcanum ließ sich in der Umgebung als Jäger nieder und lernte bald ein treues Weib kennen, das nicht nur sein Bett sondern auch seine Jagdleidenschaft teilte. Die Beiden waren gern gesehene Gäste von Maia und Boreas, wenn sie ein Ausflug in die Nähe des Gehöfts verschlug, denn sie brachten meist leckeres Wildbret mit zu Tisch, das dann über dem Feuer knusprig gebraten wurde. An solchen Tagen saßen die Gefährten noch bis tief in die Nacht zusammen und erzählten von früheren Erlebnissen während sie aus Tonbechern durstig trefflichen Wein oder Met süffelten.

Nike trat wieder als Gardistin in Ledas Dienste und musste sich zunächst daran gewöhnen, dass sie nun Zelos, dem ehemaligen Stallburschen, zu gehorchen hatte, wenn dieser einen Befehl gab. Anfangs ließ er sie deutlich spüren, dass er nun das Heft in der Hand trug, doch kurz darauf verloren sich seine kleinen Sticheleien. Vielleicht wären die beiden sich sogar näher gekommen, wäre da nicht das dienstliche Verhältnis im Wege gewesen. Aber eine unschickliche Liebelei zwischen Gardistin und Gardistenführer wäre unsittlich und ungehörig gewesen.

Doch als alte Jungfer wollte Nike nicht enden, so dass sie bald schon mit dem hübschen sommersprossigen Küchengesellen gesehen wurde, was ihr zunächst den einen oder anderen Spott der anderen Gardistinnen und Gardisten einbrachte. Aber Nike schien sich nicht darum zu scheren. Einige Zeit später präsentierte sie den staunenden Kameraden und Kameradinnen sogar einen ominösen Schlüssel, den sie um ihren Hals trug. „Dies ist der Schlüssel zu meinem Liebsten“, erzählte sie mit einem verschmitzten Lächeln. Doch sie ließ ihre Zuhörer im Unklaren, was genau sie damit meinte.

Nur wenige Eingeweihte wussten die Worte richtig zu deuten. Ob Nike jedoch ihrem Liebsten treu war, wie er ihr, das blieb ihr Geheimnis. Zumindest gab es auf Ledas Sitz so manche feschen Burschen zu finden, sei es im königlichen Stall oder Boten in der Burg, Diener oder Lehrlinge in Schmiede, Bäckerei und Tischlerei sowie Lakaien. Und eine Liaison mit einem Gardisten wurde ihr nachgesagt, der sich später damit brüstete. Forthin musste der Küchengeselle sich dem Spott eines gehörnten Liebhabers aussetzen, was er jedoch stoisch mit gesenktem Kopf ertrug.

Eines Abends saß Leda mit Abas zu Tisch in ihrer kleinen Burg, die die Bevölkerung für sie gebaut hatte, und hielt Abas die Hand. Die Festung war gewiss winzig zu nennen, wenn man sie mit dem gigantischen Bau in der ehemaligen Hauptstadt verglich, und sie war zur Hälfte aus Holzpalisaden gezimmert, doch wehte auf ihren Türmen nicht weniger stolz die Wappenfahne von Ledanien: eine aufrechte Löwin mit einem Schwert in der mit Krallen bewehrten Pranke.

Im Hintergrund flackerten Kandelaber leise knisternd und auf dem rustikalen Eichentisch standen zusätzliche Wachskerzen. Eine weiße, schlichte Decke aus Leinen lag unter dem Zinngeschirr, von dem sie aßen. Leda verzichtete auf Pomp. Lieber teilte sie ihr Gold mit ihren Untertanen, die ihr ihre Güte mit großer Treue dankten. Es gab nur geringe Abgaben, die nach Vermögen gestaffelt waren, und Mittellose mussten gar keine Steuern zahlen. Im Gegenteil: Leda ließ an die Ärmsten kostenlos Suppe austeilen. Auch auf Krone und Zepter als Machtinsignien verzichtete sie. Nur ein kleines Diadem aus Gold und mit eingefassten Blautopassteinen in ihrem Haar demonstrierte ihre Vormachtstellung als Regentin. Und Abas trug als Königsgemahl lediglich einen goldenen Siegelring mit dem Wappen von Ledanien am Finger.

„Ist es nicht eine Ironie des Schicksals, dass nur Megaras Flucht deine Befreiung möglich gemacht hat? Ohne das Durcheinander der Wachen wäre ich niemals bis in den Kerker vorgedrungen.“ Die Regentin sprach nicht aus: „Ich wäre schon irgendwie zu dir gekommen. Doch wohl nicht wieder hinaus…“ Abas nickte: „Ja, Liebste.“ Eine kurze Pause entstand, in der nur das Surren der Zikaden durch das offene Fenster zu hören war. Dann fragte Abas: „Was glaubst du, was mit Megara geschehen ist?“ Leda zuckte mit den Schultern. „Wir werden es vielleicht niemals erfahren. Aber eines ist sicher: Die Ära der Megara ist endgültig vorbei.“ Abas beugte sich näher zu Leda und nahm seine Königin zärtlich in den Arm. Dann küssten sich beide innig. Ihre Augen lächelten sich liebevoll an, als wollten sie sich sagen: Ich liebe dich.

Viele Meilen weiter ostwärts in einem kleinen Königreich am Ostmeer: Ein Mann in einem obsidianfarbenen, langen Gewand entzündete einen Sud aus Kräutern und geheimen Ingredienzien. Vor wenigen Monden hatte er sich während der großen politischen Wirren als Haussklave seiner Gebieterin nach Osten abgesetzt. Nun lebte er als Seher und Heiler in einem Landstrich, in dem die männliche Bevölkerung von Weibern nicht unterdrückt wurde. Caduceus sah erst undeutliche Schemen, dann entstand vor ihm das Bild einer dunklen Mine…

Schreie.
Panik.
Schritte.
Schnaufen.
Eine Lichtkugel erlischt.
Von Rauch geschwängerte Luft.
Höhlen mit spitzen Stalaktiten und Stalagmiten.
Scharfe Felsränder.
Dann jähe Rufe.
Animalisches Brüllen.
Spitze Schreie.

Caduceus griff sich verkrampft an die Schläfen. Er hatte das Gefühl, dass sein Schädel platzte, doch er wollte die Vision nicht gehen lassen. Er wollte begreifen, was er da sah!

Ausgestreckte Hände.
Pranken.
Sie packen zu.
Greifen nach lebendigem Fleisch.
Kämpfen und streiten chaotisch darum.
Zerren und kneten.
Seide reißt.
Fetzen fallen auf den dunklen Steinboden.
Kreischen schallt ohrenbetäubend durch die Höhlen.
Wilde Echos hallen von den Wänden zurück.

Jetzt entzünden sich Lichter.
Rußende Fackeln.
Das Fleisch ist umringt.
Der Kreis verengt sich, Leiber nähern sich.
Nun geht es geordneter zu.
Geordneter, doch nicht gesitteter…

Caduceus spürte männliche Triebe und Wut.

Macht.
Zorn.
Animalische Instinkte.
Lechzen nach Befriedigung.
Dutzende Mannsbilder drängen sich um ihre Beute.
Um das Ziel ihres Verlangens, ihres unbändigen Begehrs.
Schmerz.
Geilheit.
Qual.
Lachen.
Demütigung.
Grunzen.
Befriedigung.
Pein.

Caduceus brach mit einem Stöhnen die Vision ab. Zu grausam. Zu unvorstellbar. Der Seher rieb sich die Schläfen, die schmerzten, als bohrte ihm ein böser Gnom Eisennägel hinein. Ihn schauderte. Hatte er einen Blick in die Abgründe der Unterwelt getan? Fix schüttete er den rauchenden Sud fort. Vielleicht sollte er fortan nur noch als Heiler arbeiten und sich auf Krankheiten des Fleisches beschränken.

Fern vom Alten Kontinent, jenseits des Westozeans, lag ein anderer Medikus im Sterben. Er hatte eine ihm unbekannte Frucht gegessen und zunächst über Bauchschmerzen geklagt. Später war ein hohes Fieber ausgebrochen. Keines seiner Arzneien oder Heilmethoden half ihm. An seinem Bett standen seine Gefährten Thrym, Gladius, Ajax, Pan sowie das Weib Ate. In der letzten Stunde waren sie bei ihm. Thrym schloss dem Medikus schließlich die Augen. Dann beteten sie für ihn zu den Alten Göttern und begruben ihn in der Nähe ihrer Hütten.

Noch lange standen sie an dem Grab ihres Kameraden. Pan zog sich als erster zurück. Er trug noch immer einen Keuschheitsgürtel als Strafe dafür, dass er Gladius vor vielen Monden angegriffen hatte. Bisher hatte keiner seiner Gefährten ihm signalisiert, dass die Strafe bald zu Ende sei. Schon mehrfach war Pan die Geduld gerissen. Er hatte die anderen beschimpft und verlangt endlich freigelassen zu werden. Doch sein aufmüpfiges Verhalten sorgte nicht gerade dafür, dass der Tag seiner Befreiung näher rückte. Ate genoss es sogar, ihn wegen seiner eingeschlossenen Männlichkeit zu verspotten, zu tändeln und zu necken.

Pan war kein Kind von Traurigkeit gewesen, als Ajax noch im Keuschheitsgürtel statt seiner gefangen war. Daher hatte nun auch niemand Mitleid mit dem Eingesperrten. Zugegeben: Ate schlug sich opportunistisch stets auf die Seite des Mannes, der keinen Keuschheitsgürtel trug. Pan hegte einen tiefen Groll gegen seine Gefährten. Obwohl er sich fest vorgenommen hatte, seinen Ärger herunterzuschlucken und das Abbild eines liebenswürdigen und vor allem reuigen Mannes abzugeben, gelang ihm dies nicht oft.

Eines Morgens holte er am Bach für die Gemeinschaft Wasser mit einem Holzkübel, den er selbst gefertigt hatte. Als er sich vorbeugte, um das kühle Nass zu schöpfen, spiegelte sich sein Gesicht im Wasser. Sein Gesicht? Pan zuckte und schaute auf: Ein Fremder stand auf der anderen Bachseite! Beinahe hätte Pan den Kübel fallen und wegtreiben lassen. „Wer…?“, begann er. Der Mann trug seltsame Kleidung: weiße Hosen, schwarze Schnallenschuhe und eine rote, lange Jacke mit weißen Bändern, die er über die Brust gekreuzt trug und wie Schärpen aussahen. Goldene Schulterstücke schmückten diese ungewöhnliche Gewandung. Auf dem Haupt saß ein dreieckiger Hut, wie Pan ihn noch nie gesehen hatte. Ein Kämpe vom Westvolk!

Die Fremden hatten die Gefährten aufgespürt. Und dieser Krieger trug einen ähnlichen Donnerstab wie der von Gladius. Nur, dass der Fremde vorne noch eine Art Dolch angebracht hatte. Pan starrte den Fremden verwirrt an. Kam er als Freund oder Feind? Und dann erschienen plötzlich vier, fünf… nein, es war über ein Dutzend… noch mehr! Eine ganze Truppe dieser rot-weiß-gewandeten Männer. Sie alle trugen Donnerstäbe mit Klingen an dem vorderen Ende. Pan sah einen der Männer mit einem gezogenen Schwert mit dünner Klinge. Er war wohl ihr Anführer, überlegte er, denn seine Uniform war reichlicher verziert als die der anderen. Der Mann, der ein auffälliges pockennarbiges Gesicht hatte, riss das schmale Schwert hoch und ließ es anschließend wieder hinabsausen. „Feuer!“, kommandierte er.

Pan stutzte. Feuer? Wo brannte es denn? Aus sämtlichen Donnerstäben knallte es laut und schwarzer Rauch wehte zur Seite weg. Pan wurde jäh übel. Irgendetwas hatte ihn getroffen, kraftvoll wie Prankenschlag eines Drachen. Er sah verdutzt auf seinen Bauch. Er fühlte sich so schwach. Dann brachen ihm die Beine weg und er platschte mit dem Gesicht nach unten ins Wasser.

Die uniformierte Truppe watete durch den Bach und bewegte sich auf die kleine Siedlung von Thrym, Ajax, Gladius und Ate zu. Nur wenig Gegenwehr wagten die Vier, denn die fremden Soldaten zielten drohend mit ihren Donnerstäben auf sie. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sich die Gefährten ergaben und in schweren Ketten abgeführt wurden. Nach einer meilenlangen Wegstrecke, die die Soldaten auf ihren Rössern, die Gefangenen jedoch marschierend zurücklegen mussten, wurden sie einem offenbar höherrangigen Soldaten vorgeführt. Er schritt vor ihnen auf und ab. „Sprecht ihr unsere Sprache?“, fragte er forsch mit einem seltsamen Akzent. Thrym bejahte kurz angebunden.

Der Mann schob seinen Kopf in den Nacken und sah den Gefangenen, der ihn fast um Kopfgröße überragte, hämisch an. „Gut. Beantwortet meine Frage: Woher seit ihr?“ Thrym verlangte Wasser, denn seine Zunge klebte ihm am Gaumen vor Durst. Doch als Antwort erhielt er einen kräftigen Stoß mit dem dicken Ende des Donnerstabes eines Soldaten in seinen Magen. Ate sagte eilig, um die Gemüter zu beruhigen: „Wir sind von einem fernen Kontinent im Osten des Ozeans.“

Der Uniformierte kam auf sie zugeschritten und stellte sich genau vor die Frau. Ungeduldig wippte er auf seinen Fußballen, die Arme hielt er hinter dem Rücken verschränkt. Ate zwang sich, dem Mann nicht auf sein Gemächt zu starren. In den engen, weißen Hosen sah sie die Ausbuchtungen ganz genau. Sie fühlte sich belustigt, doch blieb ihr Mund ein gerader Strich. Scharf knallte er ihr seine Fragen vor die Füße: „Gibt es dort Rohstoffe? Gold? Seide? Gewürze? Edelsteine?“ Seine Augen waren klein und wirkten verschlagen. „Antworte!“, verlangte er mit schneidender und leicht lispelnder Stimme. Ate nickte. „Ja. Natürlich.“ Der Mann lächelte. Seine weißen Zähne wirkten dabei eher einem Fletschen. Seine Augen glänzten. „Mal mir den Seeweg auf! Kannst du das?“

Ein Mond später stach eine Armada von Schiffen in See Richtung Osten. Die großen Segler waren gespickt mit den größten Donnerstäben, die die Vier je gesehen hatten. Auch Ate, Thrym, Ajax und Gladius wurden an Bord eines der Schiffe gebracht. Es waren gewaltige Schiffe mit riesigen Segeln, über die das Westvolk verfügte. Die unfreiwilligen Passagiere hatten nicht viel erfahren. Sie wussten nur, dass es wieder in die Heimat ging.

Die gewaltige Flotte kämpfte sich in den kommenden Wochen durch das unruhige Wasser des großen Meeres und pflügte durch die graublauen Wellen, die an manchen Tagen wütend heranrollten und den Schiffen ihre Macht präsentierten. „Kapitän“, sprach ein Offizier mit weißer, gepuderter Perücke und schwarzem Dreispitz den Kommandanten auf dem Achterdeck an. „Ein Sturm kommt auf.“ Besorgt zog der bärtige Kapitän mit einer ruckartigen Bewegung sein Fernrohr aus Messing aus und blickte zu den pechschwarzen Wolken, die sich am östlichen Horizont auftürmten, als wollten sie den Weltuntergang ankündigen. „Verschalkt die Luken und verzurrt die Kanonen! Refft die Segel! Da kommt ein Kaventsmann auf uns zu. Und nicht nur einer!“

Noch blitzten goldene Litzen auf seiner Jacke, doch schon bald würde die Sonne hinter den Wolken verschwinden und alles in ein graues Dämmerlicht tauchen. Dann würde die See langsam Schaumköpfe bilden, die ganze Flächen ausfüllen würden. Schließlich würde die See hohe Brecher gegen den Rumpf der Schiffe rollen, Berge schwarzen Wassers, die auf die Flotte einprügeln würden, zischende und pfeifende mit Gischt gefüllte Luft verhinderte dann jede Sicht. Selbst das Atmen würde schwer fallen. Und das wäre erst der Anfang der wütenden Urkräfte, die die Schiffe am liebsten auf dem Grund des Meeres sähen.

Tausende Meilen entfernt lag Caduceus in unruhigem Schlaf. Schweißüberströmt wachte er abrupt mit einem Schrei auf und saß senkrecht im Bett. Schwer atmend entzündete er eine kleine Kerze in einem tönernen Ständer, der sich neben seinem Bett stets in Griffweite befand. Mit einem Laken tupfte er sich über das Gesicht. Er fühlte sich, als habe er Fieber. Draußen rief ein Uhu. Der Vollmond schien schwach und silbrig durch eine Dachluke in seine Kammer. Caduceus stöhnt: „Was für ein Alptraum!“ Er hatte die schrecklichen Bilder noch genau vor Augen: Eine mächtige Kriegsflotte versinkt in einem gewaltigen Sturm in den Tiefen des Westozeans. Hunderte oder vielleicht tausende Soldaten werden Futter für die Fische auf dem Grund des gnadenlosen Meeres. Caduceus schloss wieder die Augen. „Nur ein böser Traum…“, murmelte er und war wieder eingeschlafen.

Am Strand der Westküste des Alten Kontinents fanden Fischer am nächsten Morgen einen leblosen Körper. Er war angespült worden, als die Wellen noch hoch und kräftig gegen das Land gebrochen waren. Jetzt deutete nur noch einiges an Strandgut auf das Unwetter hin. Das Wasser war an diesem Morgen spiegelglatt. Als die Fischer feststellten, dass der Mann noch lebte, brachten sie ihn in ihr Dorf und versorgten ihn. Sie zogen ihm die zerfetzte, sandige und nasse Kleidung vom Leib und wickelten ihn in ein Laken. Ein Medikus erschien und flößte ihm eine Tinktur ein. Der Fremde war auch nach Stunden noch so erschöpft, dass er nur seinen Namen hauchen konnte: Gladius.
Viele Grüße von prallbeutel
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:10.08.21 10:55 IP: gespeichert Moderator melden


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