Restriktive Foren

Thema:
eröffnet von AK am 13.02.09 02:02
letzter Beitrag von kopfschussbitte am 20.10.10 00:56

1. Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von AK am 13.02.09 02:02

Hallo Leute

habt ihr euch schon mal überlegt, wo unsere, sagen wir mal "speziellen", bedürfnisse her kommen?
Ich steh irgendwie voll auf KGs, ich verstehe aber irgendwie nicht so ganz wiso. Eigentlich ist es ja evolutionär gesehen komplett sinnfrei, etwas zu mögen, das einem Sex verunmöglicht
Dachte mir, zu Darwins Geburtstag sollte diese Frage mal gestellt werden .
Habt ihr euch dazu auch schon einmal Gedanken gemacht?
Würde mich freuen, eure Meinungen zu diesem Thema zu hören.

Greetz AK
2. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von peter7447 am 13.02.09 11:10

Sex ist zur Erhaltung der Art erforderlich. Menschen müssen somit zum Sex motiviert werden. Dies erfolgt durch ein positives Gefühl. Es endet nachdem das Ziel erreicht ist. Keuschheit ermöglicht es dieses Gefühl länger zu erleben.

Oder anders gesagt: Der Weg ist das Ziel.
3. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Lato am 13.02.09 12:29

Hallo

Ich muß auch sagen, das es mir genauso geht, steh ebenfals volles Programm auf KG´s. So lange wie der Gürtel um mein Gemächt verschlossen ist, ist irgenwie sowieso ein anderes denken, als wenn ich ohne KG bin.
Hab mir auch schon oft Gedanken darüber gemacht, über das warum? Aber so wirklich bin ich nicht auf die Lösung gekommen, ich find es immer wieder begeisternd im KG zu stecken, sich das Teil nicht vom Leib schieben zu können, sich nicht berühren wie man will, den KG immer zu spüren und wenn man erst noch eine KH dazu hat (leider nicht mehr der Fall) extrem Geil.
Ich selbst hab keine Erklärung dafür wo es genau her kommt, warscheinlich zeugt das ganze bei mir daher das ich schon immer ein wenig auf Fesseln gestanden hab und ein KG ist ja nunmal eine Geschlechtsfessel, das wird warscheinlich der Grund sein.


Verschlossene Grüße

Lato
4. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Merlin_Uther am 14.02.09 23:58

Eine ähnliche Frage habe ich schon mal in Offtopic-Board gestellt. Hab´s aber nicht auf KG bezogen sondern mehr allgemein auf BDSM (ich bekam aber so gut wie keine bzw. nur blöde Antworten *nebenbei anmerk*).

Weil du Darwin ins Spiel gebracht hast:
Ich glaube ja, dass das z. T. mit sexueller Prägung in der Kindheit zu tun hat.

Es gibt dazu auch in der Verhaltensforschung diverse Tierversuche: Z. B. wird ein Hähnchen sexuell darauf geprägt, was es bei der Geburt zuerst sieht und anpiepst. In der freien Natur ist das immer die Glucke. Und der Hahn wird es mit Hünnern treiben. Sieht er aber einen piepsenden Fußball bei der Geburt, dann kann das Hähnchen sein Leben lang nur mit Fußbällen (das Experiment kann man natürlich mit jedem x-beliebigen Gegenstand machen).

Aber in wie weit das auf einen Menschen übertragbar ist, ist natürlich fraglich. Schließlich wird ein Mensch nicht nur durch seine Instinkte gesteuert, sondern er hat auch einen Verstand bzw. Geist. Außerdem ist beim Menschen die Prägung auch kulturell bedingt.

Grüße
Merlin
5. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Why-Not am 15.02.09 00:15

Also bei meiner Geburt stand kein KG herum und hat mich angepiepst.

Da meines Wissens kulturübergreifend ca. 8-10% der Menschen BDSM-Neigungen haben, tippe ich auf genetische Ursachen und / oder frühkindliche Prägungen. Ich vermute, daß es sich um die gleichen Ursachen handelt, die auch andere sexuelle Ausrichtungen haben. Häufig unter SMern aufgebrachte Hypothesen, es könne etwas mit Gewalt im Elternhaus oder ähnlichem zu tun haben, konnten dagegen statistisch nicht bestätigt werden.

Und was die Begeisterung für KGs im Besonderen betrifft: Es ist halt eine Ausprägung von Kontrollspielen und paßt damit gut in den BDSM-Kontext.

Da Darwin erwähnt wurde: Ich bezweifle, daß es sich um eine Form der natürlichen Auslese handeln könnte, wodurch verhindert werden solle, daß bestimmte Gene sich verbreiten.

Why-Not
6. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Beta_Sklave am 15.02.09 03:01

eine nicht ganz unberechtigte Frage.....

und hier meine ganz persönliche Antwort:

Es hat bei mir etwas mit dem Kontrollverlust zu tun... Es erregt mich auf der einen Seite, nicht das tun zu können, was ich will.
Unter dem Strich paradox - habe ich ihn an, bin ich erregt... und zwar dauerhafter als ohne. Was wiederum für KH interessant ist, denn man wird automatisch liebevoller und zugänglicher.

Von daher also fast schon ein Zweckbündnis *grins*

Und was Darwin angeht...
Es gibt Zeiten, da werden Kämpfer erfordert, und es gibt Zeiten, da werden Dulder erfordert. Wenn eines von beiden nicht mehr ist, wo soll dann der jeweilige Typ herkommen...
Genetisch gesehen ist es ein muss, das beide vorhanden sind. Wer dann die Oberhand hat von der Menge, ist von der Zeit und den Umständen abhängig. Für die Natur ist nur wichtig, das bei Bedarf der Typ vorhanden ist... und nicht erst durch Mutation erschaffen werden muss!

Manchmal ist Kopf einziehen der bessere Weg zum überleben, manchmal nicht... und sinnlose Aggression ist auch kein guter Überlebensfaktor...

MfG
.
7. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von myron am 15.02.09 07:15

Das mit der Evolution ist schon etwas komplizierter. Die "Evolution" ist nämlich gerade nicht eine in die Zukunft planende intelligente Instanz, die vorausschauend so etwas wie "Kämpfer" oder "Dulder" parat hält. Dinge die nicht da sind und auch nicht schnell genug aus vorhandenem generiert werden können, führen in der Regel dazu, dass eine betroffene Spezies einfach verschwindet und unfreiwillig Platz für anderes macht.
Zwei Gehirne oder Sprungfedern im Kniegelenk werden nicht auf Vorrat produziert und seien sie unter bestimmten Bedingungen auch noch so vorteilhaft.
Die Selbsorganisation erfolgt vielmehr in ständiger Reibung und Wechselwirkung mit dem "Drumherum" und wird dadurch - als sei es nicht schon komplex genug - selbst auch wieder Bestandteil des Ganzen.

So auch Neigungen und Vorlieben. Ich denke, besondere Formen der Sexualität bedienen sich eher der Dinge, die a priori schon vorhanden sind. Jeder der einmal die nötigen Stellschrauben in sich entdeckt hat, versucht im Laufe des Lebens durch Versuch und Irrtum, sein Wohlgefühl zu erhöhen - und da ist halt verdammt viel möglich. Ob zum Fetisch nun KG, Latex oder Bockwurst avanciert, hängt im Laufe des Lebens sicherlich von kaum konkretisierbaren Zufällen ab. Durch Selbstkonditionierung lassen sich allerlei Verbindungen herstellen und bei Erfolg verstärken - halt einfach nur, weil die einzelnen Komponenten und die Möglichkeit des neu Verknüpfens schon da sind. Ob sinnvoll oder nicht, so denke ich, ist egal.

Aber niemals geplant, denn Evolution ist keine Planwirtschaft.

Gruß

myron
8. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Beta_Sklave am 17.02.09 12:03

Nun, Myron, das darwinsche Prinzip vom ´Kämpfer´ und ´Dulder´ ist immer noch vorhanden.... sonst wäre die Menschheit schon längst ....

Es ist nunmal so, das sich das Potential insgesamt aus Jäger und Sammler darstellt. Während die Jäger auszogen und Tiere erlegten, in grauer Vorzeit, war der Sammler derjenige, der auch in knappen Zeiten oder bei erfolgloser Jagd noch Vorräte aufwies.
Daran hat sich bis heute nichts geändert, nur die Grenzen der beiden Potentiale haben sich meines Erachtens verschoben, sie sind mehr in der Jetztzeit angekommen. Wer Jäger und wer Sammler ist, kann nicht ohne weiteres bestimmt werden. Prinzipiell sind aber beide für das überleben wichtig.

Und der Plan für die Evolution? Der Plan ist einfach.... überleben. Wer überlebt, hat schon gewonnen!
Ob das der einzelne oder die gesamte Spezies ist, ist dabei relativ egal.... überlebt der einzelne, trägt er zum Überleben der Spezies bei... und das reicht der Evolution.

MfG
.
9. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von whipped scream am 17.02.09 13:08

Das Prinzip "Hammer oder Amboß" ist ein Grunderfordernis des Herdentieres Mensch, der Funktion der sozialen Anpassung. Eine Herde voller Alpha-Tierchen, so stark jedes für sich auch sein möge, wäre nicht funktionsfähig, dem Untergang geweiht.

Der Mann war immer Jäger UND Sammler, letzteres wohl zuerst (daher unsere relativ geschickten Finger, und unser gutes [Schwarz-Weiß]Sehen in der Dunkelheit, zum Nachteil unseres nur bescheidenen Farbsehens). Du meinst wahrscheinlich den Gegensatz von nomadischen Völkern und seßhaften, die sich mittels Ackerbau und der Lagerfähigkeit der Nahrung unabhängiger und effizienter (=man konnte sich mehr Nachkommen leisten) erwiesen.

Unabhängig davon:

Es sind auch die - relativ libertären - Zeiten, die persönliche, private Unterwerfung fördern und als ergänzendes Phänomen erstrebenswert erscheinen lassen, bzw. unser Grundbedürfnis nach Anpassung (in der Herde) mehr oder weniger spielerisch üben lassen. In Zeiten harter Diktaturen wäre auch der private Bedarf an Unterwerfung sicher begrenzt, bzw. den Oberen Zehntausend (den a prori Nichtunterworfenen) vorbehalten.
10. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von conny am 17.02.09 19:37

Zitat
Eigentlich ist es ja evolutionär gesehen komplett sinnfrei, etwas zu mögen, das einem Sex verunmöglicht


Hallo

Es kann durchaus im Sinne einer vernünftigen Weiterentwicklung der Menschheit gemäß Darwins Evolutionstheorie sein, wenn klassisch männlich penetrativer Sex verunmöglicht bzw. erschwert wird.

Denn heute (und noch mehr in Zukunft) ist klassischer Sex (und damit vielleicht auch generell der Mann?) zur Zeugung von Nachwuchs überhaupt nicht mehr notwendig und möglicherweise ist dies auch ganz im Sinne der Evolution.
Genauso erfolgt die Erziehung des Nachwuchses bei ebenfalls stark steigender Tendenz schon weitgehend ohne Mann.
Die klassischen Jäger-, Sammler-, Ernährer-, Beschützer-Funktionen können heute auch sehr gut von Frauen ausgeübt werden.
Und der momentane Zustand der Welt, quasi als Ergebnis von mehreren Jahrtausenden Testosteron-Evolution, ist auch nicht so wahnsinnig perfekt und befriedigend.
Also ist für den Überlebenskampf der Menschheit ein Strategiewechsel empfehlenswert und ich meine, wenigstens in Ansätzen bereits im Gange.

Daher lässt sich die Frage stellen, welchen Zweck der Mann heute noch hat?
Denn im Sinne der Evolutionstheorie wird er von Jahr zu Jahr überflüssiger, es sein denn, der Mann erhält eine neue sinnvolle Rolle.
Und hier könnte die Beherr(in)schung männlicher Triebe durchaus sehr vernünftig sein, um Mann zu helfen, sich auf seinen eigenen - unbedingt notwendigen - Überlebenskampf konzentrieren zu können - im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe.

Mit besten Grüßen
conny
11. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von private_lock am 17.02.09 23:09

Hallo!

Da sich in Zukunft eine massive Überbevölkerung als selektiv ausgleichendes Kriterium der Evolution abzeichnet, könnte die kontrollierte Keuschheit ... naja, wohl eher die bewusst geplante Schwangerschaft ... sich als förderungswürdige Gewinnstrategie erweisen. Oder anders gesagt könnte staatlicherseits eine Benachteiligung / steuerliche Bestrafung für zu viel Nachwuchs durchaus sinnvoll sein, um verhältnismäßig milde steuernd einzugreifen, bevor die vorhergesagten Hungersnöte und Verteilungskriege oder auch Epidemien den unbarmherzigen Rotstift an der Bevölkerungsdichte ansetzen.

@Myron
Zitat
Aber niemals geplant, denn Evolution ist keine Planwirtschaft.


Meine volle Zustimmung! Wir können aufgrund unserer Kenntnisse über die Schwerkraft vorhersagen, dass ein fallender Apfel mit großer Wahrscheinlichkeit auf dem Boden aufschlagen wird. Aber weder hat die Schwerkraft einen besonderen Appetit auf Apfelmus, noch sind Äpfel per se Selbstmörder, die sich in den "Tod" stürzen.

Nicht die personifizierte Evolution entscheidet, sondern eine Kleinigkeit, ein unscheinbarer Vorteil, z.B. ein Kilo Hirn mehr entscheiden, wer im Rennen um höher, schneller, weiter die Nase vorn hat. Dabei gibt es nicht mal einen Schiedsrichter ... alle, auch die schmutzigsten Tricks sind erlaubt. Wer nicht stark genug ist, ist im ausgleich vielleicht giftiger. Allein uns Menschen mit unserer teils beschränkten Auffassungsgabe ist die Personifizierung zu verdanken; für uns ist das eine Krücke um dem Verständnis dieser schwer greifbaren Prozesse erst mal auf die Sprünge zu helfen.

LG
private_lock
12. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von nowalic am 18.02.09 12:16

Sollten wir uns bei diesem Thema nicht einmal Gedanken darüber machen, ob unsere KG - ganz gleich, ob selbst gewollt, oder zwangsverordnet - nicht eigentlich einen falschen Namen tragen und im Grunde gar keine KG sind?
Sind wir doch mal ehrlich: wenn ich einen KG trage, dann erlebe ich, der ich inzwischen im Rentenalter angelangt bin, tagtäglich und den lieben langen Tag lang Gefühle, Sehnsüchte und Wünsche, die mir ohne KG bereits zwanzig Jahre zuvor in stetig zunehmendem Maße abhanden gekommen waren.
Richtig ist, dass der KG dazu dient, den schnellen und unbedachten Griff zur eigenen Männlichkeit zu verhindern. Aber er ist deshalb noch lange nicht das, was man seinem Namen nach eigentlich erwarten würde, nämlich ein Mittel zur wirklichen Keuschhaltung des Mannes.
Ganz im Gegenteil: wenn ich den KG trage (und ich trage ihn praktisch seit Jahren pausenlos) dann spielen sich in meiner Hose Dinge ab, die ich von meiner Altersstufe zwischen 15 und 40 Jahren kenne. Und eben weil ich das auch in meinem Alter nicht missen möchte, trage ich meinen KG auch ständig, mit fast suchtartiger Freude und der ständig präsenten Bestätigung, dass ich trotz meines Alters auch unterhalb der Gürtellinie noch lange nicht „ausgemustert“ bin.
Dabei spielt es auch keine Rolle, dass mir vor Jahren das ständige Tragen eines KG ultimativ verordnet wurde und ich dieser Anordnung damals nur gegen meinen eigenen Willen und meine Überzeugung nachgekommen bin, um nicht meine damalige Lebenspartnerschaft (aus der inzwischen schon lange eine hervorragend funktionierende Ehe geworden ist) in Gefahr zu bringen.

Heute ist der Weg, auf dem ich zum KG-Träger geworden bin, völlig gleichgültig geworden, weil ich - wie gesagt - inzwischen „süchtiger“ KG-Träger bin und mich ohne dieses Ding nicht mehr wohl fühle und vor allem so etwas wie einen erheblichen Teil „Lebensqualität“ vermissen würde.
Und wenn ich jetzt den Versuch wage, aus meiner eigenen Situation zu schließen, dass es vielleicht auch Anderen ähnlich oder gleich ergeht, dann stellt sich die Frage eigentlich gar nicht, weshalb wir einen KG tragen und damit vermeintlich entgegen unseren natürlichen Bedürfnissen leben.
Wir leben nämlich gar nicht unseren Bedürfnissen entgegen, sondern wir verstärken sie in ganz erheblicher Weise indem wir uns „den schnellen Zugriff“ verwehren und damit unsere Gefühle, unsere Sehnsüchte und unsere sexuellen Wünsche verstärken und verlängern.
Der KG „verunmöglicht“ also nicht den Sex, sondern er fördert ihn indirekt ganz ungemein.
Und so gesehen, stelle ich mir die (sicher rethorische) Frage, warum es eigentlich noch so viele Männer gibt, die bisher noch nicht auf den Geschmack gekommen sind und sich das Vergnügen, einen KG zu tragen, nicht gönnen.

So, jetzt habe ich fertig. Und wenn ihr wollt, dann zerreißt mich in der Luft

meint
nowalic
13. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Beta_Sklave am 18.02.09 19:13

@ conny

Deine Ansicht in Ehren, aber durch das mischen der Männlichen und Weiblichen Chromosomen wird erst eine vielfalt erreicht... Daher ist eine Vermischung der Erbanlagen unerläßlich... und macht sogar noch beiden Spass. Wenn nur noch ein Teil vorhanden ist, könnten negative Erbanlagen durchaus hervortreten

@ nowalic
Ich zumindest stimme dir voll zu!

MfG
.
14. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von whipped scream am 18.02.09 21:38

Zitat
@ conny

Deine Ansicht in Ehren, aber durch das mischen der Männlichen und Weiblichen Chromosomen wird erst eine vielfalt erreicht... Daher ist eine Vermischung der Erbanlagen unerläßlich... und macht sogar noch beiden Spass. Wenn nur noch ein Teil vorhanden ist, könnten negative Erbanlagen durchaus hervortreten
.


Das wird Conny wohl kaum bestreiten. Er hat ja nicht behauptet, daß es die samenlose Befruchtung gibt oder geben wird, sondern nur, daß zur Fortpflanzung kein klassischer Sex und kein Mann als solcher (ich ergänze: nicht persönlich) notwendig ist. Gerade in einer matriachalischer Gesellschaft wird die Beschaffung von geeigneten, erwünschten Samen kein Problem sein. Der Unterschied zu heute wird dann höchstwahrscheinlich in der Präsenz und im Ausmaß des ursächlichen Vergnügens der dabei kurzfristig benötigten Männer liegen.


whipped scream
15. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von conny am 18.02.09 22:34

Zitat
Zitat
@ conny

Deine Ansicht in Ehren, aber durch das mischen der Männlichen und Weiblichen Chromosomen wird erst eine vielfalt erreicht... Daher ist eine Vermischung der Erbanlagen unerläßlich... und macht sogar noch beiden Spass. Wenn nur noch ein Teil vorhanden ist, könnten negative Erbanlagen durchaus hervortreten
.


Das wird Conny wohl kaum bestreiten. Er hat ja nicht behauptet, daß es die samenlose Befruchtung gibt oder geben wird, sondern nur, daß zur Fortpflanzung kein klassischer Sex und kein Mann als solcher (ich ergänze: nicht persönlich) notwendig ist. Gerade in einer matriachalischer Gesellschaft wird die Beschaffung von geeigneten, erwünschten Samen kein Problem sein. Der Unterschied zu heute wird dann höchstwahrscheinlich in der Präsenz und im Ausmaß des ursächlichen Vergnügens der dabei kurzfristig benötigten Männer liegen.


whipped scream



Hallo

Ich hätte es kaum besser formulieren können, whipped scream.

Als Illustration füge ich noch hinzu:
Vor kurzem lief im deutschen Fernsehen eine Dokumentation über Leihmutterschaft.
Da gibt es mittlerweile etwa in Kalifornien eine regelrechte Leihmutter- und Reproduktionsindustrie.
Paare und Single-Frauen mit dem entsprechendem Kleingeld reisen aus aller Welt dorthin, um sich einen fremden Bauch im Wortsinne zu mieten.
Zum Teil passiert dies aus medizinischen Gründen und immer öfter aus anderen Erwägungen, wie Vermeidung eines Karriereknicks oder von körperlichen Folgen einer Schwangerschaft.
Einige Leihmütter leben praktisch davon und haben bereits zehn und mehr Schwangerschaften auf diese Weise absolviert.
Für eigenen Nachwuchs ist heute also nicht einmal die physische Anwesenheit der ursprünglichen Eizellenbesitzerin erforderlich.

Allerdings wird wenigstens noch irgendeine Frau benötigt, wohingegen es für Frauen ohne Mann überhaupt kein Problem ist, sich männliche Samenzellen genau nach ihrem Geschmack wortwörtlich aus dem Katalog zu besorgen.

Und es ist kein Zufall, dass gerade in diesen Tagen deutsche Familienpolitikerinnen mit dem Vorschlag, In-Vitro-Fertilisation (künstliche Befruchtung) durch Krankenkassen bezahlen zu lassen, vorpreschen.
Es ist deshalb kein Zufall, weil diese Frauen natürlich genauso Zeitungen lesen und die Untersuchungen kennen, nach denen die Zeugungsfähigkeit der Männer in Deutschland und allgemein der industrialisierten Welt rapide abnimmt bzw. die Spermien von derartig schlechter Qualität sind, dass eine Zeugung auf "natürlichem" Weg immer schwieriger bis gar nicht mehr funktioniert.

Natürlich könnte gesagt werden, dass dies alles Teil der Evolution ist, weil Menschin und Mensch Ergebnisse derselben sind, weshalb also auch jegliches menschliche Tun letztlich darwinistisch evolutionär ist.

Dies sehe ich anders, denn die Evolution hat ein Lebewesen produziert, welches mittlerweile in der Lage ist, den "natürlichen" Gang der Evolution völlig zu verändern oder gleich ganz abzuschaffen.
Da muss ich nur die Stichwörter Genforschung, Gengemüse, Klonen, Tierzucht, Umwelt oder Klimawandel erwähnen.
Die Menschheit ist schon lange keine von der Natur getriebene Art, sondern macht sich längst ihre eigene Evolution, völlig losgelöst von biologischen Vorgängen, also selbstverständlich eine Art von Planwirtschaft oder, um es polemisch zu formulieren, "Intelligent Design" ist längst reale Wirklichkeit.

Mit besten Grüßen
conny
16. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von hink am 19.02.09 23:32

Mal wieder eine Spekulation:
Vielleicht hat bei dem ganzen doch die Evolution ihre Hand im Spiel. Bei vielen Tieren ist es doch so, daß Männchen um die Weibchen kämpfen. Bei manchen müssen die unterlegenen dann das Rudel verlassen. Bei anderen etabliert sich eine Rangordnung unter den Männchen. Bei Säugern reicht ja ein Männchen aus, um viele Weibchen zu begatten, deshalb kann das stärkste seine Gene weiter geben und die anderen an der Fortpflanzung hindern, die das dann irgendwie „einsehen“. (Vergl. hierzu eine Geschichte, in der jemandem ein starker Phallus gezeigt wird, und derjenige daraufhin selber seine Erektion verliert.)
Hier könnte dienen, Sklaverei etc. ihren Ursprung haben. Man könnte auf die Idee kommen, daß „Cuckolding“ etwas ganz altes ist, und vielleicht sogar etwas „natürliches“.
(Ja, wenn der „Cuckold“ es nicht schafft, seinen Widersacher in die Schranken zu weisen... Tja ...)
Ob dann damals in der Folge die Weibchen die unterlegenen versklavt haben weiß ich naturgemäß nicht.
Dieses Motiv der starken Frau taucht in der germanischen Heldensage an einigen Stellen auf.
Beispiel:
Die Walküren, die die gefallenen Helden vom Schlachtfeld abholten, zu immerwährendem sportlichen Kampf (bei dem keiner umkommen konnte, weil alle unsterblich waren) nach Walhall.
Die anderen, die auf dem Strohsack nach Siechtum und Krankheit starben, kamen zu Hel der Totengöttin (sic!) in Dunkelheit und Kälte.
Ein weiteres Beispiel:
Die Geschichte um Brynhild (Edda, Atlilied, Nibelungenlied), eine starke Frau, die man erst bezwingen mußte, im Kampf (Speerwerfen, Steinwerfen etc.). Dann erst konnte man „sie minnen“.
Sie wurde schändlich betrogen. Siegfried hatte sie erobert, war dann aber wieder weggegangen. Die Geschichte ist an dieser Stelle nicht so eindeutig.
Gunter hat sie dann „erobert“ (mit Assistenz von Siegfried unter der Tarnkappe, alleine war er zu schwach dazu.)
Der richtige Showdown kam dann in der Hochzeitsnacht:
Ungefährer Originaltext (Auszüge, wird in der Schule immer unterschlagen) „... - ...“ = Auslassungen.
In sabenwizem hemede si an daz bette gie, do daht der ritter edele, nu han i’z allez hie, des ich ie da gerte in allen minen tagen ... - ...
Sie sprach: „ritter edele, ir sult iz lazzen stan. ... - ... ich will noch magt beliben ... - ...“ (Im Text sieht es so aus, als ob sie dunkel ahnt, daß sie betrogen wurde.)
Do rang er nach ir minne unt zerfuorte ir diu kleit. Do greif nach eime gürtel diu herliche meit: daz was ein
starker porte, den s’ umb ir siten truoc ... - ...
Die füeze unt ouch die hende si im zesamne bant, si truoc in z’einem nagele und hienc in an die want.
Es war also nichts mit Hochzeitsnacht, Sex und so. (Der Schweizer Maler Füßli hat diese Szene gemalt. Das ganze wirkt noch besonders dadurch, daß der an die Wand gehängte Gunter durchaus nicht schwächlich wirkt, sondern ziemlich muskulös ist.)
In der nächsten Nacht kam Siegfried mit der Tarnkappe und hat das ganze geregelt, es war ein fürchterlicher Ringkampf, der ebenfalls beschrieben ist (Nibelungenlied Karl Bartsch Hrsg. 1931, Verse 617 ff.)
Es folgt also daraus, die starken Frauen sind nur etwas für starke Männer. Der Schwache muß zusehen, wie die Frau vom wirklich starken überwunden wird.
Die Szene hat etwas, finde ich. Immerhin taucht „Bonding“ auf (Das an die Wand gehängt werden.)
Ob das etwas mit BDSM zu tun hat? Ich weiß es nicht, vielleicht. Es wäre sicher interessant, hier weiter zu forschen.
17. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von FireWireDE am 02.03.09 14:44

Also bzgl. im SM Bereich hat mir ein Psychologe mal was erzählt, ob es stimmt weiss ich nicht.

Folgendes meinte er:

Ein Männlicher Sub hatte in der Regel eine sehr Dominante Mutter. Das Kind wächst quasi mit dieser Dominanten Frau auf und sucht dasselbige dann auch in der Partnerschaft.

Eine Weibliche-Dom ist mit einem Elternhaus aufgewachsen wo die Mutter das sagen hatte und der Vater nur bedingt mitreden durfte.

Insbesondere das mit den weiblichen Doms kann ich über Freunde bestätigen, da gibts z.b. die Schwester meines Kumpels die fest der Meinung ist, eine Frau müsste in der Beziehung das sagen haben. Selbst mein Kumpel meint, man müsse Frauen auf Händen tragen um Sie zu behalten. Richtig ist das in "Normalen Beziehungen" zwar nicht, aber anscheinend hat hier die Beziehung geprägt.

Allerdings wars bei mir wieder ganz anderst. Ich habe einen sehr Dominanten Vater, der war mal so Dominant das es ihm scheiss egal war was ich wollte, interessant war was er für mich wollte. Meine Mutter hatte garnichts zu sagen. Heute sind meine Eltern geschieden, zu meinem Vater habe ich einen recht guten Kontakt auch wenn er heute noch versucht den Cheff bei mir zu spielen. Meine Mutter ist jetzt ebenfalls recht Dominant und möchte sich aufgrund der Erfahrungen mit meinem Vater von keinem Mann mehr was sagen lassen.

Vielleicht ein Grund warum ich heute ein 60-40 Switcher bin. (60% Devot und 40% Dominant).
18. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Meermaid am 03.06.09 20:32

Wirklich interessante Betrachtungsweisen zur ursprünglich aufgeworfenen Frage.

Meines Wissens wurde der Keuschheitsgürtel im frühen Mittelalter im wesentlichen für die Damen im Edelstand von deren Angetrauten entwickelt um bei längerer Abwesenheit selbiger Keuschheit zu garantieren (Kreuzzüge, etc.).
Ich denke das für die Abwesenden die bloße visuelle Vorstellung der "Verschlossenen" bereits eine Erregung hervorrief.

Dieses kann sowohl durch das Gefühl " die Kontrolle zu besitzen" oder das "ausgeliefert sein" motiviert sein.
Was allerdings die Damen damals hinsichtlich der verwendeten Konstruktionen und Materialien empfunden haben läßt sich wohl schwer sagen. Ich denke bis auf wenige Ausnahmen waren Sie nicht begeistert.

Ich halte das Tragen von Keuscheitsgürteln unabhängig vom Geschlecht für stimmulierend und für eine Bereicherung.

MM
19. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von private_lock am 03.06.09 22:57

Hallo Meermaid!

Gemeinhin geht man davon aus, dass die Metallverarbeitung des Mittelalters einen tragbaren KG ausschließt. Das Material wäre sehr schnell oxidiert und hätte zwangsläufig zu Scheuerstellen und damit einer Blutvergiftung geführt. Wenn überhaupt, so wäre allenfalls ein Schutzgürtel denkbar, mit dem die Edeldame von A nach B reiste.

Viel wahrscheinlicher ist, dass wir immer noch den Mythen aufsitzen, die im 19 Jahrhundert dem Mittelalter angedichtet wurden, als die Menschheit fest davon überzeugt waren, dass Onanieren blind macht. Das Thema Keuschheit war ein sexuelles Ventil für die überaus prüde Gesellschaft, um sich überhaupt außerhalb von Reproduktion damit zu beschäftigen.

LG
private_lock
20. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von conny am 03.06.09 23:02

Hallo Meermaid

Zitat
Meines Wissens wurde der Keuschheitsgürtel im frühen Mittelalter im wesentlichen für die Damen im Edelstand von deren Angetrauten entwickelt um bei längerer Abwesenheit selbiger Keuschheit zu garantieren (Kreuzzüge, etc.).
Ich denke das für die Abwesenden die bloße visuelle Vorstellung der \"Verschlossenen\" bereits eine Erregung hervorrief.



Der mittelalterliche Keuschheitsgürtel für Frauen ist ein Mythos oder besser noch: eine urban legend.

So mussten sowohl das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg, das Musée Cluny in Paris und das British Museum in London ihre Keuschheitsgürtel-Exponate aus den jeweiligen Mittelalter-Ausstellungen enfernen, weil sich herausstellte, dass alle Exponate aus der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts stammen.

In diesem Zeitraum dürfte auch die Legende von Keuschheitsgürteln im Mittelalter, bei Kreuzzügen, etc entstanden sein.
Tatsächlich wurden alle als "mittelalterlich" ausgegebenen Keuschheitsgürtel ebenfalls im 19.Jhd. hergestellt.

Der ältsteste bekannte Keuschheitsgürtel soll aus dem 16.Jhd. stammen, wobei allerdings angenommen wird, dass er nie verwendet wurde.

Allerdings gab es im Mittelalter sehrwohl das Konzept der Keuschheitsgürtel, aber nicht als Gerät, sondern als romantische Metapher in Gedichten, bei denen es um symbolische Keuschheitsgürtel, zB durch Knoten in der Bekleidung, ging.
Auch war das Motiv nicht die Kontrolle der Sexualität der Frau durch den Mann, sondern ein sehr einvernehmliches Versprechen gegenseitiger Treue - gültig für Frau und Mann.

Ähnliche symbolische "Keuschheitsgürtel" gab es auch schon wesentlich früher, etwa bei den Römerinnen und Römern.

Zitat
Dieses kann sowohl durch das Gefühl \" die Kontrolle zu besitzen\" oder das \"ausgeliefert sein\" motiviert sein.
Was allerdings die Damen damals hinsichtlich der verwendeten Konstruktionen und Materialien empfunden haben läßt sich wohl schwer sagen. Ich denke bis auf wenige Ausnahmen waren Sie nicht begeistert.


Auch dies ist eine urban legend.

Die Mehrheit der im 19.Jahrhundert in England gebauten Keuschheitsgürtel stammt von Frauen.

Diesen Frauen wollten absolut nicht von Männern kontrolliert werden, sondern ihnen ging es im Gegenteil um Selbstschutz vor Männern, etwa gegen Vergewaltigungen am Arbeitsplatz.

Fazit: Der Keuschheitsgürtel als tatsächlich verwendetes Gerät - sowohl bei Frauen, als auch bei Männern - ist eine sehr junge Erfindung, gerade einmal ca. 200 Jahre alt.

Beste Grüße
conny
21. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Meermaid am 04.06.09 18:49

Hallo Conny, hallo privat_lock,

zunächst einmal vielen Dank für die ausführlichen Antworten.
Mir war nicht bewußt das die uns bis heute in den Museen erhaltenen KG´s nicht älter als 200 Jahre sein sollen.
Ich stimme völlig mich Euch überein das die Beschaffenheit früherer Konstruktionen hinsichlich Tragbarkeit und Hygiene eine längere Nutzung nicht zuließ.
Es gab sicherlich auch diese irrsinnigen Ansichten wie z.B "das man vom Onanieren blind wird", welche überwiegend von Kirchenmännern gepredigt wurden. Schließlich glaubte man ja auch lange Zeit das die Erde eine Scheibe ist.

Warum aber sollten die Menschen in früherer Zeit grundsätzlich anders empfunden haben als wir heute?

Sicherlich war vieles prüder und das tägliche Leben für die meisten erheblich schwerer als heute aber ich denke das die Leute auch damals "experimentierfreudig" waren und das sie bereits über Fähigkeiten verfügte die über einfache "Knoten" in der Kleidung hinausgingen. Ich habe zwar auch noch keinen römischen KG gesehen und (Respekt vor Deinem geschichtlichen Wissen Conny) trotzdem kann ich mir vorstellen das es welche gab.

Gruß
22. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von private_lock am 05.06.09 21:13

N´Abend Meermaid!

Zitat
Warum aber sollten die Menschen in früherer Zeit grundsätzlich anders empfunden haben als wir heute?


Guter Punkt. Wir haben uns in den letzten paar hundert Jahren evolutionär nicht so viel weiterentwickelt, dass wir eine völlig neue andersartige Sexualität hätten ... jedenfalls biologistisch gesehen.

Dennoch denke ich, dass die gesellschaftlichen Umbrüche nicht zu vernachlässigen sind. Es hat meiner Meinung einen erheblichen Einfluss, wie Menschen sozialisiert sind. Und darin würde ich auch die Begründung sehen, warum es früher keine Keuschheitsgürtel gab.

Seit den Anfängen des modernen Menschen zeugen Höhlenmalereien davon, dass immer irgendwie ein klein wenig Zeit für Kunst und Kultur abzuknapsen war. Kein Überlebenskampf war so akut, dass man sein Leben lang immer nur in Kategorien von Fressen und Gefressen werden dachte. Dennoch glaube ich, dass sowohl die Höhlenmalerei, als auch spätere kulturelle wie philosophische Leistungen, z.B. von Griechen und Römern auf verhältnismäßig kleine Gruppen, wenn nicht gar Einzelpersonen zurückgehen. Sie spannten als Eckpfeiler mit neuen Ideen den Horizont des Machbaren auf und der Großteil der restlichen Bevölkerung (wahrscheinlich über 99%) war völlig damit zufrieden, sich innerhalb dieses Rahmens zu bewegen, denn der Durchschnitts-Mensch hat körperlich hart gearbeitet und ist abends erschöpft umgefallen. -> Keine Kultur ohne Müßiggang und die spielerische Leichtigkeit, völlig ergebnisoffen zu experimentieren!

Zweitens sehe ich ein starkes Hemmnis für die Verbreitung von Ideen darin, dass nur wenige Lesen konnten. Um also etwas Neues zu lernen war man auf den unmittelbaren Kontakt zum Erfinder angewiesen. Die wenigen mit ausreichend Zeit, Mitteln und Spieltrieb, waren gefangen in ihrer eigenen kleinen Welt ohne Input von außen. -> Kulturexplosion durch den Buchdruck, aber auch durch die beginnende Industriealisierung als Entlastung von harter körperlicher Arbeit!

Als drittes beflügelndes Element für die Entstehung von Fetischen sehe ich die Tabuisierung von Sexualität. Für Tiere ist der Geschlechtsakt die natürlichste Sache von der Welt. Sie genieren sich auch nicht, es vor Artgenossen zu tun. Erst durch die Tatsache, dass andere Menschen so ein Trara darum machen, wird es für den Einzelnen so bedeutend. -> Insofern ist die Idee unbefleckter Empfängnis und durch die Kirche vertretener Keuschheit ihrer Priester und Mönche die älteste Form eines sexuellen "Fetisch", wenn man "Fetisch" umschreibt als: Sich mit Sexualität beschäftigen (in Wort und Bild), ohne sich dabei zu reproduzieren.

Schließlich erfasst viertens eine sexuelle Revolution die westliche Welt. Der Fortschritt erlaubt mehr Mäuler zu stopfen. Dennoch will Frau im Normalzustand nicht schwanger sein. Der freiwillige Verzicht auf Reproduktion und das Verständnis für Fruchtbarkeit sind das erste Verhütungsmittel. -> Durch Kondome jedoch trennt sich erstmals der Spaß am Sex von der Fortpflanzung. Es wird auf breiter Front nach Wegen gesucht, ersteres ohne letzteres zu perfektionieren. Auf der einen Seite wird die Zweck-Ehe zunehmend von der hochstilisierten Liebes-Ehe verdrängt. Auf der anderen wird der ultimative sexuelle Kick zunehmend außerhalb von Ehe gesucht unter Verzicht auf die Sicherheit, evtl. entstehenden Nachwuchs aufziehen zu können.

Fazit: Heute gibt es genug Menschen, die verrückte Ideen haben, diese ausprobieren und einen "Trend" verbreiten können, so dass Nachahmer aufspringen. Der sexuellen Bereich hat sich je nach Sichtweise von der reinen Fortpflanzung zum Turnfest der Trendsetter gemausert. Diese 4 Voraussetzungen ermöglichen, was wir heute und hier im Internet als Fetische erleben und ausleben. Keuschheitgürtel als nennenswertes Phänomen ist eigentlich erst wenige Jahrzehnte alt und hat den entscheidenden Vorschub durch die vielleicht 10 Jahre massenhafte Verfügbarkeit der Geräte bekommen.

LG
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23. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Black Panter am 06.06.09 02:54

Zitat
N´Abend Meermaid!

Zitat
Warum aber sollten die Menschen in früherer Zeit grundsätzlich anders empfunden haben als wir heute?


Guter Punkt. Wir haben uns in den letzten paar hundert Jahren evolutionär nicht so viel weiterentwickelt, dass wir eine völlig neue andersartige Sexualität hätten ... jedenfalls biologistisch gesehen.

Dennoch denke ich, dass die gesellschaftlichen Umbrüche nicht zu vernachlässigen sind. Es hat meiner Meinung einen erheblichen Einfluss, wie Menschen sozialisiert sind. Und darin würde ich auch die Begründung sehen, warum es früher keine Keuschheitsgürtel gab.

Seit den Anfängen des modernen Menschen zeugen Höhlenmalereien davon, dass immer irgendwie ein klein wenig Zeit für Kunst und Kultur abzuknapsen war. Kein Überlebenskampf war so akut, dass man sein Leben lang immer nur in Kategorien von Fressen und Gefressen werden dachte. Dennoch glaube ich, dass sowohl die Höhlenmalerei, als auch spätere kulturelle wie philosophische Leistungen, z.B. von Griechen und Römern auf verhältnismäßig kleine Gruppen, wenn nicht gar Einzelpersonen zurückgehen. Sie spannten als Eckpfeiler mit neuen Ideen den Horizont des Machbaren auf und der Großteil der restlichen Bevölkerung (wahrscheinlich über 99%) war völlig damit zufrieden, sich innerhalb dieses Rahmens zu bewegen, denn der Durchschnitts-Mensch hat körperlich hart gearbeitet und ist abends erschöpft umgefallen. -> Keine Kultur ohne Müßiggang und die spielerische Leichtigkeit, völlig ergebnisoffen zu experimentieren!

Zweitens sehe ich ein starkes Hemmnis für die Verbreitung von Ideen darin, dass nur wenige Lesen konnten. Um also etwas Neues zu lernen war man auf den unmittelbaren Kontakt zum Erfinder angewiesen. Die wenigen mit ausreichend Zeit, Mitteln und Spieltrieb, waren gefangen in ihrer eigenen kleinen Welt ohne Input von außen. -> Kulturexplosion durch den Buchdruck, aber auch durch die beginnende Industriealisierung als Entlastung von harter körperlicher Arbeit!

Als drittes beflügelndes Element für die Entstehung von Fetischen sehe ich die Tabuisierung von Sexualität. Für Tiere ist der Geschlechtsakt die natürlichste Sache von der Welt. Sie genieren sich auch nicht, es vor Artgenossen zu tun. Erst durch die Tatsache, dass andere Menschen so ein Trara darum machen, wird es für den Einzelnen so bedeutend. -> Insofern ist die Idee unbefleckter Empfängnis und durch die Kirche vertretener Keuschheit ihrer Priester und Mönche die älteste Form eines sexuellen "Fetisch", wenn man "Fetisch" umschreibt als: Sich mit Sexualität beschäftigen (in Wort und Bild), ohne sich dabei zu reproduzieren.

Schließlich erfasst viertens eine sexuelle Revolution die westliche Welt. Der Fortschritt erlaubt mehr Mäuler zu stopfen. Dennoch will Frau im Normalzustand nicht schwanger sein. Der freiwillige Verzicht auf Reproduktion und das Verständnis für Fruchtbarkeit sind das erste Verhütungsmittel. -> Durch Kondome jedoch trennt sich erstmals der Spaß am Sex von der Fortpflanzung. Es wird auf breiter Front nach Wegen gesucht, ersteres ohne letzteres zu perfektionieren. Auf der einen Seite wird die Zweck-Ehe zunehmend von der hochstilisierten Liebes-Ehe verdrängt. Auf der anderen wird der ultimative sexuelle Kick zunehmend außerhalb von Ehe gesucht unter Verzicht auf die Sicherheit, evtl. entstehenden Nachwuchs aufziehen zu können.

Fazit: Heute gibt es genug Menschen, die verrückte Ideen haben, diese ausprobieren und einen "Trend" verbreiten können, so dass Nachahmer aufspringen. Der sexuellen Bereich hat sich je nach Sichtweise von der reinen Fortpflanzung zum Turnfest der Trendsetter gemausert. Diese 4 Voraussetzungen ermöglichen, was wir heute und hier im Internet als Fetische erleben und ausleben. Keuschheitgürtel als nennenswertes Phänomen ist eigentlich erst wenige Jahrzehnte alt und hat den entscheidenden Vorschub durch die vielleicht 10 Jahre massenhafte Verfügbarkeit der Geräte bekommen.

LG
private_lock



Auweia.

Ich gebe zu,es juckt mich. In den Fingern. Ist wahrscheinlich Biologisch-Göttlich-Darwinistisch

bedingt. Aber um kein weiteres Öl in`s Feuer zu gießen,verspreche ich: ich werde hier schweigen.

Aber erlaubt mir ein mittelgroßes Kopfschütteln.

Ich wünsche allen ein schönes Wochenende.


Black Panter
24. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Miauzi am 06.06.09 10:29

Oh ha - da hat sich aber jemand eine Arbeitsthese zurecht gebaut - private-look

Ohne jetzt auf jeden einzelnen Punkt en detail einzugehen...
..es stimmen schon einige Aspekte der "Fundamente" nicht:

z.B. Fetische -> alleine die in diesem Begriff steckende Implikationen sind überholt und gründen letztlich auf recht krude Ansichten aus dem viktorianischen Zeitalter.

Aber damit dann den Bogen von der Steinzeit bis heute ziehen zu wollen - gleicht schon dem Versuch - sich an den Haaren selbst aus dem Sumpf zu ziehen

z.B. Kultur bzw. kultureller Überbau
auch hier sollte man sich doch ein bissel mit dem philosophischen Fundament dieses Begriffes beschäftigen - insbesondere dem Verhältnis von produktiver Basis und dem nicht-produktiven "Überbau" und den diversen Wechselwirkungen zwischen beiden.
Hier sind mangels Basis-Wissen ganz einfach falsche Voraussetzungen für die dargestellte o.g. Arbeitsthese angenommen worden!

z.B. Isolation von Erfindern
Das ist ja nun das Zeugnis schlechthin - im Geschichtsunterricht gepennt zu haben

Schon in der Antike standen Forscher und Erfinder in Kontakt zueinander - sei es durch Briefwechsel oder über Aufenthalte an Akademien.
Auch wenn das Mittelalter in Europa ziemlich "dunkel" war - so kamen doch immer noch Ideen aus dem damals als Hochkultur angesehenen arabischen Raum.

Kopernikus z.B. hat ja sein heliozentrisches Weltbild nicht im stillen Kämmerlein "erfunden" - sondern während seine Theologie-Studiums sich auch mit Astronomie (Lehrfach!!) beschäftigt und ist so auf die Überlieferung es eines antiken griechischen Astronomen gestossen - der schon ein solches Weltbild postulierte und erste Beweise durch Beobachtung und Messung lieferte.

Da also die Gedanken- bzw. Argumentation-Basis schon äusserst mangelhaft - sie hält schon einer oberflächlichen Betrachtung nicht stand - erspare ich mir die Anstrengung - auch noch auf die "Thesen" selbst einzugehen.

Schönen Tag noch
Miauzi
25. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Black Panter am 06.06.09 10:45

Danke Miauzi.

Fröhliche Grüße nach Berlin.

Black Panter
26. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Siro am 06.06.09 10:50

Es schein auch noch derer zu geben, die in der Schule ein wenig aufgepasst und den Kopf nicht nur zum kämmen haben.
27. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von velvet_undersea am 06.06.09 19:48

Nochmal zur Geschichte des KG:

"Der Annahme, dass der Keuschheitsgürtel die Enthaltsamkeit der Frau über einen langen Zeitraum gewährleisten sollte, etwa während der Mann auf Kreuzzügen unterwegs war, widersprechen hygienische Erkenntnisse, da die Materialien der damaligen Zeit die Haut wund scheuerten und durch die ungenaue anatomische Anpassung sich Urin und Menstruationsblut im Gürtel hätten sammeln können. Dies hätte zu schmerzhaften Infektionen der Haut beziehungsweise der Scheide geführt, was in früheren Zeiten wegen der geringen medizinischen Möglichkeiten lebensgefährlich gewesen wäre.

Es gibt keinen eindeutigen Beleg dafür, dass der Keuschheitsgürtel bereits im Mittelalter bekannt war. Man vermutet, dass es sich um einen Mythos handelt, der in der Barockzeit erfunden und verbreitet wurde, um das Bild des „finsteren Mittelalters“ zu zeichnen."

(http://de.wikipedia.org/wiki/Keuschheitsg%C3%BCrtel)

Also ich persönlich halte biologische Erklärungen für die menschliche Sexualität für ziemlich unbrauchbar.

Zunächst einmal, wie hier ja schon geschrieben wurde, darf man auch aus biologischer Sicht nicht von "der Evolution" oder "der Natur" sprechen, als wären das irgendwie Subjekte, die irgendwas planvoll steuern würden. Die Evolution funktioniert durch Zufall. Alles andere käme mir irgendwie religiös vor.

Die Menschheit nun hat im Laufe ihrer Entwicklung ziemlich von ihren biologischen Wurzeln emanzipiert. Wenn es "natürlich" zuginge wäre ein Großteil von uns garnicht auf der Welt, da uns schon längst alle möglichen Krankheiten dahingerafft hätten.

Auch die Sexualität dient mittlerweile nicht mehr der Fortpflanzung, sondern einfach der Lustentwicklung. Auch rein technisch ist mittlerweile Penetration garnicht mehr zwingend erforderlich, um eine Frau zu befruchten. Und ich denke, die Medizin wird in diesem Gebiet in den nächsten Jahrzehnten weitere Fortschritte machen, die unser ganzes Denken in diesem Gebiet noch mehr in Frage stellen werden, als dies jetzt schon der Fall ist.

Anstatt nach dunklen Begierden in uns zu forschen, die irgendwie "natürlich" gegeben seien, sollten wir vllt eher unsere Begierden weiterentwicklen und so neue Quellen der Lust, frei von normativen Schranken wie etwa einem ominösen "Imperativ zur Fortpflanzung" (andere normative Schranken sind natürlich weiterhin notwendig, wie eben SSC z.B.).

BDSM stellt für mich in diesem Zusammenhang ein gewaltiges Experimentierfeld dar, in dem neue Quellen der Lust erkundet und die Schranken des Erlebbaren in den letzten Jahrzehnten beträchtlich erhöht wurden.

Die Frage nach dem "warum" erübrigt sich daher. Natürlich gibt es Gründe, die einen dazu gebracht haben, derartige Begierden zu entwickeln. Die sind wahrscheinlich für jeden individuell. Am wichtigsten ist doch wahrscheinlich, dass man irgendwann einfach angefangen hat, sich für BDSM zu interessieren und sich da ein bisschen umzugucken und Experimente zu machen.

Das "warum" impliziert zudem, "Warum sind wir anders als der Rest?". Wer "normal" ist, wird sich diese Frage ja kaum stellen, obwohl auch "normale" Menschen ja nicht als "normal" auf die Welt kommen, sondern erst dazu gemacht werden.
Man sollte sich vllt BDSM auch garnicht als so unnormale denken. Macht und Schmerz spielen doch in allen sexuellen Verhältnissen eine Rolle, werden aber eben nur nicht bewusst zur Luststeigerung eingesetzt (obwohl sie womöglich Lust verursachen). Vllt ist BDSM einfach eine bewusste Übersteigerung von Konzepten, die das gesamte Feld der Sexualität unterschwellig prägen.
28. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von conny am 07.06.09 02:05

Hallo

Zitat
Es gab sicherlich auch diese irrsinnigen Ansichten wie z.B \"das man vom Onanieren blind wird\"



Ist es aber nicht tatsächlich so, dass speziell Mann durch Onanieren oder vielleicht gar überhaupt durch jede Form der Ejakulation blind wird?

Dienen KGs nicht gerade auch der Verhinderung, Bekämpfung oder gar Heilung einer Erblindung des Mannes?

Oder sollen umgekehrt KGs nicht brutalerweise zu einer gewünschten Erblindung von Männern führen?



Zitat
Warum aber sollten die Menschen in früherer Zeit grundsätzlich anders empfunden haben als wir heute?



Meine simple Antwort lautet:

Weil noch alles in Ordnung war.


Um nicht missverstanden zu werden, muss ich dies ein wenig erläutern:

Wenn es in der Geschichte Europas einen roten Faden bis weit in das 20.Jahrhundert hinein gibt, dann ist es der rote Faden der Ordnung.

Denn bis vor wenigen Jahrzehnten lebten die Menschen in klar strukturierten Systemen mit eindeutigen Hierarchien, Regeln und Konventionen.
Kurzum - jeder Mensch war in eine defacto von Geburt an vorgegebene Ordnung eingebettet, bei der sie oder er genau wusste, wo ihr oder sein Platz - von der Wiege bis zur Bahre - war.
Und dieser Platz beinhaltete Regeln, Sitten und Gebräuche für praktisch alle Lebensbereiche, inklusive Sexualität oder eben oft Nicht-Sexualität.

Die Regeln der Ordnung mochten sich von Zeit zu Zeit geändert haben, was blieb, war immer irgendeine Form von klarer Ordnung.

So hatte eine römische Sklavin, die sich auf einem Landgut abrackerte, vielleicht tatsächlich davon geträumt, wie geil es wäre, mit der Herrin des Hauses, der Domina zu tauschen.
Möglicherweise hatte sie auch ein paar fiktive lustsklaven, die sie zu ihrem Vergnügen benutzte.
Umsetzbar war dieser Traum in der Realität aber so gut wie nie.
Was nützen da die fantasievollsten Empfindungen?

Gut möglich, dass auch die viktorianische Maid im 19.Jhd., deren Arbeitstag oft an sieben Tagen die Woche von frühmorgens um fünf bis spätabends um elf durchstrukturiert war, in ihren wenigen freien Stunden (Freizeit für viktorianische Dienerinnen- und Dienerschaft = ab 1880 ein halber Sonntag pro Woche und ab 1900 zusätzlich ein freier Abend pro Woche) über erotische Abenteuer sinnierte.
In der Praxis sind allerdings nicht wenige Dienstmädchen als Jungfrauen gestorben, da eine Heirat automatisch das Ende für den Arbeitsplatz bedeutete.
Was nützen da tolle Träume, wenn in der Struktur kein Platz zum Ausleben bleibt?


BDSM ist ebenfalls Ordnung. BDSM ist das Gegenteil von Demokratie und Freiheit. BDSM bietet klare Strukturen und Hierarchien, - egal ob nur für eine kurze Session oder als 24/7-Lifestyle.
Hier weiß jede und jeder, wo ihr und sein Platz ist.
Hier herr(in)schen Regeln, Gebote und Verbote.
Um diese Ordnung geil zu finden, braucht es zunächst einmal Unordnung und Chaos.
Um die Abschaffung der Demokratie und Unfreiheit geil zu finden, braucht es zuerst einmal Demokratie und Freiheit.

Das ist der Grund, warum es auch heute in Ländern und/oder Gegenden und/oder Kulturen mit noch vorhandenen klaren Gesellschaftsordnungen kaum bis gar nicht BDSM gibt, allenfalls mit Ausnahme einer kleinen priveligierten Schicht.
Und dies ist auch die Antwort, warum dies früher in unserem Kulturraum genauso war.

Mit besten Grüßen
conny
29. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Miauzi am 07.06.09 11:07

@Conny,
Zitat

Denn bis vor wenigen Jahrzehnten lebten die Menschen in klar strukturierten Systemen mit eindeutigen Hierarchien, Regeln und Konventionen.


Eben deshalb sind ja die Menschen aus Europa seit der Entdeckung des amerikanischen Kontinents in selbigen ausgewandert - besonders ab Mitte des 19. Jahrhunderts.


Und was Du als "Ordnung" bezeichnest - sind die sozialen Klassenschranken gewesen...
..und ich meine - man sollte das "Kind" schon beim Namen nennen!!


Zitat

BDSM ist ebenfalls Ordnung. BDSM ist das Gegenteil von Demokratie und Freiheit. BDSM bietet klare Strukturen und Hierarchien, - egal ob nur für eine kurze Session oder als 24/7-Lifestyle.


Soso - da ist also ein Kapitalismus des 19. Jahrhunderts "Ordnung" - dagegen der des 20. und 21. Jahrhunderts das Gegenteil von "Ordnung".

Ich liebe es - wenn man Sexual-Lehre und Gesellschafts-Lehre so innovativ verquastet...


Auch hier biegt man sich das Geschichtsbild solange zurecht - bis es in den eigenen sexuellen Horizont passt

LG Miauzi
30. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von private_lock am 07.06.09 11:07

Hallo Miauzi!

Zitat
Isolation von Erfindern


OK, der Punkt geht an Dich. Ich hätte es klarer formulieren sollen:

Wie steht es um den sexuellen Austausch der Völker?

Wie viele Halb-Chinesische Kinder hat Marco Polo mitgebracht? Was ist mit Kolumbus? Haben sich die spanischen Eroberer in nennenswerter Zahl mir den Indianern fortgepflanzt? Wie viele Chinesen leben bei Dir in der Straße? Dem Anteil an der Weltbevölkerung nach müsste jeder sechste ein Chinese sein. Gemischt mit Indern und Afrikanern müssten die Weißen in der Unterzahl sein. Oder hat da jemand beim letzten Bummel durch die Fußgängerzone gepennt?

LG
private_lock
31. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von conny am 07.06.09 13:19

Hallo

Zitat
Eben deshalb sind ja die Menschen aus Europa seit der Entdeckung des amerikanischen Kontinents in selbigen ausgewandert - besonders ab Mitte des 19. Jahrhunderts.


Die ersten Einwanderer in die heutige USA haben nicht so etwas wie grenzenlose Freiheit gesucht, sondern vor allem die Freiheit, ihre zum Teil sehr rigiden Ordnungsvorstellungen 24/7 ausleben zu können.

So gehörten zu den ersten Einwanderern nach Amerika zB Puritaner (sic) aus England oder die Mennoniten aus dem deutschsprachigen Raum, die vor Verfolgung in ihrer alten Heimat geflohen sind.
Die Amish, eine Abstaltung der Mennoniten, leben heute noch nach klaren Regeln wie vor mehr als 200 Jahren und Du wirst mit Sicherheit keine Amish-BDSM-Szene finden.

Ähnliches gilt auch für die Auswanderung vieler anderer Bevölkerungsgruppen in die USA bis heute.

Zitat
Und was Du als \"Ordnung\" bezeichnest - sind die sozialen Klassenschranken gewesen...
..und ich meine - man sollte das \"Kind\" schon beim Namen nennen!!


Deshalb habe ich auch allgemein von Ordnung, Strukturen und Hierarchien gesprochen, wozu natürlich auch die Klassenschranken gehören, aber eben nicht nur, denn ich verstehe hier unter Ordnung mehr als das große staatliche, gesellschaftliche oder wirtschaftliche System.

Auf den Alltag des individuellen Menschen haben früher eben noch viel stärker, um nicht zu sagen, fast absolut unentrinnbar, die Kräfte wesentlich kleinerer Gemeinschaften eingewirkt, von der Dorfgemeinschaft, über die Zunft, von der religiösen Gruppierung, über den Landbesitzer, bis zur Familie, etc.

Denn wenn ich von einem vorbestimmten Leben des jeweils einzelnen Menschen von der Wiege bis zur Bahre spreche, dann meine ich das Gesamtordnungssystem, in dem dieser Mensch einbettet ist, angefangen von der Stellung der Kinder gegenüber den Eltern, von der Berufswahl, der Wahl des Partners oder der Partnerin, der Hierarchie in Familien, der Stellung von Frau und Mann, der sozialen Kontrolle durch bestimmte Gruppen, dem Zwang zur Ausübung und Einhaltung bestimmter Sitten und Gebräuche, usw.


Zitat
Soso - da ist also ein Kapitalismus des 19. Jahrhunderts \"Ordnung\" - dagegen der des 20. und 21. Jahrhunderts das Gegenteil von \"Ordnung\".


Da ist schon was dran, bis zu einem gewissen Grad ist BDSM in weiten Bereichen tatsächlich ein Sammelsurium aus Praktiken, Ritualen, Gebräuchen und Sitten, die zur Gänze oder auch als Wurzel nicht nur aus dem 19.Jhd., sondern aus vielen historischen Epochen stammen.


Klar haben wir heute auch eine staatliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung.

Aber im Gegensatz zu früher in unseren geographischen und kulturellen Breiten und im Gegensatz zu heute in anderen Gegenden und/oder Kulturen (siehe zB Amish) haben wir bei uns heute defacto keine Ordnung mehr, die jeden Lebensbereich des einzelnen Menschen vorgibt und regelt.
Es herr(in)scht - wenigstens relative - Freiheit bezüglich Berufswahl, Partnerwahl, individueller Ausgestaltung der Familienhierarchie, usw oder anders formuliert, es existiert ein riesiger Supermarkt mit einem Angebot unzähliger verschiedener Lebensformen, -modelle und -möglichkeiten.
Und aus diesem Angebots-Chaos kann sich - zumindest theoretisch - jeder Mensch aussuchen, was ihr oder ihm Spaß macht.

Da lautet das BDSM-Angebot, ganz pauschal betrachtet: Hier bekommst Du - für einen kurzen Augenblick oder für ein ganzes Leben lang - eine klare Rolle, hier bist Du entweder oben oder unten, hier bestimmst Du oder läßt bestimmen, hier machst Du oder hast Du Schmerzen, usw - kurzum: hier gibt es keine demokratische Gleichheit, keine unklaren Hierarchien, keine chaotische Freiheit, kein unüberschaubarer wirrer Supermarkt - bei BDSM gibt es genau das Gegenteil: Ordnung.

Liebe Grüße
conny
32. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Siro am 07.06.09 14:25


Zitat

Ist es aber nicht tatsächlich so, dass speziell Mann durch Onanieren oder vielleicht gar überhaupt durch jede Form der Ejakulation blind wird?


Erblinden würde man höchstens, wenn man dabei die Augen zu fest verdreht.
33. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Miauzi am 07.06.09 15:17

@Conny,

Zitat

Aber im Gegensatz zu früher in unseren geographischen und kulturellen Breiten und im Gegensatz zu heute in anderen Gegenden und/oder Kulturen (siehe zB Amish) haben wir bei uns heute defacto keine Ordnung mehr, die jeden Lebensbereich des einzelnen Menschen vorgibt und regelt.


zwar mögen die Finanzmärkte dereguliert sein - aber versuche mal mit HartzIV oder Sozialhilfe über die Runden zu kommen...
..derartig reguliert und am Gängelband geführt kann man über Deine These nur wirklich lachen!!

Oder versuche mal zu bauen...
..ein Gebiet in dem ich jahrelang beruflich gearbeitet habe...
..was alleine bei einer Bauvorlage alles an Gesetzen und Bestimmungen einzuhalten ist

Das ist wirklicher SM - das reale Leben eines Bauherren oder Bauplaners...
..das bissel Spielen in Clubs o.ä. ist doch der reinste Kindergeburtstag dagegen.

Man muss schon einen reichlich schief geratenen Blick auf die Wirklichkeit haben - bei heutigen Leben vom Fehler der Ordnung zu schwätzen


LG Miauzi
34. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Miauzi am 07.06.09 16:56

Zitat
Hallo Miauzi!

Wie steht es um den sexuellen Austausch der Völker?

Wie viele Halb-Chinesische Kinder hat Marco Polo mitgebracht? Was ist mit Kolumbus? Haben sich die spanischen Eroberer in nennenswerter Zahl mir den Indianern fortgepflanzt? ...

LG
private_lock


Öhm - sage mal- was für ein Bild hast Du eigentlich von der Welt?? - tzzzz

Frage doch einfach mal den normalen Durchschnitts-Mexikaner - ob er rein spanisch oder rein mexikanisch ist

Die Mehrzahl der Bevölkerung in Latin-Amerika sind Mischlinge.

Frage mal - wo die ganzen Stämme der Völkerwanderung geblieben sind??
Frage doch mal - was Assimilation wirklich bedeutet??

usw.

Ich lebe in einer Stadt mit ca. 15% Migranten und der Rest sind ausschliesslich europäische Zuwanderer in 1. bis 3. Generation.

Frage mal im Ruhrpott nach - welche Wurzeln der deutsche Name Koslowksi hat??

LG Miauzi
35. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Black Panter am 07.06.09 22:23

N`abend zusammen.

@Miauzi

Ich ziehe fast schon meinen imaginären Katzenhut vor dir! Bei vielen Leute,auch und gerade hier,hab`

ich`s längst aufgegeben...Du argumentiest tapfer weiter,Respekt!


Der Tröötstarter hat sich hier gar nicht mehr gemeldet. Keine Ahnung warum.

Und jetzt mal richtig: Das ist das Philosophie-Board,oder?

Wenn mir,meistens persönlich,jemand mit so einer Frage kommt wie "Wo kommen eigentlich

unsere Bedürfnisse her?",DANN kann sich ein interessantes Gespräch ergeben,und zwar wirklich

im philosophischen Sinne!

Von wem der "moderne Mensch" auch immer abstammen mag,und die Evolutionsbiologie ist

da noch länst nicht auf einem Nenner,philosophisch betrachtet ist das uninteressant.

Aber ich will jetzt hier keinen Diskurs halten,nur je tiefer man das hinterfragt um so spannender

wird`s. Für mich jedenfalls.

Der Großteil der Beiträge hier beschäftigt sich mit evolutionären Fragen. Ist ja auch legitim.

Aber vieles ist auch einfach Quatsch.


Nochmal @ Miauzi:

Falls dich sowas interessiert: ich glaube heute sogar,sonst sehr oft Sonntags gegen 0:00 Uhr

läuft im ZDF "Das philosohische Quartett". Da werden,natürlich immer mit einem Hauptthema,

solche Fragen erörtert. Aber das läuft natürlich so spät damit die Leute nicht zum Nachdenken kommen.

Es grüßt,

Black Panter
36. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Geliebte Schlossherrin am 08.06.09 11:13

Wie ein roter Faden zog sich die Periode der Maria Theresia durch ganz Österreich.
Soviel zum Thema Geschichte und dem roten Faden.

Genaues weiß man nicht genau, sicher kann man Fundstücke zeitlich ziemlich präzise einordnen. Aber, ob früher die Luft rein und der Sex schmutzig war, kann wohl nur jemand wissen, der live dabei war.
Nett auch, wie jeder wissenschaftliche Unfug ohne nachzudenken abgepinselt wird, so brachte es auch der Spinat ein halbes Jahrhundert unbesehen auf eine Tonne Eisen pro Gramm.

Was wird man in 1000 Jahren nicht alles Lustige vermuten und spekulieren, über ein KG Fund von heute.

Ein Problem ist, es gibt heute keine verbindlichen Rollenmodelle mehr.

Darwin selbst war schon sehr verwundert, dass seine aufgestellte Theorie der "sexuellen Selektion" gerade beim Menschen nicht galt, dessenwillen er ja eigentlich diese Theorie aufgestellt hatte. Demzufolge müssten wir alle inzwischen völlig degeneriert und gestört sein. Das würde so einiges erklären.
Man kann aber den Menschen nicht leichtfertig verallgemeiner, biologisch wie kulturell.
Seine Freude hätte Darwin sicher allemal, an der geheimnisvollen Verhaltensänderung des KG Trägers.




Das Licht sieht schon im Tunnel - die Schlossherrin
37. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Miauzi am 08.06.09 12:07


Zitat
Man kann aber den Menschen nicht leichtfertig verallgemeiner, biologisch wie kulturell.
Seine Freude hätte Darwin sicher allemal, an der geheimnisvollen Verhaltensänderung des KG Trägers.


Darwin wäre sicherlich völlig entsetzt - das ein erwachsener Mann (oder Frau) noch so etwas trägt und sicherlich sehr um die psychologische Gesundheit besorgt

Einen Herren wie Freud würde so ein Verhalten sicherlich wesentlich mehr interessieren...
..denn er war ja noch "Kind" der viktorianischen Sexualmoral und die hatten neben ihren komischen Ansichten über Selbstbefriedigung auch noch reichlich Apparaturen zur Verhinderung selbiger erfunden.


Davon mal abgesehen - nicht Darwin selbst hat seine Evolutionsgesetze auf den Menschen selbst angewendet - das waren Wissenschaftler nach ihm...
..bis hin zu einem Herrn Krupp - der einen finanziell hochdotierten Wettbewerb ausgelobt hatte mit dem Inhalt:
"Die Anwendung der darwinistischen Lehre auf die zukünftige Entwicklung der menschlichen Gesellschaft"
was quasi die eigentliche Geburtsstunde des Sozial-Darwinismus darstellt

LG Miauzi
38. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Charly2 am 08.06.09 14:06

Nicht ganz falsch, Miauzi:

Darwin würde sich wahrscheinlich selber in die geschlossene Anstalt einweisen

Bei Sigmund Freud glaube ich das weniger. Dieser würde wohl mit Feuereifer auf diese "Tatbestände" losgehen und die heftigsten Theorien entwickeln.

Ach herje - wenn die Industriellen das philosophieren anfangen - naja. Obwohl, das Thema läuft selbst heute noch - siehe google „Darwinistische Perspektiven
der sozial-kulturellen Evolution“

Bei allen frag ich mich aber doch, was hat Darwin mit meinen / unseren Bedürfnissen zu tun? Ich denke, die Antwort ist (vielleicht doch mal) ganz einfach:

Unsere Bedürfnisse kommen aus uns selber! Sie kommen aus unseren Lebenserfahrungen und aus unseren Wünschen - Träume sind dabei auch nicht zu verachten. Und nicht alles hat mit Umfeld, Lebenserfahrung und sonst sowas zu tun - es gibt ganz einfach Träume, die jeder Mensch hat. Träume, die NUR ihm als Mensch gehören und Träume, die vielleicht doch mal nicht analysierbar sind. Müssen sie das überhaupt?

Viele Grüße - Charly
39. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Geliebte Schlossherrin am 08.06.09 14:16

Ja, ja, ich weiß, Herbert Spencer - und nicht Darwin - ist der Urvater der Soziobiologie und der evolutionären Psychologie.

Aber ich bleibe dabei, dass ich mich lieber dem netten Charles anvertrauen würde , als einem Menschen, der seine Kinder vernachlässigte, ein fürchterliches Frauenbild hatte, Kokain nahmt, und seine wissenschaftlichen Studien sich als alles Mögliche erwiesen, nur nicht als wissenschaftlich.

Wenn sich Träume erfüllen sollen, muß man wach sein.

Es grüßt ganz lieb - die Schlossherrin, die leider die Kampfbegriffe nicht so ernst nehmen kann.

40. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Black Panter am 08.06.09 14:59

Lach...und wenn man dann noch bedenkt,daß der alte Siggi auch mit Freud(en) `ne Koksnase war....

Hier wird`s ja zur Abwechslung mal richtig witzig. In einem Philosophie-Board!

Grinsende Grüße,

Black Panter
41. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Miauzi am 08.06.09 20:57

@all,

ich weiss gar nicht - was ihr alle mit dem "guten" Sigmund habt...

..der Typ hat als Arzt den Mädels die Nasen aboperiert - weil er davon ausging - das hier der Sitz für die Hysterie bei den Mädels liegt.

Zum Glück für die Frauen und ihn selbst hat er dann doch irgendwann geschnallt - dass sein therapeutischer Ansatz wie seine wissenschaftliche These völliger Müll ist...

..und hat nach einigen Jahren dann die Psycho-Analyse "erfunden"

Zumindest war dies schon mal sehr grosser Fortschritt für das ausklingende viktorianische Zeitalter gewesen

LG Miauzi
42. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Black Panter am 08.06.09 23:15

@ Miauzi,

das meint ich ja. Zuviel Schnee macht rutschig.

Im übrigen war er ALLERHÖCHSTENS ein Grundlangenleger der Psychoanalyse,die bis heute

auf äußerst wackligen Beinen steht.

Aber das ist wie bei uns Bärwärsen:

Wer`s braucht....

Nüchterne Grüße,

Black Panter
43. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von velvet_undersea am 09.06.09 22:36

Das mit dem Nase-aboperieren halte ich für ein Gerücht. Soweit ich selbst den psychiatrischen Diskurs des 19.Jh.´s kenne, waren die schon ein bisschen klüger.

Zitat

Aber ich bleibe dabei, dass ich mich lieber dem netten Charles anvertrauen würde , als einem Menschen, der seine Kinder vernachlässigte, ein fürchterliches Frauenbild hatte, Kokain nahmt, und seine wissenschaftlichen Studien sich als alles Mögliche erwiesen, nur nicht als wissenschaftlich.


Na, das ist ja mal ne sachliche Argumentation.

Also ich halte auch nicht viel von Freud, aber gegen solche Kritik nehme ich ihn gerne in Schutz.

Kokain konnte man zur damaligen Zeit übrigens noch ganz legal im Handel erwerben.

Freud dazu in seiner Schrift "Über Coca":

"Aber ich bleibe dabei, dass ich mich lieber dem netten Charles anvertrauen würde , als einem Menschen, der seine Kinder vernachlässigte, ein fürchterliches Frauenbild hatte, Kokain nahmt, und seine wissenschaftlichen Studien sich als alles Mögliche erwiesen, nur nicht als wissenschaftlich."

Auf wiki heißt es da drunter ganz klug:

"Die erste Rezeptur des Erfrischungsgetränks Coca-Cola enthielt bis 1906 einen Extrakt aus Cocablättern (und erhielt so seinen Namen), so dass ein Liter Coca Cola rund 250 Milligramm Kokain enthielt.[10] Auch heute enthält Coca-Cola noch – allerdings nichtalkaloide – Inhaltsstoffe der Coca-Blätter. Auch sonst war Kokaingebrauch im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in Europa weit verbreitet und legal. Die Gefährlichkeit der Substanz wurde nur allmählich erkannt."

Den letzten Satz finde ich witzig. So, als hätte Drogenpolitik irgendwas mit "Objektivität" zu tun. Vielleicht heißt es in 100 Jahren: "Anfang des 21. Jh.´s war BDSM völlig legal und einige Menschen betrieben es. Die Gefährlichkeit dieser sexuellen Aberation wurde erst später erkannt."
44. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von conny am 11.06.09 00:49

Zitat
Man sollte sich vllt BDSM auch garnicht als so unnormale denken.


Hallo velvet_undersea

Wenn Du Dir BDSM als normal denkst, dann schaffst Du es (=zumindest den D/s-Anteil) letztlich ab bzw. reduzierst den verbliebenen Rest damit indirekt auf eine rein physische Turnübung.

Denn wenn - um ein Beispiel zu nennen - Knien eine völlig normale alltägliche Körperhaltung der Durchschnittbevölkerung im Büro oder in einem Restaurant wäre, ist damit Knien als psychische BDSM-Ausdrucksform erledigt. Knien ist nur deshalb erniedrigend, weil es so von der Durchschnittsbevölkerung und dadurch auch als erniedrigend von den BDSM-Leuten empfunden wird, wodurch es erst ein D/s-Element sein kann.

Ich glaube, es wäre nützlich, zwischen der gewünschten und angestrebten Abnormalität des Inhalts von BDSM und der ebenfalls gewünschten Normalität, diesen Inhalt gleichberechtigt mit anderen Lebensweisen und/oder Praktiken ausleben zu können, zu differenzieren, denn allzu oft wird dies vermischt.


Zitat

Zitat

Ist es aber nicht tatsächlich so, dass speziell Mann durch Onanieren oder vielleicht gar überhaupt durch jede Form der Ejakulation blind wird?


Erblinden würde man höchstens, wenn man dabei die Augen zu fest verdreht.


Hallo Siro

Wenn Du "blind" durch müde, unaufmerksam, desinteressiert, etc, ersetzt, dann kann es sein, dass Du in vielen Beiträgen dieses Forums, Rezepte zur "Heilung" dieser "Blindheit" und/oder zur angestrebten teilweisen oder gänzlichen "Erblindung" findest.


Zitat
Man muss schon einen reichlich schief geratenen Blick auf die Wirklichkeit haben - bei heutigen Leben vom Fehler der Ordnung zu schwätzen


Hallo Miauzi

Ich fürchte, dass es noch viel, viel mehr Leute gibt, deren Augen etwas schief geraten sind.
Diese schwätzen dann halt von Wertewandel oder je nach Standpunkt oder Weltanschauung auch von Werteverfall.

Du kannst statt Ordnung auch soziale Normen sagen oder Du kannst auch in diesem Thread in einem Beitrag der Geliebten Schlossherrin nachlesen:

Zitat
Ein Problem ist, es gibt heute keine verbindlichen Rollenmodelle mehr.


Allerdings sehe ich im Gegensatz zu ihr kein Problem darin, dass der rote Faden der Verbindlichkeit von Rollenmodellen praktisch völlig gerissen ist.

Denn weil es die Zwangsordnung von Lebensformen, von fremdbestimmten Geschlechterrollen, von verordneter sexueller Identität, von Heteronormativität, von sozialer und rechtlicher Kontrolle von Normen, die auf zweifelhaften Werten beruhen, nicht mehr gibt, können Du, ich und viele andere Menschen so leben, wie sie leben.

Stattdessen gibt es eine nicht überschaubare Anzahl von Rollenmodellen und Lebensformen, die aber - und das ist der springende Punkt - nicht mehr verpflichtend sind und früher jahrhundertelang in den meisten Fällen schon von Geburt an vorgegeben waren.

Heute hingegen gibt es weitgehend sexuelle Selbstbestimmung des einzelnen Menschen. Und hier sage ich weitgehend, da ich natürlich in diesem Punkt bei Dir bin, dass diese Selbstbestimmung durch finanzielle Aspekte und/oder rechtliche Regelungen und/oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Kulturen auch heute noch mehr oder weniger stark beeinträchtigt werden kann.
Da gibt es sicherlich in vielen Bereichen noch Verbesserungsbedarf zu noch mehr Freiheit (=Unordnung).

Trotzdem ist positiv zu vermerken, dass bei uns eben die Basics der sexuellen Selbstbestimmung (=sexuelle Orientierung, freie Wahl der Partnerin oder des Partners, freie Wahl der Praktiken, etc) in der Regel nicht mehr in Frage stehen.


Mit besten Grüßen
conny
45. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Meermaid am 11.06.09 17:52

Oh.. welch wundervolle philosophische Diskussion über obiges Thema.
Nein, wir geben uns nicht mit trivialen historisch begründeten Erklärungen zufrieden sondern erklären uns mit Freud, Kokain und auch dem Klerus.

Well done !!!

Wie hätte der gute alte Siegmund wohl empfunden wenn er den "Fetisch" a la "Traumdeutung" wissenschaftlich analysiert hätte?

Liebe Grüße
46. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Miauzi am 11.06.09 19:11

Hallo Conny,

die Behauptung
Zitat
Ein Problem ist, es gibt heute keine verbindlichen Rollenmodelle mehr.


kommt aus der Sichtweise eine kleinen Randgruppe - die bunt, queer, schwarz, bunti-bunti ist (und was auch immer noch)

Momentan ist es ja sehr beliebt - Lebensmodelle als "Rollenspiel" zu begreifen...
..und in diesem Kontext werden dann mal von Psychologen sogar Transsexualität als "Lebens-" bzw. "Rollen"-Modell definiert.

Löst man sich aber aus der "Szene" - stellt man fest - dass die meisten Menschen (auch Nomalos buw. Stinos genannt) völlig konservative Lebensmodelle haben.

Daran ändert auch nix - das Frauen heute berufstätig sind.

Und so ist mir mich ein gesellschaftlicher Ansatz - der von einer extremen Minderheit mit ihren bunten Lebensmodellen auf die absolute Mehrheit der Bevölkerung schiesst...
..wissenschaftlicher und erkenntnis-theoretischer Unfug.

Und auf diese Weise nähern wir uns kein Stückchen den eigentlichen Ursachen.

*schmunzel*
Miauzi
47. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Geliebte Schlossherrin am 11.06.09 21:41

Eigentlich wollte ich mich in diese verbissene Diskussion nicht mehr einmischen, aber da ich jetzt 2mal zitiert wurde, möcht ich mein Rollenmodell mal mit einfachen Worten erklären.
Ebend nicht Randgruppe, bunt, schwarz oder roter Faden, sondern so:
Vor langer, langer Zeit. Er war Beutejäger, sie die Nesthüterin. Jeder schätzte und würdigte die Arbeit des anderen. Männer wurden nicht als faul betrachtet und Frauen nicht als die unterdrückten Dienstmädchen der Männer. Diese einfachen Rituale und Verhaltensmuster gibt es immer noch in einigen alten Kulturen auf Borneo, in Teilen von Afrika und sogar bei den Inuits in Kanada und Grönland. Jeder liefert seinen persönlichen Beitrag zum Überleben und zum Wohlbefinden der Familie.
Diese herkömmlichen Regeln wurden jedoch in unserer modernen, zivilisierten Welt abgeschafft, und die Folgen sind Chaos, Verwirrung und Unzufriedenheit.

Wir sind die einzigen Lebewesen, die ständig Ärger mit dem Paarungritual, mit Werbung und Beziehungen haben - andere Spezies haben eine Lösung für diese Probleme gefunden und kommen damit gut zurecht. Selbst die Schwarze Witwe und die Gottesanbeterin, die ihre männlichen Partner sofort nach der Paarung töten, kennen die Regeln des Paarungsspiels und halten sich streng an sie.
Menschen dagegen sind unendlich kompliziert.

Die ideale Frau gibt es ebensowenig, wie den idealen Mann, bloß ein bisschen öfter.

Ich gehe mich lieber amüsieren - die Schlossherrin
48. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Miauzi am 13.06.09 16:05


Zitat
Vor langer, langer Zeit. Er war Beutejäger, sie die Nesthüterin. Jeder schätzte und würdigte die Arbeit des anderen. Männer wurden nicht als faul betrachtet und Frauen nicht als die unterdrückten Dienstmädchen der Männer.


Oh man - immer dieser gleiche Unfug aus dem Kinderbuch der Anthropologie des viktorianischen Zeitalter

Ebenso falsch ist der Versuch - mit den entwickelten Stammesgesellschaften aus den ökologischen Nischen der Urwälder von Borneo Rückschlüsse auf den urzeitlichen Menschen zu tätigen...
..der unter z.T. völlig anderen klimatischen Verhältnissen lebte und zudem auch in einer anderen sozialen Strukturierung.

Die Jagt auf eiszeitliche Grosstiere und deren Entsprechungen aus den Warm-Perioden konnte nur als Sippen-Arbeit gemeinsam von Männern und Frauen bewältigt werden.

Ich "mag" diese sozial-darwinistischen Ansätze in der modernen Anthropologie.


Was manche Menschen sich so für ein Weltbild zurecht schieben
49. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Geliebte Schlossherrin am 13.06.09 16:51


Besser ein zurechtgeschobenes Weltbild, als ein trockenes, humorloses Weltbild.

Sich des Lebens zufreuen, ist die beste Kosmetik für eine Frau.

@ Miauzi
Kommst du mit eine Weinschorle trinken? Ich lad Dich ein, es wäre mir ein Bedürfnis, die Sonne scheint so schön.

Liebe Grüße, die Schlossherrin



50. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Miauzi am 13.06.09 19:38

@Schlossherrin,

da ich derzeit wieder an einem schicken Latex-Outfit klebe für mich - muss ich leider absagen...

..und für philosophische Abende bei Rotwein und Kerzenschein ist es immer noch zu frisch draussen


trotzdem Prost

und lass mal - Katzen (so wie ich) haben einen für den Menschen unverständliche Sicht auf die Dinge


*meow*
Miauzi
51. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Black Panter am 14.06.09 15:59

Ich lach mich weg.....

Wirklich hochinteressant das Ganze!

Tach zusammen,Hallo Miauzi!

"..und für philosophische Abende bei Rotwein und Kerzenschein ist es immer noch zu frisch draussen."

Im Rheinland nicht....


"....und lass mal - Katzen (so wie ich) haben einen für den Menschen unverständliche Sicht auf die Dinge."



DAS kann ich vorbehaltlos bestätigen!


Was ein Treffen angeht:

Schaut mal unter "Wormser Treffen" nach. Stattfinden wird das auf jeden Fall,wenn wohl auch noch

am Termin gebastelt wird;und "neue" Leute sind natürlich Herzlich Willkommen!


Schwitzende Grüße.....,

Black Panter
52. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von conny am 20.06.09 23:57

Zitat
Hallo Conny,

die Behauptung
Zitat
Ein Problem ist, es gibt heute keine verbindlichen Rollenmodelle mehr.


kommt aus der Sichtweise eine kleinen Randgruppe - die bunt, queer, schwarz, bunti-bunti ist (und was auch immer noch)




Hallo Miauzi

Nun, ich denke nicht, dass sich – um nur zwei Beispiele zu nennen - Frau Noelle-Neumann (Grande Dame der deutschen Demoskopie) oder Herr Schirrmacher (Herausgeber der FAZ) als Angehörige kleiner Randgruppen empfinden.

In Wahrheit ist natürlich genau das Gegenteil richtig, denn viele Leute, die den vermeintlichen Werteverfall beklagen, fühlen sich als Mehrheit und/oder in der Mitte der Gesellschaft stehend und meinen mit Werteverfall oft eine "Verlotterung der Sitten", eine "Auflösung gottgegebener Ordnung", die "an sowieso allem Schuld habende schreckliche Frauenemanzipation", etc und prangern als Bösewichte gerne auch und vor allem Dich, mich und die ganze restliche bunte Gesellschaft von (sexuellen) Minderheiten an.

Aber Du kannst Dir ja selbst ein Bild machen, wenn Du bei Google zB nach "change of traditional values (Änderung/Wandel traditioneller Werte)" oder "loss of traditional values (Verlust/Verfall traditioneller Werte)" suchst, wirst Du etwa 245 Mio. Treffer finden. Zum Vergleich: BDSM bringt es auf ca. 27 Millionen.



Zitat
Momentan ist es ja sehr beliebt - Lebensmodelle als \"Rollenspiel\" zu begreifen...
..und in diesem Kontext werden dann mal von Psychologen sogar Transsexualität als \"Lebens-\" bzw. \"Rollen\"-Modell definiert.



Ich würde dem Psychologen antworten, dass er halt einfach seiner Zeit um ein paar Jahre voraus ist.

Denn ich behaupte jetzt einmal völlig ketzerisch, dass frau/mann über keine besonderen hellseherischen Fähigkeiten verfügen muss, um vorherzusagen, dass in einem Zeitraum von vielleicht 100 Jahren Transsexualität in der derzeitigen Form tatsächlich völlig überflüssig und damit abgeschafft sein wird.
Im Jahr 2109 wird es Transsexualität tatsächlich allenfalls noch als WIITWD- oder BDSM-Rollenspiel mit historischer Komponente oder auch als fetischistische Bodymodification-Variante geben, so wie manche Leute heute Bestandteile der viktorianischen Zofe oder der 1950er-Ehe als Rollenmodelle wählen oder sich den Körper nach ihren Fantasievorstellungen modifizieren lassen.

Es ist der Kern von Transsexualiät selbst, der diese Entwicklung unvermeidlich macht.

Die Existenzgrundlage von Transsexualität in der heutigen Form ist eine möglichst klare Zweiteilung und Trennung der Geschlechter, einerseits in körperlicher Hinsicht und – mindestens genauso wichtig – in zwei ebenfalls möglichst unterschiedliche soziale Geschlechter.

Aber schon heute ist es schwierig bis kaum noch möglich, das soziale Geschlecht von Frau oder Mann allgemeingültig zu definieren: Wer oder was ist heute eine Frau? Wer oder was ist heute ein Mann? Wie definiert sich weiblich oder männlich?
Vor 50 oder 100 Jahren hätten diese Fragen relativ leicht beantwortet werden können.
Aber sind diese Fragen in unserem Kulturraum heute noch so eindeutig zu beantworten, wohlgemerkt nicht im jeweils individuellen Einzelfall, sondern verbindlich und zutreffend für die überwältigende Mehrheit der Frauen oder Männer?

Diese Auflösung und gegenseitige Annäherung der sozialen Geschlechterrollen von Frau und Mann geht weiter voran - einmal schneller und einmal langsamer, jedenfalls aber stetig und unaufhaltsam - bis die Rollen eines Tages völlig verschwommen und schließlich zur Gänze verschwunden sind. Dann bleibt als einziger verbliebener Unterschied von Frau und Mann tatsächlich nur noch der rein Körperliche der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale.

Und wenn Transsexualität als Anpassungsprozess des äußeren körperlichen Geschlechts (=engl. sex) an das innerlich vorhandene soziale Geschlecht (= engl. gender) verstanden wird, was gibt es im Fall der völligen Abschaffung der sozialen Geschlechterrollen noch anzupassen?

Die Todfeinde von Transsexualität müssen zwangsläufig jede Form der Emanzipation von Frau und immer öfter auch Mann, jede Art der Gleichmachung von Geschlechterrollen und damit letztlich die Auflösung patriarchaler und traditioneller Strukturen sein.
Wer will, dass die heutige Form von Transsexualität auch noch für unsere Enkelkinder bestehen soll, muss sich daher mit den Vertreterinnen und Vertretern der Werteverfallsmeinung verbünden, etwa mit fundamentalistisch-religiösen und/oder ultrakonservativen Gruppierungen, weil die sind oft für einen Rollback zu klar getrennten sozialen Geschlechterrollen.
Das wird aber schließlich auch nichts helfen, denn jegliches Auftreten von transsexuellen Menschen in der Öffentlichkeit trägt immer - so oder so - zu einer weiteren Auflösung der binären Geschlechterrollen bei. Da müssen sie gar nichts tun, sondern schlicht nur da sein.

Es ist übrigens kein Zufall und ebenfalls ein Resultat der Entwicklung der Geschlechterrollen, dass sich auch Angehörige anderer Transgender-Bereiche sehr oft weibliche Retro-Rollenmodelle als Vorbild nehmen, die aus unserer heutigen Sicht oft übertrieben, aufgedonnert oder nicht zeitgemäß wirken. Dies muss fast zwangsläufig so sein und ist daher völlig in Ordnung.

Und so ist natürlich Deine Argumentation auch der verständliche Ausdruck eines praktisch unlösbaren Dilemmas von transsexuellen Menschen, denn selbstverständlich brauchen sie einen Wandel starrer Geschlechterrollen, um im Alltag gesellschaftlich überhaupt existieren zu können, aber gleichzeitig zerstört dieser Wandel die vormals binäre Rollenordnung insgesamt und somit den Kern von Transsexualität.

Dieses Dilemma kann eines Tages nur dadurch gelöst werden, dass sich der Staat in diese Fragen überhaupt nicht mehr einmischt und es jeder Menschin und jedem Menschen völlig freisteht, sich ihr oder sein Geschlechtsmodell nach Lust und Laune selbst zu wählen und den eigenen Körper so zu gestalten, wie es ihr oder ihm gefällt.
Zum Teil ist es schon so und ich bin überzeugt, dass es letztlich auch komplett so kommen wird – irgendwann.



Zitat
Löst man sich aber aus der \"Szene\" - stellt man fest - dass die meisten Menschen (auch Nomalos buw. Stinos genannt) völlig konservative Lebensmodelle haben.


Tja, das ist ein beliebter Mythos, ein teilweise verständlicher Auge-um-Auge-Reflex, aber im Grunde ein Selbstbetrug der vermeintlichen eigenen Aufwertung durch Abwertung anderer Menschen, was dann auch noch mit bestimmten Wortkreationen bekräftigt werden soll.
Wenn Du „konservativ“ mit „bewahrend“ übersetzt, dann dürfte doch wohl wieder genau das Gegenteil zutreffen.
Denn die überwältigende Mehrheit der Leute, die im Jahr 2009 etwa das Lebensmodell „Ehe von Frau und Mann“ leben, haben von der Ehe des Jahres 1959 so gut wie nichts bewahrt, außer gerade noch den Titel dieser Lebensform.

Hingegen sind gerade manche Menschen, die von sich in Anspruch nehmen, anders als der Durchschnitt zu sein, vergleichsweise geradezu ultrakonservativ im Sinne von bewahrend oder extrem Retro im Sinne von rückwärtsgewandt in ihren (Wunsch-)Rollenbildern.
Auch das halte ich für völlig ok, denn schließlich ist es nichts Schlimmes und kann auch wieder sehr fortschrittlich sein, sich ein Best of History-Lebensmodell individuell nach eigenem Geschmack zusammenzubauen.



Zitat
Und auf diese Weise nähern wir uns kein Stückchen den eigentlichen Ursachen.



Das sehe ich nicht so. In den bisherigen Beiträgen dieses Threads sind schon sehr viele interessante Antworten nachzulesen.



Zitat
Vor langer, langer Zeit. Er war Beutejäger, sie die Nesthüterin. Jeder ….



Sehr geehrte Schlossherrin

Das ist ein sehr schönes Bild. Wenn die Rahmenbedingungen passen und sich zwei Menschen finden, die nach dieser Rollenverteilung leben wollen, können sie dies heute auch problemlos tun.

Zwei wichtige Umstände fehlen aber in der Bildbeschreibung. Die heutigen Männer als Beutejäger sind schlicht überfordert, denn entweder können sie nicht mehr genügend Beute heranschaffen oder verwenden die Beute zur Befriedigung eigener Ansprüche, anstatt Verzicht zu üben oder sind derartig mit dem Jagen beschäftigt, dass keinerlei Energie mehr zur Erfüllung anderer weiblicher Bedürfnisse bleibt, was wieder zur Unzufriedenheit der heutigen Frauen führt.
Denn die Nesthüterinnen von damals pflegten nicht eine verklärt romantisierte, so gut wie kaum je existente Traumvorstellung, dass ein einziger Mann genügen soll, alle weiblichen Bedürfnisse abzudecken, weil sie gar nicht in Paarbeziehungen lebten.
Die zu versorgende Familie von damals war nicht eine Mutter-Vater-Kind-Kleinstruktur, sondern eine Sippe mit oft matrilinearen Verwandtschaftsverhältnissen. Sexualität und Vaterschaft waren voneinander getrennt, patriarchale Monogamie- und Besitzvorstellungen gab es nicht.
Ich denke, dass hier ein Hauptproblem der modernen Frauen liegt, irgendwelchen Alleskönner-Jedes-Bedürfnis-Befriedigungs-Prinzen-Träumen nachzuhängen, anstatt sich damit abzufinden, dass es dieses Männerbild immer nur als Fiktion gegeben hat und real auch nie geben wird.
Stattdessen könnten die Frauen doch viel mehr diversifizieren und sich zur Erfüllung verschiedener Bedürfnisse auch verschiedene Männer halten, denn ich glaube, dass in der Regel eine Frau ausreicht, um alle wesentlichen männlichen Bedürfnisse zu befriedigen, umgekehrt aber so gut wie nie ein Mann genügt, um wirklich alle weiblichen Bedürfnisse abzudecken.
Diese Lebensweise würde auch noch am ehesten dem Nesthüterin- und Beutejäger-Bild entsprechen.
Wenn schon Best of History, dann aber doch konsequent.
Und was sollte eine Frau heute noch an der Umsetzung dieses damaligen Nesthüterinnen-Aspektes hindern, außer sie sich selbst mit ein paar angelesenen Träumen, die doch relativ leicht entsorgt werden können?


Mit besten Grüßen
conny


53. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Miauzi am 21.06.09 01:49

@Conny,

langes Posting - kurze Antwort darauf.

Transsexualität ist kein soziales Rollenspiel - das ist eine biologische Realität.

Wir "spielen" nicht Frau oder Mann - wir sind es jeweils - auch wenn das Körper nicht der inneren Seele entspricht.

Alles andere ist Tunti-Bunti-Gerede.

Ich bin nicht Frau - weil ich ein wie auch immer geartetes Rollen-Modell genügen möchte.

Wer mir so etwas unterschieben will - der hat von Transsexualität NULL NIX eine Ahnung.

Man kann ja als Aussenstehende/r sehr viel mit uns reden - begreifen - was in uns vorgeht - können wir nur selbst.

Rollenverteilung - Rollen-Modell

Der völlig falsche Ansatz.

Und noch ein Tipp:
Nach der "modernen" Definition von Transgender bis ich als Transsexuelle "draussen" - da gehöre ich - Gott sein dank - nicht dazu.

schlaf schön
Miauzi
54. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Black Panter am 21.06.09 05:40

Tja.

Wieder mal wohl gesprochen, Miauzi.


Black Panter
55. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Geliebte Schlossherrin am 22.06.09 05:57

Offensichtlich fehlt mir der nötige Ernst!

"Sinnsuche muss immer auch Lustsuche sein." Horkheimer

Da gebe ich mich lieber einer stillen Heiterkeit hin!

Viel Spaß noch!

Auf Nimmerwiedersehen - die Schlossherrin
56. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von velvet_undersea am 28.06.09 00:22

@ conny:

Wenn ich dich richtig verstanden habe, verwirfst du meine Aussage, BDSM sei garnicht mal so unnormal damit, dass du BDSM für per definitionem unnormal hältst, da der Reiz von BDSM-Praktiken eben aus der Anormalität entspringt.

Nun ja, mit der "Normalität" von BDSM habe ich nicht gemeint, dass sich besonders viele Leute als sadomasochistisch definieren und diese Praktiken leben, sondern dass latente sadomasochistische Begierden vielleicht weiter gestreut sind, als man annimmt - und dass sich aus diesen dann bei bestimmten Individuen eben anormale Begierden entwickeln.

Ich finds generell sinnlos, von einer strikten Dualität von Norm und Abweichung auszugehen. In Wahrheit bilden beide ein komplementäre Einheit.

(Ist jetzt vielleicht ein bisschen abstrakt, aber ich hoffe dennoch verständlich und aussagekräftig)
57. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von conny am 25.07.09 00:12

Hallo velvet_undersea

Zitat
@ conny:

Wenn ich dich richtig verstanden habe, verwirfst du meine Aussage, BDSM sei garnicht mal so unnormal damit, dass du BDSM für per definitionem unnormal hältst, da der Reiz von BDSM-Praktiken eben aus der Anormalität entspringt.


Ja, so ist es.

Nur sollte ich vielleicht erläutern, was ich in diesem Zusammenhang unter "unnormal" verstehe, denn ich meine damit nicht "ungesund", "krank" oder gar "verrückt", sondern Perversion im ursprünglichen wortwörtlichem Sinn von lateinisch perversio = die Verdrehung, die Umkehrung.

Ich meine, dass der kleinste gemeinsame Nenner praktisch aller BDSM-Praktiken letztlich eine gezielte Umdrehung von herrschenden Mainstream-Konventionen, -Vorstellungen und -Verhaltensweisen ist. Alles was aktuell und/oder historisch, im Alltag und/oder generell als politisch korrekt gilt, wird bei BDSM ins Gegenteil verkehrt. Aus "Norm(al)"-böse wird "BDSM"-gut, aus sonst Don´t wird hier Do.

Zitat
Nun ja, mit der \"Normalität\" von BDSM habe ich nicht gemeint, dass sich besonders viele Leute als sadomasochistisch definieren und diese Praktiken leben, sondern dass latente sadomasochistische Begierden vielleicht weiter gestreut sind, als man annimmt - und dass sich aus diesen dann bei bestimmten Individuen eben anormale Begierden entwickeln.


Da bin ich ganz bei Dir.
Ich würde auch noch weiter gehen und sagen, dass vermutlich in allen Menschen latente sadomasochistische Begierden vorhanden sind.
Insoferne ist es also normal.

Allerdings kommen die meisten Menschen nicht im Entferntesten auf die Idee, diesen Begierden nachzugehen, geschweige denn, sie in die Praxis umzusetzen.
Auch das ist normal im Sinne von Mehrheits-Konvention.

Also müsste die Frage eigentlich nicht lauten, woher unsere Bedürfnisse herkommen, denn die kommen nirgendwo her, weil sie immer schon da waren.
Die Frage sollte vielmehr lauten: Warum versuchen manche Menschen ihre Bedürfnisse auszuleben und andere nicht?

Zitat
Ich finds generell sinnlos, von einer strikten Dualität von Norm und Abweichung auszugehen. In Wahrheit bilden beide ein komplementäre Einheit.


Hier glaube ich einen Widerspruch zu erkennen. Eine sich gegenseitig ergänzende Einheit von Norm und Abweichung ist ein dualistisches Gebilde.

Auch halte ich diese Dualität eben nicht für sinnlos, denn um zB jemand überhaupt erniedrigen zu können, muss ich ja zuerst wissen, was die politisch korrekte Norm des nicht erniedrigenden Umgangs mit dem Gegenüber ist. Erst die bewusste Abweichung von dieser Norm bewirkt die Erniedrigung und damit fängt bewusstes BDSM überhaupt erst an.

Und da wir hier ja über das Woher - also die Motivation von Warum ausgerechnet BDSM? - diskutieren, so könnte genau in dieser Dualität der Kern der Antwort vieler Menschen liegen.

Denn für viele - nicht für alle - Menschen liegt das Hauptmotiv BDSM auszuleben in der Dualität des Ausgleichs - im Gewinn von Lust, beim Thrill und Kick, den sie da finden, in der anderen Welt, in der Verwirklichung von Fantasien mit Konstellationen jenseits der Realität, in der Kreation von Strukturen und Rollenbildern, die sie nur hier verwirklicht sehen.

Beste Grüße
conny

58. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von hink am 30.07.09 21:03

Die bisherigen Beiträge waren alle hochinteressant, aber haben, meiner Meinung nach, nicht so richtig zur Klärung dieser Frage beigetragen.
Ein weiterer Versuch, aber ob der mehr bringt, weiß ich letztlich auch nicht:
Es sind wahrscheinlich mindestens zwei Dinge:
Das eine ist eine „Verdinglichung“ der Gesellschaft; wichtig sind Sachen, Konsum etc. Das Leben, die Weitergabe von Leben ist nicht mehr das zentrale Prinzip. Aber Leben definiert sich einfach dadurch, daß es Leben weitergibt. Das unterscheidet Leben von toter Materie. Das heißt letztlich, daß die Gesellschaft nekrophil wird.
Das gesamte gesellschaftliche Leben richtet sich nach Sachen aus, der Gewinn mit irgendwelchen überflüssigen Dingen, ist das allerwichtigste in dieser Gesellschaft. Es gibt eine totale „Verwissenschaftlichung“ des Arbeitslebens, wer nicht zu 150% funktioniert, wird gnadenlos ausgesteuert. „Wir stellen nur Olympiasieger ein.“
Man betrachte sich einmal die Prozedur der Einstellung von Menschen in einer Firma. Daß Gott erbarm! Was für Dinge da wichtig sind. Alle werden psychologisch bis ins letzte untersucht, und das nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern deshalb, weil man nicht will, daß es jemanden gibt, der nicht völlig reibungslos funktioniert. Die Anforderungen werden immer höher, deshalb gibt es immer mehr, die da rausfallen und in irgendwelchen Einrichtungen aufbewahrt werden. Gelegentlich muß eingegriffen werden, daß nicht gar zu viele Daten erhoben werden, die mit der beruflichen Aufgabe nichts zu tun haben.
Da ist kein Platz für Leben!
Es wird beklagt, daß Akademiker zu wenig Kinder kriegen, logisch, wenn sie ihr Leben planen, geht das nicht mehr. Bis sie in Verhältnissen sind, in denen das richtig gut geht, sind sie Anfang, Mitte dreißig. Wenn dann ihre Kinder Mitte, Ende zwanzig sind, und mehr Geld brauchen, weil sie in der Abschlußphase ihrer Ausbildung sind, werden die Eltern weggeworfen (Mitte fünfzig), weil sie zu alt und zu teuer sind. Ebenfalls ein Indiz für die „Verdinglichung“ der Gesellschaft.
Das Resultat zeigt sich dann unter anderem in solchen Phänomenen, wie „Überalterung der Gesellschaft“. Die Aussage: „Sexualität dient nicht mehr der Fortpflanzung.“ gehört auch hier hin.
Kinder sind eigentlich immer nur im Weg, es wird als großer Sieg gefeiert, daß in einer Wohnanlage, die Kinder draußen spielen dürfen, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Daß Kinder die Zukunft sind, das Leben par excellence, daß sie später die Alten ernähren etc. wird einfach nicht gesehen.
Ich wage nicht vorauszusagen, wie sich so eine Gesellschaft weiter „entwickeln“ wird.
Fetischismus, Sadomasochismus, Homosexualität etc, also Dinge, die in irgendeiner Form der Abfuhr des Triebstaus dienen, aber nicht dazu, Leben weiter zu geben, passen nahtlos in diese Gesellschaft.
Das zweite ist schon erwähnt, Kinder sind im Weg, auch zu Hause, die Eltern haben keine Zeit etc. Ich selber habe erlebt, daß zwanghaftes Putzen und Saubermachen wichtiger war, als der Umgang mit Kindern. Möglicherweise hat meine eigene seltsame Sexualität auch damit zu tun.
Soweit ich weiß, ist in Gesellschaften, in denen der Konsum angekommen ist, die Geburtenrate zurück gegangen, wäre zu untersuchen, ob die Fälle von „ungewöhnlichem Sex“ auch zugenommen haben, es würde mich nicht wundern.
Es wurde schon erwähnt, daß frühkindliche Prägung einen großen Einfluß hat. (Der „piepsende Fußball“) Ich glaube das auch. Der sattsam bekante und allseits beliebte Pawlow spielt da sicher auch eine Rolle. Als Beispiel: „bedingte Konditionierung“ also z. B. Prügel, wenn das Kind seine Sexualität erforscht etc.
Man sollte auch unterscheiden zwischen „echtem“ Fetischismus und Praktiken, die man aus „Interesse“ ausübt und die sich dann irgendwie „verselbstständigen“.
Unter „echtem“ Fetischismus verstehe ich die Tatsache, daß z. B. einen Mann eine weibliche Scheide total kalt läßt, während ein Gegenstand ihn total erregt. Möglicherweise auch durch Konditionierung entstanden. Ich glaube aber, das ist die Minderzahl.
Um meine Meinung zusammen zu fassen:
Die „ungewöhnlichen Sexpraktiken“ werden z. T. durch frühkindliche Prägungen erworben, z. T. über „Ausprobieren“ im späteren Leben, („Propaganda“ in Medien etc.) und setzen sich durch, weil die Gesellschaft dazu geeignet ist, und das weitgehend toleriert, es entsteht also kein Leidensdruck, das zu therapieren.
Aber wahrscheinlich gibt es noch mehr Erklärungen dafür, als die beiden; so sind z. B. sehr starke Verletzungen auch als Begründung denkbar. So hat z. B. meine letzte (beendete) Beziehung meinen Fetischismus gefestigt, ich glaube, er ist jetzt endgültig.
59. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von ahnungslos am 07.08.09 09:18

@Why-Not:
Zitat
Häufig unter SMern aufgebrachte Hypothesen, es könne etwas mit Gewalt im Elternhaus oder ähnlichem zu tun haben, konnten dagegen statistisch nicht bestätigt werden
Hast Du dazu Belege? Würde mich sehr interessieren. Überhaupt Belege über wissenschaftliche Untersuchungen zu den Ursachen von BDSM-Neigungen.

- ahnungslos
60. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von conny am 15.08.09 02:25

Zitat
Ich wage nicht vorauszusagen, wie sich so eine Gesellschaft weiter „entwickeln“ wird.
Fetischismus, Sadomasochismus, Homosexualität etc, also Dinge, die in irgendeiner Form der Abfuhr des Triebstaus dienen, aber nicht dazu, Leben weiter zu geben, passen nahtlos in diese Gesellschaft.


Hallo Hink

Über allen Beispielen Deiner Weltsicht steht letztlich die Maxime, dass es jeweils fertige Erkenntnisse oder Idealvorstellungen zu bestimmten gesellschaftlichen Fragen oder aktuellen Problemstellungen gibt.
Du gehst davon aus, dass Sätze wie "Kinder ernähren die Eltern" oder "Kinder brauchen viel Zeit ihrer (am besten leiblichen) Eltern" in Stein gemeißelte und vor allem endgültige Weisheiten sind, auf die die Menschheit durch jahrtausendelanges Nachdenken gekommen ist und die jetzt für ewige Zeit unveränderbar gelten.

Wer von diesem fertigen Idealzustand einer Gesellschaft ausgeht, für die oder den kann es ab jetzt natürlich nur noch fürchterlich bergab gehen.

Doch sind Deine gesellschaftlichen Idealvorstellungen wirklich so fertig?

Meinst Du mit dem Problem der "Überalterung der Gesellschaft" nicht in Wahrheit die Vergreisung Europas im Allgemeinen und Deutschlands im Besonderen? Und es stimmt, die deutsche Bevölkerung, wie Du sie kennst, wird aussterben. In 100 Jahren wird eine Inderin oder Chinesin im Berliner Bundeskanzlerinamt sitzen. Na und? In der Vergangenheit sind schon viele Völker ausgestorben und Nationen verschwunden. Es geht also nicht um das Aussterben der Menschheit, denn die hat den Peak der Überbevölkerung noch nicht erreicht.

Akademikerinnen bekommen wenige Kinder. Stimmt, aber was wird damit in Wahrheit gesagt? Es impliziert die höchst fragwürdige Vorstellung, dass Akademikerinnenkinder wieder Akademikerinnen werden und wenn diese Elitefrauen keine Kinder mehr bekommen, ja wer soll denn dann morgen die Elite sein? Ich würde darauf sagen: Wer anders.

Eltern sollen sich viel Zeit für ihre Kinder nehmen. Wieder eine wunderbare europäische Idealvorstellung, die völlig übersieht, dass es Milliarden von Kindern gibt, die ganz automatisch und selbstverständlich aufwachsen, ja fast nebenbei, ohne großartiges Erziehungs- und Zeit-Tamtam unserer Breitengrade. Und ich behaupte, dass diese Kinder zum Großteil nicht unglücklicher sind, als ihre europäischen Altersgenossinnen.

Kinder ernähren die Eltern. Stimmt, aber nur dann wenn das heutige System der Pensionsversicherung zur Religion erhoben wird. Vielleicht werden alte Menschen in 100 Jahren völlig anders versorgt?

Kinder werden mittels GV von Frau mit Mann gezeugt. Stimmt - heute. Vielleicht ist in 100 Jahren Klonen oder das Reagenzglas der Fortpflanzungsnormalfall, so wie heute schon fast 50% der Geburten nicht auf natürlichem Weg, sondern durch Kaiserschnitt erfolgen? Und warum soll das schlimm sein?


Und genauso, wie bei allen genannten Fragen kein fertiger statischer Idealzustand mit Allgemeingültigkeit existiert, gibt es diesen auch nicht bei BDSM, bei Fetischismus oder bei Sexualität.
BDSM ist auch immer Interaktion mit der aktuellen Gesellschaft und daher ständig in Fluss.

So heißt nicht zufällig Sacher-Masochs bekannteste Novelle "Venus im Pelz". Würde er heute leben, lautete der Titel höchstwahrscheinlich "Venus in Latex".

Und BDSM von heute ist nicht ident mit BDSM von 1909 und anders als es 2109 sein wird.
Oder plakativ formuliert: Wenn BDSM im 2009erStyle 2109 normale Sexualität oder gewöhnlicher Lifestyle ist, dann könnte etwa Blümchensex von 2009 die wesentliche BDSM-Form im Jahr 2109 sein.

Beste Grüße
conny

61. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Minipipimännchen am 14.03.10 13:55

[quote]Hallo Leute

habt ihr euch schon mal überlegt, wo unsere, sagen wir mal "speziellen", bedürfnisse her kommen?
Ich steh irgendwie voll auf KGs, ich verstehe aber irgendwie nicht so ganz wiso. Eigentlich ist es ja evolutionär gesehen komplett sinnfrei, etwas zu mögen, das einem Sex verunmöglicht
Dachte mir, zu Darwins Geburtstag sollte diese Frage mal gestellt werden .
Habt ihr euch dazu auch schon einmal Gedanken gemacht?
Würde mich freuen, eure Meinungen zu diesem Thema zu hören.

Greetz AK[/quote

Nunja.... ganz "brutal" formuliert würde ich sagen: Ja, Sex ist da um gemacht zu werden.
Aber da wir Menschen vernunftbegabte Wesen sind, erkennen wir auch welcher Sex Freude bereitet, wann es Sinn macht sich fortzupflanzen (wenn man mal ganz ehrlich zu sich selbst ist) und wann man eher zu den Subs gehört, die sich in Zukunft nicht durchsetzen werden können. Nach meiner Auffassung sollte sich ein unsicherer Kleinschwanzmann wie ich sicher nicht fortpflanzen. Und darum tue ich es auch nicht. Mit einem kleinen Penis ist doch der Sex , auch mit Besamung, keine Erfüllung für meine Frau, dann ist es doch nur recht und billig, wenn ich ihre das, was die Natur mir mitgegeben habe voll und ganz zu ihrem Spass zur Verfügung stelle. Dass sie was zu lachen hat ist doch für mich völlig in Ordnung, besser sie lacht, als sie wäre sauer oder verzweifelt, weil mein Kleiner es nicht bringt!
Das ich dabei keusch bleibe und sie das kontrolliert ist doch auch insofern besser, dass es mich mehr und mehr dazu bringt ihre Bedürfnisse nach vorne zu stellen. Klar, bin ich manchmal eifersüchtig auf den großen Penis, klar, würde ich gerne besamungstauglich sein, klar, wäre ich gerne selbstsicherer und stärker, würde beruflichen Erfolg haben können. Ich arbeite nur im Außendienst einer kleinen Firma und das nicht mal als Abteilungsleiter. Nun, hab ich das alles nicht, Penis, Stärke, Macht, Kraft, Sicherheit aber ich habe hin und wieder die Nähe zu einer Herrin, die schön ist und die mir gestattet ihre Amüsement zu bereiten. Was besseres kann mir doch gar nicht passieren als verklemmtes Kleinschwänzchen.

Die "Gesellschaft" will mir sicher sagen, dass ich eine Therapie machen muss, dass ich es auch "tschaka" schaffen kann, dass ich an mich selbst glauben muss, und die Größe des Schwänzchens keine Rolle spielt.

Aber ich weiß, dass es nicht so ist und dass dies liebgemeinte Versuche sind mir Mut zu machen. Aber ich bin bereits an meinen Grenzen.
Zu mehr als das, was ich geschafft habe kann ich es nicht bringen. Ich habe werder Fürhungsquailitäten noch Starpotential. Ich bin ein halbwegs fleissiges und okay augebildetes Kleinschwanzmännchen, dass seiner Herrin sicher mehr Unterstützung im Alltag gibt als ein Super Geschäftsmann, der nur seine Karriere, seinen Schwanz und seinen beruflichen Erfolg im Kopf hat.
62. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von Romantic am 05.10.10 15:22

Ich habe das Thema soeben entdeckt und finde es sehr interessant, weswegen ich auch gerne einen Beitrag dazu äußern möchte.

Grundsätzlich möchte ich nur sehr ungern die Evolutionstheorie als Argumentationsbasis verwenden, da es doch ein sehr irreführender Zusammenhang ist, sexuell motivierte Keuschheit mit den Prinzipien der Evolution zu verbinden.
Sexuell motivierte Keuschheit fällt in den Bereich der Sexualpsychologie und ist eher ein Bedürfnis, das einer Abwandlung von unserem grundlegenden Bedürfnis nach sexueller Stimulation entspricht, d.h. es ist ein Fetisch - einer von vielen Sexualpräferenzen. Jeder erwachsene Mensch besitzt grundlegend den Drang nach sexueller Stimulation, das ist von hormoneller Konstitution bestimmt...

Die Form dieser Stimulation ist das Andere, da sie nicht vorherbestimmt ist, sondern entwicklungsbedingt ist, d.h. sind gewisse Schlüsselereignisse in der sexuellen Findungsphase dafür verantwortlich, dass man Keuschhaltung als stimulierend empfindet.


Es ist eben sehr problematisch, mit Evolutionstheorien zu entgegnen, da die Evolution Gesetzmäßigkeiten wie Mutation und Selektion als ständige interaktive Größen beschreibt, wodurch sich der genetische Pool ständig im Wandel befindet.
Im Tierreich lässt sich die Potenz eines Individums, seinen Fortpflanzungserfolg zu maximieren, als Gesamtfitness beschreiben - das ist ein aktuelles Modell, das Evolutionstheoretiker und Verhaltensbiologen nutzen, um Verhaltensweisen zu deuten, die im Tierreich existieren, aber es gibt Grenzfälle, indenen es nicht mehr möglich ist, z.B. ist noch nicht ganz klar, warum z.B. die weiblichen Bonobo´s eine intensive Homosexualität betreiben oder warum Menschenaffen (Orang Utah´s betrifft es sehr oft) Selbstbefriedigung betreiben, obwohl Partner vorhanden sind - bereits bei Menschenaffen sind "Kulturen" vorhanden, weswegen Sexualität auch soziale Funktionen erhalten.

Der Mensch ist in der Hinsicht eine Extreme, da er aufgrund seiner Entwicklungsstufe sowohl Verhaltensweisen zeigt, die diesem Modell entsprechen (Fortpflanzungstrieb), aber hauptsächlich zeigt er komplexe Verhaltensmuster, die nur äußerst schwierig auf die Erhöhung unseres Fortpflanzungserfolges zurück zu führen sind... Es ist ein komplexes Gewebe an Verhaltensweisen, deren Deutung die Aufgabe vieler Fachbereiche ist.

Um nun nicht weiter auszuschweifen, möchte ich auch möglichst zum Schluss kommen. Der Fetisch für Keuschheit ist eine sexuell motivierte Handlung, da sie uns eine Stimulation verschafft, die als Verzögerung und Intensivierung des Orgasmus erscheint oder in der bloßen Tatsache, dass wir die Geilheit genießen. Darüber könnte man ein Buch schreiben

In diesem Sinne

Romantic
63. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von w39dev am 11.10.10 03:28

hallo,
auch ich bin gerade in dies thema hineingeschlittert.
sehr interessant!!!
bei mir weiß ich genau, wo es herkommt. ich bin ein adoptivkind und wollte es meinen eltern immer recht machen, weil ich angst hatte, daß sie mich sonst wieder ins kinderheim zurückbringen.
das beschreibe ich auf einer meiner sm seiten sehr gut:
http://www.susili.de/psychose/sadomaso/0...sadomaso03.html
es kam dann irgendwann zur auslebung kranker wünsche. und weil bestrafung allein nicht reichte, wollte unbedingt verschlossen werden.
glücklicherweise bin ich heute davon los.
liebe grüße, susanne
64. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von folssom am 17.10.10 23:29

Hallo susanne,


Zitat

es kam dann irgendwann zur auslebung kranker wünsche. und weil bestrafung allein nicht reichte, wollte unbedingt verschlossen werden.


wenn ich dich recht verstanden habe, hältst du mittlerweile all jene, die dauerhaft einen Keuschheitsgürtel tragen, für krank.

Willst du hier missionieren oder (was ich vermute) mal wieder auf deine dir wichtige Homepage hinweisen?




Zitat

glücklicherweise bin ich heute davon los.



Warum stellst du dann an anderer Stelle einen Link zum "House of Gord" ein?

Gruß
65. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von w39dev am 18.10.10 00:13

nein, so nicht folssom,

es waren bei mir in dem sinne ja auch nicht kranke wünsche. ich verlor mich einfach im thema und nahm es zu wichtig - viel zu wichtig. mir fehlte das maß für ein normales miteinander. ich konnte nicht mehr zwischen meiner person und meinen wünschen unterscheiden. alles, was ich in sachen sm auslebte und mir ausdachte, übertrug ich auf mein ganzes leben.
der wunsch nach sexueller unterwerfung wurde einfach so groß, daß ich eine 24/7 beziehung anstrebte.
das ist für mich aus heutiger sicht krank und ich vermute mal, daß es auch nicht wirklich funktionieren kann (platon höhlengleichnis).
wenn sich mir jemand vorstellt und erzählt, daß sie oder er einen keuschheitsgürtel trägt, halte ich die betreffende person nicht für krank - überhaupt nicht.
meine heutige ansicht bezieht sich "nur" auf 24/7 beziehungen - das halte ich für krank - oder in dem sinne psychisch hochbelastet.
ich meine kranke wünsche auch nicht im sinne von allemein gehaltenen behauptungen, sondern beziehe es nur auf mich, ich entdeckte bei mir krankhaftes und psychisch gestörtes.

das mit dem link zu House of Gord war mir spontan eingefallen. Alle paar Monate schaue ich mal auf die Seite. Mich machen die Bilder an - einfach nur so.

Heute bin ich froh, daß ich nicht mehr beim Anblick der Bilder auslaufe, sondern ganz entspannt damit umgehen kann.

Ich habe halt sehr vieles erlebt, auch vieles, was nicht gerade prickelnd war.

Und wenn ich dann auf die Idee komme, einmal in eurem Forum vorbeizuschauen, und mal etwas mitschreibe, dann ist das für mich völlig o.k.

Ich will mich halt nur nicht mehr in einer Beziehung unterwerfen und bin mit meiner Freundin sehr glücklich - aber gegen meine Gedanken komme ich einfach nicht an. Vielleicht sollte ich mal eine Psychotherapie machen, und meine Kindheit aufarbeiten - dann könnte ich vieles wesentlich entspannter betrachten.
Mal sehen - ich arbeite daran.

Herzliche Grüße, Susanne
66. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von folssom am 18.10.10 21:45

Hallo Susanne,

vielen Dank für deinen erklärenden Worte.


Zitat

Vielleicht sollte ich mal eine Psychotherapie machen, und meine Kindheit aufarbeiten - dann könnte ich vieles wesentlich entspannter betrachten.
Mal sehen - ich arbeite daran.


Ich drücke dir die Daumen und wünsche dir für dein zukünftiges Leben etwas mehr Glück als bisher.

Freundl. Gruß
67. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von kopfschussbitte am 19.10.10 01:18

naja so richtig wo es herkommt hab ich mir noch keine gedanken darüber gemacht, war zu sehr damit beschäftigt diese tendenzen als einen teil von mir zu akzeptieren.

allerdings denke ich passt es gut zu meinem charakter. mit sm finde ich hat man mehr spaß im bett und leben ausserhalb des schlafzimmers. es macht mich auf jeden fall überraschungsvoller.
kann es kaum erwarten das volle potenzial dieser gabe auszuschöpfen.

gabe (nicht gott gegeben, wenn man gott als eine allmächtige entität betrachtet, wie in der bibel oder so beschrieben) sondern von der natur als bonuspaket drauf gepackt, als deviation um mich von einer weniger interessanten masse abzuheben, daher ist es schade das ich mein geschenk nicht offen zeigen kann.

so gesehn kann lässt es sich wohl auch als fehler in der evolution betrachten, aber es sind die fehler die den fortschritt bringen.

wenn ich mein geringes wissen über welt- und evolutionsgeschichte zu rate ziehe, sehe ich also 2 optionen für die entstehung meiner neigung.

1) davon gehe ich aus, bzw ich hoffe das dies der fall ist, die natur hat mir meine tendenzen im zuge der entwicklung gegeben, was bedeutet das ein genaues ergründen des warum nicht möglich ist, solange sich der nutzen noch nicht gezeigt hat. wie erwähnt es erhöht den spaß beim sex, das allerdings erscheint mir als zu schwaches argument.

2) besagte allmächtige, spirituelle entität, hat mir das "untergejubelt", das bedeutet das mein menschlicher verstand niemals in der lage wäre die wirrungen eines so mächtigen wesens zu verstehen und darüber hinaus auch das alle weltlichen religionen falsch liegen. aber von letzterem gehe is sowieso aus

die frage "warum hab ich das" halte ich für eine müßige debatte, die auch irgendwie klingt wie "warum ich, warum nur?" und einen negativen beigeschmack hat. viel eher bevorzuge ich die frage "wie kann ich es ausleben".
68. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von wunsch am 19.10.10 23:30

hi kopfschussbitte,

bin richtig begeistert von deinen post!
69. RE: Wo kommen unsere Bedürfnisse her?

geschrieben von kopfschussbitte am 20.10.10 00:56

Zitat
hi kopfschussbitte,

bin richtig begeistert von deinen post!


weil ich mal wieder schreibe oder weil der inhalt positiv ist ?


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