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Thema:
eröffnet von gag_coll am 28.10.18 19:05
letzter Beitrag von Mike Orca am 29.10.18 14:15

1. Eine Frage zu bösen Figuren...

geschrieben von gag_coll am 28.10.18 19:05

Hallo,

ich wollte mal fragen, wie ihr euch die Figuren ausdenkt - ich habe da nämlich gerade ein kleines Problem...

Ich denke im Moment über eine "böse" Figur nach (also das Gegenstück zur Heldin), doch je mehr ich über diese Figur nachdenke und mir überlegen warum sie so ist, wie sie ist, desto sympatischer wird sie mir auch. Ich habe im Moment Zweifel, ob ich damit wirklich die Figur hinbekomme, die ich mir ursprünglich vorgestellt hatte: Skrupellos und geht über Leichen, wenn sie ein Ziel erreichen möchte. (Kann sich noch jemand an Alexis Carrington aus dem Denver Clan erinnern? Falls ja, so etwas in der Art hatte ich mir vorgestellt)

Aber nachdem ich mich jetzt etwas mit der (fiktiven) Biographie der Figur befasst habe, habe ich irgendwann gemerkt, dass ich sie eher bewundere, und ich befürchte, dass ich sie nicht so böse hin bekomme, wie ich das eigentlich wollte.

Wie geht ihr mit so einem Problem um?

Viele Grüße
Karl
2. RE: Eine Frage zu bösen Figuren...

geschrieben von HeMaDo am 28.10.18 19:26

Ich kann dein Problem verstehen. Aber das hilft dir sicher kaum weiter.

Meine Figuren erscheinen einfach so beim Schreiben. Sie tauchen plötzlich auf und sind dann da.
Und dann muss ich mir gegebenenfalls einen Hintergrund ausdenken.

Ich hatte schon mehrere wirklich böse Figuren, aber habe immer versucht, die möglichst schnell wieder los zu werden.

Wenn ich einen echten Bösewicht aus dem Boden stampfen müsste, würde ich mich aber gar nicht mit einer Biografie aufhalten, wenn die nicht gerade für die Geschichte nötig ist sondern einfach seine Eigenschaften bestimmen, die muster, nach denen er handelt, seine Marotten, Schwachstellen, Gewohnheiten und eventuell noch seine Beweggründe, wenn die sich nicht ganz profan auf das liebe Geld oder auf Machthunger zurückführen lassen.

Natürlich gibt es normalerweise kein Schwarz und Weiß sondern nur Grautöne. Also hat jeder Bösewicht auch seine guten Seiten oder zumindest einen triftigen Grund, warum er (gegenüber den Protagonisten) böse handelt. Die Frage ist aber: interessiert sich der Leser wirklich für die gute Seite? Oder anders gefragt: Ist diese gute Seite für die Geschichte interessant?

HeMaDo
3. RE: Eine Frage zu bösen Figuren...

geschrieben von LordGrey am 28.10.18 21:07

HeMaDo hat es schon richtig auf den Punkt gebracht: Wenn es nicht für die Geschichte benötigt wird, keine Energie darauf verschwenden.
Das Problem, auf das du da gestossen bist, geht auf die menschliche Psychologie zurück. Es ist die Empathie. Wie ich immer sage, gib ihm einen Namen und du kannst es nicht mehr essen. Das bezieht sich jetzt zwar auf Tiere, aber trifft die Sache sehr genau. Nur indem wir andere entmenschlichen, uns von ihnen distanzieren, sind wir in der Lage ihnen "Böses" anzutun. Zu mindestens gilt das für gesunde Menschen. Was du da hast ist ein Art Autoren-Stockholm-Syndrom
Nur indem du deine Antagonistin entmenschlichst, sie zur Ware machst, deinem Werkzeug, kannst du einen wahrhaft bösen Charakter erschaffen.
4. RE: Eine Frage zu bösen Figuren...

geschrieben von gag_coll am 29.10.18 05:46

Danke euch...

Ich denke, jetzt habe ich verstanden, was da gerade (bei mir) passiert und kann damit hoffentlich richtig umgehen.

Viele Grüße
Karl
5. RE: Eine Frage zu bösen Figuren...

geschrieben von Mike Orca am 29.10.18 14:15

Hallo Karl,
für mich besteht ein ganz brauchbarer Weg zu negativ charakterisierten Figuren darin, Eigenschaften und Äußerlichkeiten von (wenigstens) zwei oder drei realen Personen einfließen zu lassen, die ich kenne und nicht sonderlich schätze.
Über das "Warum?" würde ich mir nur Gedanken machen, wenn es für die Story wirklich wichtig ist. Im echten Leben ist es einem schließlich auch egal, ob der Mensch, der einen gerade ausnützt, anmeckert, mobbt, betrügt oder sonst schlecht behandelt, eine schwere Kindheit hatte oder einfach als kleines A...loch geboren wurde.
Übrigens: Gerade bei literarisch etwas anspruchsvolleren Geschichten muss der Schurke nicht unbedingt absolut böse und unsympathisch sein. Dominiernde negative Züge dürfen ruhig durch einzelne positive Aspekte durchbrochen sein - das finde ich oft interessanter und realistischer als reines s/w.


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