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  Das Reich der Megara (Neuauflage)
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prallbeutel Volljährigkeit geprüft
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:04.02.23 13:06 IP: gespeichert Moderator melden



Schon morgen, wenn alle Einheiten der Flotte ihre endgültigen Positionen eingenommen hatten, und die Führerin über den Landurlaub der Duxas bestimmt hatte, würde sie sich ein Exemplar, süß wie Fondant, aussuchen und einige Soldatinnen damit beauftragen, es zu dressieren. Vielleicht würde sie gar einen ganz neuen Trend in der Modewelt der Edelfräuleins setzen, wie es seit einer Weile breitkrempige Hüte taten, die von voluminösen Federn umwallt waren. Doch bevor es dazu kommen sollte, blieb der Landgang der cassandrischen Armada ein gefährliches Unterfangen, denn zwar war die ledanische Bevölkerung annektiert worden, doch trieben in der Wildnis mehrere freie Trolle ihr Unwesen. In den kommenden Wochen machten größere Reitertrupps Jagd auf die desertierten Ungeheuer und wollten sie haschen. Dabei kam es mehrfach zu riskanten Begegnungen, doch immer wieder konnten die Trolle im Unterholz oder zwischen Felslabyrinthen verschwinden.

Erst nach weiteren Nerven aufreibenden Verfolgungen und einem Kampf, bei dem sich für die Damen glücklicherweise ausschließlich Kriegssklaven an der vordersten Front befanden, ernteten die Großwildjägerinnen in ihren enganliegenden Lederanzügen schließlich einen Troll. Nicht ohne Opfer ging diese Auseinandersetzung von sich, doch die leitende Duxa konnte der Königin durch Briefraben die frohe Kunde schicken, dass nun nur noch sechs Flüchtige dieser Giganten in den Wäldern des Westlandes umherstreiften. Kurz darauf kam das gesiegelte Antwortschreiben: Jeder erhalte seine verdiente Belohnung. Der Duxa seien hundert Goldtaler gewährt, den beteiligten Soldatinnen jeweils zehn Münzen. Und auch die Kampfsklaven sollten nicht leer ausgehen. Cassandra schickte ihnen einen königlichen Dank: Die Mannbilder erhielten das königliche Wappen der Regentin als Brandzeichen, dass sie fortan stolz trugen und ihren Wert damit vervielfachten.

Es gab nun keinen Grund mehr für eine weitere Verzögerung, den finalen Angriffssturm auf die Burg der Leda zu beginnen. Auch das letzte Refugium der entmachteten Königin sollte dem Erdboden gleichgemacht und ihr Haupt auf einer Pike präsentiert werden. Cassandra und Tagara berieten im neuen Bollwerk in den Hügeln Ledaniens mit den höchsten Duxas das strategische Vorgehen auf dem Feld der Ehre. Es blieb trotz der schier endlosen Übermacht der Belagerer ein gefährliches Unterfangen, die Zitadelle der Leda zu stürmen, denn die Mauern waren fast uneinnehmbar und von elitären Gardisten beschützt.

Bereits jetzt feierten die cassandrischen Aggressoren ihren Sieg über das eingenommene kleine Königreich Ledanien. Am Strand der Westküste hatten Dutzende Arbeitssklaven ein tiefes Loch gegraben und hievten nun über eine gewaltige Winde einen Baumstamm, groß wie der Hauptmast eines Handelsschiffes, in seine Verankerung. An der Krone des himmelstürmenden Holzpfahls flatterte stolz und erhaben die cassandrische Flagge: ein dickes Tuch, das drei Mann hoch und fünf Mann lang war. Sogar von der Burg der Leda konnte es bei klarem Wetter gesehen werden. Das Symbol der Usurpatoren brannte eine schwärende Wunde in Ledas Ehre.

Drei Tage später war es soweit: Die cassandrische Armee blies zum Angriff. Nebelhörner und Fanfaren erschallten laut von den Hügeln. Und ähnlich der Versionen, die die Hohepriesterin gesehen hatte, rückten die Cassandrier vor und ließen den Himmel durch den gefiederten Tod, Myriaden von Pfeilen, schwarz werden. Kolosse in Panzerplatten und mit gigantischen Streitkolben und Kriegshämmern rückten brüllend wie Berserker vor. Einige schleppten den größten Rammbock der Geschichte des Alten Kontinents. Hunderte Kampfsklaven folgten in militärisch exakten Linien. Duxas und Centurias führten die Verbände vorwärts und riefen hoch zu Ross ihre Befehle. Bis zum Horizont bedeckten stampfende Kriegssoldaten den Boden. Im Takt marschierten sie vorwärts. Es gab kein Zurück!

Leda stand mit Abas auf dem höchsten Turm der Burg und sah den Feind aus allen Richtungen sich nähern. Die letzte Hoffnung auf Rettung war dahin. Wäre eine Schwalbe hoch in den Wolken geflogen, sie hätte Ledas Bastei als grauen Punkt gesehen, umgeben von einem hunderte Male größeren Teppich aus Formationen der Kampfsklaven. Die Gardisten und verbliebenen Wachmannschaften der Festung machten sich bereit – bereit für Widerstand oder Tod. Alle Verteidigungsmaschinen und Waffen waren einsatzbereit. Und doch wusste die Königin isgeheim, dass sie heute mit ihren letzten Getreuen untergehen würde…

Nike eilte mit hämmerndem Herzen auf die Königin und ihren Gemahl zu. „Eilt die Wendeltreppe hinab, Regentin! Eilt, sonst trifft Euch ein Pfeil!“ Doch just in diesem Augenblick schwirrte ein Bolzen durch die Luft, unsichtbar in der schwarzen Masse der Fluggeschosse, doch ein fieses Zischen und Schwirren war zu hören. Er näherte sich unbeobachtet in anderem Winkel, als die meisten anderen Pfeile. Erst im letzten Augenblick sah die Königin die tödliche Gefahr. Wie steil einige der Bolzen auf die Reise geschickt worden waren. Sie sollten die Plattform des höchsten Turmes treffen und alles niedermähen, was sich eben da befand. Leda duckte sich ruckartig weg, und auch Abas wollte sich schützend zu Boden werfen, um hinter den niedrigen Zinnen aus mit Moos und Flechten bewachsenen Quadern Deckung zu finden, da jagte ein feindlicher Pfeil vom Himmel hinab und fand seinen Weg in die Brust des Königsgemahls und überbrachte seine tödliche Grußbotschaft.

Leda schrie auf und rollte den zusammengesunkenen Gatten auf den Rücken. Abas sah sie mit entsetzt weit aufgerissenen Augen an und versuchte erfolglos zu sprechen. Weitere Geschosse landeten klackend auf dem Boden zwischen den Personen auf dem Granitboden, andere bohrten sich in Holz. Nike zog den leblosen Körper die Falltüre hinab und bugsierte ihn ächzend die Stufen entlang, bis der Versehrte in die Obhut von Gardisten genommen wurde, die ihn sofort zum Medikus brachten. Sorgen um den Gemahl umwölkten die Mine der Regentin.

Der Ring der Cassandrier zog sich zu. Unerbittlich. Die Entscheidungsschlacht hatte gerade erst begonnen, und Leda sollte schon den höchsten Preis bezahlen? Sie schnallte sich wütend ein Wehrgehänge um, zog das scharfe Schwert und rief: „Haltet die Mauern! Haltet sie unbedingt! Nike! Sucht Euch die besten Eurer Kämpen heraus. Wir wagen einen Ausfall!“ Nike saß ein dicker Kloß im Hals. Erst nach einem vor Schock starrenden Moment bestätigte sie den königlichen Befehl. Er war der völlige Wahnsinn! Doch sie gehorchte ihrer Königin bedingungslos. Der Obersten war bewusst, dass es nicht mehr galt, den Kampf gegen die Aggressoren zu gewinnen. Es galt nur noch die Frage, wie ehrenvoll man unterging.

Einige Herzschläge lang fühlte sich Nike wie gelähmt, doch dann durchzuckte sie eine enorme Kraft wie ein Blitz, der durch ihren Leib jagte. Alle Energie und Kraft mobilisierte. In der Stunde ihres Unterganges würde sie hocherhobenen Hauptes neben ihrer Königin reiten. Doch nimmer würde sie vor Cassandra und ihren Schergen knien! Heute würde sie ins Licht der Alten Götter reiten! Ins Heim ihrer Ahnen. „Verflucht!“, murmelte sie. „Und ich habe die letzten Tage keusch wie eine Priesterin gelebt. Jetzt ist es zu spät, um einen hübschen Jüngling zu verführen - für einen letzten fi**k!“ Doch vor ihrem Ende würde sie auch so manchem feindlichen Recken zukünftige Gelüste nehmen!

Kurz darauf saßen zwei Dutzend Gardisten auf ihren Rössern bereit für das Gefecht ihres Lebens. Nike und Leda führten sie an – die Oberste auf einem rabenschwarzen Rappen, ganz in schwarzer Uniform mit silbernen Nieten, silbernem Helm und silbernem Schwert, das in der Sonne blitzte und funkelte. Königin Leda ritt einen glänzenden Schimmel mit weißem Zaumzeug. Die Königin trug einen weißen Waffenrock, weiße Beinkleider, und auf ihrem Schopf saß ihre bescheidene aber würdevolle Krone. Wenn sie sterben musste, dann wollte sie es mit dem Zeichen ihrer Herrschaft auf dem Haupte. Leda war bereit. Ihr Schimmel tänzelte aufgeregt mit Schaum vor dem Maul. Auch Nikes Rappe spürte die Erregung und war kaum noch zu halten. Wie ein Blitz würde er vorwärts preschen, hinaus, mitten in die endlosen Massen der Feinde. Und mit ihr würden die zwei Dutzend Gardisten der Königin folgen.

Das Zuggitter war bereits hochgezogen. Die Regentin nickte der Obersten zu. Nike befahl mit rauer Stimme zwei Wachmännern: „Öffnet das Außentor!“ Sie fühlte ihr goldenes Gardistenamulett zwischen ihren verschwitzten Brüsten kleben, unter dem Schnürhemd allen fremden Blicken verborgen. Die dicken Ketten rasselten und drehten sich auf, während die Wachmänner an den Winden hebelten. In Windeseile senkte sich die Zugbrücke über den Burggraben. Die Todesmutigen begannen todesmutig und willensstark und galoppierend ihren Ausfall. Nur wenige Steinwürfe entfernt sahen sie, was auf die Burg und sie zukam: gigantische Kampftrolle, und dahinter ein Meer aus Kriegssklaven, angeführt von cassandrischen Soldatinnen. Eine Kakophonie aus rohen Rufen, scharfem Geklapper von Rüstung und Waffen, stampfenden Pferdehufen und Rufhörnern sowie das animalische Gebrüll der Trolle erklangen wie ein morbider Schallteppich.

Der Anblick war nicht minder imposant und musste jedem Lebewesen Todesangst einflößen,das dieses Heer erschaute. Jeder gewöhnliche Söldner wäre so schnell weggelaufen oder geritten, wie er konnte – und noch weiter. Doch die kleine Gruppe jagte weiter unbeeindruckt auf den Feind zu. Die Höllenpforten schienen sich vor ihnen zu öffnen. Doch trotzdem ritten sie voran. Gladius übernahm die Befehlsgewalt innerhalb der ledanischen Mauern. Der Schultheiß hatte die Zugbrücke wieder hochziehen lassen, als er erkannte, dass die Regentin niemals zurückkehren würde. Das starke Tor wurde schwer verriegelt, das Fallgitter zusätzlich verankert. Nun standen sämtliche Wachleute an den Zinnen, den Wehrgängen und in Bereitschaft. Vielleicht machten sich einige der Soldaten noch Hoffnung. Aber Gladius wusste, dass Ledanien gefallen war, dass die Zitadelle der Leda fallen würde – in wenigen Stunden.

Der Schultheiß hastete zu Aphron. „Wie sieht es um unseren Königsgemahl aus?“, erkundigte er sich besorgt. Der Medikus und Alchemist seufzte und erwiderte: „Wundbrand. Ich habe alles versucht, aber – mit Verlaub - die Alten Götter werden ihn noch vor Sonnenuntergang zu sich holen.“ Gladius stand da in seinem langschößigen Rock und blinzelte, als könne er seinen Ohren nicht trauen. Er spürte ein Kratzen im Hals und ein Brennen in den Augen. Seine Stimme zitterte vor Wut, als er feststellte: „Du hast versagt, Heiler.“ Aphrons Augen blitzten, als er sah, wie Gladius Hand zum Schwert griff. Der Medikus nestelte in einer Innentasche seines Wamses und holte geschwind eine kleine Phiole hervor. Gladius zog seine Klinge, die kreischte, als sie die Scheide verließ. Der Schultheiß holte zum enthauptenden Hieb aus, doch Aphron spritzte ihm einen Lidschlag zuvor den Inhalt der Phiole ins Gesicht. Die Flüssigkeit zischte und rauchte. Gladius brüllte auf und ließ sein Schwert fallen. Aphron holte einen geschwungenen Dolch hervor und näherte sich dem Schultheiß, der beide Hände vor das Gesicht hielt und stöhnte.

„Du Teufel!“, schrie Gladius darauf. Aphron schnaubte. „Und du? Mir meine Forma wegzuschnappen und mich im Keuschheitsgürtel verrecken zu lassen! Ist das nicht auch teuflisch? Du Hurensohn! Du sollst deinen Lohn erhalten.“ Damit trat er direkt vor Gladius und stach ihm den schmucken Dolch in die Brust. „Wo ist der Schlüssel zu meinem Keuschheitsgürtel? Sprich!“ Gladius würgte, sank auf die Knie, dann sackte er zu Boden. „Nimmer wirst du das erfahren, du elender Verräter!“

An Aphrons Ohr drangen Stimmen aus dem Flur, und er verließ die Hinterkammer, in der Abas und Gladius nun lagen – der Königsgemahl auf dem Holztisch, auf dem der Medikus operierte, der Schultheiß auf den nackten Steinplatten des Fußboden. Aphron schloss die Tür und verriegelte sie. Nun erhellte die Kammer, die keine Fenster besaß, nur noch eine kleine Laterne, die am Kopfende des sterbenden Königsgemahls stand, die Umgebung. Die Destilliergerätschaften und Glaskolben an den Wänden tauchten in eine dumpfe Schattenwelt.

Schon erschienen im vorderen Raum, wo Heilkräuter und Tinkturen gelagert waren, zwei Wachleute. „Wir suchen den Schultheißen. Habt Ihr ihn gesehen?“ Aphron schüttelte den Kopf. „Nein. Entscheidet selbst, was zu tun ist. Lauft auf die Wehrgänge! Jeder Mann wird gebraucht. Hier stört ihr mich nur. Ich kümmere mich um das Wohl unseres Königsgemahls. Ihm geht es schlecht.“ Die gerüsteten Männer eilten mit klappernden Lauten den Flur entlang. Aphron atmete tief durch und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Ein Schwindel erfasste ihn und ließ ihn taumeln. Was waren das nur für finstere Zeiten? Er hatte den Schultheiß gemeuchelt, den Königsgemahl sterben lassen, steckte in einem Keuschheitsgürtel fest, und draußen wütete der Feind. Für dieses schwarze Schicksal fehlten ihm die Worte…

Vesta, Statthalterin der Metropole und Stellvertreterin der hoheitlichen Cassandra im Osten des Kontinents, bekam von all den Kriegswirren kaum etwas mit. Sie wartete nur auf eine Botschaft von Briefraben, die ihr endlich den Sieg über Ledanien verkündete, naschte auf ihrem Fauteuil Weintrauben und ließ sich ihre Füßchen massieren. Sie gähnte und streckte ihre Glieder genüsslich auf den weichen Kissen. Erste Mannsbilder von der Westküste waren inzwischen mit großen Sklavenkolonnen eingetroffen. Der Marktpreis der Kreaturen war auf dem Tiefpunkt – Pech für die Händlerinnen, Glück für wenig solvente Damen, denn nun konnte sich auch ein kaum begütertes Weib gleich mehrere Leibeigene gönnen.

Im Palast der Cassandra, wo Vesta residierte, nahm dies neue Züge an. Bei Hofe galt es nun, nur „jungfräuliche“ Sklaven zu halten. Mannsbilder, die noch so unbedeutende Makel aufwiesen, wurden sofort ausgetauscht und in Minenstollen oder Plantagenfelder geschickt, um nicht die Augen der feinen Gesellschaft zu beleidigen. Heute hatte Vesta zu einem ausgefallenen Spektakel nur die feinsten Edeldamen des Adels eingeladen. Süßer Trug, der ihr von speichelleckerischen Hoffräuleins schmeichlerisch in die Ohren gesäuselt wurde, der sie doch nur blenden und ihren Geist vernebeln wollte, war ihr ein Gräuel geworden. Niemand durfte sie einfach ansprechen.

Neben diversen Darbietungen, die unterhaltsam, faszinierend und amüsant zu werden versprachen, traten auch zwei Kunstpeitscherinnen auf. Diese Frauen verstanden es meisterhaft mit vielerlei Schlaginstrumenten umzugehen. Höhepunkt des Abends aber sollte ein akrobatischer Tanz werden, bei dem sich das Duo zu Rhythmen bewegte und mit drei Mann langen Bullenpeitschen aufgestellten Leibeigenen auf ihrem Gesäß kunstvolle Muster zauberten. Es zwickte und zwackte den quiekenden Sklaven, die versuchten mannhaft zu schweigen, doch das eine oder andere Fiepen entfleuchte ihren liederlichen Lippen. Einmal erschufen die Akteurinnen sogar das Monogramm einer der Zuschauerinnen. „Prima!“, riefen ihre Freundinnen begeistert. „Was putzige Kunst!“, riefen andere.

Vesta und ihre Damenrunde waren begeistert und applaudierten euphorisch den Meisterinnen der Peitsche. Es war unglaublich, wie exakt sie mit den endlos langen Lederschlangen trafen, teilweise mitten im Tanz miteinander, während sie sich drehten und wirbelten. Und das war noch lange nicht alles, was die Könnerinnen in ihrem Repertoire hatten. Auch mit Fackeln jonglierten sie und streiften mit den rauschenden und fauchenden Flammen an Gemächt und Hintern der Sklaven vorbei, die angstvoll zuckten, und sich doch zu Ruhe zwangen, um nicht ungewollt durch eine unbedachte Bewegung getroffen zu werden. Die Artistinnen des Riemens und der Fackel brachten die Niederen zum Schreien, die passend zur Musik wie komponierte Sangeseinlagen wirkten. Immer wieder belohnte sie die ergötzte Zuschauerschar mit Ovationen, enthusiastischen Rufen und bewundernden Blicken. „Was für ein Ohrenschmaus“, befand eine junge Lady, „wie die Süße von Honig“.

Später lud Vesta die beiden Künstlerinnen ein, mit ihren Edeldamen gemeinsam zu speisen und zu trinken. Nur vom Feinsten wurde von knapp bekleideten Jünglingen Tablett um Tablett und Weinkelch um Weinkelch aufgetragen. Das Fest wurde ausgelassener, je mehr Kristallgläser mit Rebsaft geleert wurden. Schließlich boten die Kunstpeitscherinnen die Fräuleins ein, ihnen die Technik der Bullenpeitsche zu erklären. Viele der jungen Damen freuten sich auf eigene Versuche und scheiterten zunächst kläglich, denn die Leibeigenen waren bald am gesamten Körper mit Striemen überzogen, doch nicht so gemustert wie gewünscht, sondern wild kreuz und quer. Offenbar waren sie geübter darin, sich mit Flitter, Glitzerkram und allerlei Juwelentand zu behängen, als die Peitsche punktgenau zu schwingen.

Vesta ließ eine neue Gruppe Leibeigener zur Bespaßung ihrer kapriziösen Gäste herbeibringen. Die alten geschundenen Exemplare waren mittlerweile so verschlissen, dass die Treffer nicht mehr zu erkennen und zuzuordnen waren. Sie waren nutzlos geworden. Die Fräuleins, vom roten Beerensaft angetrieben, übten mit glühenden Wangen und lautem Gekicher noch bis tief in die Nacht. Vesta musste noch ein Dutzend weiterer frischer Sklavengruppen herbeibringen lassen, bevor auch die Ambitioniertesten sich ihrer Erschöpfung und dem Schwindel geschlagen gaben.

Vesta dankte am nächsten Tag still den Alten Göttern für das Ende, denn der Abend war zur Posse geworden: Je mehr Weinkelche geleert wurden, desto toller und frivoler waren die Ideen der Ladys: Einige der Damen stellten sich provozierend aufreizend vor die Sklavenreihe und öffneten die obersten Knöpfe ihrer Kleider. Die Etikette war gefallen, und es kam ein Sturm aus ausschweifenden Trieben zum Vorschein, der unter Oberfläche der feinen Damen gelauert hatte. Selbstredend war es den Leibeigenen nicht erlaubt, die Fräuleins mit lüsternen Blicken zu beschmutzen. Doch einige der Damen trieben ihr grausames Spiel mit den keuschen Männern auf die Spitze, öffneten Knopf um Knopf um Knopf… Da glühten sogar Vestas Wangen. Nervös fächelte sie sich affektiert und hastig Kühlung zu. Sollte sie das bunte Treiben unterbinden? Vielleicht dezent in eine weniger lotterhafte Art eingrenzen, bevor es völlig ausuferte?

Doch schließlich hielt es sie nicht mehr auf ihrem Polstersitz und stoppte nicht etwa das ausgelassene Gebaren, sondern schloss sich den obszönen Verführungskünsten ihrer Gäste an. Gut, dass sie kein kleines Mädchen mehr war, das für diese dreiste Orgie der Tollheit von ihrer Gouvernante bestraft werden konnte. „Diese unterdrückten Zeiten sind für immer vorbei, Mutter“, dachte sie still und befriedigt, als sie sich daran erinnerte, wie sie Fama zu den Alten Göttern geschickt hatte. Mit ihrem Sonnenschirmchen aus Seide poussierte sie vor den nackten Spielzeugen und übernahm in persona die Bestrafung, falls eine Dame glockenhell und gespielt empört rief: „Er hat geschaut! Dieses impertinente Schwein!“ Vesta lief geschwind um die Reihe und stach den Schuldigen mit der Spitze ihres Schirms in die apfelförmigen Hinterbacken. Wieder und wieder. Welche eine spitzfindige Wonne! So ausgelassen und beglückt hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt!









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  RE: "Schwärende Wunde" Datum:05.02.23 13:19 IP: gespeichert Moderator melden


"Das Symbol der Usurpatoren brannte eine schwärende Wunde in Ledas Ehre."

Schmerzlich erinnert mich diese vorzügliche Formulierung an das Symbol des Finanzamts in Form des grünlich-beigen Formulars der Steuererklärung, welche seit geraumer Zeit an der hinteren Schreibtischkante herumflattert, indes noch etwas entfernt davon ist, eine schwärende Wunde zuzufügen.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:19.02.23 16:59 IP: gespeichert Moderator melden


Und schließlich durften die Sklaven ihre eigenen Künste des Jonglierens vorführen. Mit brennenden Holzscheiten gaben sie in der Dunkelheit ein wunderschönes Bild ab, nachdem das Abendrot entflohen war. Wer schnell und geschickt genug war, der spürte kaum die Gluthitze des Holzes, aber einige Mannsbilder stellten sich zur Belustigung der Damen recht ungeschult an. Ein Gaudium höchsten Genusses! Noch vergnüglicher war ein Wettkrabbeln, das die Kreaturen mit einem heißen Kiesel zwischen den Pobacken absolvierten. Selten hatten die Ladys so herzlich gelacht, spornten ihren Favoriten an und gackerten vor Freude.

Als die ehrenwerte Vesta am Morgen in ihrem großen Himmelbett hinter der feinen Wand aus Damaststreifen aufgewacht war, begab sie sich ins marmorne Bad und ließ sich von ihren Leibdienern waschen und mit aromatischen Ölen pflegen. Als sie ein kupferfarbenes Seidenkleid übergestreift hatte, das sie wie Flor gedeckte, begab sie sich vor dem Frühmahl anmutig zu einer großen bronzenen Schale, um sich daselbst die Händchen zu waschen – in Wasser und Unschuld.

Jede der prachtvollen Damen ging am nächsten Tag anders mit ihren Kopfschmerzen vom Festbankett und der Zecherei um, aber jede hatte sie: die gemeinen, kleinen Kobolde in ihrem Schädel, die scheinbar mit Hämmern und Hacken schlugen, polterten und mit großen Bohrern schraubten und sich sträubten zu verschwinden. Ein Edelfräulein ließ sie sich sanft von einem Leibsklaven wegmassieren. Warmes Öl und ein heißer Kräutersud brachten ihr Linderung. Eine andere Dame, die für ihren unbescheidenen Durst am Vorabend Tribut zollte, lebte nach der Prämisse, dass Schmerz aus dem Leib wandern könne, wenn er ein neues Heim bekomme. Daraus resultierte sie, dass sie ihre Pein einfach an ihre Sklaven weitergab.

Vor ihr kniete ein Lustjüngling mit einer Kopfzwinge. Leider schienen die bösartigen Kobolde sich im Kopfe der Gebieterin wohlzufühlen. Der Leibeigene, der zu seinem Keuschheitsgürtel lediglich eine Mischung aus Kummerbund und Gräten-Korsett trug und darob die vielleicht zierlichste Taille der Männerwelt der Stadt hatte, zeterte: „Oh, hochwürdige Herrin! Die Kobolde sind bereits angekommen! Sie sind in mir! Oh, und es werden immer mehr!“ Verzweifelt fasste er an die Kopfzwinge, aber die Herrin schlug die Hände weg und drehte an der Schraube auf seiner Stirn. „Elender Lügner! Ich spüre sie doch noch in meinem edlen Leib!“ Sie drehte die Zwinge fester. Irgendwann gab sie verzagt auf, beließ aber den Sklaven noch in seinem Kopfschmuck. Geteiltes Leid war halbes Leid.

Ein anderes Edelfräulein, das ebenfalls nicht vor den Auswirkungen des süßen Trunks gefeit war, ließ sich kalte Luft zufächeln und ein kühlendes und feuchtes Tuch an die zarten Schläfen drücken. Sie befahl ihrem Lakai: „Lauf schnell zur Medica und bring mir Schlafmohn. Eil Er sich! Sonst gibt es die Peitsche zu schmecken!“ Der Lakai raste wie von einer Tarantel gestochen los, sprang die Marmorstufen des Hauses hinab, die am Atrium endeten, rannte den Flur entlang und stürzte aus der Haustür hinaus wie ein Kaninchen auf der Flucht vor einer Meute Jagdhunde.

Der livrierte Bedienstete kannte den Weg wie seine Westentasche, die sein bauchfreies, enges Oberteil verzierte. Um die Lenden war über seinen Keuschheitsgürtel ein Baumwolltuch geschwungen, das zwischen die Beine und um die Taille gezogen war und mit einem braunen Lederband gehalten wurde. An den Füßen trug er Sandalen, deren Riemen sich bis fast zum Knie hochrankten. Sein Hals war mit einem breiten, steifen Lederband gestützt, an dem vorne ein großer Metallring angebracht war. An den Oberarmen trug der Lakai schwarze Tätowierungen, die das Familienwappen seiner Gebieterin zeigten, auf dem kahl geschorenen Schädel war ein Rosenmuster mit Tinte eingraviert.

Der Diener hastete einige Minuten später kurzatmig in eine kleine Gasse zu einem Backsteinhaus. Ein eisernes Symbol an einem Hängeschild über der Tür zeugte davon, dass er sein Ziel erreicht hatte. Dank den Alten Göttern, betete er im Stillen, denn unterwegs hätte er auch von weiblichen Schnapphähnen belästigt werden können. Er war zwar für einen Raub ein eher ungeeignetes Ziel, denn viel trug er ja nicht bei sich – außer ein bisschen Würde, Stolz und sein Leben…

Er klopfte an die Tür. Auf einem Hinweisschild stand geschrieben: „Behandlung und Arznei für Niedere nur auf Anweisung.“ Das hieß in etwa so viel, dass kein Mann ohne Erlaubnis einer Dame die Dienste der Medica in Anspruch nehmen durfte. Heiß durchzuckte es den Lakai. „Verdammt! Ich habe keine Erklärung meiner Herrin dabei.“ Wie sollte er nun die gewünschte Arznei erhalten? Er trat trotzdem ein und sah die Medica an einem Tisch sitzen. Im Gegensatz zu der stechenden Gluthitze im Freien, war es hier schön kühl und etwas abgedunkelt. Gaze an den Fenstern schützte vor direkter Sonne und vor lästigen Stechfliegen. Die Medica war in eine schwarze Robe mit blutroten Paspeln gewandet. An ihren weiten Ärmeln wallten zahlreiche Rüschen.

Demütig senkte der Lakai seinen Kopf, doch hatte er für einen winzigen Zeitpunkt das göttliche Antlitz der Frau betrachten dürfen. Eine Augenweide! Ein Labsal für seine Sinne. Die schwarzen Locken, die ihr zartes Gesicht mit den hohen Wangenknochen umgaben, glänzten in dem Licht der Laternen wie feinste Seide. Die Medica besaß grüne, strahlende Augen, von denen er schon jetzt fast verzaubert war. Eine so liebliche Gestalt, einer Fee gleich. Doch nun musste er hurtig um Hilfe ersuchen, die Qualen seiner Gebieterin zu mindern – um nicht selbst welche geschenkt zu bekommen. Er wollte gerade berichten, wozu seine Herrin ihn beauftragt hatte, da wurde er bereits unwirsch unterbrochen: „Zeig mir deine Anweisung!“ Die Medica streckte fordernd und ungeduldig eine Hand aus. Der Lakai ächzte. Er erklärte in flehentlichem Ton, dass er kein Schreiben dabei habe… Just fiel ihm auf, dass er nicht einmal die nötigen Kupfermünzen mitgenommen hatte, und ihm wurde heißer, als ihm draußen in der sengenden Sonne gewesen wäre. Schweiß lief ihm die Wangen herab.

Die Medica sah ihn mit erhobenen Augenbrauen an – in ihrem Blick lag eine Mischung aus Ekel und Ungeduld. „Verschwende nicht meine Zeit, Bursche! Sonst hole ich meine Knochensäge und…“ Der Lakai schrak auf. „Nein! Ich bitte Euch! Meine Herrin heißt Victoria. Sie wohnt an der Paradenallee in dem weißen Domizil mit dem Kreuzgratgewölbe an der Front, und ich…“ Die Medica blieb unerbittlich. „Anweisung!“ Sie winkte gereizt mit ihrer Hand. Der Lakai wagte es, ihr in die Augen zu schauen. Erkannte sie in seinen blauen Augen denn nicht, dass er wahr sprach? Die Heilerin sagte mit mokantem Klang: „Bedürfet Ihr eines weisen Rates?“ Der Lakai war baff. Dann griff die Medica zu einer kurzen scharfen und gebogenen Klinge. „Höret, kleiner Drecksack! Ohne Münzen und Anweisung gibt es bei mir nur die Erlösung Eurer prallen Männlichkeit“, und dachte dabei: „Die werde ich danach im Weiher versenken, um den Fischen ein Festmahl zu bereiten.“

Der Lakai war nun vollkommen durcheinander. Die Medica wollte ihn aus dem Keuschheitsgürtel befreien? Sie konnte nur ahnen, dass er einen trug. Obwohl… welches Mannsbild tat das nicht!? Oder foppte sie ihn? Er stammelte irgendetwas Unverständliches. Seine metallene Hose war zwar eher eine Schelle für sein Gemächt, aber deshalb nicht weniger schwierig zu öffnen… Und endlich begriff er den tieferen und bitteren Sinn der Worte. Sie würde ihm den Keuschheitsgürtel abschneiden – ohne Rücksicht auf Verluste. Wie auf ein geheimes Kommando sprang die Medica auf und näherte sich ihrem Besucher, so schnell, dass ihre Robe flatterte. Der Lakai stürzte aus der Tür auf die Gasse, strauchelte und platschte in eine Pfütze mit schmutzigem Wasser. Schnell rappelte er sich auf und flüchtete zurück nach Hause. Hinter ihm hörte sie die Medica ironisch rufen. „Gehabt Euch wohl, Kleiner!“

Die Herrin erwartete ihn erbost. „Ich habe mich nicht genügend dem Drill meines Lakais gewidmet, so scheint es mir zu sein.“ Sie schüttelte bedauernd den Kopf. „Spare beim Lakaien an der Peitsche, und du wirst es ausbaden…“, zitierte sie eine alte Weisheit aus Megaria. Sie kramte eine siebenSchw***nzige Geißel hervor und befahl: „Knie nieder und küss mit deiner Stirn den Boden!“ Sofort gehorchte der junge Mann. Auf ein Zeichen der Herrin Victoria rissen ihm zwei Haussklaven das Lendentuch vom Leib. „Deine Zucht werde ich nachholen! Auf das sie dieses Mal gedeihe!“, frohlockte sie und holte aus, um sich nicht fehlender Erziehung lumpen zu lassen. Der Lakai versuchte mit zaghaften Worten sein Ungemach zu schmälern. Schließlich hatte Victoria auch nicht an ein Schreiben oder den Geldbeutel gedacht. Aber bald vergingen ihm die Worte. Victorias Peitschenhiebe fetzten ihm die Entschuldigungen von den Lippen und hinterließen dort nur gemarterte Schreie der Pein.

Als der Lakai sich kaum noch in seiner präsentierenden Position halten konnte und längst ein Höllenfeuer auf seinem Arsch zu brennen schien, warf Victoria die Geißel weg und schnaubte abfällig. Sie unterzeichnete ihm eine Anweisung auf einem kleinen Stück Pergament, reichte ihm einen Sack mit Kupfermünzen und schickte ihn erneut auf den Weg. Gleichzeitig trat sie das Lendentuch, das auf dem Boden lag, zur Seite. „Das bleibt hier! Los! Bewege dich!“ Schluchzend machte sich der Lakai nicht weniger geschwind auf zur Medica. Als er durch die Stadt eilte, verfolgten ihn zahlreiche lachende und kichernde Damen der Gesellschaft, die den frisch geprügelten Hintern betrachteten und dem Lakaien ulkige Bemerkungen mit auf den Weg gaben. Das leuchtend rote Sitzfleisch zog die aufmerksamen Blicke der Damen und Edelfräuleins magisch an. Die jüngsten unter ihnen, gerade zur Dame gereift, liefen dem Lakaien übermütig, beschwingt und fidel ein Stück weit hinterher, riefen Spottsprüche und schossen mit kleinen Schleudern tollkühn Metallkügelchen zielgenau auf das Gesäß des Verfolgten.

Der Sklave hüpfte jedes Mal, wenn er getroffen wurde, wie ein bockiger Esel empor und piepste und quiekte, als wolle er den Treffer bestätigen. Doch letztlich konnte der wackere Leibeigene die ausgelassene Frauenschar abhängen und bog in die kleine Gasse ein, in der die Medica ihre Heilstätte hatte. Schnell öffnete der Lakai die Tür zu dem Domizil und atmete schwer ein und aus. „Du schon wieder?“, erkannte die Heilerin den Burschen. „Hoffentlich hast du dieses Mal alles dabei. Sonst muss ich mein Versprechen doch noch einlösen und…“ Sie betrachtete ausführlich und interessiert die entblößten Lenden. Verschmitzt verschränkte sie ihre Arme vor der Brust und wartete darauf, was der Diener nun vorbringen werde.

Hektisch holte der Lakai aus seiner Kurzweste das Schreiben und reichte der Heilkundlerin es mitsamt dem Beutel mit den Münzen entgegen. Misstrauisch beäugte sie zunächst das Pergament, dann den Inhalt des Beutels. „Also gut, Jüngling. Was brauchst du?“ Der Lakai atmete erleichtert aus und berichtete über die Beschwerden seiner Herrin. Die Medica nickte langsam, wie in Gedanken verloren. Dann schritt sie zu einem Regal, auf dem schier Hunderte Tiegel, Phiolen, kleine Amphoren und Krüge standen. Sie nahm ein Gefäß aus Ton hervor und entkorkte den Hals. Dann schüttete sie ein bräunliches Pulver auf ein Papier, faltete es zusammen und reichte es dem Lakaien. „Macht ihr daraus einen Sud und zuckert ihn kräftig. Er schmeckt bitter. Drei Mal täglich ein halber Liter davon. In wenigen Tagen dürfte sich deine Herrin wie neugeboren fühlen. Das meiste Kopfweh vergeht bereits in wenigen Stunden.“

Sie wühlte in dem Beutel nach einem Silberling, fand aber nur Kupfermünzen. Seufzend schüttete sie den gesamten Inhalt auf ihren Tisch und zählte nach. Dann ließ sie zwei Münzen wieder in das Säckchen fallen und warf es dem Lakaien gegen die Brust, der schnell danach schnappte. In diesem Moment bemerkte er ein winselndes Gejammer einer Männerstimme aus der Nebenkammer. Die Medica rief barsch hinter sich: „Wirst du still sein, du Wurm? Je mehr du dich bewegst, desto arger ist die Pein.“ Wie zum Abschied sagte sie zum Lakaien gewand und mit einem Lächeln: „Ein Patient. Seine Besitzerin hat ihn in einen Kaktus gesetzt. Nun habe ich die Arbeit damit.“

Sie hatte die Tür geöffnet und den Lakaien hinausgeführt. Sie schloss die Tür gerade wieder und kehrte zu ihrem Patienten zurück, der mit breiten, schwarzen Lederriemen nackt und bäuchlings auf einer Holzpritsche fixiert war. Eine blakende Öllampe beleuchtete insbesondere das Gesäß, das einem Igel ähnelte. Unter dem Gesicht des Sklaven hatte sich eine kleine Pfütze aus salzigen Tränen gebildet. Die Medica nahm eine Pinzette zur Hand und rückte einen gepolsterten Schemel zur Pritsche, setzte sich und näherte sich mit ihrem Gesicht und dem Gerät dem Hintern des Mannes. „Wo waren wir stehen geblieben? Ich glaube bei hundertelf… Oder waren es schon hundertzwölf? Einerlei. Obwohl… Ich glaube, ich mache jetzt zunächst mal Mittagspause. Und du… läufst inzwischen nicht weg, klar?“ Schallend lachend steckte sie die Pinzette in die Ritze zwischen den Hinterbacken ihres Patienten, damit sie sie später leicht wieder finden würde, und verließ ihre Arbeitsstätte. Nach dem Essen in der Taverne „Zum tanzenden Jüngling“ würde sie noch ein Nickerchen einlegen. Der Igel konnte warten.

Der Lakai hastete wieselnd zurück zu seiner Herrin Victoria, um ihr die lindernde Ingredienz zu geben, die ihr als Teegebräu Entspannung bringen sollte. Victoria starrte in den fast leeren Geldbeutel. „So, so! Da bleiben in diesem Monat aber nur wenig Münzen für die Sklavenhaltung übrig. Ich fürchte, du wirst abspecken.“ Der Lakai seufzte tief. Er wusste, dass seine wohlhabende Herrin dies nur als Vorwand angab, um ihn piesacken zu können. Aber er wollte nicht sein Schicksal bejammern. Arbeitssklaven, die in Minen oder auf Plantagen schufteten, hatten es noch viel schwerer. Und da wollte er lieber nicht undankbar sein. Er wusste, dass die Hand, die sich bettelnd zu weit vorstreckte, unglücklicherweise abgebissen werden könnte…

Vestas Kopfweh war flugs vorbei – dank des kostbaren Trunks der königlichen Alchemistinnen. Sie fiel weich in einen weißen samtenen Diwan, der über und über mit weichen purpurroten Seidenkissen mit gestickten Rosen bedeckt war. So flauschig ihr Leib nun von den kunstvollen edlen Tüchern umschmeichelt wurde, so hart und unnachgiebig waren ihre Gedanken: Was war, wenn der Große Kriegszug gegen Ledanien beendet war? Würde Cassandra sie als Statthalterin in die Metropole zurückschicken? Damit würde sie leben können. Aber was war, wenn sie nicht mehr gebraucht würde? Wenn gar falsche und hinterhältige Weiber ihren Posten an sich reißen wollten? Eine diffuse Angst beschlich sie und wollte keine Ruhe geben.

Selbst die große Truhe mit den Edelsteinen und Goldtalern neben ihr, in der sie so gerne ihre Händchen vergrub, um die Juwelen durch die Luft klimpernd und klackend fliegen zu lassen, brachten sie nicht aus ihren düsteren Visionen. Noch war keine weitere Botschaft aus dem Westen gekommen. Ungeduldig wartete sie weiter auf eine Nachricht. Nur ein Begnadigungsgesuch eines eingekerkerten Sklaven wurde ihr von ihrer Majordoma gereicht. Vesta ließ es lässig in eine Feuerschale fallen. Das auflodernde Pergament teilte ihr Gesicht in Licht und Schatten. Die schwere Perlenkette, die sie trug, blitzte auf, als wolle sie den Bittsteller verhöhnen.

Am Vortag war eine kleine tapfere Schar ins sichere Verderben geritten. Auf dem Feld der Ehre kämpften Königin Leda, die Oberste Nike und ihre Gardisten einen aussichtslosen Kampf. Die kolossale Übermacht nahm kein Ende. Mit todesmutiger Courage warf die kleine Gruppe sich verzweifelt gegen den Feind und löschte ausgiebig den Durst ihrer Klingen und Äxte; doch schließlich fielen Ross und Reiter den tausenden Lanzen, Streitkolben, Schwertern, Morgensternen und Kriegshämmern zum Opfer. Die Oberste Nike stürzte mit pochendem Schädel in den Morast. Die Sonne blendete sie im ersten Augenblick, doch dann waberte eine Dunkelheit heran, die ihre Umgebung in Dämmerung und schließlich Finsternis verwandelte. Auch die gebrüllten Schlachtenrufe wurden leiser, dumpfer. Sie hörte alles nur noch wie durch dicke Watte. Und dann nichts mehr.

Ihre Leiber, fürwahr, so würden es wohl noch in tausend Jahren die Troubadoure stolz an den Lagerstätten von Soldaten und Volk singend und dichtend vortragen, waren gezeichnet von tapferer Gegenwehr. Die tollkühnen Gardisten – und mit ihr eine langjährige Begleiterin der Leda – zogen in das Reich der Alten Götter ein. Ihr Weg auf dem Erdenrund war nun beendet. Doch Leda selbst lebte noch. Sie war von sechs Kampfsklaven unter hohen Opfern gebändigt worden. Sollte man sie vielleicht unangetastet der Cassandra überbringen? So musste es sein. Leda konnte sich keinen anderen Grund dafür erklären, warum sie noch atmete. Voller Gram musste sie ihre Waffen strecken. Doch sie schwor sich: War auch ihr Schwert gebrochen – ihr Wille würde es niemals sein!








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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:25.02.23 16:14 IP: gespeichert Moderator melden


Sie wurde wie ein Stück Vieh über einen Pferderücken gebunden und hinter die Front geführt. Nach Schicklichkeit fragte hier niemand. Ihre Krone trug sie längst nicht mehr. Ein Hustenanfall beutelte sie. Nach dem ungemütlichen Weg über die Hügel, erreichte sie endlich die Felsen, auf denen die neue Festung der Cassandra stand. Leda hämmerte ihr Herz vor Wut bis an den Hals. Hier, mitten in Ledanien, hatten die Hexen ein gewaltiges Bollwerk gebaut. Die Burganlage war viel größer als Ledas Zitadelle. Eine Angst einflößende Trutzburg.

Die gedemütigte Leda fiel vom Ross, als zwei Kriegssklaven die Riemen mit Messern durchschnitten. Die entmachtete Monarchin knallte zu Boden wie ein Sack Mehl. Staubwolken nebelten auf, Dreck spritzte. Sofort ergriffen sie zwei andere Gerüstete und hakten sich unter Ledas Achseln ein, hoben sie grob und brachten sie in eiligen Schritten in die Festung, die Leda nun zum ersten Mal aus nächster Nähe sah: ein kaltes Gemäuer ohne Seele, aus dem Boden gestampft durch Sklavenarbeit. Von einer Tyrannin, dem Inbegriff des Bösen.

Ihr Weg führte sie über einen Paradeplatz im Innern der Mauern, dann einen Säulengang entlang zu einer massiven Eisengittertür. Die Männer übergaben ihre Ware zwei anderen Kriegersklaven, die eine etwas andere Art der Uniform trugen. Sie wirkte genauso martial, doch zeigte sich an ihrer Kleidung mehr Stoff. Die Männer brachten sie in engem, harten Griff einen kurzen Steingang entlang zu einer weiteren Tür, vor der zwei mit Hellebarden bewaffnete Wachen postiert waren, und anschließend eine lang Wendeltreppe hinunter.

Einige Zeit leuchtete noch durch Schießscharten ein wenig Sonne, doch dann gaben nur noch tropfende Fackeln an den Wänden ein trübes Licht. Weiter ging es einen Gang mit Gewölbedecke entlang. Einige Türen aus massivem Eisen gingen zu den Seiten ab, doch Leda führte es daran vorbei zu einer Pforte am Kopf des Korridors. Dort warteten erneut zwei Wachen. Hinter der schweren mit Eisenbändern ausgeschlagenen Tür erschien wieder eine tiefe Treppe. Hier waren noch weniger Fackeln angebracht, so dass Leda kaum noch etwas sah in der Düsternis.

Die Wachen mussten sich trefflich auskennen, sonst wären sie gewisslich gestolpert. Schwere Tritte trampelten die Stiege hinab. Endlich erreichten sie die letzte Stufe und entzündeten hier eine rußige Öllampe. Leda erkannte eine weitere Eisentür. Auch diese war mit schweren Riegeln versperrt. Dahinter tauchte eine Gitterwand aus rostigen, viereckigen Stäben auf. Eine Art niedrige Tür war eingebaut, so dass ein Teil geöffnet werden konnte. Leda wurde von den kräftigen Kerlen hineingestoßen. Sie folgten ihr und nahmen Hand- und Fußfesseln von einem Haken an der Wand. Die Gefangene verzichtete auf eine Gegenwehr, als die Schergen ihr die schweren Eisenteile anlegten – nur eine weitere Bürde, die sie ihr Schicksal tragen ließ, und es war vielleicht die leichteste von ihnen.

Die derben Männer ließen sie nun mutterseelenallein. Als die schwere Eisentür quietschend und knarrend ins Schloss knallte, erstickte sie die letzten Lichtstrahlen und mit ihnen die Hoffnung der Regentin auf eine gute Zukunft. Leda wollte ihre neue Umgebung ertasten, aber schon nach wenigen Momenten bemerkte sie, dass die Erschöpfung durch den Kampf und ihr unfreiwilliger Ritt bis zu ihrem Kerker ihre Kraftreserven aufgebraucht hatten. Sogar erfrischt und voller Tatendrang hätte sie die über zehn Pfund schweren Fesseln sehr ermüdend empfunden – die Ketten mitgerechnet würden das Gewicht gar fast verdoppeln. So aber sank sie auf den kalten Steinboden und schlief augenblicklich ein, als ob es sich dort mollig und behaglich läge. Der Schlaf nahm sich sein Recht.

Alles war aus! Ledanien lag am Boden. Ledanien war Historie. In ihren wirren Träumen vegetierte sie in ihrem Verlies bis ans Ende ihrer Tage. Bekannte Gesichter klagten sie an.
Abas: „Warum hast du mich aus den Klauen der Megara befreit, wenn ich doch sterben muss?“
Nike: „Du hast mich und alle anderen loyalen Untertanen in den Tod geschickt!“
Gladius: „Warum hast du deine Untertanen in der Burg alleine gelassen? Ihr Verderben zugelassen?“
Aphron: „Du bist schuld, wenn ich wieder als Liebessklave im Harem einer cassandrischen Edelfrau ende!“
Und längst von ihr gegangene Weggefährten wie Caduceus warfen ihr vor: „Ich habe den Alten Kontinent mit dem magischen Bann des Leviathan vor dem Westvolk gerettet. Und nun? Was hast du daraus gemacht? Soll der gesamte Kontinent ein Reich der gnadenlosen Herrinnen werden?“
Besonders tadelsüchtig klagte sie Majordomus Hagbard an: „Warum hast du das zugelassen? Ich bin Opfer einer Verwechslung geworden! Und du weißt es genau! Du hättest reinen Tisch machen müssen, als Abas mich erstochen hat, weil er mich für deinen heimlichen Liebhaber hielt! Und selbst da hast du Zelos, diese Ratte, noch gedeckt!“

Und immer wieder erschien Megaras fratzenhaftes Lachen vor ihrem Antlitz. Schweißgebadet wachte sie auf. Ihr schmerzten alle Knochen und Muskeln des Leibes. Rasselnd schabten die Ketten über den nackten Boden. Grimmig dachte sie: „Wenigstens Megara ist tot! Tot! Tot! Tot! Und egal, was mich bei Cassandra oder dem Maluskult um Tagara erwartet… Ich werde würdevoll abtreten. Ich bin eine Königin! Leda, Regentin von Ledanien!“ Vor Erbitterung kullerte ihr eine salzige Träne über die Wange. Dann schrie sie durchdringend und schrill, ließ alle Wut heraus. Doch niemand hörte sie in den dicken Gemäuern, tief unter der Erde – niemand, bis auf ein paar fette Ratten, die vor den kreischenden Lauten durch die Eisenstreben Reißaus nahmen.

Zum Zeitpunkt ihres Aufschreis hielt die verzweifelte Verteidigung der ledanischen Zitadelle ihren Widersachern keinen Stand mehr. Von allen Seiten erzwangen sich Kataklysmen Krieger den Eintritt in die umstellte Bastei. Die vorderste Front der Fußtruppen trug Helme mit einem spitzen Dorn obenauf. Pfeile regneten wie ein böser Hagel herab. Geschosse größerer Bauart folgten und zerschmetterten mit tödlichem Groll alles, was sie trafen. Die Mauern wurden regelrecht überschwemmt vom Feind, und auch die dicke Pforte brach berstend und splitternd und dröhnend den gewaltigen Kräften, die der Rammbock der Trolle freisetzte.

Das Fallgitter rissen die ungestümen Kreaturen kreischend aus den Angeln und schleuderten es krachend und deformiert zur Seite. Sofort folgten ihnen hunderte Kampfsoldaten, die den Hof in ihren Rüstungen und diversen Blankwaffen fluteten und alles vernichteten, was ihnen vor die Augen kam. Stahl krachte auf Stahl oder schnitt und bohrte in weichen Widerstand. In Windeseile war die letzte Gegenwehr brutal gebrochen.

Kaum waren Centurias auf ihren hohen Rössern im Zentrum der Besiegten angelangt, riefen sie bereits Befehle, die männlichen Ledanier gefangen zu nehmen und für neue Sklavenkolonnen nach Osten vorzubereiten. In Ketten gelegt würden sie den weiten Weg marschieren müssen. Die Weiber wurden vor die Wahl gestellt, fortan als cassandrische Bürger zu leben oder als Ketzerinnen in die Verbannung geschickt zu werden. Dabei ahnten die meisten der Frauen schon, dass die so genannte Verbannung nur eine Art Schule sein konnte, wo den Hadernden die Vorzüge der cassandrischen Lebensart gezeigt wurde – ein Drill- und Zuchtheim.

Noch vor Sonnenuntergang war die Zitadelle wie ausgestorben. An einigen Stellen flackerten noch kleine Brände, das meiste Holz war bereits schwarz verkohlt. Dünne Rauchschwaden zogen in die dunklen Wolken. Das Abendrot verzauberte Himmel und Kimm in ein Meer aus Blut. Über der Ebene hatte sich ein geisterhafter Nebel gebildet, als wolle er schon nach den verlorenen Seelen tasten. Die Fahne der Leda, einst eine stolze und aufgerichtete Löwin, war abgebrannt worden. Dafür flatterten nun die cassandrischen Kriegsfahnen auf den vier höchsten Türmen der Burg und höhnten auf die Besiegten herunter.

Eine Duxa sah stolz auf das schon halb im Dunkel liegende Schlachtfeld innerhalb der Mauern. „Cassandra und die Malus-Priesterinnen dürften mit uns zufrieden sein.“ Eine andere Duxa saß neben ihr auf einem zweiten Reittier. „Wir haben einen hohen Zoll für diesen Pöbel eingebüßt…“ Die erste Duxa winkte ab. „Wer einen Teich trocken legen will, der darf nicht die Frösche fragen!“ Die zweite Offizierin nickte. „Da mögt Ihr Recht haben. Der Lebenssinn unserer Sklaven ist es, uns zu dienen. Und wenn sie dafür Entbehrung erbringen müssen, so sind sie sicherlich stolz darauf, dass wir ihnen diese Gunst erweisen.“

Die Wachleute Winand, Bertram und der junge Jeremias hatten den Angriff unbeschadet überstanden und waren bereits in Hand- und Halsfesseln in einer Kolonne auf den Weg zu einem Sammelplatz vor der cassandrischen Festung unterwegs. Vom Sammellager würden die frisch gefangenen Leibeigenen zunächst entweder den Landweg in einer Fußkolonne nach Osten antreten und im ehemaligen Stadtstaat der Helena, nun regiert von der ehemaligen Senatorin Prodita, verkauft werden, oder man brachte sie weiter nach Osten, um sie dort preiszugeben. Bei der Schwemme an Leibeigenen würden sie jedoch nicht viel Profit abgeben, klagten die Händlerinnen bereits jetzt und zahlten Tiefstpreise für ihre Ware.

Winand hatte sich während des Kampfes mangels Mut hinter einem Mauervorsprung in der Zitadelle verborgen, um dann rechtzeitig einer Centuria kniend vor die Stiefel zu fallen und um ihre Gnade zu flehen. Lachend hatte diese einen staubigen Stiefel auf ihn gestützt und Kampfsklaven herbeigerufen. Als diese ihm die Hände auf den Rücken gefesselt hatten, kam die Centuria näher, packte dem Gefangenen mit aller Kraft in dessen Schoß und frug spöttisch: „Du hast wohl gar keine Eier, was? Schafft mir diesen elenden Wurm aus den Augen!“ Winand versuchte sich aus dem groben Griff zu befreien, aber seine erfolglose Gegenwehr wirkte nur lächerlich und ließ die Offizierin den Kopf schütteln.

Bertram war von einem etwa doppelt so schweren Kriegssklaven mit einem gewaltigen Hieb seines Schildes ohnmächtig geschlagen und überwältigt worden. Benommen schlug er die Augen wieder auf und fand sich liegend und in Fesseln wieder. Er fühlte sich nicht gerade auf Rosen gebettet, aber wenigstens lebte er, war sein erster Gedanke. Wenn ihn das Schicksal so arg anfassen wollte, dass er als Sklave den vornehmen Cassandrierinnen diente, so sollte es geschehen. Er wagte es nicht, den Willen der Alten Götter zu tadeln. Und so fand er in den kommenden Wochen nach einem langen Marsch und einer Sklavenauktion in der Metropole sein neues Zuhause auf einer Rohrzuckerplantage im Südosten, wo er täglich in schwüler Hitze bis zur völligen Erschöpfung schuftete. Die Plackerei und die beißenden Geißeln der Aufseherinnen in ihren Stulpenstiefeln, den Gehröcken und feinen Rüschenblusen und ihrem Dreizack auf dem Haupt ließen ihm kaum Kraft genug, um über seine Heimsuchung oder gar Flucht nachzudenken. Er hatte zu arbeiten. Das blieb seine einzige Daseinsberechtigung in dieser Welt voller böser Weiber.

Wer das Tagessoll nicht schaffte, wurde zur Läuterung zur Hazienda der Herrin gebracht. Wer von dort wiederkam, dem mangelte es nie wieder an Arbeitskraft. Bertram mühte sich, niemals diese Reise antreten zu müssen. Mit der Zeit wurde sein Leib trotz der kargen Kost hart und muskulös. Seine Haut erinnerte an gegerbtes Leder. Sogar der Kuss der Peitsche schmerzte nicht mehr so wie zu Anfang. Bertram fühlte keinen Hass auf die Wächterinnen. Sie waren so schön… Sie waren so elegant und liebreizend, so umblüht von Makellosigkeit. Würde er sie doch nur ausgiebig betrachten dürfen! Tagsüber hatte er keine Zeit dafür, und des Nachts versteifte sich sein Liebesdolch unter der eisernen Hose bei solchen unzüchtigen Gedanken.

Der junge Jeremias hatte mit seinem Schwert bis zum bitteren Ende gestritten, doch war er von der Übermacht in die Enge getrieben worden, war einen Turm hoch geeilt, und hatte sich auf der Plattform zunächst verbarrikadieren können. Eine Centuria rief zu ihm hinauf, er dürfe wählen, ob er freiwillig hinab komme und sich ergebe, oder ob sie ihn ausräuchern und anschließend Spießrutenlaufen lassen sollten. Der Jüngling entschied sich resigniert für die erstere Wahl. Eine selbstgerecht grinsende Offizierin begrüßte ihn mit den Worten: „Wir schmieden dir nun einen Keuschheitsgürtel um deine Lenden und bringen dich zu den anderen Glücklichen.“ Jeremias spuckte aus. Die Centuria hob eine Augenbraue und befahl: „Zwei Dutzend Hiebe für den Rüpel!“ Der Jüngling wurde entkleidet und bäuchlings über ein liegendes Fass gebogen, wo sein nacktes Hinterteil mit zwei klatschenden Riemen bearbeitet wurde. Die Centuria sah bei der Züchtigung ohne erkennbare Anteilnahme zu. Ihre Augen wirkten wie die einer Schlange, die eine Maus musterte.

Am nächsten Tag wurde er in einen Käfig gesteckt und von Soldatinnen begafft, verhöhnt, bespuckt und beschimpft und ausgelacht. Die Tränen, die der Jüngling vergoss, heizten die Kriegsfrauen nur noch weiter an und wetterten gegen die zarte Gestalt. Endlich machte eine Centuria der Schmach ein Ende und ließ ihn waschen und für ihre Bettstatt herrichten. Er würde ihr die Wonnen des Paradieses schenken. Jeremias hatte Angst vor der kommenden Nacht. Was würde die Offizierin mit ihm anstellen? Was würde sie erwarten? Konnte er ihre Wünsche, ihre Begierde erfüllen? Bald sollte er wissen, wonach die Centuria hungerte. Jeremias darb in einem Keuschheitsgürtel und musste sich dem Weib bis zum Morgengrauen widmen. Seine Zunge schmerzte wie nie zuvor. Doch die wahre Pein war die brennende Scham, weil die Centuria ihn mit einem umgeschnallten Holzpflock, eingerieben mit Butterschmalz, wie eine billige Dirne genommen hatte. Die Striemen der Züchtigung waren vergessen. Mehr brannte sein Anus. Doch seine Scham loderte am heißesten.

Im Laufe des Tages schickte die Centuria ihn zurück zu einer Sklavenkolonne, denn er war ihr überdrüssig. Es gab noch so viele hübsche und entzückende Ledanier zu beglücken, so viele Jünglinge, an denen es zu schnuppern galt. Viele staubige Meilen später kaufte ihn eine junge Dame für ihre kleine Mühle, in der Jeremias von nun an mit fünf anderen Leibeigenen den Mühlstein drehte. Tag für Tag. Ein wenig Hafer- oder Griesbrei gab es am Abend. Wer sich nicht genug mühte, den küsste die Peitsche der Maid. Wasser gab es aus der Tränke alle zwei Stunden. In den ersten Wochen nahm die Herrin hin und wieder einen ihrer Leibeigenen mit in ihr Nachtlager. Jeremias sehnte sich die Fürsprache auch herbei, doch ihm blieb die Gunst verwehrt.

Die schlimmste Zeit kam, als die Maid sich einen Hausdiener bei einer Auktion gekauft hatte. Der Mann spielte sich als Herr über die restlichen Sklaven auf und schwang auch gern die Peitsche. Doch eines Tages überspannte er den Bogen, als er sich vor die Tränke stellte, an seinen Beinkleidern nestelte und sich erleichterte. Jeremias verzog allein bei der Erinnerung angeekelt den Mund, denn das Wasser wurde nur wöchentlich ausgetauscht. Als die Sklaven ihrer Herrin von der Schandtat berichteten, wollte sie ihnen nicht glauben. Einige Tage später erwischte sie ihren Hausdiener jedoch dabei und züchtigte ihn dafür auf eine harte Weise, wie es die anderen Sklaven noch nie erlebt hatten. Anschließend ließ sie den Diener in einen Kerker der Maluspriesterinnen werfen: Der Sünder wurde in Ketten und in einer Halsgeige von Wächterinnen der Priesterschaft unter Schmährufen abgeführt. „Rotarsch! Sei gewiss, dass du im Tempel angemessenes Benehmen lernst!“

Die Wächterinnen zerrten ihn zwischen zwei Pferden den langen Weg entlang. Eine trug die gegabelte Standarte des Malus-Kultes an ihrer Hellebarde. Die Reiterinnen saßen stolz in ihren Sätteln. Ihre Uniform bestand aus ledernen Harnischen und Stoffumhängen. Sie trugen enge lederne Beinkleider, die an den Seiten ausgestellt waren, und schwarze Stiefel, in denen sich die Sonne grell spiegelte. Die Reise zum Kerker würde noch zwei Tage dauern. Doch während die Wachfrauen sich an Lagerfeuern Rebhühner brieten, würde der Mann erst im Kerker seine nächste karge Mahlzeit erhalten. Fortan lebte die Müllerin wieder mit ihren sechs Arbeitssklaven zusammen. Doch in die Bettstatt der Herrin gelangte Jeremias zu seinem Leidwesen nie. Hin und wieder gönnte die Müllerin ihren Leibeigenen sogar einen halben freien Tag. Drei der Sklaven lobten ihr Leben als Geschenk des Schicksals. Denn sie hatten vor Jahren auf einer Plantage ganz andere Erfahrungen gemacht. Jeremias erfuhr von zahlreichen Übergriffen sadistischer Wächterinnen und gemeiner Willkür, schlechter Verpflegung und stinkendem Brackwasser. Daher haderte er nicht mehr mit dem Schicksal, das ihm die Alten Götter ausgewählt hatten.







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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:26.02.23 13:37 IP: gespeichert Moderator melden


Ganz tolle Fortsetzung !!!
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:27.02.23 10:19 IP: gespeichert Moderator melden


Interessant, dass man Leda in das tiefste Gefängnis bringt. Hätte eher gedacht, dass man sie am Marktplatz ausstellt und im Triumpfzug durch die Lande führt, so wie es ja die Römer mit ihren prominenten Gefangenen gemacht haben.

Aber eine tolle Geschichte ist es allemal.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:26.03.23 18:24 IP: gespeichert Moderator melden



Forma, die Schmiedetochter und Liebchen von Gladius, hatte kein schlechtes Gewissen schnell die Fronten zu wechseln. Opportunistisch ließ sie ihr Fähnchen im Wind drehen. Eine edle Dame mit eigenen Sklaven – Lustsklaven! – ja, das war doch ganz nach ihrem Geschmack. Bald würde sie mehr Aufsehen erregende Kleider tragen, als sie es sich jemals als einfache Handwerkstochter in ihrem Kittel hatte vorstellen können – zumal in Ledanien. Ja, sie würde mit atemberaubenden Dekolletes und wagemutig kurzen Kleidchen oder engen Beinkleidern der süßen Sünde frönen. Flegelhafte Flausen würden ihr in Cassandria zur Ehre gereichen. Eine feine Lady besaß keine Grenzen, feierte rauschende Festbankette und ließ sich frische Luft zufächeln. Was sie wollte, das nahm sie sich: leibeigene Mündel, Geschmeide, Gold und Juwelen, Leckereien und lieblichen Wein.

Sie sah sich in ihrer Vorstellung bereits in einer Sänfte: In einem filigranen und zugleich pompösen Palankin, rundum geschmückt mit goldenen Troddeln, würde sie sich tragen lassen, um ihre Sklaven auf dem Felde zu beobachten und züchtigen zu lassen, um sie zu fleißigerer Demut zu ermuntern – oder einfach zu ihrer profanen Unterhaltung. Sie würde sich huldigen lassen, einer Göttin gleich. Sie würde über deren Schicksal gebieten. Sie alleine. Absolut. Ganz und gar. Ihre Erinnerung an Aphron war schon lange entschlafen. Und Gladius…, nun ja. Er musste eben selbst aus der Misere steigen. Vermutlich war er gefallen… oder versklavt… Der frühere Schultheiß konnte ihr nun sowieso nichts mehr bieten. Er war weiland ein guter Fürsprecher gewesen, doch nun hatte sich das Blatt gewendet.

In einem bewahrheiteten sich Ledas Visionen: Aphron endete daselbst, wo er angefangen hatte - als Lustsklave bei einer solventen Dame. Ursprünglich sollte er als Ernter auf eine Kakaoplantage geschickt werden. Er warb für sich mit seinem alchimistischen Wissen und seiner Kunst als Medikus, doch das kümmerte niemanden. Als letzter Strohhalm gab er sich als ausgebildeter Lustsklave der berühmten Sklavenhändlerin Ceres zu erkennen, der später im Besitz von Hoheit Helena seine Dienste tat. Nach dem eingeforderten Beweis – dazu befreite eine Duxa ihn sogar von seinem Keuschheitsgürtel – erhielt er direkt wieder eine neue eiserne Unschuldshose. Mitsamt dem Schlüssel erzielte die Duxa bei einer Händlerin einen trefflichen Preis für den geschickten Liebesdiener. Eine feste Hand und ruhige Worte – das war das Rezept der Händlerin für gelungene Sklaven. Und sie durfte schon bald feststellen, dass die Duxa ihr keinen Verschnitt verhökert hatte. Aphron beherrschte die Kunst, die die Herrin von ihm einforderte ausgezeichnet, wie sie es sich nicht besser erhoffen konnte.

In ihrer engen Lederweste wies die Frau ein beachtliches Dekolleté auf. Zwischen den prallen Brüsten hing eine Kette mit einem großen Rosenquarz. Meist trug sie ihr langes Haar geflochten und über eine Schulter geworfen. Wenn sie aber der Lust frönte, öffnete sie ihre Mähne, die dann ungebändigt über ihren Leib floss, wie ihre Gelüste ebenso ungezügelt erwachten. Doch von ihrer Lederweste trennte sie sich niemals. Wohl ihre engen Beinkleider mussten der heiß atmenden Begierde ihrer Schenkel weichen, wenn die Herrin sich mit Sklavenfleisch vereinigen wollte; und so mancher Manne hatte sich schon dahin geschmolzen gewünscht, die berauschende Liebesnacht mit dieser Herrin würde nimmer zu Ende gehen, in der auch der letzte Rest Unschuld verlustig gegangen war.

Die Händlerin genoss seine zügellosen Künste auf dem Weg nach Osten unzählige Male, bevor Aphron schließlich mit einigem Gewinn an Hydra, eine berühmte Lusthausbesitzerin, verkauft wurde. Auch Hydra gönnte sich hin und wieder ein Stündchen mit ihrem Neuerwerb. Doch war Aphron leider nur selten unbeschäftigt. An solch süßer Blume wollten viele Nasen für ihr Pläsier schnuppern. Hydra konnte schon die Münzen klimpern hören, die ihr der Leibeigene bescheren würde, wenn er die Sinneslust der Gäste erweckte.

In den Kammern des ehemaligen Medikus hatte Abas für immer die Augen geschlossen. Verlassen. Allein. In Dunkelheit. Noch bevor die Burg endgültig gefallen war. Als sei er wieder in einem Verlies der Megara. Und in gewisser Weise führte ihn sein Weg auch wieder dorthin: Sein lebloser Körper wurde der Imperatorin in einer mit Eisen beschlagenen Truhe gebracht. Pietätlos wurde sie polternd auf einen Ochsenkarren geschoben und ohne Zier oder Ehrenzeichen durch die Lande gefahren. Megara betrachtete den Leib zufrieden. Sie griff in eine mit Intarsien verzierte Schatulle und warf den Überbringerinnen zwei Säckchen mit Goldmünzen zu. Die Frauen konnten beim süßen Klang der klimpernden Taler ein Lächeln nicht verhehlen. Klirrendes Gold und Sklavenschreie – was konnte es Schöneres geben? Heute würden sie sich vom besten Tropfen genehmigen, den sie bekommen konnten, und ihre Kameradinnen mit in die Schenke nehmen.

Auf dem Weg aus dem Palast bemerkten sie eine kleine Menschentraube. Sie näherten sich dem Geschehen und sahen einen nackten Leibeigenen, der an vier Pflöcken auf der Erde festgebunden war. Eine junge Maid stand über ihm und klopfte mehrfach mit dem dicken Ende eines Spazierstockes in den Schoß des Mannes. Dann übergab sie das Schlaginstrument an die Nächste, und alles wiederholte sich. Eine Edeldame sah die fragenden Blicke der zwei Zuschauerinnen und erklärte das rituelle Geschehen. „Das Klopfen soll Glück bringen. So hat es die Maluspriesterin im Tempel gepredigt.“ Kopfschüttelnd gingen die beiden Soldatinnen weiter. „Die jungen Damen von heute haben nur Kapriolen in ihren hübschen Köpfchen.“

Ihre Kameradin zog die Stirn kraus und wechselte das Thema. „Sag, was soll aus dem toten Königsgemahl werden? Soll er gemeinsam mit der gefallenen Leda dem Feuer übergeben werden?“ Die andere Soldatin zuckte mit den Achseln, dass die ledernen Schulterklappen hüpften. Sie strich sich ihren langen blonden Pferdesch****z durch die Hand. „Das weiß nur die Imperatorin. Vielleicht wird der Richtblock auf dem Markt aufgestellt. Vielleicht bleibt sie für immer büßend in den dunklen Verliesen des Palastes. Vielleicht zahlt sie auf andere Weise für ihre Sünden.“

Abas war Geschichte. Gladius dagegen gelang es mit viel Glück, Tüchtigkeit und dem Segen der Alten Götter sich mal als Gefallener zu tarnen, dann sogar als vermeintlicher Kampfsklave in den Reihen der Centurias unterzutauchen. Bei der ersten Gelegenheit riss er eine Offizierin vom Ross, sprang in den Sattel und ritt in gestrecktem Galopp Richtung Norden, wo ihm Dutzende Pfeile folgten, doch schadlos hinter ihm am Boden zurückblieben. Doch damit waren die Gefahren des flüchtigen Schultheißen noch lange nicht gebannt. Neben zahlreichen Kopfgeldjägerinnen, die auf Profit aus waren, streiften auch noch sechs entlaufene Trolle durch die Wälder des Nordens. Doch als ausgebildeter Gardist konnte er den Ungeheuern trotzen und sich in der Wildnis bewähren. Stets auf der Hut vor Sklavenjägerinnen lernte er sich im Wald unsichtbar zu bewegen und den Siedlungen der Cassandrier fernzubleiben.

Die Häscherinnen zogen mehrfach durch die Wälder - sogar bis in die nördliche Ödnis -, um Gladius zu finden, denn auf seinen Kopf hatte Tagara einen Preis ausgesetzt, der kaum einer Söldnerin oder Abenteuerin widerstehen konnte. Dem ehemaligen Gefährten der Leda starb zu seinem Unglück schlagartig eines Tages das Pferd, aber auch das ließ den tapferen Recken nicht verzweifelt. Er hatte Blankwaffen und einen Bogen aus bestem Ulmenholz, um zu jagen, besaß einen Unterschlupf und konnte sich glücklich schätzen, nicht in die Fänge der Cassandrier geraten zu sein. Bis zu dem Tag, als Gladius erfüllt war von der Furcht, dass er doch noch Beute der Schergen werden sollte.

Er fiederte gerade einige Pfeile, mit denen er ein Wildschwein erlegen wollte, da vernahm sein geübtes Ohr leises Hufgetrappel. Schnell schob er sein Hab und Gut unter Blätterlaub am Boden. Dann kroch er unter einen Mispelstrauch, dessen vom Morgentau noch nassen Zweige und Blätter durch sein Gesicht strichen. Doch schon bald würde die kraftvolle Sonne heißes Licht schicken, dass auch die letzte Feuchte verdunstete. Sein Wams war mittlerweile zerrissen und schmutzig. Aber wenigstens besaß er noch seine Schnürsandalen. Wäre er darin schnell genug, um den Feinden zu entkommen? Ein Kampf war gewiss aussichtslos.

Sein Schwert hatte er auf einer Lichtung in einem umgestürzten Baumstamm versteckt. Und selbst sein Bogen lag außer Reichweite im Laub. Er trug nur einen Dolch bei sich. Wenn die Weiber ihn entdeckten, war es aus mit ihm. Gladius schnappte auf, wie die Harnische der Frauen schepperten, die Kettenhemden rasselten. Mit wie vielen Jägerinnen würde er es zu tun bekommen? Auf jeden Fall zu viele, dachte er und duckte sich noch tiefer und presste sich gegen den feuchten Boden, einige Schritt entfernt vom Waldsaum. Jetzt steckte er tief in der Bredouille. Das Getrappel der Reittiere wurden lauter. Sie kamen genau auf ihn zu. Nur einen Steinwurf entfernt hörte er ein Ross durch die Nüstern schnauben. Offenbar hatte es Witterung aufgenommen. Gladius krampfte seine Faust um den Dolch. Wehrlos würde er sich nimmer geschlagen geben. Er würde ihnen die Stirn bieten. Bis zum letzten Blutstropfen wollte er Widerstand leisten.

Unerwartet schoss ein Rehbock in Greifnähe an ihm vorbei. Kurz darauf ertönte ein Ruf eines Weibes, so nah, dass Gladius Herz stehen zu bleiben schien, und er konnte sogar den Oberkörper durch das Blattwerk eines Busches sehen: Die Unbekannte trug braunes Leder und eine Brünne. „Da hinten! Zu mir! Folgt mir!“, befahl sie autoritärer Stimme und schlug ihrem Pferd die Hacken der Stiefel in die Seiten. Sie hatte ihren Jagdbogen vom Rücken genommen und einen Pfeil mit eiserner Spitze aus dem ledernen Köcher gezogen. Die Pferde änderten ihre Richtung und jagten nun preschend keinen Steinwurf entfernt vor Gladius Versteck vorbei, dem flüchtenden Tier hinterher. Der Schultheiß seufzte erleichtert auf. Bald schon war die Schar nicht mehr zu hören. Erst jetzt bemerkte Gladius, dass er den Dolch immer noch mit aller Kraft umfasst hielt. Er öffnete die verkrampfte Faust und betrachtete die schmerzenden weißen Finger, in die nun prickelnd das Leben langsam zurückkehrte. Er rappelte sich aus gebückter Stellung auf und atmete erleichtert tief durch.

In den kommenden Wochen und Monaten durchreiste er unerkannt den Alten Kontinent. Lange hielt er sich im verwilderten Norden auf. Hin und wieder begegnete er kleinen Reitertrupps, die ihn aber nie entdeckten. Glück hatte er auch bei einer Begegnung mit einer Sechsergruppe aus gerüsteten Soldatinnen, die eines Tages ganz nah an ihm einige Sklaven an einem langen Seil hinter sich herzogen. Die Anführerin trug ein schwarzes Kettenhemd und eine metallene Halsberge. Gladius glaubte die Uniform einer cassandrischen Centuria zu erkennen. Vielleicht betätigte sich die Soldatin mittlerweile als Sklavenhändlerin. Es gab große Sklavenmärkte in der Umgebung, auf denen jede Art von Arbeitskräften feilgeboten wurden. Der Handel mit dieser Lebendware blühte. Je nach Brauchbarkeit, Angebot und Nachfrage schwankte der Wert. Weniger kraftvolle Exemplare gingen meist auf Plantagen: Rohrzucker, Tabak, Baumwolle, Kakao, Gemüse. Die Stärkeren durften in den Minen, Steinbrüchen oder auf Galeeren arbeiten. Kampfsklave wurden nur die wertvollsten Leibeigenen, die schnell lernten, mit diversen Waffen umzugehen und ihr Geschick auf dem Feld der Ehre bewiesen. Die Glücklichsten jedoch ergatterten einen der wenigen Dienstbotenränge in den Villen oder wurden persönliche Begleiter ihrer Dame. Doch darauf zu hoffen, war naiv. Zu wenigen war dieses Schicksal von den Alten Göttern vorbestimmt.

Die nackten gefangenen Niederen stolperten erschöpft und durstig durch den Staub, den die Hufe der Rösser aufwirbelten. Ihre Hände waren hinter dem Rücken streng in Ketten gebunden. Die Halsreifen aus Eisen waren mit einer Kette und dem Zugseil verbunden. Vom wolkenlosen Himmel kreischte ein Gänsegeier herab, der ruhig und behäbig seine Bahnen durch die Luft zog und die Kolonne schon seit etlichen Meilen verfolgte. Geduldig wartete das Federvieh auf seine Mahlzeit.

Gladius konnte aus seinem Versteck in einer Felsspalte erkennen, dass die Leibeigenen keine Keuschheitsgürtel trugen. Einem von ihnen hatten die Weiber einen schweren Eisenring um seinen Mannesbeutel geschmiedet. Die Kreatur verzog sein Gesicht vor Pein, denn bei jedem Schritt baumelte und zerrte das Gewicht in seinem Schoß gnadenlos und ohne Unterlass. Der Sklave ächzte und stöhnte vor sich hin, doch hatte er sich schon fatalistisch seinem Schicksal gefügt. Wenn er ein gehorsamer und fleißiger Sklave war, so sann er, würden ihm die Herrinnen auch früher oder später die eiserne Last wieder abnehmen und ihn von diesen unsäglichen und erniedrigenden Martern erlösen. Diese Hoffnung, an die er sich klammerte, ließ ihn die Qualen ertragen – mehr oder weniger.

Eine der Reiterinnen in engem Lederwams, Beinkleidern und mit dunklem Pferdesch****z, mit dem sie ihre glänzenden Haare streng nach hinten gebunden hatte, trank aus einem Schlauch und verschüttete dabei die Hälfte. Sehnsüchtig schauten die Sklaven auf die nasse Stelle am Boden. Ihre Lippen waren vertrocknet, aufgesprungen, und ihre Zunge lag schwer und pelzig klebend am Gaumen. Aber erst beim nächsten Halt bei Sonnenuntergang würden sie wieder trinken dürfen – wenn sich ein Tümpel fand. Und das würde noch Stunden der Mühsal und Plagerei bedeuten. Würde es jemand wagen, nach einem Tropfen zu bitten, erwartete ihn eine geharnischte Antwort, die mit weiterer Marter einher ging. Aber zu mehr als einem Krächzen waren die Zweibeiner sowieso nicht mehr in der Lage.

Je weiter Gladius nach Südosten wanderte, desto häufiger waren ähnliche Begegnungen.
Schließlich musste er sich geschickt unter Sklaven und Arbeiter schmuggeln, und sich verkleiden. Diese Strategie ließ ihn mehr und mehr auch in die östlichen Gefilde des Landes eindringen. Zu diesem Zweck hatte er sogar zuvor Ketten und Sklavenfesseln gestohlen und so verändert, die er sie unbemerkt mit einer unauffälligen Nadel öffnen konnte. So zog er als vermeintlicher Leibeigener mit Kolonnen mit, arbeitete kurzfristig auf Plantagen und sogar in Minen. Er versuchte den Peitschenhieben der Wächterinnen zu entgehen, doch blieb dies ein frommer Wunsch. Bald schon war vor allem sein Gesäß mit Striemen übersät, weil er mancher Frau zu saumselig schien. Doch im Unterschied zu allen anderen Männern, war er jederzeit in der Lage, sich unauffällig wieder zu befreien und in eine neue und kommodere Rolle zu schlüpfen. Entweder fiel es gar nicht auf, oder die zuständige Wache wurde streng gerügt, weil sie einen Unfreien hatte entlaufen lassen. Aber niemals konnte sich jemand erklären, wo die fehlende Arbeitseinheit geblieben war.

Einmal stand er als Sklave mit vier anderen Leidensgenossen einer Händlerin an Pfosten gekettet, nur mit einem Eisenreif um den Hals. Eine Edelfräulein in einer kleinen Droschke hielt an und zeigte mit ihrer Reitgerte auf Gladius Nachbar. „Was kostet der da?“ Die Händlerin wollte zwei Silbermünzen, doch die junge Dame lachte nur abschätzig. „Was denn? Zwei? Ich biete eine. Ist er stark und gesund?“ Die Händlerin kettete ihn ab und befahl ihm, einen Steinblock, der in der Nähe lag, aufzuheben und zu stemmen. Der Sklave bewerkstelligte die Aufgabe bravourös. Die Händlersfrau nickte unterstreichend. „Er ist stark und gesund und fleißig und vor allem bedingungslos gehorsam. Seht! Keine frischen Striemen.“ Die Edeldame ließ sich überzeugen und zahlte die zwei Münzen, während er hinter ihre Droschke gebunden wurde wie ein gekauftes Schaf. Die Verkäuferin fragte, ob eine Gravur auf dem Halsreif gewünscht sei, doch das Fräulein lehnte dankend ab. „Ich mag lieber Brandmale. Das erledige ich selbst daheim.“ Sie lächelte in Vorfreude, und schon gab sie den beiden Pferden das Kommando, loszutraben. Der Neuerwerb lief artig an der Kette hinterher.

Stets frug Gladius seine Leidensgenossen nach einem gewissen Aphron aus. Hin und wieder erhielt er vage Hinweise. Dann zog der merkwürdige Fremde weiter, der sich unterwegs Ignotus, Obscurus oder Nemo nannte, um seine Spuren zu verwischen. Seine Suche führte ihn durch eine trockene Steppe mit harten Gestrüpp und Kakteen, durch düstere und dichte Tannenwälder und über schroffe Felsenlandschaften, wo er sich auch vor Schlangen hüten musste. Müde wurden Auge und Rücken, aber nimmer sein Wille, Aphron aufzuspüren. Eines Tages erreichte er das Freudenhaus der Hydra. Hier sollte er am Ziel seiner langen Reise sein. Doch schon zu oft hatte er falsche Hoffnungen begraben müssen. So wollte er nicht wahrlich daran glauben, hier Aphron tatsächlich zu finden. Zumindest wollte er es aber versuchen.

Ein dickes Eichenschild hing an zwei Ketten über der Pforte. Eine Ziegenhaut war mit dicken Nägeln über das Holz gespannt, und darauf standen die prahlenden Worte „Hydras Paradies“ eingebrannt. Hier gab er sich als Liebessklave aus, der von seiner Herrin geschickt worden sei, die ihn verkaufen wolle. „Entblöße dich!“, schallte der kurze Befehl der rassigen Bordellbesitzerin, die überraschend züchtig gewandet war. Gladius verbeugte sich zu einem tiefen Diener, schnallte sein fadenscheiniges Jutewams auf, schlüpfte hinaus, und löste seinen Lendenschurz aus grauer Baumwolle, den er drei Tage zuvor auf einem Markt stibitzt hatte. Hydra betrachtete Gladius genüsslich von vorne und hinten, ließ sich seine Zähne zeigen und verschränkte schließlich die Arme vor der Brust. „Kein schlechter Anblick. Doch wirst du auch beweisen müssen, was dein Leib verspricht…“

Gladius verneigte sich erneut demütig und erbat eine Kammer, wo er seine Liebeskunst präsentieren dürfe. Hydra warf ein weiteres Mal lüstern ein Auge auf die Männlichkeit des Neuerwerbs und wies ihm eine kleine Stube zu. „Bade dich im Zuber nebenan. Heute Abend werde ich mich von deinem Talent überzeugen. Sehen wir, ob du dich meiner würdig erweist. Aber wehe dir, wenn du mich enttäuscht. Dann schicke ich dich mit trefflich brennenden Striemen zurück zu deiner Herrin!“ Doch insgeheim war sie gewiss, ein treffliches Geschäft zu machen. Der gut bestückte Sklave war hier im Pfuhl der Lüste mehr als eine Hand voll Goldmünzen wert. Trotzdem würde sie um den Preis feilschen, um ihren Profit zu maximieren.

Gladius verschwand in dem Raum, in dem der Zuber bereitstand. Heißes Wasser und ein Schwamm taten seinem verdreckten Leib wohl, und er genoss die erfrischende Sauberkeit. Anschließend ging er in seine ihm zugewiesene Kammer und kleidete sich wieder in sein Gelumpe. Geduldig wartete er neben einer rauchenden Talgkerze. Er lag auf einer mit Stroh gefüllten Matratze und sah wie träumend an die Decke mit den dunklen Holzbohlen. Doch sein glasiger, schläfriger Blick täuschte. Seine Sinne waren geschärft wie sein Dolch. Er bereitete sich darauf vor, wozu er gekommen war, wozu er über den halben Alten Kontinent gewandert war, wozu er sich als Sklave und Arbeitstier verdingen lassen hatte. Durch Fortune und Geschick war er bisher um ein Brandzeichen herumgekommen. Doch Dutzende Striemen würden ihn für immer an seine Reise erinnern. Sein Rücken und Gesäß war zu lesen wie ein Foliant.

Als alles ruhig im Hause schien, schlich er sich hervor und erforschte das Gebäude. Und endlich fand er das Ziel seiner Reise: Aphron lag in einem Raum im Obergeschoss auf einem scharlachroten Diwan und knabberte gerade an einem roten Apfel. Leicht bekleidet wartete er auf Kundschaft. Als seine Tür sich öffnete, strahlte er dem Besuch entgegen, doch sein Lächeln gefror, als er Gladius im Türrahmen stehen sah. „Du? Wie… hast… du… mich gef… funden?“, stotterte Aphron mit aufgerissenen Augen. Konnte das wahr sein? Waren die Alten Götter so grausam? Gladius lächelte ihn kalt wie ein Eisberg des Nordmeeres an. „Glaubtest du mich schon bei den Alten Göttern?“, frug er und hob eine Augenbraue. Aphron schluckte schwer. Unauffällig nestelte er mit einer Hand hinter sich, um unter ein Kissen mit dicken Troddeln zu greifen. Ein kleiner verzierter Dolch lag dort verborgen.



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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:30.03.23 11:00 IP: gespeichert Moderator melden


gute Geschichte bin schon auf die Firtsetzung gespannt
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:02.04.23 20:00 IP: gespeichert Moderator melden




Blitzartig zog er ihn und wollte ihn auf den unerwünschten Gast schleudern, doch Gladius war flinker. Ein Lidschlag, bevor Aphron die Klinge in sein Ziel werfen konnte, zuckte er überrascht und entsetzt zugleich auf, und sah auf seine Brust hinab: Auf seiner vanillefarbenen Toga aus dünnem Leinen breitete sich ein roter Fleck aus und wuchs in dem Maße, wie seine Sinne ihm schwanden. Halb vom Diwan auf einen moosgrünen Knüpfteppich auf die Knie sinkend, sprach er mit schwacher Stimme: „Du hast mir Forma genommen…“ Gladius sah, wie Aphron seine Augen schloss und zur Seite kippte. Sein letzter Lebensfunke verglomm stumm.

Forma – vielleicht würde er dieses verräterische Biest auch noch aufspüren und ihren Wankelmut mit seiner Rache süß vergelten. Doch das würde viel schwieriger werden, als einen Liebesdiener zu finden. Gladius stülpte sich eine Gugel aus moosgrünem Filz über sein Haupt und schlich sich aus dem Bordell. „Ich möchte die großzügige Gastfreundschaft dieser alten Vettel nicht über Gebühr in Anspruch nehmen und werde nun geruhen, sie zu verlassen“, sann er lautlos und beinahe beschwingt vor sich her. Er musste schnell eine neue Gewandung finden und sein Haar schneiden, um den cassandrischen Ordnungshütern zu entkommen.

Eine Stunde später keimte ein großer Tumult in Hydras Freudenhaus auf. Die Herrin der Liebesdiener tobte. „Dieser hinterhältige Gauner! Hat das beste Zugpferd in meinem Stall auf dem Gewissen! Womöglich ein bestellter Assassin! Doch von wem bloß?“ Ohne Zagen war klar gewesen, wer der Schuldige war, denn der neue Lustsklave war verschwunden. Hydra rätselte viel mehr über das hanebüchene Motiv und den Auftraggeber. „Stecken die Maluspriesterinnen dahinter?“, frug sie leise, als könne sie durch ihr Wispern die schlimme Ahnung abschwächen. Doch warum sollten sich die Robenträgerinnen in ihr Geschäft mischen? Bisher waren sie ihr wohl gesonnen – und gute Kunden, wie Hydra sich erinnerte.

„Oh, ich dümmste aller Gänse!“, schalt sie sich zerknirscht. „Er hatte kein einziges Brandmal! Das hätte mir auffallen müssen. Wäre er ein gewöhnlicher Sklave gewesen, hätte ihn seine Herrin längst gezeichnet. Was hat es nur mit diesem ominösen Mannsbild auf sich?“ - Vielleicht wusste einer ihrer Sklaven mehr. Noch heute wollte sie peinliche Verhöre führen, die die Wahrheit ans Licht bringen sollten. Die Scharte würde jemand wieder auswetzen! Hydra war fuchsig ob des Verlustes ihres wertvollen Aphrons und schwor bittere Abrechnung, würde sie diesen lumpigen Mimen einmal in ihre Fänge bekommen. Wer auch immer ihn geschickt hatte, dieser Kerl und seine Auftraggeber würden sie noch kennen lernen!

Gladius konnte derweil in der kargen Felslandschaft um Hydras Haus untertauchen. In der nächsten Siedlung mimte er einen Sklaven in Ketten, der einen Karren mit Binsen durch die Gassen zog und verwischte so sein Spuren. Er würde noch zum Meisterdieb werden, wenn das so weiterginge und vonnöten war. Aber Angelpunkt war: Die Häscher, die ihn suchten, blieben erfolglos. Auch hier in diesem Dorf hatten sie nachgeforscht, ihn jedoch nicht erkannt. Auf dem Hof einer kleinen Waffenschmiede tauchte er im Schatten einer Fachwerkmauer unter und beobachtete durch ein schmutziges Glasfenster die Bewohner.

Ein hochgewachsenes Weib mit einem roten Gehrock und zwei gekreuzten weißen Schulter-Schärpen und Dreizack aus Filz auf dem Kopf beaufsichtigte drei Schmiedesklaven, die bis auf eine lederne Schürze nichts trugen. Zwei von ihnen waren an einem großen Amboss beschäftigt. Funken hatten schon etliche Narben auf ihren Oberkörpern hinterlassen. Während der eine ein Metallteil mit einer langen Zange hielt, bog der andere es mit einem weiteren Werkzeug zurecht. Vermutlich sollte ein Keuschheitsgürtel daraus entstehen. Der dritte Leibeigene fachte das Feuer in einer gewaltigen Esse an, indem er den größten Blasebalg betätigte, den Gladius jemals gesehen hatte. Wieder und wieder betätigte er dazu ein Pedal, welches Luft in die Esse strömen ließ.

In einer Waffenschmiede gab es gewisslich Klingen, hoffte der ehemalige Schultheiß. In der Aufregung hatte er seinen Dolch bei Hydra zurückgelassen. Seine anderen Waffen hatte er längst aufgeben müssen. Er würde bei der Waffenschmiede sein übliches Schauspiel aufführen, er sei ein Sklave, der von seiner Herrin geschickt worden sei… Und wenn er alles hatte, was er brauchte, würde er sich wieder in Luft auflösen, als sei er niemals da gewesen. Doch dieses Mal sollte er kein Glück haben. Die Schmiedemeisterin bat ihn herein und wies ihn an, „hinter der Tür dort kannst du warten. Ich komme gleich zu dir.“ Gladius ging zu der gegenüberliegenden Wand der Werkstatt und öffnete eine schwere Eisentür mit einem dicken Riegel. Ihm zeigte sich eine kleine Kammer mit einer einfachen Bank aus dicken Holzbalken gezimmert. Ein Fenster, gerade eine Spanne breit und hoch, ließ kaum Licht herein. Auf einem grob gezimmerten kleinen Tischchen stand eine Hirschtalgkerze, die das schummrige Licht kaum erhellte und vor sich hin rauchte und flackerte.

Kaum saß er, kam einer der Sklaven herein und bot ihm mit niedergeschlagenem Blick einen Becher Dünnbier an. Seine Hand zitterte, als er das Gefäß überreichte. Gladius, der seit Wochen nur Wasser getrunken hatte, dankte und leerte den Behälter aus braunem Ton in wenigen Zügen. Doch schon kurz darauf wurde ihm schwindelig. Als er begriff, dass er offenbar vergiftet worden war, sackte er bereits zusammen und rutschte zu Boden. Die Augen fielen ihm bleischwer zu. Und dann war da nur noch die Schwärze, die ihn in die Tiefe zog und verzehrte.

Gladius spürte, wie seine Augenlider unkontrolliert zuckten. Gemächlich kam er wieder zu sich. Wo war er? Was war geschehen? Langsam erinnerte er sich. Er war in die Schmiede gegangen, um eine Blankwaffe und weitere nützliche Dinge zu stehlen, die ihn frommten, und dann hatte ein Sklave ihm einen Becher mit Gebräu gebracht. Da musste Schlafmohn oder etwas Ähnliches in dem Gesöff enthalten gewesen sein. Sein Schädel brummte wie nach einem halben Dutzend Krügen Met. Aber viel schlimmer war, dass er gefesselt war. Nackt. Er sah sich um. Er befand sich immer noch in dieser Hinterkammer. Er lag bäuchlings auf der Bank, die Schenkel so gespreizt, dass seine Knie leicht angezogen und neben der Sitzfläche festgebunden waren. Seine Unterschenkel waren hochgezogen, so dass die Füße ebenfalls neben der Sitzfläche gefesselt fixiert waren. Er fühlte sich äußerst entblößt. Die Körperstellung ließ nichts Segensreiches erahnen. Um Hilfe zu rufen, wäre wohl zwecklos. Also wartete Gladius und lauschte auf jedes Geräusch. Aber in der Schmiede arbeitete offenbar niemand mehr.

Gladius probierte sich zu befreien, aber alle Versuche blieben erfolglos. Dann vernahm er Schritte in der Schmiede. Ein kalter Schauder rann seinen entblößten Rücken hinab. Die Stiefel näherten sich der Tür und schoben den Riegel zur Seite. Gladius verrenkte seinen Kopf, um den Ankömmling zu betrachten. Die Schmiedemeisterin stand vor ihm, eine Öllampe in der Hand, die ihr Gesicht unheimlich von unten beleuchtete wie eine Fratze eines Dämons. Der Gefesselte frug: „Sagt an, hat meine Erlöserin zu mir gefunden? Ist mir die Gunst des Schicksals hold? Oder muss ich Furcht um meine Jungfräulichkeit haben?“ Die Frau lachte herzlich. „Immer gut vergnügt, mein Gast.“ Sie näherte sich der Bank und beugte sich vor, packte mit ihren Lederhandschuhen, die sie trug, herzhaft das Gesäß und strich darüber. Ihre Augen funkelten amüsiert. „Ein strammer Bursche bist du. Aber meine Intuition hat mir sogleich verkündet, dass da etwas mit dir nicht stimmt. Und was sehe ich nun? Kein einziges Mal oder Zeichen ziert deinen Leib. Und du willst Sklave sein? Dein Lug und Trug steht dir ins Gesicht geschrieben.“

Gladius schluckte schwer. Diese Gegebenheit konnte er beim besten Willen nicht mehr verleugnen. „Ihr habt Recht, werte Dame“, antwortete er. „Wenn Ihr meine Handfesseln lösen würdet, könnte ich Euch den verdienten Beifall zollen.“ Die Schmiedemeisterin bewegte sich zu Gladius Haupt und hockte sich vor ihn, nahm seinen Schopf fest in die Hand und hob seinen Kopf an, so dass ihr Gefangener ihr in die Augen sehen musste. „Hör zu, du Wer-auch-immer-du-bist. Es kann kein Zufall sein, dass neulich eine Heroldin auf dem Markt von einem flüchtigen Sklaven berichtet hat, der bei Hydras Freudenhaus großen Schaden angerichtet hat. Auch dieser ominöse Kerl war ohne Zeichen. Sprich frei heraus: Bist du der gesuchte Assassin? Und was ich noch mehr begehre zu wissen: Wer hat dich beauftragt? Was für Ränke werden hier geschmiedet?“ Gladius spürte den dicken Kloß in seiner Kehle. Sein Mund war staubtrocken. Sein Blick flatterte unstet hin und her. Sollte er alles abstreiten?

Die Schmiedin ließ ihn los, stand auf und verließ die Kammer, doch kurz darauf kam sie mit einigen Utensilien zurück. Sie stellte die Öllampe auf das Tischchen und warf die Gegenstände daneben, so dass sie vom Licht beschienen, und Gladius sie betrachten konnte: ein Holzpflock, ein dicker Hammer, eine Zange mit langen Griffen, eine Eisenstange. Als er genauer hinsah, bemerkte er zu seinem Schrecken, dass die ellenlange Stange an einem Ende orange leuchtete. Jetzt spürte er auch die Hitze bis zu sich. Die Schmiedin klang fast gelangweilt, als sie ihn vor die Wahl stellte: „Entweder du dichtest mir eine Mär und wählst den Schmerz zum Geleit, oder du entscheidest dich für die Wahrheit. Du bestimmst, wie es weitergeht. Aber Mätzchen erlaube ich nicht in meinem trauten Heim.“

Gladius ächzte leise. Düstere Wolken legten sich über seine Gedanken. Würde das Weib die Wahrheit glauben? Das er weiland der Schultheiß der Leda war? Würde sie es als Posse abwinken und die peinliche Befragung beginnen? An Inspiration schien das Weib nicht zu darben. Und auch Gladius verfügte über genügend Fantasie, um zu wissen, wozu die Mitbringsel der Dame gut waren - insbesondere in seiner exhibierten Position. Seine ersten Worte kamen nur röchelnd aus seiner Kehle gekrochen. „Wollt Ihr mich ausliefern?“ Die Schmiedin grinste. „Hab Dank. Das war die erste Antwort. Und sie war offenbar wahr. Nun schildere mir auch den Rest!“ Gladius hatte nichts zu verlieren. Er raffte seinen Mut zusammen und berichtete von Anfang an. Vom Untergang Ledaniens, von seiner Flucht, von der Suche nach Aphron und der Ahndung seines Übergriffs. Die Schmiedin lauschte gebannt. Und sie schien ihm Glauben zu schenken. Er schilderte jedes Detail, das sich in seinen Kopf eingebrannt hatte. Und schließlich beendete er seine Beichte, als er von dem Versuch erzählte, eine Blankwaffe und vielleicht sogar ein Ross zu stehlen. Hier, in dieser Waffenschmiede.

Was hatte ihm seine Beichte nun gebracht? Die Stille, die herrschte, schmerzte ihm in seinen Ohren. Wie sah sein Kismet aus? Der einen Folterschergin aus den Klauen geschlüpft, dafür aber dem Scharfgericht überantwortet? Oder Hydras persönlichen Rache? Die Schmiedin zog einen scharfen Dolch. Gladius hielt die Luft an. Auf diese Weise würde es wenigstens schnell zu ende gehen. Er presste seine Lippen zusammen und schloss die Augenlider in Erwartung seines letzten Atemzuges. Doch er fehlte in seinem Glauben. Das Weib schnitt mit geschickten und flinken Bewegungen wie die eines Tuchscherers die Fesseln des Gefangenen auf. „Ich habe Hydra noch nie gemocht.“ Gladius rieb sich die geröteten Handgelenke und hatte schlagartig das dringende Bedürfnis, seine Blöße zu bedecken. Die Schmiedin lachte, warf ihm seine Gewandung zu und reichte ihm einen irdenen Krug mit Ale. „Ihr sollt nicht darben. Ich bringe Euch noch ein Fladenbrot, Trockenfleisch und ein paar reife Früchte. Dann könnt ihr von Dannen ziehen.“

Gladius bedankte sich herzlich für den als Bündel gepackten Proviant. Dazu überreichte seine Retterin ihm noch eine Karte der Umgebung auf einer gerollten Ziegenhaut. „Ich werde Euch das nie vergessen, Weib.“ Die Schmiedin grinste. „Eure Courage hat mich beeindruckt.“ Und in Gedanken fügte sie hinzu: „Und ein so prächtiger Recke sollte nicht als huldvoller Sklave irgendeiner Furie enden.“ Als Gladius sich zur Tür wendete, rief die Handwerksmeisterin: „Wartet! Etwas haben wir noch vergessen.“ Gladius drehte sich um. Die Schmiedin führte ihn zu der Esse, wo glühende Kohlen leuchteten. Ein Brandeisen lag darin. Sie holte es hervor: ein Wappen mit Amboss und Hammer, darunter ein verschnörkelter Buchstabe. „Das F steht für Flamma. Das ist mein Name.“ Gladius durchfuhr wallend ein heißkalter Schauder. „Ich verstehe. Ohne Brandzeichen werde ich nicht weit kommen.“ Die Worte schmeckten bitter auf seiner Zunge, aber sie waren die unerschütterliche Wahrheit.

Flamma nickte schmunzelnd. „Zieh deinen Schurz hinab und stütze dich da an dem Gitter ab. Halte dich gut fest.“ Sie fuchtelte mit dem Eisen vor ihm hin und her. Gladius stöhnte und biss die Zähne zusammen. Flamma reichte ihm ein Stück Leder, auf das er beißen sollte. Er versuchte, sich auf den Schmerz vorzubereiten, aber das war unmöglich. Und kurz darauf zischte es. Ein Männerschrei hallte durch die Schmiede, der mehr nach einem Waschweib klang. Das geschürte Eisen hatte ihn leidenschaftlich geküsst. Doch auch sein Brüllen frommte nichts gegen die glutheiße Pein, und Tränen erzählten in seinen Augen von seiner Not.

Derweil hockte Leda auf dem kalten Steinboden des Kerkers in den dicken Mauern der schwarzen Trutzburg, die Cassandra unter Tagaras Anweisungen in Windeseile auf Felsengrund im ehemaligen Ledanien hatte bauen lassen. Nur ein wenig altes Stroh bildete ihr Lager, und über ihr hauchte das Beinhaus einen morbiden Gestank aus, der dem eiternder Glieder glich. Die Hohepriesterin saß dagegen bequem auf einem purpurroten Samtkissen mit Troddeln an den Ecken auf einem hölzernen Sessel an einer Balustrade zum Innenhof, wo eine tiefe ovale Kampfgrube ausgehoben worden war. Zwei große Eisentore sorgten für den Zugang in die kleine Arena. Die massiven Wände waren mit großen Steinquadern verkleidet. Am oberen Rand sicherten daumendicke Eisendornen, die nach unten gebogen waren, dafür, dass nichts und niemand über die Mauern gelangen konnte.

Hin und wieder hatten Cassandra und Tagara dort Gladiatoren zu ihrem Vergnügen kämpfen lassen. Dreizack, Netz, Schwert, Axt, Morgenstern, Kriegshammer, Klingenschiene, Dolch und Streitkolben… Die Bewaffnung wechselte ständig, um Megara und den höchsten Ladys in ihren prachtvollen Kleidern vergnügliche Kurzweil zu garantieren, wie es sich geziemte. Gestern hatte ein nackter Hüne mit Dornschild und Breitschwert gegen drei Zwerge in Narrenkostümen mit Sicheln gekämpft – und verloren. Zur Belohnung der Sieger hatten drei Edelfräuleins die Kleinen in ihr Bett geholt; doch dem Hünen erging es schlecht. Er durfte in der Nacht das Lager mit einem Dutzend Kampfsklaven teilen, deren Keuschheitsgürtel für diesen Zweck sogar geöffnet wurden. Eine gelungene Lektion, wie Tagara befand. Eigentlich war das Strafmaß eher eine Gnade. Beim nächsten Mal würde er gewinnen, war sich die Maluspriesterin sicher. Oder sich in die eigene Klinge werfen.

Heute gab es ein außergewöhnliches Spektakel: ein Kettenziehen zwischen einem Troll und einem Elefanten – ein grauer Riese mit großen Stoßzähnen, der aus dem wilden Süden des Alten Kontinents stammte. Der Troll trug eiserne Bein- und Armschienen sowie monströse genietete Stiefel mit fingerlangen Spikes an der Sohle, damit er genügend Halt hatte, um die Kette zu ziehen. Die gewaltigen Kräfte spannten das schwere Eisenband über dem Boden. Die Zuschauerinnen hielten den Atem an und fächelten sich aufgeregt Luft zu. Gebannt starten sie hinab in die Grube. Doch trotz der vier Beine des grauen Riesen, der laut mit seinem Rüssel trompetete, gewann der kraftstrotzende Troll das Wettziehen.

Cassandra ließ einen zweiten Elefanten in die Grube bringen. Endlich wurde der brüllende Koloss von dem Duo besiegt. Die Tiere zerrten ihn mit gemeinsamer Macht im Gleichschritt über den Boden der Grube. Die Hoheit stand von ihrem Thronsessel auf und zeigte theatralisch auf den Verlierer: „Mag der Versager seine verdiente Strafe empfangen.“ Der Troll brüllte laut, ängstlich und wütend zugleich, und ließ sich nur mit Schlingen und Piken von acht Wachsklaven bändigen. Eine Palast-Centuria schoss eine eiserne Kugel mit ihrer Trollbola ab und traf den Schoß des Ungeheuers, der augenblicklich auf die Knie krachte und sich anschließend mit mehreren Halsschlingen triezend abführen ließ.

Eine bunte Parade aus Soldatinnen und Kampfsklaven präsentierte ihre facettenreichen Uniformen und marschierte zum Takt einer Pauke an der Brüstung der Hochwohlgeborenen vorbei. Stolz schwangen die uniformierten Weiber ihr Rapier, und die Muskeln der Krieger glänzten vom Schweiß in der Sonne. Die fürstliche Pracht auf der Balustrade nickte gnädig, und die Herrscherin schaute zufrieden auf die Elite ihrer preisenden Streitkräfte herab, die hinauf zur Tribüne salutierten.

In Hochlaune betrat Tagara derweil ihr Gemach und wies ihre Kammerdienerin an: „Heute ist der Tag gekommen. Bringt die versiegelte Truhe in den Kerker und übergebt sie meinem Gast.“ Die Bedienstete versank in einen tiefen Knicks. Die Palastwache wusste sofort, was die Priesterin meinte. Heute sollte Leda ihren Abas empfangen. Sie verneigte sich tief und verließ nach einem Knicks den Raum. Tagara goss sich aus einem Krug dunklen Rotwein in einen Silberkelch und trank ihn in einigen Zügen leer, ohne ihn zuvor von ihrem Mund abzusetzen. Ein Festtag! Fürwahr!









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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:08.04.23 18:37 IP: gespeichert Moderator melden


Das würde sie auf ihre ganz besondere, eben königliche Weise feiern. Sie lustwandelte in das Harem der Königin und winkte behufs drei Liebessklaven zu sich. Angeblich waren die frisch eingetroffenen Exemplare ausgezeichnet im Osten des Reiches ausgebildet worden und ganz auf ihre Gelüste geübt. Tagara würde sich an ihren Künsten laben und entscheiden, welcher der Jünglinge bei ihr bleiben dürfe. Die beiden anderen sollten fürbass auf einer Plantage oder einer Galeere unter der Knute von Wächterinnen ihr Können beweisen. Cassandra würde keine ihrer Entscheidungen in Frage stellen.

Keine halbe Stunde später erleuchteten mehrere Fackeln die Dunkelheit des Kerkers in den Tiefen des Bollwerks. Leda schaute auf und hielt sich einen Arm schützend vor die Augen. Das Licht brannte sich bis in ihren Schädel. Die Wachfrau, die ihr ihre frugale Speise brachte, kam sonst alleine. Leda verrottete hier in diesem dunklen Loch, ohne jemals eine andere Person zu sehen. Kummer und Gram sollten an ihr nagen. Mehrere Wachsklaven schleppten eine schwere Truhe herbei und schoben sie schrill scheppernd in das Verlies. Das Schloss der großen Kiste war geöffnet. Leda blickte irritiert zwischen dem Kasten und den Männern hin und her, dann hob sie den Deckel der mit Eisen ausgeschlagenen Truhe an. Im Hintergrund hielt sich die Majordoma und beobachtete die Gefangene dabei.

Leda erkannte in der Silhouette ihren Gemahl, obwohl er schon lange kalt und zu den Alten Göttern gegangen war. Hatte die anführende Centuria einen Schrei erwartet, wurde sie enttäuscht. Leda schlug den Deckel kraftlos wieder zu und kroch langsam in eine Ecke ihrer Zelle und verharrte daselbst wie gelähmt. Sie wirkte entrückt und geistesabwesend. Und sie entließ nicht den kleinsten Laut von ihren Lippen, denn längst war sie nicht mehr Gefangene der cassandrischen Armee. Längst war sie frei. Frei wie ein Vogel. Sie lebte in ihren Träumen wieder als Königin des blühenden Ledaniens und seinen Auen. Neben ihr saß ihr Gemahl Abas, ein würdiges Lächeln auf den Lippen. An den Seiten des Thrones saßen ihr Schultheiß Gladius, der Majordomus Hagbard und der Oberste Gardist Zelos. An der großen mit Holzschnitzereien verzierten Eingangstüre stand Nike, Gardistin und Weggefährtin. Auf dem Marmorboden in der Thronhalle zeigte ein großes rundes Mosaik das Wappen ihres Reiches: eine aufrechte Löwin mit einem glänzenden Schwert in der goldgelben Pranke. Und wenn sie nach oben schaute, blickte sie in einen blauen und strahlenden Himmel.

Keine Feinde bedrohten ihr Reich. Sie hatte ihr Glück gefunden, nachdem sie stets gestrebt hatte. Es wohnte in ihrem Herzen, das nun frei war von Qual. Und des Nachts entfachte ein Feuer der Leidenschaft in der Nachtstatt der Königin. Und Abas wusste es weiter anzufachen, bis er sich in Vereinigung in ihr entlud, süß wie Honigseim. Die Gefangene merkte nicht, wie die Fackeln aus ihrem Blickfeld verschwanden, wie die Schritte der Wachen leiser wurden, als sie den Gewölbegang und schließlich die Wendeltreppe hinaufstiegen. Den Uniformierten graute es vor diesem dunklen Ort. Aber Leda bekam nicht einmal das Dröhnen mit, als eine schwere Eisentür zugeschlagen und verriegelt wurde. Kein Kienspan, keine Kerze erhellte ihre Einsamkeit. Schwärze umgab das einsame Weib. Harter Fels, nasskalter Stein, rostige Ketten und alabasterfarbenes Gebein. Und doch breitete sich ein seliger Ausdruck in ihrem Gesicht aus, während sie ihre Augen geschlossen hielt, denn sie saß auf dem Thron neben Abas und regierte ihr Königreich. Die Flechten an den modrigen Wänden des Kerkers verwandelten sich in Flor aus blühenden Rosen und währten ewiglich.



Sieben Jahre gingen ins Land:

Stürmische Böen wirbelten Staubkörner und vertrocknete Blätter durch die Luft. Neue Muster bildeten sich auf dem Boden. Kleine Pflanzen knickten um, andere erstarkten und erhielten endlich mehr Sonne. Mutter Natur war in einem ständigen Wechsel von Aufstieg und Untergang – wie auch die Menschen auf dem Alten Kontinent einer neuen Ära entgegen gingen.

Die Macht war neu verteilt. Tagara hatte die Herrscherin Cassandra skrupellos durch Schwarzmagie und Korruption entmachtet und sie ohne Umschweife vor die splendide Wahl gestellt, entweder als Hohepriesterin in den Maluskult einzutreten und im Tempel der Robenfrauen in der ehemaligen Hauptstadt des cassandrischen Reiches ihrem Bund zu dienen – oder für immer willenlos auf dem Alten Kontinent umherzuirren.

Tagara hatte der Königin für ihr Unterfangen hinterhältig ein feines Pulver ins Gesicht geblasen, das sie in einem Schmuckstück verborgen hatte. Dieses Mittel war durch alchimistische Künste und schwarze Magie der Malus-Adeptinnen so machtvoll, dass es fortan, in seinem Opfer schwärend, Cassandra zu einer willenlosen Gestalt degradierte. Damit war Tagara faktisch und definitiv alleinige Herrscherin des neuen Großreiches. Ein leerer Blick hatte Cassandras früher so glänzenden und funkelnden Augen die faszinierende Ausstrahlung wie aus dem Stegreif genommen. Sie war mit verwunderlicher Akzeptanz als Hohepriesterin in den Malustempel gezogen. Ihre Vergangenheit als Königin schien ihr keines Gedanken mehr wert zu sein. Fürbass lebte sie als Oberste Machthaberin des Maluskultes im Osten abwechselnd in ihrem alten pompösen Palast und dem nicht weniger imposanten Tempel, als sei dies schon immer das Kismet gewesen, das die Alten Götter ihr zugewiesen hätten und gerade gut genug für sie.

Doch ihr mangelte an etwas Ungewissem. Sie vermochte in ihrem Wirrsal an Gefühlen niemals genau zu erkunden, was es war. Sie lebte, sie regierte, sie genoss ihre Position und Macht, ihren Reichtum, doch letztlich vernebelte etwas ihre Sinne, und sie kam nicht dahinter, worum es sich bei dieser Bürde handelte. Sie fühlte sich wie eine Marionette, konnte aber nicht erklären, was da in ihrem Geist vor sich ging. An ihre berüchtigte Vergangenheit als Despotin des Reiches erinnerte sie sich nicht.

Sie schwang sich die edle schwarze Robe mit den blutroten Paspeln um. Heute sollten fünf Leibeigenen das Böse ausgetrieben werden. Die Sieben Prüfungen standen an. Sie stiefelte in ihrem feinen Ornat durch den Gang, der zu der großen Halle des pompösen Tempels führte. Auf dem Boden war ein Rautenmuster aus schwarzem und weißem Marmor verlegt. Sieben Priesterinnen warteten bereits auf sie, um sie von ihren schmählichen Sünden zu reinigen – und ihre Unschuld zu rauben.

Cassandra erreichte eine mit Blattgold ausgekleidete Kanzel und hob ihre Arme als Zeichen, zu beginnen. Ihre weiten Ärmel bildeten im Licht der Feuerschale eine Silhouette, die an ausgebreitete Fittiche erinnerte. „Bringt die Prüflinge herbei!“ Wächterinnen erschienen mit fünf verängstigten Sklaven. Die Malus-Priesterinnen begannen mit der Zeremonie und prüften die Leibeigenen auf ihre Talente, ihre Loyalität und ihr Tauglichkeiten.

Am Abend musste Cassandra den Herrinnen der fünf Absolventen mitteilen, dass sie die Prüfungen nicht bestanden hatten. Um den versagenden Ausschuss war es nicht schade. Die Besitzerinnen würden morgen fünf neue Leibeigene zum Tempel schicken. Für die Hohepriesterin Cassandra bedeuteten die fünf Fehlgriffe nur, dass der Malus-Kult über fünf weitere heimliche Liebessklaven verfügte. Die Niederen wurden in den unterirdischen vertraulichen Harems der Priesterinnen versteckt und ausgebildet.

Zwei der Jünglinge hatten lange gekämpft und gerungen, um die Prüfungen zu bestehen, aber Cassandra hatte längst ein Auge auf sie geworfen und erwogen, dass die Kreaturen zu schade für die Außenwelt waren. Sie erwählte sie zu Haremsdienern. Und ihre Entscheidung galt. Schließlich war sie die höchste Priesterin des Malus-Kultes. Cassandra prahlte nach außen nicht damit. Für die Gesellschaft war sie die zwar mächtige, doch stets keusche und tugendhafte Hohepriesterin, rein wie eine weiße Blüte.

Doch des Nachts, wenn Mond und Sterne am schwarzen Himmel standen und ihr silbriges Licht über die Lande ergossen, stieg sie hinab und ließ sich von zahlreichen Lustjünglingen beglücken und verwöhnen. Nach dem Akt goss sie rote Wachskerzen mit Vorliebe über den Schoß der entblößten Körper und betrachtete dann ihre Kunstwerke. Hin und wieder nutzte sie die Geißel, um das erstarrte Wachs vom Leib zu fetzen. Solch Kurzweil bot sich wunderbar zwischen den Liebesspielen im Harem an, und sie erfreute sich an dem süß berauschenden Nachhall der hellen Schreie.

Die rauschenden Orgien unter dem Tempel standen den Feiern weltlicher Despotinnen wie Prodita und Vesta in nichts nach. Cassandra gewandete sich dann gern mit extravaganten Federkleidern, bunt und appetitanregend für das Auge. Sie gefiel sich in ihrer Rolle als Priesterin fürwahr und lebte ihre lustvollen Extravaganzen im unterirdischen Harem des Tempels in vollen Zügen aus.

In der benachbarten Metropole leitete Vesta die Amtsgeschäfte und erfreute sich an einem frivolen Gesellschaftsleben in der großen Stadt. Sie residierte in einer der vier mächtigen Festungen des Alten Kontinentes. Bei ihrem Umzug aus der Provinz Cassandria hatte sie ihre Schwester Aurora mitgenommen. Schließlich gab es in dem riesenhaften Palast, den einst ihre Mutter Fama in einem Anflug von Größenwahn schaffen ließ, genügend hübsche Kellerverliese, die Aurora würdig waren. Die bleiverglasten Butzenscheiben in Vestas Gemächern fehlten zwar im Kerker; dafür waren die Wände mit groben Steinquadern behauen, die schließlich auch ihren - wenn auch öden - Reiz hatten.

In Vestas Noblesse hatte sie dafür gesorgt, dass Aurora an nichts fehlte: Wärme, Mahlzeiten, frische Luft und fleischliche Gelüste wurden ihr gewährt – wenn auch anders, als vielleicht von ihr gewünscht. So erhielt sie ein neues Brandzeichen als Huldigung an Vestas Vorherrschaft; alte Brotrinden und Haferschleim gab es in reichlichen Mengen; frische Luft durfte sie schnuppern, wenn sie an jedem dritten Tage aus ihrem Kerker geholt und in einem engen Käfig auf dem Festungshof an einem Mast in die Höhe gezogen wurde; fleischliche Gelüste waren ihr vergönnt, wenn die Wachen ihr den Keuschheitsgürtel abnahmen und sie wuschen. Doch den Gipfel der Erfüllung ließen sie sie nie erreichen. Frisch rasiert und geschrubbt wurde Aurora sauber und völlig enthaart stets wieder versperrt, was sie die kurze Freiheit vergällen ließ.

Vesta besuchte ihre Schwester nur selten. Aber hin und wieder stieg sie hinab und aalte sich bei Fackelschein am Anblick des glatt rasierten Schädels. Gern erläuterte Vesta diese Anordnungen mit „Vorsichtsmaßnahmen gegen Läuse und anderes Ungeziefer“ und kicherte dabei gespenstisch. Gleichzeitig beschwerte sie sich heute über die stickige Luft und die Dunkelheit, den Unrat und die kahlen Wände. „Du bist schuld daran, dass mein Kleid nun einen Fleck hat“, monierte sie. „Ein Dutzend Hiebe mit der Geißel auf den weißen Po meiner lieben Schwester!“ Aurora winselte mit tränenverschmiertem Gesicht und rotgeweinten Augen. Gleich würde sie über einem Strafbock geschnallt liegen und die Härte der Wächterinnen empfangen. Ihre heißen Tränen tropften auf den Boden hinab.

Eilig verließ die Herrin den Kerker, der nicht nur ihre Augen, sondern auch ihre feine Nase beleidigte, um sich ihrem Taftkleid zu entledigen und in eine Bronzewanne mit Krallenfüßen zu steigen. Das heiße Bad, in das sie tauchte, tat ihr wohlig gut und ließ sie aufseufzen. Ein wenig Rosenöl aromatisierte das Wasser. Aus einem bronzenen Basilisken floss kontinuierlich frisches Wasser in die Wanne. Eine moderne Konstruktion machte dies möglich. Es wurden dazu nur wenige Sklaven benötigt, die ein Rad drehten – irgendwo in einer Hinterkammer. Doch solche Einzelheiten interessierte Vesta nicht. Über ihr strahlte das Licht eines Kandelabers, gebrochen durch zahlreiche Glaskristalle, und zauberte funkelnde Punkte auf das Badewasser. Für einen wonnesamen Moment schloss Vesta verzückt die Augen.

Sie freute sich schon auf den nächsten Tag: Eine große Sklavenjagd stand bevor. Ob sie Aurora auch in die Wälder schicken sollte? Reizvoll war die Vorstellung, dieses aufregende Abenteuer, die Trophäen, die Freude an der Pirsch und Hatz. Das würde ihre träge Langeweile von ihr spülen. Welch schwere Bürden sie als Provinzfürstin der Metropole trug. Sollte sie gleich in den Lustgarten schlendern und den Fiedeln und Schalmeien lauschen? Oder wollte sie lieber auf ihrem prächtigen Diwan Platz nehmen und bei dem Licht einiger Bienenwachskerzen den Worten eines Sklaven lauschen, der ihr Geschichten aus einem Folianten der alten Skalden vorlas oder ihre einmalige Schönheit und ihren Edelmut pries?

Vielleicht würde Vesta sich später in ihrer Sänfte durch die Metropole tragen lassen. Auf dem Markt könnte sie einige erlesene Delikatessen, Süßigkeiten, Stoffe, Kristall und zwei Sklaven kaufen. Ein anregendes Ringen der Auserwählten könnte sie und ihre Hofdamen erfreuen. Der Sieger würde ihre Warmherzigkeit und Güte spüren. Sie gluckste bei dem Gedanken. Der Verlierer konnte nur auf das Schicksal erwarten, dass jedem Schund mit Fehl und Makel übrig blieb.

Es gab so viele Möglichkeiten. So viel zu tun. Sollte sie eine Zofe rufen, die ihr in Honig geröstete Mandeln reichte? Oder stand ihr der Sinn nach einer passionierten Auspeitschung eines Jünglings? Direkt neben dem großen Zeughaus standen mehrere Geißelsäulen und Pranger zu ihrem Gaudium bereit. Besonders die Jünglinge hatten es ihr angetan. Sie waren nicht nur die ausdauernden Liebessklaven, die ihr so viel Freude bescherten; sie jammerten auch so süß, wenn sie gestäupt wurden. Und ihre Tränenflut erst, die so salzig schmeckte, wenn sie sie ableckte und ihnen ins Ohr flüsterte: „Sei tapfer und walle deine Schwäche nieder, dann gewinnst du meine Güte und Barmherzigkeit.“ Die Jünglinge durften sich ihrer allerhöchsten Gnade erfreuen. Welch Präsent!

Doch das Beste, was sie zu hoffen hatten, war, in ein Narrenkostüm mit Glöckchen und entblößtem Schritt gesteckt zu werden und zu Flöte und Pauke zu tanzen – bis auf denjenigen, den Vesta in ihr Bett befahl. Doch am nächsten Tag konnte er sie schon langweilen und in einem Kerker landen, in eine Mine geschickt werden oder als Gladiator in der Arena um sein Schicksal kämpfen. Es gab so viele bezaubernde Spiele im Fundus der Provinzfürstin. Trotzdem seufzte sie überdrüssig und boxte gegen ein azurblaues Seidenkissen. „Holt mir einen Hofnarren! Mir ist langweilig! Und wehe, er bringt mich mit seinen Possen nicht zum Lachen!“

Die Leibwache eilte aus dem Gemach, um dem Befehl der Gebieterin nachzukommen. Wen sollte sie wählen? Einer der neuen Jünglinge würde das Spaßvogelkostüm tragen müssen. Die Uniformierte schritt stracks zu der Kammer, wo die Jünglinge sich gerade mit scharfen Klingen ihre Leiber rasierten. Sie zeigte auf einen der jungen Männer. „Du da! Komm mit! Die Fürstin wünscht dich als Spaßmacher zu sehen.“ In einer Nebenkammer reichte die Wache dem überraschten Sklaven das drollige Narrenkleid. „Beeile dich! Sonst ergeht es dir schlecht.“

Sie führte ihn hastigen Schrittes durch die langen Gänge des Palastes. „Wenn ich dir einen Rat geben soll: Schadenfreude ist Vestas größte Freude. Also lass dir was einfallen!“ Die Leibwächterin wusste, dass es nicht nur dem Sklaven, sondern auch ihr selbst schlecht ergehen würde, falls er versagen sollte. Schließlich hatte sie ihn auserwählt. Sie flüsterte dem zitternden zum Hofnarren ernannten Mann zu, wie Vesta ihm eine missratene Vorführung vergelten würde. „Und von mir erhältst du dann noch einen Zusatzlohn, den du nimmer vergessen wirst!“

Als der schlotternde Possenreißer vor Vesta einen wirbelnden Veitstanz begann, weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte, wirkte dies so unbeholfen und herzerweichend, dass sogar der Mundschenk, der neben Vesta kniete, Mitleid mit dem Jüngling bekam. Vestas Herz ging ebenso auf, allerdings in anderer Weise. Sie kargte an Erbarmen; seiner Statt frohlockte ihr Herz. Diesen Trottel würde sie auslachen und bedräuen, bis er vor Furcht und Scham im Boden versank. Abwehrend winkte sie. „Halte ein! Hör auf! Mir wird selbst ganz schwindelig. Hüpf im Kreis wie ein Häschen und grunze wie ein Schweinchen!“ Irgendwann winkte sie ab und jagte ihn von Dannen. Ihre Leibwache wies sie an, den Tollpatsch auf den Drehstuhl zu fesseln, bis ihm seine Narreteien abgefallen wären. Seufzend rief sie nach Musikanten. Vielleicht würden jene Instrumentenspieler ihre Laune verbessern.











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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:23.04.23 18:02 IP: gespeichert Moderator melden


Am Abend ließ sie eine große Platte mit den köstlichsten Braten und allerlei Vortrefflichkeiten zubereiten und in den Kerker zu Aurora bringen. Vesta ließ die Platte vor die Gitterstäbe ihrer Schwester stellen und besuchte sie in persona. „Freust du dich, dass ich dich beehre?“, frohlockte sie. „Wie ich denke, hast du beißenden Hunger, liebstes Schwesterlein. Ich habe dir die feinsten Delikatessen zusammengestellt.“ Aurora lief der Speichel im Mund zusammen, als sie die Köstlichkeiten roch und mit ihren umschatteten Augen erblickte. Diese zauberhaften Düfte…

Vesta schob die Platte zu der Gitterwand. Im Hintergrund flackerten zwei Fackeln und Funken fliegen nach oben wie ein wilder Insektenschwarm, der sich an der groben Gewölbedecke verlor. „Na, welch Ungemach! Ich fürchte, sie passt nicht hinein. Die Stäbe sind leider zu eng“, bedauerte Vesta scheinbar mitleidig säuselnd. Die Provinzfürstin schob und drückte und kippte dabei den Becher mit Wein um. „Hach, was bin ich ungeschickt. Verzeih mir, meine Liebe.“ Der rote Rebensaft ergoss sich über den Steinboden wie Blut und versickerte zum größten Teil zwischen den groben Steinquadern, die ihn durstig aufnahmen.

Schließlich zuckte sie mit den Achseln. „Es tut mir Leid, aber die wunderbaren Genüsse, die dir unser Koch zubereitet hat, erreichen dich nicht. Dabei hungert es dich doch so sehr. Du Arme!“ Vesta winkte zwei Wächterinnen herbei. „Wohlan! Nehmt davon, so viel euch beliebt. Erquicket euch daran. Es soll nicht umsonst zubereitet worden sein.“ Sie blickte mit einem lächelnden Auge zu ihrer Schwester. „Gehabt Euch wohl, meine Liebste.“ Mit diesen Worten verließ sie die Eingekerkerte. Die Wachhabenden grinsten und machten sich über den Hirschbraten her, das zarte Lammfleisch, den mit Trüffeln gefüllten Kapaun, die Rüben und den Räucherfisch. Auf der Platte lagen eine gewürzte Leberpastete, geröstete Zwiebeln, mit Schinken umwickelte Datteln, Käse, dazu Mandelgebäck, Mürbeteigkuchen, Nüsse und Trauben.

Auroras Ketten waren gespannt. Sie stand so nah am Gitter wie ihr möglich war, eingenebelt von kulinarischen Düften. Ihr lechzendes Antlitz konnte nicht verhehlen, dass sie grauenhaftes Bauchgrimmen litt und alles für einen Brosamen getan hätte. Bald schon hatten sich die Wächterinnen schmatzend satt gegessen. Fast ein Drittel des opulenten Festmahls war trotzdem noch übrig. „Bring es von dannen, den Hofhunden!“, sagte die uniformierte Frau der Kameradin und hielt sich den vollen Bauch unter ihrem Lederharnisch.

Aurora sackte ermattet zusammen, und die schweren Ketten brachten sie aus dem Gleichgewicht, so dass sie nach hinten plumpste. Ihr nacktes Gesäß war nur zum Teil von dem Keuschheitsgürtel bedeckt. Sie kroch auf allen Vieren auf den kalten Steinen in ihre Ecke, wo die Ketten an der Wand angebracht waren, zurück, und wo sie nur als Schemen zu erkennen war. Ihr Magen knurrte so laut, dass es bis zum Ohr der Wächterin drang, und diese herzhaft lachte. „Vielleicht hätte ich dich die Knochen abknabbern lassen sollen. Was meinst du, du Made?“ Sie leckte sich schnalzend die fettigen Finger ab und seufzte zufrieden und satt.

Einige Stunden später, als sich Vesta von ihrer Zofe in ein kostbares Nachtgewand, das mit Perlen verziert war, ankleiden ließ, hörte sie von der Bediensteten, dass die Wachen sich über den knurrenden Magen der Aurora ausbreiteten und darob scherzten. Vesta überlegte kurz und klingelte nach einer Palastwache. „Meine Schwester leidet Hunger. Das ist nicht hinzunehmen!“ Die Wachfrau schluckte und fürchtete eine scharfe Zurechtweisung oder gar Bestrafung. Doch dann befahl Vesta zu ihrer Erleichterung: „Kredenzt ihr einen großen Kübel Haferschleim, um sie zu erquicken. Und einen Trichter, der ihr hilft, ihn zu leeren.“ Eine Stunde später lag Aurora würgend mit einem aufgeblähten Bauch in ihrer Zelle, als habe sie vor neun Monaten den Samen eines Recken empfangen.

Am nächsten Tag ließ Vesta ihr Blut ausnahmsweise aus ihrem Kerkerloch. Doch nur, um es an den Rand des höchsten Turmes des Palastes, dem Bergfried, zu stellen und ihr sadistisches Spiel mit der Verhassten zu treiben. Mit verbundenen Augen und gekrümmtem Rücken wankte das kahle, weiße und entblößte Weib zwischen zwei Zinnen des Turms. „Stehen bleiben“, befahl Vesta mit schneidender Stimme, als Aurora die Kante vor dem Abgrund erreicht hatte. Sie trat näher zu ihrer verhassten Schwester und umfasste ihre spindeldürren Waden, dass die Blinde zuckte vor Schreck. „Nimm dir die Augenbinde ab, Schwesterlein.“ Als Aurora ihre noch mit einer zwei Spann langen Kette gefesselten Hände hob und die Binde wegzog, verlor sie vor Schreck fast das Gleichgewicht und wäre beinahe in die Tiefe gestürzt. Vesta lachte vergnügt gackernd und trieb ihr Schindluder weiter. „Sei gegrüßt, Schwesterlein! Siehst du, dass meine Macht über dich grenzenlos ist?“ Auf ein Fingerschnippen würde ihre Wache die Gefangene in den Tod hinabstürzen.

Aurora litt seit ihrer Jugend an Höhenangst und schlotterte nun in Panik auf dem schmalen Granit-Sims. Kalter Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn und lief ihr in die Augen, denen die Brauen fehlten. Ihre Nasenflügel waren gebläht. Vesta erblickte ihr zitterndes und hechelndes Opfer und grinste sie an. „Und wenn die Sonne ihren Zenit erreicht, reiten wir auf Sklavenjagd aus. Soll heißen: Ich reite, du rennst…“ Vesta lachte herzhaft und volltönend. Sie grinste ihr Gegenüber sardonisch an. Aurora schrie unmittelbar laut los. So schrill, dass selbst Vesta erschrak. Schlagartig fuhr Aurora herum und schlang den Hals ihrer Schwester um die Handkette, zog sie zu sich hoch. Die Kette umschloss fest Vestas Hals. Die Provinzfürstin zappelte in der Luft, wischte mit ihren Armen umher. Vesta wehrte sich verzweifelt, drückte ihre Fäuste gegen Auroras nackte Brust, doch die Entblößte entwickelte unglaubliche Kraft und drehte sich mit Vesta herum…

… und stürzte mit ihr in die Bodenlosigkeit. Vor Vestas Augen tauchte das verzerrte Gesicht ihrer Schwester auf: der Kahlkopf, die brauenlosen Lider, der müde Blick, der auf einmal irr und gefährlich loderte und trotzig keinen Schlummer in ihre Augen ließ. Die Welt drehte sich wie eine Trollbola um die beiden wirbelnden Leiber. Vestas Fingernägel kratzten suchend durch die Luft. Die durchdringenden Schreie der Schwestern schallten gellend über den Innenhof und die gesamte Palastanlage und brannten sich in die Ohren der Augenzeugen ein wie glühende Schürhaken.

So jäh, wie die Laute aufgebrandet waren, so schlagartig endeten sie traun, würgte das Kreischen ab, als die beiden wie nasse Säcke auf dem Pflaster landeten. Nur einen Lidschlag lang herrschte gespenstische Stille. Eine Zofe stand in der Nähe und schrie jäh los wie am Spieß, als ihr Kleid und Gesicht von Nässe besprenkelt wurde. Centurias und einfache Wachen liefen im Laufschritt herbei, andere schauten vom Turm hinab zu den beiden leblosen Geschöpfen am Fuß des Bergfrieds. Aurora lag in obszöner Position auf ihrer Schwester, deren Kleid hochgerutscht war und ihre Leibwäsche entblößte. Das Dekolleté der Fürstin war zerrissen, und eine Brust schaute bar hervor, als wolle sie ein Mündel nähren. Ein Käuzchen, das auf einer Holzschindel eines Vordaches hockte, schrie drei Mal. Die Wächterinnen der Palastgarde fassten furchtsam nach ihren Amuletten, die sie alle um den Hals trugen und vor Unglück bewahren sollten. Ein Käuzchen mitten am Tage? Das konnte nur ein böses Omen bedeuten.

Die Nachricht von dem Unheil erreichte Cassandra einige Tage später durch einen Briefraben. Wochen darauf landeten auch Raben bei Tagara, alias Megara, und kurz darauf an der Westküste bei Prodita in der schwarzen Festung. Während Cassandra eine große Malus-Messe im Tempel für Vesta abhielt, bei der zwölf Sklaven ihre Opfer brachten, um die Alten Götter für die Aufnahme des Geistes zu entlohnen, frug sich Prodita, wie sie die Situation in der Metropole für sich nutzen konnte. In der westlichsten Bastei, tief in den Felsen des befriedeten Ledanien war Proditas neuer Regierungssitz, da es Tagara lieber war, wenn sie die ehemalige Senatorin und spätere Regentin des Stadtstaates aus ihren gewachsenen Verbindungen riss. Einen militärischen Putsch wünschte sich Tagara als allerletztes. Prodita sann fortan, wie sie ihre Macht erweitern könnte; und die politischen Wirren, die in der Metropole nun nach Vestas Abdankung aufwirbeln würden, kamen ihr zupass. Womöglich würde Tagara nach Osten ziehen und ihr, Prodita, den gesamten Westen überlassen, so sinnierte sie. Doch das wussten nur die Alten Götter.

Tagara ließ den mystischen Personenkult um Megara wieder aufleben und schaffte es in nur wenigen Wochen, die frühere Tyrannin beinahe zu einer Göttin hochzustilisieren. Sie hatte sich bewusst Zeit dafür gelassen, doch dann war der Schicksalstag da: Tagara, alias Megara, ließ sich als alleinige Herrscherin ausrufen. Längst war sie die eigentliche und tatsächliche Imperatorin und vertrat Cassandra, die als Hohepriesterin im Osten den Maluskult anführte. Doch nun sollte Tagaras Krönung ganz offiziell werden. Dafür war eine mächtige Krone, das Hoheitssymbol der Macht, gefertigt worden, die eher einer diabolischen Dämonenfratze ähnelte. Sie sollte Angst und Schrecken verbreiten. Und das würde sie wahrhaftig.

Bei ihrer Inthronisierung in ihrem alten Palast im ehemaligen Stadtstaat der Helena zur „Imperatorin“, wie sie sich fortan nennen ließ, waren links und rechts von ihr große Amphoren aufgebaut worden, aus denen Nebel waberte. Als „Tagara“ die Krone vom Kissen nahm und festhielt, verdichtete sich der Schleier. Als er langsam zu Boden sank, trug die Imperatorin die Krone auf dem Haupt. Und in ihrer königlichen Tracht manifestierte sich eine veränderte Gestalt. Die Menge raunte. Vor ihnen stand Megara. Welch Wonne! Die Göttin war zurückgekehrt!

Ihre Augen blitzten und flackerten wie Kerzen in den Höhlen eines Schädels. Durch ihre endgültige Fleischwerdung erstickte der Geist ihrer Schwester Tagara, deren Leib sie sich angeeignet hatte. Irgendwo im Osten in eine kleine Ampulle gesperrt, verloren in einem wüsten Durcheinander einer verlassenen Alchemistenkammer. Tagara hörte auf, zu existieren. Dafür lächelte Megara ihre Untertanen großmütig an und breitete die Arme aus. Das Volk jubelte der neuen Majestät zu. „Im –pe – ra – to – rin!“ Die Chöre schwollen so laut an, dass die Luft zu vibrieren schien. Die größte Glocke des Alten Kontinents läutete zur Thronfeier. Und mit ihr schlugen Glocken im ganzen Reich den ganzen Tag, die restliche Nacht und bis zur Morgenröte Schein. Fanfarenbläser und Bannerträger kündeten im ganzen Land von dem großen Ereignis.

Die pompöse Feierlichkeit verschlang Unsummen, ließ Tausende Sklaven bis zum Umfallen schuften, sorgte für die tausendeinhundertelf eingeladenen Gäste für größtmögliche Behaglichkeit, für ausufernden Luxus und Saus und Braus. Der gewaltigste und teuerste Ball aller Zeiten füllte alle Hallen des Palastes und Innenhöfe und Lustgärten dazu. Sieben Tage lang dauerten die Feierlichkeiten, bei denen spärlich bekleidete Tanzsklaven mit klirrenden Armringen, Gauklergruppen, Akrobaten, Schwertschlucker und Feuerspucker neben mehreren Musikkapellen für nie zuvor dagewesene Unterhaltung sorgten. Und Megara schwor sich: „Wer mich jemals wieder als Tagara betitelte, soll zunächst seine Zunge einbüßen, und dann bei Sonnenaufgang jeweils ein weiteres Stück, das auf einem Spieß gesammelt und ausgestellt wird. - Und nun steht mir der Sinn nach ein wenig Harfenspiel… Oder vielleicht spiele ich lieber mit einem Sklaven…“

Einige Tage, nachdem Megara ihre Regierungsgeschäfte als Imperatorin aufgenommen hatte, durchstreifte die hehre Reichsführerin mit Lust die vielen Gänge und Räume ihres Palastes. Von Monarch Talos erschaffen und ihr selbst erweitert worden, blieb er in seiner Pracht unerreicht. Die Imperatorin betrachtete mehrere goldene Lüster mit Kristallen daran, die tonnenschwer von der Stuckdecke hingen. „Blattgold! Jetzt weiß ich, warum die Decke so… unangemessen für meine Göttlichkeit ist. Es fehlt Blattgold!“ Die Majordoma, die ihr wie ein Schatten folgte, notierte den Wunsch der Imperatorin augenblicklich mit ihrem angespitzten Calamus auf ein Blatt gerolltes Pergament. Beim Schreiben rutschte ihr ständig ein Teil ihrer Toga über den Bogen. Verärgert musste sie mehrfach ansetzen. Ihre schlechte Laune würde sie sich später beim Sklavenreiten abreagieren.

Und auf dem Marktplatz sollte eine gigantische Statue ihres göttlichen Leibes gebaut werden – höher als jemals zuvor ein Monument gewesen war. Megara plusterte sich auf und präsentierte sich auf dem großen Balkon, der zum weitläufigen Marktplatz zeigte. Hinter der Balustrade aus Marmorsäulen schaute sie auf ihr Volk hinab. An den Seiten wurde sie von zwei Leibgardisten flankiert. Die Zweibeiner trugen jeweils einen großen bronzenen Nasenring, der ihnen fast bis zum Kinn reichte; die Füße steckten in hohen, schwarzen Lederstiefeln, deren Schaft bis über den halben Oberschenkel langte und vorne einen fingerlangen Dorn eingearbeitet hatte. Neben Keuschheitsgürteln waren sie mit einem kurzen Rock aus einzelnen Lederstreifen bekleidet, die in metallenen Spitzen ausliefen. Am breiten Gürtel hing ein scharfer Dolch, in der Hand hielten sie jeweils eine Hellebarde mit gefährlich gezackten Klingenblättern. Der Oberkörper war in ein genietetes Ledergeschirr gekleidet. Die Stirn war von einem Lederband bedeckt, an dem vorne ein geschliffener Turmalin prangte.

Megara beachtete ihre Leibeigenen nicht, die für sie nur unsichtbares Inventar darstellten. Ihre Gedanken führten sie zu Leda, ihrer Widersacherin, die seit über sieben Jahren unter den Argusaugen der Prodita im Kerker der westlichen Felsenfestung vegetierte. Megara hatte ihren Triumph nun so lange Zeit vor Leda verborgen, nun wollte sie der Konkurrentin endlich eröffnen, dass sie, Megara, die alleinige Herrscherin über den gesamten Alten Kontinent war. Die einzig wahre Imperatorin! Welch süße Genugtuung das werden würde!

Und die kleine Zitadelle des verhassten Weibes war vor sieben Jahren ebenfalls dem Erdboden gleichgemacht worden. Kein Stein stand dort mehr auf dem anderen. Längst wuchsen Büsche und sprossen junge Bäume zwischen den Steinbrocken, die im Wind flüsterten und einige brüchige Fundamentreste umzierten. In der Nähe hatte eine Küferin mit ihren Leibeigenen einen länglichen Kotten mit Fachwerk errichtet. Doch an das ledanische Banner erinnerte nichts mehr. Eine Herde braun gescheckte Färsen graste in der Nähe und betrachtete in stoischer Ruhe, wie zwei Arbeiter gerade die Dauben eines großen Bottichs mit eisernen Reifen zusammenpressten. Die Küferin stolzierte in ihrem feinen Paletot mit Stehkragen zwischen den Leibeigenen hin und her und gab Anweisungen.

Ein Sklave schärfte ein Werkzeug an einem großen Wetzstein. Die Küferin versetzte ihm eine schallende Ohrfeige und anschließend eine kräftige Kopfnuss. „Halte die Klinge in kleinerem Winkel!“ Der Sklave gehorchte und konzentrierte sich auf seine Arbeit. Er war nicht erpicht, die berüchtigten Lederriemen zu spüren, die die Herrin mit Nieten versehen hatte. Er erinnerte sich ungetrübt an die jüngste obligate Züchtigung für ungeschickte Hände. Da schauten sogar die Färsen und Heidschnucken in der Umgebung auf, wenn das weibische Greinen des Sklaven laut über die Felder und Wiesen drang.

Wenn ein Nordwest wehte, erreichten die leidenden Rufe sogar die Mühle. Zusätzlich zu den großen Windflügeln ließ die Müllerin das Getreide auch mit vier schweren Mühlsteinen mahlen. Sie versorgte Bäckereien und sogar die schwarze Felsenfestung der Prodita. Dutzende Sklaven schufteten unter den Peitschen und Stöcken der vier Aufseherinnen und der Müllerin, um die wuchtigen Steine zu bewegen. Regelmäßig machten sich auch Leibeigene auf den Weg zum Fluss, wo Treidelschiffe die Mehlsäcke weitertransportierten, Scheffel um Scheffel. Die Karren wurden von Sklaven gezogen, da Rösser oder Ochsen der Müllerin zu kostspielig waren. Treidelschiffe fuhren die Ware dann zum Beispiel in die große Stadt, die weiland König Talos I. gegründet hatte. Die Bäckereien buken die feinsten Brote für die feinere Gesellschaft und natürlich den Palast der Imperatorin.

Doch derzeit weilte Megara nicht in ihrem Domizil. Die Imperatorin reiste prunkvoll bis zur neu geschaffenen westlichen Bastion. Wahrlich fuhr sie wie eine Göttin: 120 Treidelsklaven zogen das pompöse Gefährt, auf dem ein kostbarer Thron weit über den Köpfen der Untertanen angebracht war. Die sechzehn Räder waren aus Stein und mit Eisenreifen ummantelt, um das kolossale Gewicht bewerkstelligen zu können. Eine breite und geschwungene Treppe, die mit kirschrotem Teppich ausgelegt war, führte hinauf zu dem mit Gold und Juwelen besetzten Sitz der Imperatorin. Die Oberfläche war mit purpurfarbenem Samt besetzt, ein vergoldetes Geländer umlief das Gefährt.

Als göttliche Gardistinnen begleiteten den Zug der Imperatorin auf jeder Seite 24 Centurias, als Nachhut folgten weitere 120 Treidelsklaven als Ablösung, 50 Kampfsklaven und zwölf Centurias. Als Vorhut ritten zwölf Centurias und vier Duxas an der Spitze. An den Seiten der Zugsklaven kümmerten sich links und rechts jeweils zehn Antreiberinnen mit langen knallenden Peitschen und kürzeren klatschenden Lederriemen um ein zügiges Vorkommen der göttlichen Gebieterin.

Es war ein Wunder, dass das Ungetüm von „Kutsche“ überhaupt über die Straße kam. An vielen Stellen mussten schwitzende und ächzende Kampfsklaven dafür sorgen, dass die Räder sich nicht im unbefestigten Untergrund festfraßen. Obwohl die Hauptstraße vor einigen Jahren für den Handel zwischen Ledanien und dem Stadtstaat der Helena großzügig ausgebaut worden war, überforderte den Pflasterweg das enorme Gewicht des monströsen Gefährts mehrfach. Die Peitscherinnen hatten tüchtig zu tun, die Leibeigenen vorwärts zu zwingen und die Helfer mit der Arbeit anzutreiben. Erbarmen oder Mitleid kreuzten nie ihren Weg.

Die Treidelsklaven mussten alle paar Wegstunden am Rande ihrer Kräfte ausgetauscht werden. Trotzdem verlangte der ununterbrochene Marsch alles von ihnen ab - und zuweilen auch darüber hinaus zu viel. Megara richtete einen arroganten Blick hinter sich hinab zu zwei Leibeigenen, die wankten und sich kaum noch auf den Füßen halten konnten. Die Imperatorin hob eine Augenbraue und rief: „Peitsche jemand diese liederlichen Kreaturen zurück in die Reihe! Das sieht ja furchtbar unordentlich aus.“ Zwei Centurias kümmerten sich sofort um diese leidige Sache.

Nachdem die zwei Erschöpften die Reitpeitschen geschmeckt hatten, die ihnen offenbar wieder Kraft schenkten, blieben sie einigermaßen im Schritt der restlichen Nachhut. Zur Sicherheit versprach die eine Centuria der Reihe Treidelsklaven, in denen die Misstäter marschierten, eine Massenzüchtigung, falls wieder jemand aus dem Tritt geriet. Megara rümpfte ihre Nase. Warum ging das nicht zügiger voran? Diese lahmarschigen Kreaturen! Sie ließ erneut eine Centuria zu sich winken. „Beschleunigt den Marsch! Sputet euch!“ Die Uniformierte salutierte, beugte ihr Haupt und bedauerte: „Hochwürdige Imperatorin! Wir schlagen bereits den schnellsten Takt. Die Sklaven ziehen fieberhaft mit aller Kraft.“ Megara fauchte: „Dann sorgt dafür, dass die faulen Köter mehr Kraft aufbringen! Oder wollt Ihr in ein Geschirr steigen und ihnen höchst selbst helfen?“ Die Centuria verneinte erschrocken und ein wenig beleidigt und salutierte erneut. „Sehr wohl, meine Imperatorin! Ich werde den Takt erhöhen.“ Zufrieden und gnädig nickte Megara und entließ die Offizierin.















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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:28.04.23 15:14 IP: gespeichert Moderator melden


Ganz prima und nach meinem Geschmack! Bin gespannt ob und wie Megara noch ihren Willen bekommt......

[Edit]: Dieser Eintrag wurde zuletzt von sheeeep am 28.04.23 um 15:49 geändert
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:06.05.23 18:27 IP: gespeichert Moderator melden




Nach einem strapaziösen Weg erreichte Megara endlich die schwarze Felsenburg und ließ sich von ihrer Gouverneurin Prodita begrüßen. Nach der strapaziösen Reise nahm die Imperatorin zunächst ein Bad mit duftendem Rosenöl, dann ließ sie sich von zwei Liebesdienern entspannen, besuchte nur kurz das opulente und dekadente Empfangsbankett, das Prodita hatte auftragen lassen, und in der Folge verabschiedete sie sich zur Nacht in ein feudales Gemach mit prächtigem Himmelbett.

Morgen, nach einer kleinen Stärkung und einem heißen Bad, würde sie Leda besuchen und ihr die süße Botschaft überbringen, dass sie wieder die Alleinherrscherin über den Alten Kontinent war. Sieben Jahre lang verrottete die verfemte Leda in dem Festungsbunker. Morgen sollte sie die herrliche Wahrheit erfahren. Megara freute sich schon darauf, der ehemaligen Königin diesen zuckerigsten aller Augenblicke zu schenken, der für die Verhasste aufkeimen würde wie eine schwärende Wunde.

Als die Sonne bereits seit fünf Stunden am Himmelsrund stand, stolzierte Megara in den tiefen Kerker hinab. Doch was sie erblickte, ließ sogar die Tyrannin schlagartig den Atem anhalten: Eine zusammengekauerte jämmerliche und ausgezehrte Gestalt hockte in ihrer Zelle, an rostige Eisenketten gebunden. Megara entriegelte das schwere Gitter und trat in den kleinen düsteren Raum, in dem die einzige Bewohnerin seit Jahren dahinvegetierte. Mit einer Fußspitze tippte sie die elende Figur zu ihren Füßen an. Doch Leda reagierte nicht darauf. Megara schnaubte durch ihre Nase und rief: „Weißt du, wen du vor dir hast? Ich bin Megara! Die Imperatorin! Göttin des Alten Kontinentes!“ Doch wieder rief sie keine Wirkung hervor. „Erkennst du mich nicht, du blindes Ding?“, frug sie. Ledas vergrämtes Gesicht verzog sich fast unmerklich zu einem entrückten Lächeln. Megara wurde wütend. Sie hatte sich einen Aufschrei erhofft. Entsetzen. Bestürzung. Pein. Betroffenheit. Verblüffung. Doch nichts dergleichen geschah. Die Zeit schien still zu stehen.

War die Eingekerkerte bereits der Umnachtung anheimgefallen? Enttäuscht verließ sie die Zelle wieder. Der Wache befahl sie garstig mit einem gallebitteren Geschmack im Mund: „Mir dünkt, die Missgeburt sehnt sich nach mehr Müßiggang. Mauert sie ein! Eine milde Gabe für die Götter. - Oder die Würmer“, spie sie aus. Sie stiefelte unwirsch in die Gastgemächer hinauf, die Prodita ihrem hohen Besuch zu Ehren in der Festungsanlage zur Verfügung stellte. Dunkelheit und Dreck ließ sie hinter sich. Doch ihr Groll klebte an ihr wie Pech und Schwefel. Sie gab der Provinzfürstin von der einzumauernden Leda kund. „Appelliert nicht an mein Herz – ich habe keins.“ Prodita hatte dergleichen nicht vorgehabt. Sie war sogar froh, endlich diesen berühmten Schandfleck in ihrem Kerker los zu sein.

Maurer verschlossen kurz darauf Ledas Kerkerzelle mit dem letzten Ziegel. Der letzte Lichtschein erlosch – wie in einer Gruft. Doch Leda lächelte entrückt und schloss kurz darauf saumselig die Augen. Absolute Stille trat ein. Keine Kette klirrte mehr. Kein Rascheln war zu vernehmen. Es herrschte Frieden. Der gesamte Gewölbekeller des untersten Kerkerflügels war verriegelt worden und mit dem Siegel der Imperatorin verplombt. Prodita schmeichelte ihrer Majestät: „Eine weise Entscheidung, ehrenwerte Imperatorin. Überreifes Obst sollte man stets den Würmern überlassen.“ Dabei wusste sie genau, dass jede Person, der Megara überdrüssig wurde, schnell selbst zu Fallobst wurde. Mit einem eingefrorenen Lächeln knickste die Fürstin vor ihrem hohen Gast, um ihr den Respekt zu zollen.

Verdrießlich und griesgrämig reiste die Imperatorin noch am selben Tag mit ihrem Tross zurück zu ihrem Palast. Während der Reise zu ihrer Residenz und später auch dort durften zahlreiche Sklaven ihre mürrische Laune ertragen. Mit aller Härte trieb sie die Arbeiten an ihrer gigantischen Statue voran, die tunlichst bald zum Himmel hoch erstrahlen und von der unendlichen Macht der Megara künden sollte. Die Sklaven schufteten in aller Eile Tag und Nacht, und doch ging es der Regentin nicht schnell genug voran. Antreiberinnen peitschten sich die Arme lahm, und doch hinkten sie dem Zeitplan der Herrscherin hinterher.

Während unter Prodita in der schwarzen Westfestung ein strenges militärisches Regime erblühte, das hunderte Sklaven von den Häfen aus als Galeerenruderer und Fischerarbeiter unter ihrer Knute schuften und schinden ließ, erfreute sich auch Cassandra als höchste Priesterin des Malus-Kultes im Osten des Alten Kontinents stabiler politischer Verhältnisse. Nur in der nahe gelegenen Metropole herrschten unruhige Zeiten, denn nach der unfreiwilligen Abdankung Vestas stritten sich mehrere Edelfräuleins um die Nachfolge. Lautem Gegacker gleich, diskutierten die Senatorinnen und feinen Damen sowie Duxas um Vestas Erbe. Aus wohlfeilen und ausufernden Debatten von Ladys wurden zankende Drachen mit spitzen und scharfen Zungen, die ihr Feuer spuckten. Kleinere Scharmützel waren an der Tagesordnung, wenn die Herrinnen der respektablen Gesellschaft wie Furien ihre Sklaven und private Milizen aufeinander hetzten.

Bald schon ging die Provinz in ein Chaos über. Megara schickte ein Elite-Heer Kampfsklaven mit vierzig Centurias und einer Duxa an der Spitze gen Ostprovinz und forderte aus der Gegend Cassandria Unterstützung an, um Ruhe und Ordnung wieder herzustellen. Megara schwor sich, das Zepter nimmermehr wieder aus der Hand zu legen und verlangte eine harte Hand gegen alle Aufständischen und ein Ende der Tumulte. Sie würde das neue Reich nicht auf den Hund kommen lassen. Und alle, die sich gegen sie wandten, sollten einen gepfefferten Preis dafür berappen. Ungebührliches Betragen würde rigoros bestraft.

Ränke wurden geschmiedet, Höflinge auf ihre Loyalität peinlichst befragt, Duxas bereiteten einen Putsch vor, Adelsdamen in Glanz und Gloria versuchten mit Gold und Juwelen das freie Bürgertum auf ihre Seite zu ziehen. So manche Hofdame ließ sich von Tand und Geschmeide zügig umstimmen. Schmutzige Wäsche wurde gewaschen, um die Nebenbuhlerin ohne viel Federlesens in ein schlechtes Licht zu rücken, Gift und Galle gespuckt, Garn gesponnen, das die Konkurrentin mit Ehr abschneidendem Schmutz überschütten sollte. Doch als die bis auf die Zähne bewaffneten Truppen der Imperatorin eintrafen, schworen alle Fräuleins schlagartig der Megara ihre unbedingte Treue und wuschen ihre Händchen in Unschuld.

Eine Delegation Scharfrichterinnen prüfte alle Hinweise auf versuchte Aufstände, die das Tribunal vernahm, weil die Fräuleins sich gegenseitig löblich denunzierten, und urteilte die Prügelsklaven als amtliche Sündenböcke der beteiligten Damen mit harten aber gerechten Richtersprüchen zu schweren Züchtigungen ab. Die Imperatorin setzte eine vertraute und ihr gewogene Duxa in das Amt der neuen Provinzfürstin ein. „Zum Gedeih!“, prostete die Imperatorin der ernannten Statthalterin der Metropole zu. Die ehemalige Duxa namens Regula neigte vornehm ihr Haupt und nippte an dem Goldkelch, in dem edler Rotwein schwappte. Sie strotzte vor Hochmut und war stolz wie ein Pfau. Nun war sie die Herrin über die wichtigste Ostprovinz des Alten Kontinents. Ihr war ihre Position wie ein reifer Apfel in den Schoß gefallen, ohne die Lande verheeren zu müssen und setzte sich so ins gemachte Nest. Mit ihr würde nicht gut Kirschen essen sein, das war den Damen klar.

Später sollte ein wahrer Augen- und Gaumenschmaus folgen, wenn die Dienstboten unter tiefen Kratzfüßen eilfertig gewaltige Tabletts mit köstlichem Wildbret, Wachteln, würzigen Suppen, dicken Eintöpfen und deftigen Aufläufen mit Erdäpfeln, Bohnen und Kohl auftischten. Mit reichlich kaltem Cider erfrischten die Damen ihre Kehlen und feierten noch bis tief in die Nacht beim Licht zahlreicher schmucker Girandolen die neu gewonnene Gesellschaftsordnung.

Am nächsten Tage brach sie mit einer großen Reiterschar auf in den Osten, um in ihre Fürstenresidenz einzuziehen. Nicht ganz so pompös war ihr Gefolge, wie das der Imperatorin, doch auch ihre Sänfte zeugte nicht von allzu viel Bescheidenheit. Nichts an der ehemaligen Duxa erinnerte noch an die militärische Gewandung, die sie getragen hatte. Regula war fürderhin in ein edles Gewand aus Samt und Seide in Zinnoberrot gekleidet, verziert mit weißen Perlen und goldenen Borten. Sie trug Goldschmuck an Ober- und Unterarmen, hatte ein kostbares Collier angelegt und auf allen ihren Fingern steckten Ringe aus Gold und Silber. Sie saß auf ihrem thronartigen Sessel und hielt einen kleinen Zepterstab in der Hand, der mit Diamanten, Rubinen, Saphiren und Smaragden veredelt war – die Insignien ihrer Macht. Nur Eingeweihte erkannten, dass es ein stilisierter Phallus war.

Zwei Hünen in ledernen Harnischen beschatteten ihren Leib mit großen Palmwedeln. Das Gefährt wurde von zwanzig Sklaven gezogen, die zu jeweils vier Mann einen von fünf Holzpfählen drückten, der in der Mitte mit einer Deichsel verbunden war, die an dem Fuhrwerk der Regula endete. Die Holzpfähle waren mit Lederriemen vor die Brust der Niederen positioniert, so dass die Leibeigenen wie Pferde oder Ochsen eingespannt waren. Regula hatte an die Antreiberinnen die Anordnung ausgegeben, nicht mit der Peitsche zu sparen. Sie wollte die Reise so zügig wie möglich hinter sich bringen. Ihre Vergangenheit in der Streitmacht konnte sie jedoch nicht ganz verleugnen, und so achtete sie penibel darauf, dass alle Zugsklaven im Gleichschritt vorwärts trotteten. Die Leibeigenen im Zuggeschirr fürchteten nichts mehr, als zu stolpern und aus dem Takt zu kommen. So etwas war mit drakonischen Strafen belegt.

Hinter dem Gefährt trippelten bereits sechs Sklaven, die in der Herde unangenehm aufgefallen waren. Sie hatten die Geschöpfe mit kurzen Fußketten und Halsringen an das Gefährt gekettet. „Hier lernt ihr, nicht zu stolpern“, hatte eine Uniformierte in engen Lederhosen und passendem Wams hämisch gesagt. Die Länge der Fußkette war willkürlich von den Frauen gewählt. Einer der Männer konnte nur kleinste Trippelschritte machen, und musste sich sehr mühen, die Geschwindigkeit des Gefährts einzuhalten. Ein anderer war mit seinem Halsring mit einer ungewöhnlich kurzen Kette sehr niedrig an das Fuhrwerk gebunden, so dass er nur tief vorgebeugt laufen konnte. Regula lobte die Soldatin für „gutes Händchen mit den Kreaturen“, denn die Körperhaltung des Ungeschickten symbolisierte eine ständige Verbeugung vor seiner Fürstin, wie es sich geziemte.

Zum Zeichen ihrer Schande trugen die Sündigen außerdem keinerlei Kleidung, doch stattdessen eine Mundbirne, die ihre Kiefer weit aufspreizten. Der Speichel floss ungehindert aus ihrem Maul und tropfte zu Boden. Wer jedoch zum zweiten Mal versagte, also unbelehrbar und widerspenstiges Verhalten zeigte, der würde zusätzlich hundert Peitschenhiebe auf das Gesäß erhalten. Anschließend würden die Striemen mit Salz und Wasser gesäubert. Eine wahrhaft gesalzene Strafe! So war es bestimmt: Der Sturheit Sold ist das Salz. Diese teuflische Züchtigung hatten die Gardistinnen der Regula bisher noch nicht ausführen dürfen. Doch sie waren sich gewiss: Regula würde schon dafür sorgen, dass es dazu kam, wenn sie den Zug weiterhin so gnadenlos vorwärts trieb. Es war nur eine Frage der Zeit.

Einige Uniformierten freuten sich bereits darauf. Ein paar der Antreiberinnen hatten vor dem Aufbruch darum gewürfelt, wer in den Genuss kommen sollte, die Peitsche zu schwingen, wenn der Schuldige mit entblößtem Gesäß über einen Holzbock gelegt wurde. Vielleicht würden sich ja mehrere Soldatinnen die begehrte Tätigkeit teilen dürfen.
Regula war bereits während ihres Militärdienstes dafür bekannt gewesen, gern in ihrem Privatgemach junge Sklaven für ihre eigene Lust zu schlagen und mit Wachs zu begießen. Nichts feuerte ihre Leidenschaft so sehr an, wie ein weinerlicher Jüngling, der seine Zunge zwischen ihre Schenkel grub, bis sie vor Entzückung frohlockte. Die salzigen Tränen und ihr süßer Lustsaft vereinigten sich dann zu einer erregenden Melange. Daher würde sie insgeheim gar eine offizielle Auspeitschung befürworten und sogar ersehnen. Und als kurzweiliges Spektakel war so eine Züchtigung auf der langweiligen und anstrengenden Reise wohl wünschenswert.

Die Dienstboten in der Metropole trugen das Wappen der Vesta auf ihrer Tunika, eine enge Kurzhose und Stiefel mit Gamaschen. Ein Stirnband aus Leder gehörte ebenfalls zu ihrer Gewandung. Regula starrte das genähte Wappen der Metropole mit skeptischen Argusaugen an. Sollte nicht ausnahmslos Megaras königliches Zeichen zu sehen sein? Sie befahl, die Dienstboten mögen ihre Tuniken augenblicklich ausziehen und sich die Schande abschrubben. „Majordoma!“, wies sie ihre persönliche Begleiterin an. „Verbrennt diesen Plunder. Vestas Zeiten sind verstrichen. Lasst auf alle Gewandungen und Banner nur noch mein eigenes nähen. Das Tragen aller anderen Kokarden und Wahrzeichen steht ab dem heutigen Tage unter strenger Strafe!“ Megaras Farben waren natürlich ausgenommen.

In den folgenden Stunden hasteten Zofen und Leibsklaven durch den Palast, um sämtliche Embleme der Vesta niederzureißen. In einer Kemenate des Anwesens mussten die Wappen umständlich aus der Holzdecke gehobelt werden. Mehrere kleine Trupps Kampfsklaven, angeführt von Centurias, durchkämmten die Metropole penibel Gasse für Gasse, um Mosaiken, Fahnen, Wandgemälde und Büsten der Vesta zu entfernen. Herolde verkündeten laut auf allen Plätzen das Verbot von Vestas Wappen. Demonstrativ gehörte zu jedem Trupp Soldaten ein Standartenträger, der Megaras Abzeichen präsentierte. Wer mit dem obsoleten Zeichen erwischt wurde, musste mit bösen Konsequenzen rechnen und fand sich im Kerker wieder, gebissen von Wanzen und glühenden Zangen.

Einen Tag später fuhr Regula mit einem Einspänner in persona durch die Metropole, um sich davon zu überzeugen, dass nichts mehr an ihre Vorgängerin erinnerte. Regula bevorzugte an ihrem Einspänner einen kräftigen Sklaven in Rossgeschirr und Filzkappe mit Feder. Mit einem zweibeinigen Zugtier war sie viel beweglicher, als sie es mit einem vierbeinigen Kaltblüter gewesen wäre. Als Duxa war Regula noch an die militärischen Regeln gebunden und musste auf Kriegszug einen Hengst mit wallender Mähne reiten. Doch ihre wahre Liebe galt den Zweibeinern. Als Statthalterin der Metropole konnte sie nun aus einem umfangreichen Repertoire wählen: Sänfte, Ross, Equipagen, Einspänner, Mehrspänner, Tragesessel oder Palankin.

Für offizielle Anlässe würde sie den gewaltigen Wagen der Vesta nutzen, der von drei Dutzend Arbeitssklaven gezogen werden musste. Er war schwerer als drei Triböcke. Die Wappen an dem schwerfälligen Ungetüm waren bereits überpinselt worden. Manche Kampfsklaven der Vesta hatten das Pech, Vestas Abzeichen als Brandmal zu tragen, wie es bei einigen Legionen und Truppeneinheiten Usus war. Regula schwankte noch, ob sie das Mal einfach mit einem neuen größeren Zeichen überdecken oder die Unglücklichen in dunkle Stollen als Arbeiter schicken sollte, wo solch unerwünschte Hautzier kein vornehmes Auge beleidigen konnte.

Sie schlenderte in einem atemberaubenden Tournürenkleid durch den prachtvollen und feudalen Kuppelsaal des Palastes und betrachtete die großen Ölgemälde an den Wänden, die von der unbeschränkten Macht der feinen Damen Cassandrias erzählten, vom blühenden Leben auf dem Markt der Metropole und ihren Sklavenauktionen, von Züchtigungen widerspenstiger Kreaturen, von ehrenhaften Eroberungszügen und auch von den berüchtigten und gefürchteten Trollen. Des Weiteren waren Berühmtheiten wie Fama, Cassandra und Megara dargestellt – auf dem Thron oder auf einem hohen Streitwagen.

Einem Leibsklaven, der ihr dezent in Rufweite durch die Gänge folgte, befahl sie: „Bring er mir eine Karaffe mit ledanischem Met.“ Regula wusste genau, dass in der Metropole solch Gebräu nicht aufzutreiben war. Der Dienstbote lief augenblicklich los und versuchte, den Wunsch seiner Herrin zu erfüllen. Als er in der Weinkammer und die Köche ausfragte, wuchs in seinem Gesicht eine Bestürzung, die seines gleichen suchte. Er ließ sich eine Karaffe mit cassandrianischen Honigwein geben. Wenn die Fürstin den Unterschied bemerkte, würde ihn das etwas kosten. Mit zitternden Händen eilte er zurück zu Regula, die mittlerweile eine große Büste aus dunkelgrünem Jadestein betrachtete: Sie zeigte eine Succubus des Maluskultes. Schaudernd drehte sich die Fürstin herum zu dem Dienstboten, der unter einer tiefen Verbeugung seiner Gebieterin ein silbernes Tablett entgegenstreckte, auf dem eine Kristallkaraffe mit Honigwein und ein kleiner Pokal standen. Irgendwie schaffte es der Leibsklave, unter weiteren Bücklingen das Tablett mit einer Hand zu halten und gleichzeitig aus der Karaffe den Trank in den Pokal zu gießen.

Regula nahm ihn und schlürfte die kühle Erfrischung die Kehle hinab. Sie stellte das Gefäß leer wieder auf das Tablett und drehte sich grübelnd zu der Jadebüste um. Als der Diener schon aufatmen wollte, schoss Regula zu ihm herum und schalt: „Will er mich vergiften? Das ist Honigwein aus der Provinz Cassandria! Und Fusel dazu! Was hat er sich dabei gedacht!? Trink selbst!“ Der Sklave schlotterte am ganzen Leib. Pokal und Karaffe klapperten und klirrten auf dem Tablett. Der Mann goss sich vorsichtig ein und nippte daran. „Verzeiht, Euer Gnaden! Ich…“ Regula herrschte ihn an wie ein fauchender Drache: „Sauf die Karaffe aus!“ Der Leibeigene gehorchte, goss sich drei Mal den Pokal voll, bis die Karaffe schließlich leer war. Die Fürstin bestand darauf, dass der Diener nun ledanischen Met herbeischaffe. Wieder flitzte der Sklave, mittlerweile ein wenig schwingend und wankend, davon. Was sollte er nur tun?

Er taumelte durch die Gänge, zurück in die Küche, wo er jeden Bediensteten befragte, ob nicht irgendwo ledanischer Met aufzutreiben sei. Letztlich kehrte er resigniert und ergeben zurück. „Hochwürdige Fürstin! Es ist nichts zu finden, nach dem ihr begehrt. Es tut mir schrecklich Leid. Ich…“ Dem Dienstboten standen Tränen in den Augen. Er hatte seinen Kopf tief gesenkt. Regula stand gespreizt vor ihm und fiel ihm blaffend ins Wort. „Hüte dein Schandmaul! Du willst mir sagen, dass du meinen Wunsch nicht erfüllst? Du solltest dein loses Mundwerk besser im Zaum halten, wenn du nicht willst, dass es dir abhanden kommt!“ Sie winkte einen Wächtersklaven der Palastgarde herbei und befahl ihm: „Gib ihm seinen Lohn!“ Der Wachmann holte mit seiner ledernen Zuchtrute aus und prügelte auf den hilflosen Diener ein, auf dessen Leib zahlreiche Striemen erblühten. Mehr und mehr breiteten sich über den geschundenen Leib aus.

„Das reicht!“, entschied Regula schließlich. „Steh auf, du nichtsnutziger Wurm! Jetzt bedanke dich bei deiner Gebieterin für den Lohn!“ Der Sklave gehorchte und verbeugte sich vielmals hektisch vor seiner Fürstin. „Es kommt nie wieder vor! Ich schwöre es bei… Megara!“ Regula stolzierte um den Leibeigenen herum und tippte mit einem spitzen Finger mehrfach gegen dessen Schulter. „So bringe mir nun eine Frugalis ridiculus. Mir steht der Sinn seit heute Morgen danach. Mir läuft schon das Wasser im Munde zusammen…“ Der Sklave nickte und verneigte sich. „Sehr wohl, hochwürdige Fürstin! Ich eile, sie Euch zu bringen.“ Regula hob ihren warnenden Zeigefinger. „Und enttäusche mich nie wieder! Sonst wirst du auf dornigen Pfaden wandeln.“ Damit verschwand der Leibsklave hastig und mit pochendem Herzen. Das meckernde Lachen Regulas, das sich an den Marmorwänden brach, vernahm er nicht mehr.










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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:16.05.23 19:51 IP: gespeichert Moderator melden


Unglaublich gut !Ich kann mich nur wiederholen : "Das Reich der Megara" ist ein Meisterwerk ! Es mögen dir deine Ideen nie ausgehen ! Wieder einmal herzlichen Dank dafür!

liebe Grüße
Christian

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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:21.05.23 18:24 IP: gespeichert Moderator melden




Gladius hatte es geschafft, die nördlichen Wälder zu durchqueren und schließlich eine unbesiedelte Hügellandschaft zu erreichen. Nach und nach baute der Eremit sich daselbst im Schweiße seines Angesichts eine Bleibe, die immer mehr einer mit großen Farnwedeln und Moos bedeckten Blockhütte ähnelte. Die Schmiedin Flamma hatte ihm noch einige weitere nützliche Utensilien mitgegeben, darunter Nadeln und Faden und Messer. Gladius war von Schopf bis Fuß in Hirschleder gekleidet und verfügte über zwei Bögen, eine Axt, zwei Beile und zwei Dolche sowie einen Spieß. In seiner Hütte gab es eine Feuerstelle, einen Kupfertopf und hölzernes Essbesteck. Einige seiner Habseligkeiten hatte er unterwegs frank und frei fahrendem Volk stibitzt, andere selbst hergestellt.

Bei seinen „Raubzügen“ musste er so manches Mal Fersengeld geben und wäre zwei Mal fast erwischt und wohl dem Hanfseil überantwortet worden. Doch die Alten Götter waren gnädig mit dem Schlagetot Gladius. So lebte er als Jäger in den Hügeln und Wäldern des Nordens. Auch richtete er sich eine kleine Alchemiekammer ein, wo er mit Pulvern und Kräuterextrakten experimentierte. Schon vor Jahren hatte er versucht, das magische Feuerpulver herzustellen, das das Westvolk in ihren Donnerrohren verwendete, doch es war ihm nicht gelungen. Er wusste zwar, dass Holzkohle und Schwefel nötig war - er hatte sich einen Vorrat beschafft -, aber irgendetwas fehlte ihm noch.

Wieder und wieder musste der Forschende erfolglos die Mischungen wegkippen. Bedächtig und gewissenhaft hielt er sich an die Rezepturen von Caduceus und Aphron, die er sich in Erinnerung rief, fügte eigene Kreationen hinzu, aber es blieb immer beim gleichen traurigen Ergebnis. Auch die Zugabe von Jod, Zinn, sogar Gold waren sinnlos. Jeden Abend betete er zu den Alten Göttern um Rat. Und bei Vollmond, wenn die helle Scheibe ihr Licht auf die Erde gießt, brachte er ihnen sogar Opfer dar, aber das Wissen um das Schwarzmagiepulver der Westler blieb ihm verschlossen wie ein Buch mit sieben Siegeln.

Gladius baute sich eine primitive Destillations- und Extraktionsapparatur, verflüssigte in einer kleinen Esse Edelmetalle und Eisen, Blei und Kupfer. Mit Mörser und Stößel zerrieb er Krallen eines Dachses, Kräuter und Knochen zu einem feinen Mehl. Schlangengift und andere Ingredienzien wie Salz und seltene Mineralien fügte er hinzu – zwecklos. Er versuchte mit Phosphor, den er selbst herstellte, eine Wirkung zu erzielen. Auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten, erinnerte er sich an eine Schrift von Caduceus, in der etwas von Salpeter stand. Gladius machte sich sofort auf den Weg an eine Stelle, wo das Gesuchte zu finden sein könnte. Kalkreiche Böden gab es in der Umgebung. Des Weiteren sollte er die Notdurft von Tieren darin vermengen. Das Gemisch siedete er in Wasser und erhielt so salzige Kristalle.

In schlaflosen Nächten versuchte er zu erkunden, was der königliche Alchemist genau geschrieben hatte. Wie sollte der Salpeter bearbeitet werden? Und wozu? Gladius probierte herum und schüttete eines Tages den gesamten Vorrat an Salpeter in eine Schüssel mit etwas Holzkohle. Ungläubig und pessimistisch vermengte er die Zutaten. Daraus würde wieder kein Zauberpulver werden. Und Schwefel hatte er sowieso kaum noch. Den Rest wollte er eigentlich noch behalten, aber dann entschloss er sich doch dazu, ihn dazuzumengen. Mit einem Stößel mahlte er den Inhalt klein und fein. Dann entnahm er eine Portion, legte sie auf den Boden und hielt einen glimmenden Fidibus daran. Jäh fauchte eine Stichflamme auf und ein lauter Knall ertönte.

Gladius sprang in Deckung und erspähte die rauchenden Überreste durch die Luft rieseln. Sein Mund stand vor Überraschung und Staunen weit offen. Er hatte das Zauberpulver für die Donnerrohre gefunden! Und es funktionierte offenbar auch ohne die seltsamen Gerätschaften. Wie ein Prahlhans stolzierte er gockelhaft umher und träumte schon von der Herstellung eines eigenen Donnerrohres. Doch dazu fehlte ihm so viel geheimes Wissen, dass seine Hoffnungen nur gering waren, sein Ziel zu erreichen. Trotz aller Widerstände versuchte er sich an seiner kleinen Esse an diversen Kreationen, doch mit nichts ließ sich das Zauberpulver blitzartig verschießen.

Nach einigen Wochen der intensiven Forschung gab er schlussendlich frustriert auf. Dafür hatte er einen anderen Plan. Er hatte von Megaras Machtergreifung erfahren und wollte sie ein für alle Mal vernichten. Er würde ein ganzes Fass mit Zauberpulver mischen und in der Nähe der Tyrannin zerbersten lassen. Dafür würde er einen hohen Preis zahlen müssen: sein Leben. Aber dazu war er bereit. Mit dem Ende der Megara würde der Alte Kontinent für immer und ewig frei sein.

Es vergingen weitere sechs Monate, bis Gladius die beste Mischung gefunden hatte. Er stellte genügend Zauberpulver her, um damit ein Fässchen mit doppeltem Boden zu füllen. Nach weiteren Vorbereitungen machte sich der ehemalige Schultheiß der Leda auf den Weg zur Hauptstadt der Tyrannin. Endlich würde er den Geschmack der Rache genießen können. Er hatte in Erfahrung gebracht, dass die verhasste Megara in ihren alten Palast heimgekehrt und sich zur Imperatorin gekrönt hatte. Gladius tarnte sich als bärtiger Leibeigener mit Bettlerkappe, die er sich tief in die Stirn zog. Er lieferte das Fässchen als „besonders exquisiten Wein“ auf einem Handkarren eines Böttchers in den Palast der Herrscherin. Flammas Brandzeichen tat ihm nun trefflich Dienste, denn die uniformierten Wärter rissen ihm die Beinkleider vom Hintern, um nach einem Mal Ausschau zu halten. Die Wachen ließen sich damit überzeugen, ohne dass sie misstrauisch wurden.

An Gladius schien ein begnadeter Mime vorbeigegangen zu sein. „Ein Präsent seiner Herrin an die göttliche Imperatorin“, hatte er geflissentlich verkündet und virtuos den gossengeborenen Botensklaven gespielt. Im Gesindehof rollte er das Fässchen vom Handkarren und schleppte es in einen Eingang zur Kochstube. Ein Küchenknecht, den dicke schwarze Augenbrauen schmückten, zeigte ihm den Weg und heißte ihn: „Bring Er das Fass hinten in die Weinkammer. Dort, links an der Feuerstelle vorbei durch die Tür mit dem gusseisernen Rankenmuster.“ Gladius nickte dankend und brachte das Fässchen in die besagte Kammer. Mehrere Lieferanten und Boten schwirrten in den Gesindegängen umher, so dass er zwischen ihnen gut abtauchen konnte. In diesem Flügel des Palastes ging es lebhafter zu, als auf einem Markt: Handwerkssklaven vom Gürtler, Hufschmied, Schneider und Schlosser bis hin zu Webern, Steinmetzen und Sattlern eilten umher. Hin und wieder kostete einer der Leibeigenen einen kräftigen Hieb mit einem Lederriemen von den uniformierten Gardistinnen der Festung.

Erst viel später fiel dem Küchenknecht auf: „Sag mal, Libarius, hast du den Weinlieferanten gesehen?“ Der Koch mit seiner weißen und fleckigen Schürze zuckte mit den breiten Schultern. „Nein, welchen Lieferanten?“ Der Küchenknecht runzelte die Stirn und schaute in der Weinkammer nach. „Wo ist das neue Fass?“ Libarius frug: „Was für ein Fass?“ Der Küchenknecht berichtete von der Lieferung, doch Libarius war sich sicher, dass heute kein Wein gebracht werden sollte. „Vielleicht ein Versehen. Eine Falschlieferung. Er hat das Fass wohl wieder mitgenommen, so ein Schlendrian!“ Stände er nun vor ihm, würde er ihn mit der Gürtelschlaufe entlohnen. Oder ihn mit dem blanken Arsch in eine heiße Pfanne setzen. Er erinnerte sich an einen Kürschner, der vor einigen Tagen irrtümlich mehrere Ballen feuchtes Ziegenleder in den Palast geliefert hatte, das fürchterlich stank. Die Wächterinnen hatten nicht gezaudert, den Mann kurzerhand in seine Lederbahnen zu wickeln und ihn darin von Arbeitssklaven bis vor die Stadtmauern rollen zu lassen. Über Stock und Stein und durch die Gossen.

Der Knecht hob drohend seinen Schlehdornstab, den er stets bei sich trug, um die einfachen Arbeiter anzutreiben, und murrte: „Hoffentlich hat der Kerl nicht noch mehr mitgenommen! Das würde ihm schlecht bekommen, wenn die Palastwache davon erfährt. Bei Langfingern und Schabernack schwingen die Gardistinnen gern Prügel und Dreschflegel, um das Mannsbild von seiner Narretei zu heilen!“ „Kümmere dich um deinen Kram“, rief der Koch mit sonorer Stimme und wischte sich die Hände an einem schmutzigen Tuch ab. „Es gibt genug zu tun. Du weißt, was Megara alles für Delikatessen kosten will.“ Die Männer machten sich wieder an die Arbeit und vergaßen den ungewöhnlichen Vorfall schnell.

Gladius hatte seine Gewandung gewechselt und seine Haarpracht geändert: den falschen Bart nahm er ebenso ab. Megara hatte gewiss Vorkoster. Er musste so nah wie möglich an die Despotin gelangen, bevor er das Fässchen anzünden durfte. Der selbsternannte Rächer hatte zwar nach einer Formel des Caduceus berechnet, wie kraftvoll das Pulver sein musste, um sogar Mauern einstürzen zu lassen, doch wollte er kein Risiko eingehen. Er schlich sich durch einen Gang und legte sich auf die Lauer. Er musste an eine Uniform eines Dienstboten, eines Leibsklaven gelangen. Als einfacher Wächter würde er nicht unauffällig durch den Palast laufen können. Die Wachmannschaften bildeten Einheiten und kannten sich untereinander zu gut. Aber Leibsklaven gab es nicht viele außerhalb der Lustjünglinge im Harem. Gladius seufzte. War alles umsonst gewesen? Gab es denn keine Möglichkeit?

Als er Schritte durch den Gang hallen hörte, die nur von schweren Stiefeln der Wachen stammen konnten, öffnete er mit pochendem Herzen eine Tür und lugte hinein. Die Alten Götter waren mit ihm! Es war niemand in dem Gemach. Er schlüpfte hastig hinein und verriegelte hinter sich die Tür. Er traute seinen Augen kaum: Welch ein Luxus! Welch ein Prunk! Gladius staunte über den Stuck an den Wänden und Decken. Mit Blattgold war es überzogen. Die Möbel waren mit dicken Polsterkissen überzogen und mit feinsten Daunen gefüllt, wie er merkte, als er zur Probe Platz nahm. Felle bedeckten den Marmorboden. Ein mannshoher Kamin beherrschte den Raum. Auf seinem Sims stand ein silberner Kandelaber. Neben der Feuerstelle schien die Sonne durch ein großes Fenster mit runden, rötlichen Butzenscheiben.

Gladius schaute hinaus: Einer der Innenhöfe des Palastes war zu sehen. Gladius vermutete, einen der Lustgärten der Megara vor sich zu haben. Nicht weit entfernt kicherten einige Edelfräuleins in ihren taillierten und bauschigen Kleidern mit gesteiften Spitzenkragen und wedelten sich mit Seidenfächern frische Luft zu. Ihre langen Haare hatten sie kunstvoll zu hohen Turmfrisuren hochgesteckt und mit Perlenbändern und Haarnetzen geschmückt. Sie saßen und standen um einen kleinen Zierbrunnen, in dem ein fröhliches Wasserspiel plätscherte, als wolle es der Schönheit Pracht dieser weiblichen Wesen Beifall zollen. Der Beobachter musste zugeben, dass er einem Liebesspiel mit diesen bezaubernden Damen nicht abgeneigt wäre – ein schöner Tagtraum nur, der still in ihm wucherte.

Gegenüber liefen sieben nackte Sklaven scheinbar sinnlos im Kreis. Gladius sah genauer hin: Die Leibeigenen waren mit ihren Handgelenken über dem Kopf mit einer kurzen Kette an ein riesiges Holzrad befestigt, das sich wie ein Karussell horizontal zum Boden auf einem senkrechten Pfosten drehte. Aber wozu? Trieben die Kreaturen ein Mühlwerk an? Nein, Gladius erkannte auf der Seite, die den Damen zugewandt war, auf dem Boden einen breiten Streifen mit glühenden Kohlen. Gladius stockte der Odem. Die Gestalten mussten bei jeder Umdrehung durch die Glut laufen! Wehmut bebte in ihren Gliedern und Gesichtszügen, aber auch Verzweiflung. Aber warum blieben sie nicht einfach stehen? Gladius erblickte keine Wächterin mit Peitsche, die Kreaturen anzutreiben. Doch dann erkannte er das perfide System: Der Glutstreifen war so breit, dass er immer von einem Sklaven berührt wurde, egal, wo die Zweibeiner stehen bleiben würden. Der Gepeinigte hatte ein heißes Verlangen danach, das Rad augenblicklich weiterzudrehen. Die Anderen versuchten dagegen, das Rad zu stoppen, aber die Fußsohlen in der Kohle erweckte enorme Kräfte in dem Betroffenen.

Und so blieb diese Martermaschine niemals stehen, obwohl die Leibeigenen bereits mehr wankten und ihre Köpfe erschöpft hängen ließen. Wer wusste, wie lange sie schon im Kreis liefen, ohne Speis und Trank, ohne Pause? Die Kohlen weckten jedes Mal die schwankenden Männer wieder auf. Besonders, wenn der große Blasebalg aus Ziegenleder ohne Zartgefühl betätigt wurde, der an der Seite auf einem Gestell neben der Glut angebracht war und von einem Sklaven mit schwarzer Gugel betätigt wurde, wenn die Ladys mit den Fingern schnippten, die keine Höflichkeit oder Erbarmen kannten.

Gladius erschauerte. Spekulierten die Damen darauf, dass sich sechs Kerle verschworen und das Rad abbremsten, um sich zu verschonen, dafür aber den siebten der ihren zu opfern? Schlossen die feinen Luxusweibchen Wetten ab? Noch konnte der Siebte das Rad jedes Mal aus eigener Kraft in Gang setzen. Aber wie lange noch? Sechs gegen einen war ein schweres Los. Die entblößten und kahl geschorenen Kreaturen konnten durch Nummern auseinander gehalten werden, die auf ihren Gesäßen dick und groß eingebrannt waren. Gladius schüttelte angewidert ob der Grausamkeit seinen Kopf. Was nützte den Damen eine Schar Männer mit gegrillten Füßen?

Sein Fass hatte er hinter einer Säule in der Nähe einer Wand versteckt, wo es hoffentlich nicht auffiel. Wo befand sich in diesem riesigen Palais die Imperatorin?, fragte er sich. Gladius seufzte resignierend. Er wusste nicht einmal, wo die Thronhalle war. Wie sollte er das Fass in der Nähe der Tyrannin deponieren? Warum kam jetzt nicht just eine Maluspriesterin herein, deren Robe er sich nehmen und die Kapuze tief ins Gesicht ziehen konnte? Doch Wunschdenken brachte ihn nicht weiter.

Einige Räume weiter goss sich eine Centuria der Palastwache aus einer Korbflasche eine Erfrischung in einen Tonbecher und trank. Die Uniformierte trug ein braunes Lederwams mit geschwärzten Nieten und einem Kettenkoller darüber, darunter ein weißes Baumwollhemd mit Stehkragen. Enge Beinkleider aus dünnem Leder steckten in hohen Stulpenstiefeln. Auf dem Rücken verliefen von den Schultern hinab ab den Seiten Pailletten aus Perlmuttscheiben. Ihren Umhang hatte sie schon abgelegt und über einen Scherenstuhl geworfen. Nun befreite sich von ledernen Armstulpen und Handschuhen. Die Soldatin rief einen Leibsklaven herbei, der ihr aus dem engen Schuhwerk half. Sie setzte sich dazu, drückte dem Dienstboten eine Sohle gegen den Hintern, während der Mann den anderen Stiefel vom Fuß zog. Dann folgte der zweite.

Bald entledigte sich das Weib auch dem Kettenkoller und Lederwams. Nun zog sie eine Justaucour, einen engen Gehrock, an, auf dessen Rücken ein großer Mantikor abgebildet war, der ihre Einheit als Wappensymbol trug. Der seidige Innenstoff glänzte im Licht des Raumes. Die breiten Aufschläge aus goldfarbener Borte am Revers zeugten von ihrem militärischen Rang. Nachdem sie eine weite Reise durch zerklüftete Felslandschaften bis in den Osten des Alten Kontinentes hinter sich gebracht hatte, um die neue Provinzfürstin Regula in ihren Regierungsbezirk zu begleiten, war sie froh, wieder bequemere Gewandung tragen zu können und den Staub der Straße hinter sich zu lassen.

Der Sklave brachte eilfertig ein neues Paar sauberer Stiefel aus weichem Leder. Am Abend würde die Centuria ein heißes Bad nehmen und sich einen oder zwei Lustsklaven gönnen. Sie würden ihren Leib massieren und mit warmem Öl verwöhnen. Die Centuria würde ihr güldenes Haar öffnen, würde nur ein schwarzes Spitzenkorsett tragen – oder völlig entblößt sein. Sie hatte auf der langen Reise genug Stunden auf einem Hengst verbracht. Jetzt würde sie zur Abwechslung einen Recken reiten. Doch zunächst stand ihr der Sinn nach einer Erfrischung, die ein Livrierter zügig einschenkte. Die Soldatin nippte an ihrem Pokal, doch dann spie sie dem Dienstboten den Rotwein ins Gesicht. „Was ist das für ein saures Gesöff?“ Der Kammersklave schluckte und stotterte: „Ich bitte vielmals um Entschuldigung, ehrenwerte Centuria! Ich habe den Wein bringen lassen, der hier am liebsten getrunken wird.“ Das Weib schnaufte. „Süßer! Er muss süßer sein! Dieser Tropfen verdürbe meinen Gaumen. Lauf Er und bring Er mir lieblich Wein! Oder will Er ein liebliches Rendezvous mit meiner Gerte?“ Der Dienstbote stotterte unter tiefen Verbeugungen: „Nein, oh, edelmütige Centuria. Ich eile und bringe Ersatz, der Euch mundet.“ Weitere Bücklinge folgten, während der Gescholtene rückwärts das Gemach der Uniformierten verließ.

Als er die Tür geschlossen hatte, raste er durch den Gang, um schnellstmöglich zur Weinkammer zu gelangen. Er besorgte das gewünschte Fläschchen und hastete zurück. Doch er würde es ihr nicht recht machen können. Der Centuria ging es nur darum, den Leibsklaven zu schikanieren. Das hatte sie von ihrer früheren Duxa Regula gelernt. Die hatte dieses Spiel zur Perfektion getrieben. Und so verwunderte es nicht, dass der Sklave noch heute eine Tracht Prügel mit einem knallenden Ledergürtel erhielt, die ihm eine Zofe des Palastes verabreichte, während die sinistre Centuria sich mit zwei Jünglingen zur gleichen Zeit im gleichen Gemach verlustierte. In Hör- und Sichtweite zu der lüsternen Soldatin klatschte der Lederriemen auf das nackte Gesäß des Opfers ihrer sadistischen Begierde. Oh, und welch süßes Kribbeln ihr dabei durch ihren Leib floss! Sie versank in trunkene Euphorie und konnte gar nicht genug bekommen – weder von dem harten Stab des Jünglings, noch von der Zunge des anderen, noch vom Klatschen und Aufjammern des ungeschickten Nichtsnutzes.

Viel später erst, als der Tag zuneige ging, näherte sie sich dem Sklaven mit seinem rot glühenden Hintern und hob sein Gesicht zu ihr herauf. „Zeig mir dein Gebiss!“ Sie zog dem Mann die Lippen auseinander und kontrollierte die Zähne des Unfreien, als habe sie eine alte Mähre vor sich. „Wer hat dich bloß gekauft?“, frug sie verächtlich. „Du bist Ausschuss!“ Sie sprach ihre beiden Lustsklaven an. „Bindet den los und helft meiner Zofe, diese wertlose Kreatur mir aus den Augen zu schaffen!“ Als der Leibeigene, seine Hände schützend über seine Hinterbacken haltend, abgeführt wurde, rief die Centuria ihm belustigt hinterher: „Morgen habe ich eine neue Aufgabe für dich. Wenn du wieder versagst…“ Den Rest überließ sie seiner Fantasie. Morgen würde sie ihn vor die Tore des Palastes werfen lassen, auf dass sich ihre einfachen Soldatinnen mit ihm vergnügten. Am warmen Feuer, mit deftiger Fleischsuppe und dem Sklaven als willigem Lustjüngling. Denn weinende Unschuld hatte das hübscheste Antlitz.












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+++ Die gemeine Miriam +++ Das Unzuchts-Komplott +++ Im Reich der Megara +++ Die Nachtschicht seines Lebens +++ Optional Genetics +++ Venus +++ Regina +++ Inkasso +++
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:02.06.23 19:24 IP: gespeichert Moderator melden


Sicherlich würden sich die Milizweiber der Mantikor-Einheit um ihn streiten, an ihm zerren und ziehen: „Komm sofort zu mir, Bursche! Oder du schmeckst meine Peitsche!“ Die Kontrahentin würde rufen: „Nein! Sklave! Her zu mir! Beweg deinen süßen Arsch! Oder ich werde dich Gehorsam lehren!“ Vielleicht würde eine dritte Soldatin röhren: „Höre nicht auf sie, Sklave! Komm zuerst mit deiner Zunge zwischen meine Schenkel, oder willst du, dass du sie verlierst?“ Die Centuria war sich gewiss, dass der Leibeigene für beträchtliche Kurzweil bei ihrer Kompanie sorgen würde, während die Soldatinnen einen gegaukelten Händel austrugen.

Auf dem Weg zum Bankettsaal lief ihr das Wasser im Munde zusammen. Megara war bekannt für ihre Großzügigkeit und erlesene Delikatessen. Gut abgehangen muss Wildfleisch sein, wusste die Gardistin. Gut abgerichtet dagegen Sklavenfleisch. Und die passende Lektion würden ihre Soldatinnen dem Lustbengel schon verpassen. Vielleicht würde sie ihn nützlich dressiert zurückbekommen. Vielleicht auch nicht. Futter für die Kampfarena würde immer gern genommen. Die Uniformierte roch schon die verlockenden Düfte aus dem Saal. Sie rieb sich in Vorfreude über den Bauch und dachte schadenfroh an die Eingekerkerten in den Kellerverliesen, die abgemagert um Wasser und Essen bettelten.

In der Westprovinz, die von Prodita in der neuen Schwarzen Felsenfestung regiert wurde, bauten Sklaven große Häfen mit Anlegestellen für Dutzende Transporter und Galeeren. Megaras Anweisung, die Küste vor dem Westvolk zu behüten, war oberstes Gebot. Die Fürstin Prodita protegierte ihre Günstlinge, Edeldamen von hohem Geblüt, bei den vakanten Kapitänsrängen, bei Lieferungen der Schiffsausrüstung, bei dem Ankauf von Ruderern und den Befugnissen für Plantagen und Schürfrechten sowie dem Verleih von billigen Arbeitssklaven. Reiche Kauffrauen in prunkvollen Gewändern, die noch reicher werden wollten, obwohl sie bereits in Saus und Braus dem süßen Leben frönten, konnten sich dank Proditas „Bauwut“ sicherer Aufträge freuen.

Neben den Abgaben an die Hohe Imperatorin gönnte sie sich kühn auch abgezweigte Teile der Einnahmen für ihre eigene Schatulle. Sicherlich würden andere Fürstinnen dies ebenso halten - Fürstin Regula im weit entfernten Osten genau so, wie auch die Hohepriesterin Cassandria. Bis heute grübelte Prodita darüber, warum die Königin auf ihre Vormachtsstellung verzichtete und Tagara das Zepter überlassen hatte. Irgendein böser Zauber hatte Megara von den Toten geweckt und hatte Tagara vernichtet, just in dem Moment der Krönung. Prodita wusste sich keinen Reim darauf. Und doch würden diese Ereignisse eines Tages in den Chroniken stehen und auf edlen Gobelins gestickt sein, um der Nachwelt die Historie kundzutun. Oder Gaukler würden umherziehen und ein Theaterstück aus den sagenhaften Überlieferungen aufführen. Die Wahrheit jedoch würde niemals jemand erfahren.

Als oberste Maluspriesterin war Cassandra zwar Gebieterin über die cassandrische Provinz und den Maluskult, aber Megara war die Erhabene Imperatorin. Prodita, früher als Senatorin in der Politik bewandert, bewunderte die Winkelzüge der Tyrannin. Doch hier auf ehemals ledanischem Boden war sie, Prodita, die Herrin über Leib und Leben. Am größten Hafen sollte eine gigantische Statue entstehen, die mit gespreizten Beinen über der Einfahrt zwischen den Kaimauern stehen sollte. Schon weit auf dem Westozean sollte das Feuer zu sehen sein, dass in den Augen der gewaltigen Prodita aus Stein und Eisen brennen würde, um den Fischern und Galeeren den Weg zu weisen, aber auch, um einen Feind abzuschrecken – ein Wunder der Baukunst, das ihre Macht symbolisierte und ihr ein Denkmal setzte.

Eine alte Sage berichtete über ein fremdländisches Westvolk auf einem Kontinent jenseits des Westmeeres, weit hinter dem Horizont. Angeblich behütete ein archaischer Leviathan den Alten Kontinent vor den kriegerischen Fremden. Prodita würde die Nachricht auf die Probe stellen und ein Schiff mit Leibeigenen weit nach Westen schicken. Sie sollten berichten, ob eben da ein Drache oder anderes Ungetüm Wache hielt. Wenige Tage, nachdem der Plan in ihrem lieblichen Kopf gereift war, ließ sie eine Galeere ausrüsten. Kommandierende Kampfsklaven, denen die Freiheit versprochen wurde, falls sie das Seeungeheuer töteten oder gar den Westkontinent okkupierten, um damit der göttlichen Megara lobzupreisen – und natürlich auch ihrer Fürstin.

Die Angst und Furcht vor dem Leviathan war so groß, dass kaum ein kühner Freiwilliger zu finden war. Prodita beschloss in ihrer Güte: „So werde ich den Sklaven bei ihrer Entscheidung helfen.“ Schon bald machte sich die Galeere mit dem schicksalhaften Namen „Fatalis“ mit geblähten Segeln auf den Weg nach Westen ins Ungewisse. Nicht wenige Duxas glaubten an eine Reise ohne Wiederkehr. Proviant in endlos vielen Kisten und Fässern war zwar an Bord, um gegen Hunger und Durst zu bestehen, doch wie sollten sie sich einem Seemonster zur Wehr setzen? Halfen Pfeil und Bogen, Schwert und Axt? Noch schlugen nur kleine Wellen gegen den Rumpf und ließen das Wasser schäumen; doch wer wusste schon, was die Alten Götter ihnen schickte? Bald war der Alte Kontinent hinter der Kimm verschwunden, als wäre er im Meer ersoffen, und es breitete sich an Bord die erste Unruhe aus.

Sieben Tage später erreichten Briefraben die Schwarze Westfestung, den Malustempel in Cassandria sowie den Palast der Regula in der Metropole im Osten des Alten Kontinents mit einer Hiobsbotschaft: Hochverrat! Ein Anschlag auf die Erhabene Imperatorin Megara eines unbekannten Assassinen mit einer schwarzmagischen Substanz hatte das riesige Schloss niedergebrannt. Alchemistinnen und Duxas sowie Hofdamen spekulierten neben Schwarzmagie auch über Hexenwerk des Westvolks. Niemand konnte sich erklären, was da geschehen war. Aber ein unglaublich lauter Knall war zu hören gewesen. Lauter als jeder Donner des Himmels. Das dicke Mauerwerk war eingestürzt wie nach einem Angriff von tausend gewaltigen Rammböcken. Eine fatale Feuersbrunst hatte alles vernichtet und untergemangelt. Sogar Teile der Stadt waren niedergebrannt und schwarz wie die gewaltige Eiche an der Zufahrt, in die vor einigen Jahren der Blitz gefahren war und nun wie ein Mahnmal des Feuers wirkte.

Megara war der Flammenhölle nur knapp entkommen. Mit versengtem Kleide und schwarzen Rußstreifen im Gesicht wurde sie von ihrer Leibgarde durch die Trümmer in Sicherheit gebracht. Aus ihrer kunstfertigen Turmfrisur hatten sich einige Strähnen gelöst. Humpelnd kletterte sie über Gesteinsbrocken. Eine vergoldete Equipage mit sechs Rotschimmeln jagte kurz darauf aus der Stadt in Richtung Osten. An ihren Flanken und vor und hinter dem Fuhrwerk ritten schwer gerüstete Gardistinnen der Imperatorin auf ihren aus dem Maul dampfenden Gäulen.

Als sich ihr erster Schrecken senkte, und das Ungemach über ihre Flucht sich in Megaras Kopf einnistete wie ein ungebetener Parasit, schrie und keifte sie Gift und Galle. Ihre Stimme war für die gesamte Delegation zu vernehmen – wie eine Stahlklinge, die schrill über Glas schnitt. Den Schuldigen wollte sie eine Lektion lehren, wie sie nie zuvor ein Mensch erlernt hatte. Ihr Groll wuchs von Augenblick zu Augenblick. An einem Schragen festgebunden sollte der Lump geschunden werden und ihr süße Genugtuung sein. Befragerinnen, die von Maluspriesterinnen eingesetzt wurden, verhörten überall in der Stadt und Umgebung Leibeigene. Irgendjemand musste etwas wissen. Das Mordkomplott sollte nicht ungesühnt bleiben. Zur Abschreckung ketteten die Frauen Verdächtige an Kreuze, die auf Marktplätzen und bevölkerten Straßen aufgestellt wurden. Die sengende Sonne war erbarmungslos und ließ die Gefesselten nur auf gnädige Menschen hoffen, die ihnen Wasser brachten. Manch eine aufgedunsene Zunge wurde enttäuscht, andere hatten Glück.

In den kommenden Tagen und Wochen stellten die Schmieden viele Dutzend Nagelsitzbretter her, die für die Befragungen benötigt wurden. Unter der Marter berichteten Sklaven von Nachtmähren, von Ghulen, von gespenstischen Erdgeistern und Wechselbalgen. Ein Befragter unter emporgerungenem Elend schwadronierte von einer dreiköpfigen Riesenschlange, die aus dem Boden gebrochen war, ein weiterer hatte angeblich einen Feuer speienden Drachen vom Himmel hernieder jagen sehen. Die Priesterinnen waren außer sich. Nur, um dem Verhör zu entkommen, erfanden diese wertlosen Kreaturen Märchen! Aber das würde ihnen keine Labung senden. Sie erhaschten nur einen Augenblick der Ruhe – bevor die peinliche Befragung erneut begann.

Wieder kamen zwei Schwarzroben mit angeborener Liebenswürdigkeit herein. Der Befragte stöhnte in seiner strengen Fesselung. Eine Priesterin frug: „Sage die Wahrheit! Weißt du, wer die Imperatorin meucheln wollte?“ Der Mann jammerte: „Ich habe nichts gesehen. Ich bin doch nur der Küchensklave. Ich habe Zwiebeln geschält als…“ Die Priesterin versetzte ihm eine schallende Ohrfeige, aus der ihre Unzufriedenheit sprach. „Bist du taub oder dumm? Rede endlich oder ich stutze dich zurecht!“ Bei ihren harschen Worten nagelte sie ihn mit ihrem gestreckten Finger fest. Die gescholtene Küchenhilfe greinte: „Ein Fremder in einer Gugel! Er lief durch die Küche! Er hatte lange Eckzähne und fauchte wie ein wildes Tier…“

Doch die Maluspriesterinnen gaben sich mit den Fantastereien nicht zufrieden und forderten passioniert Antworten. Leider stets ohne Erfolg, obwohl die Fragen die Männer lebhaft zu beschäftigen wussten. Wenn Wahrheiten zu Tage kamen, dann keine, mit denen die Robenträgerinnen etwas anfangen konnten. Ein Sklave gab knausrig zu, der Herrin bei der Ernte eine Mohrrübe gestohlen und diese gegessen zu haben, da er solchen Hunger gelitten habe; ein anderer Leibeigener beichtete, dass er auf Verlangen seiner Besitzerin, einer adligen Jungfrau, mit ihr Unzucht getrieben habe. Die Maluspriesterin drohte dem Mann, er solle das Wissen für sich behalten. „Du hast die Reinheit einer feinen Dame besudelt! Schande über dich, du Unwürdiger! Zeig mir, was ihr getan habt! Wie hast du dich versündigt?“ Sie wollte alles ganz genau wissen. Die Beschreibung des Sklaven reichte ihr jedoch nicht. Und so lag sie bald stöhnend auf ihrer schwarzen Robe, die weit zur Seite geöffnet den kalten Steinboden bedeckte, und ließ sich von dem Schuldigen in Beflissenheit verdorbene und wollüstige Dinge zeigen.

Mal gab die schwarz gewandete Priesterfrau, die überraschend wenig Stoff unter ihrer Robe trug, schmachtende Laute von sich, mal zuckte sie konvulsivisch, während ihre Augenlider vor sie erquickender Lust flatterten. Mit dem Kleide zog das Weib auch ihre Scham aus, falls sie welche gehabt hatte. Später gab sie dem Sündigen ein Pergament mit, das der Herrin überbracht werden sollte. Darin erwähnte die Priesterin, was der Bengel gebeichtet hatte, und empfahl zur Reinigung: sieben Tage lang alle sieben Stunden sieben Streiche mit einer Lederrute. Und nach jeder weiteren Unzucht solle die Reinigung wiederholt werden.

Im ersten Moment war das Fräulein schockiert gewesen, dass der Sklave ihr Geheimnis ausgeplaudert hatte. Dafür würde er auf unbestimmte Zeit auf Wasser und Brot gesetzt. Aber dann war sie froh, dass es ein Rezept zur Reinigung gab. Und sie plante bereits die nächste lasterhafte Unkeuschheit mit ihrem Sklaven. Sie öffnete seinen Keuschheitsgürtel und starrte seine Männlichkeit an. „Oh, die Hitze in deinen Lenden ist unübersehbar! Wetten, ich würde meine zarte Hand versengen, wenn ich deinen Jadestab berührte?“ Sie kicherte, als der Leibeigene jämmerlich an die Strafe für Unzucht dachte. Die junge Dame kam näher und fasste ihr Eigentum an. Der Phallus war hart und warm und wuchs noch weiter in der kleinen Hand, die ihn hellwach machte und strammstehen ließ. „Plage dich nicht mit Keuschheit. Ich weiß nun, wie wir deine Sünden schnell und einfach wieder wegwischen können.“ Mit dem Reinigungsrezept der Malusfrau waren neuen Schandtaten Tür und Tor geöffnet. Das Edelfräulein begann mit flinken Fingern das Kleid und das Mieder aufzuknöpfen.

Solche und ähnliche Begebenheiten ergaben sich durch die Verhöre, doch keines brachte Gewissheit über den ominösen Vorfall im ehemaligen Stadtstaat ans Licht. Wodurch der magnifike Palast, den einst König Talos hatte bauen lassen, zerstört wurde, blieb ebenso im Dunkeln, wie das Schicksal des auf Westkurs geschickten Schiffs „Fatalis“ und seiner Mannschaft. Mit stampfenden und rollenden Schiffsbewegungen war die Fatalis aufgebrochen in unruhige See, in tiefe Wellentäler gedrückt und auf hohe Wogenkämme geschoben. War sie vom tollen Leviathan zu den Fischen geschickt worden? Oder waren die Reisenden Opfer des Westvolkes geworden? War ein Gischt sprühender Brausesturm ihnen zum Verhängnis geworden? Ein brodelnder Malstrom? Wilde Spekulationen und Geschichten verbreiteten sich wie Lauffeuer. Eine Fischerin wollte sogar eine Planke der Fatalis am Strand gefunden haben. Nur eines war gewiss: Die Klippen des Alten Kontinents sahen die Seeleute nie wieder.

Die Erhabene Imperatorin, auf dem Weg nach Osten, würde ihre neue Residenz in der Metropole einrichten. Regula würde eben wieder nach Westen zurückkehren müssen und beim Aufbau der alten Stadt helfen sowie weitere Untersuchungen anstellen und die Maluspriesterinnen dabei unterstützen. Ausgebildete Sklavenzähmerinnen gehörten zu den Delegationen, die das Reich der Megara durchstöberten. Die Imperatorin fühlte sich wie in einem Jammertal, das sie durchwandern musste. Sie wurde doch von ihrem Volk über alles geliebt! Wie konnte es da jemand diesen Frevel wagen…?

Natürlich wurden in einer umfangreichen Befragungswelle nicht nur Sklaven verhört. Auch Damen aus dem Stadtstaat, der Westprovinz, Cassandria und der Metropole mussten sich Besuche von Priesterinnen gefallen lassen, die von Soldatinnen begleitet wurden. Zwar war die Methode bei Ladys nicht so harsch wie bei Leibeigenen, aber reiche Kauffrauen, adlige Fräuleins und Duxas ließen sich ungern verdächtigen, so dass die Ermittlungen immer wieder stockten. Sie säten Zwietracht, Argwohn und Misstrauen unter die Damen der Gesellschaft.

Die Büttel der Megara waren mit einer gesiegelten Generalvollmacht ausgestattet, die die Imperatorin vor ihrer Abreise gesiegelt hatte, so dass bei den Untersuchungen nicht einmal vor den Fürstinnen Prodita und Regula Halt gemacht wurde. „Wie könnt Ihr es wagen!?“ und ähnliche Ausrufe mussten sich die Priesterinnen anhören. Die Erhabene Imperatorin hatte bewusst keine dem Geldbeutel schmeichelnde Belohnung zur Ergreifung des Meuchelmörders ausgesetzt. Zu viele Herrinnen wären sonst liebend gern ungebetene Sklaven losgeworden, indem sie den Sündenböcken eine Täterschaft andichteten. Das hätte die Gerichtsbarkeit in ihren langen schwarzen Roben nur unnötig aufgehalten, den wahren Schuldigen zu finden. Trotzdem blieben verdächtige Leibeigene eingekerkert. Der belangloseste Verdacht reichte aus, um in Ketten gelegt zu werden und sein Dasein in den feuchten, stickigen Gewölben zu fristen.

Bald schon quollen sämtliche Verliese im Alten Kontinent nur so über vor Gefangenen. Eilig wurden die Käfiganlagen erweitert. In jeder kleinen Bastion und Zitadelle des Alten Kontinents wuchsen große Gefängnisflügel, in denen auch der kleinste Platz mit Eingekerkerten besetzt war. Der Groll bei den Wächterinnen wuchs über die viele Arbeit. Entsprechend hart nahmen sie ihre Gefangenen heran. Vor einem großen Kerkerbau mit sechseckigen Wachtürmen aus Granitquadern trieben einige Uniformierte nackte Gefangene aus einem Gatter mit langen Stöcken vorwärts wie eine Gänseschar. „Die hier müssen auch noch in die Zellen“, rief eine der Wachfrau am Eingang zu. „Unmöglich“, entgegnete diese gallig, „die stehen da drin schon wie die Sardinen im Fass.“ Die Geschöpfe trugen schwere Halseisen, die mit dicken massiven Ketten verbunden waren. Die Wortführerin sah sich um und entdeckte eine schwere Steinplatte, an der ein Eisenring befestigt war. „Dorthin!“, befahl sie und zeigte zu der Platte. „Macht sie alle da fest, bis im Kerker wieder Platz ist. Aber mach die Kette schön kurz, sonst liegt das Dreckspack im Weg herum.“

Die Sklaven jammerten voll Gram nach Wasser. Die Sonne stach heiß und gnadenlos von oben hinab. Die Mannsbilder konnten den Trog der Pferde riechen, der nur wenige Schritte entfernt stand und flehten um einige Tropfen. Die Soldatin schimpfte: „Ruhe! Eines nach dem anderen. Erst werden die Rösser saufen. Dann werde ich mich waschen. Und dann – wenn ihr schön brav bettelt – bekommt ihr einen Schluck.“ Die Frau machte ihre Versprechung wahr: Sie füllte einen Schlauch ab und reichte ihn dem ersten Sklaven. „Teilt euch das. Mehr gibt es nicht.“ Amüsiert lachte sie mit ihrer Kameradin über die tumben Unbekleideten, die sich gegenseitig den Schlauch aus der Hand rissen und die Hälfte des trüben Wassers verschütteten. Einer von ihnen blieb in einer Ecke sitzen, das Haupt gesunken. Ihm fehlte die Kraft, um seine Kehle zu befeuchten.

Sogar vor den Zellen im Flur des Gewölbes waren kleine Käfige abgestellt worden, in denen meist zwei nackte Gefangene zusammengequetscht vegetierten. Voller Abscheu spuckte die Uniformierte auf die Männer in ihrer engen Behausung, an der sie gerade vorbei stapfte. Im nächsten Käfig zwickten und bissen sich die Insassen gegenseitig im Zorn übereinander. Gerade führte eine weitere Soldatin vier Sklaven mit einem weiteren Käfig den Flur entlang. In dem Gitterkasten steckten ebenfalls bereits zwei Männer. Ihre Last stellten sie knallend auf den anderen Käfig.

Je länger die Aufklärungen um den Hochverrat sich hinzogen, desto unzufriedener wurde Megara. Die Suche nach dem Meuchler blieb fruchtlos. So schön und makellos ihr Antlitz nach außen noch immer war, so grässlicher zeigte sich ihr Inneres: In den grausigen Rachegedanken der Imperatorin kamen Haken, angespitzte Pfähle, Riemenschneider, glühende Eisen und Schlimmeres vor. Sie ertrank ihre Wut und Frustration in dunkelrotem Wein. Lallend saß sie mit schwerer Zunge auf dem Thron, ihre Krone auf dem Kopf. „So schnöde und erbärmlich ist mein Volk! Ich plage mich tagein, tagaus sanft- und großmütig für sein Wohlergehen. Und wie dankt man mir diese Aufopferung? Auf welch erbärmliche und unziemliche Art?“








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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:02.06.23 23:00 IP: gespeichert Moderator melden



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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:03.06.23 19:35 IP: gespeichert Moderator melden


"... und empfahl zur Reinigung: sieben Tage lang alle sieben Stunden sieben Streiche mit einer Lederrute."

Wieder kommt die kultische Zahl Sieben in's Spiel, hier zur Erfüllung der reinigenden Wirkung von Bußleistungen; waren es nicht auch der Weihegrade ihrer sieben, welche die Malus-Priesterinnen durchlaufen mußten?

Die geschliffene Sprache, die mannigfaltige Verwendung archaisch anmutender Begriffe legt die Vermutung nahe, daß ein Philosoph, ein Germanistikprofessor oder ein Geschichtsgelehrter sein schriftstellerischen Können zum besten gibt, indes sehe ich mich mehr und mehr in meiner Ahnung bestärkt, daß hier jemand nicht nur sieben Weihestufen durchlaufen hatte, sondern auch die krönende achte mit der sakramentalen Licentia, unter anderem Sünden zu vergeben und das Sakrifizium zu halten, eine freilich teuer erkaufte Würde, den Beutel stets gefüllt zu lassen, so prall er auch anschwelle!

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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:04.06.23 16:17 IP: gespeichert Moderator melden


Zitat
...
Die geschliffene Sprache, die mannigfaltige Verwendung archaisch anmutender Begriffe legt die Vermutung nahe, daß ein Philosoph, ein Germanistikprofessor oder ein Geschichtsgelehrter sein schriftstellerischen Können zum besten gibt, indes sehe ich mich mehr und mehr in meiner Ahnung bestärkt, daß hier jemand nicht nur sieben Weihestufen durchlaufen hatte, sondern auch die krönende achte mit der sakramentalen Licentia, unter anderem Sünden zu vergeben und das Sakrifizium zu halten, eine freilich teuer erkaufte Würde, den Beutel stets gefüllt zu lassen, so prall er auch anschwelle!

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Ich danke für diesen Kommentar - ein Juwel! Und ich verbeuge mich vor dem Scriptor.
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  RE: Das Reich der Megara (Neuauflage) Datum:10.06.23 12:04 IP: gespeichert Moderator melden




In der Schwarzen Felsenfestung im ehemaligen Ledanien schufteten zwei dressierte Trolle in derbem Lederschurz und Dutzende Arbeitssklaven mit schweren Hacken und Hämmern, um zwei erweiterte Wachtürme in den Fels zu bauen. Prodita war erpicht, ihren Regierungssitz zu vergrößern und sicherer machen. Natürlich streichelte die Größe des Bollwerks auch ihre Eitelkeit. Die Arbeiten hatten höchste Priorität. Dabei gerieten die Leibeigenen soweit in das Gestein, dass sie versehentlich Ledas Refugium öffneten, da der unterirdische Kerkerflügel tief im Innern des Felsgesteins eingegraben war. Eine Milizionärin kletterte auf einem Holzgerüst an dem Steilhang an die Durchbruchstelle, ließ sich eine Fackel reichen und leuchtete in die Dunkelheit. Eine zusammengesunkene Gestalt lag am Boden. Als sie genauer hinschaute, erkannte sie auf dem Boden gemalte Runen und andere Zeichen und Symbole im Staub – eingekratzt mit den Fingernägeln einer Todgeweihten. Ein schwarzer Käfer huschte, vom Licht der Flamme aufgescheucht, durch die Staubbahnen.

Die Soldatin konnte sich keinen Reim darauf machen, was hier vor sich gegangen war. Sie würde nimmer erfahren, dass Leda in ihren letzten Stunden ein geheimes Ritual mit einer magischen Formel zelebriert hatte. Ihr alter, treuer Alchemist Caduceus hatte es ihr vor langer Zeit anvertraut und sie gelehrt. Für einen Notfall, der niemals eintreten durfte, und doch nun Wirklichkeit geworden war: Megaras Alleinherrschaft. Als letzte und schicksalhafte Handlung, hatte Leda die Wache des Leviathans im großen Westozean beendet. Den Bann, der das Ungeheuer zum Wächter des Alten Kontinents zwang, gebrochen. Das Ungetüm würde langsam in einen Jahrhunderte andauernden Schlaf sinken. Und damit dem Westvolk ermöglichen, den Alten Kontinent zu erobern und die Tyrannin vom Thron zu stoßen. Leda wusste aus eigener Erfahrung, welch brutalen Konquistadoren sie Tür und Tor geöffnet hatte. Aber Megaras Reich musste unbedingt untergehen, selbst, wenn dafür der größte Krieg der Historie des Alten Kontinents entfesselt werden müsste.

Doch all das ahnte die Soldatin nicht einmal. Sie hielt die Runenlinien auf dem Boden für harmloses Hexenwerk einer Verrückten. Und auch dem Aaskäfer, der über die Glyphen krabbelte, war die fatale Bedeutung der Symbole egal. Er versuchte lediglich aus dem bedrohlichen Licht zu gelangen, um später zu seiner Mahlzeit zurückzukehren. „Mauert das hier wieder zu! Beeilt euch! Das muss die Fürstin nicht erfahren. Ansonsten ergeht es euch schlecht.“ Der Erweiterungsbau der Prodita musste fertig gestellt werden. Die Uniformierte wand sich von dem gruseligen Fund ab und marschierte davon.

Sieben Monate später gab Prodita die Hoffnung auf, dass die Galeere „Fatalis“ zurückkehren würde. Die Legende um den Leviathan war wohl wahr. So drohte ihnen wenigstens keine Gefahr aus dem Westen, beruhigte sie sich. Ein Wermutstropfen allerdings, denn die Fürstin hungerte nach Erfolgen, wollte ihre Westprovinz vergrößern, ihren politischen Einfluss bei Megara erhöhen. Es blieben noch Landstriche im wilden Norden oder kargen Süden für ihre Eroberungswünsche übrig. Doch gab es dort etwas zu erbeuten? Weitere Sklaven? Wertvolle Bodenschätze? Ihre Beraterinnen zweifelten daran und machten ihrer Herrin keine großen Hoffnungen.

Doch Proditas vermeintliche Sicherheit sollte sich als verhängnisvoll erweisen. Denn die Festung, an der Steilküste gelegen, war großteils ins Landesinnere verstärkt und armiert worden. Die Seeseite wurde kaum bewacht und geschützt. Niemand vermutete eine Gefahr vom Wasser aus, denn die Klippe war unüberwindbar hoch und steil. Eines Morgens erschallte der Warnruf eines Kriegshorns auf dem höchsten Turm der Bastion, einen viereckigen Monolithen aus Stein. Die Duxas, die sofort informiert wurden und den Horizont beobachteten, waren sprachlos: Die größte Flotte, die der Alte Kontinent jemals gesehen hatte, stand an der Kimm. Endlos viele bauschende Segel reihten sich aneinander und bedeckten das dunkelblaue Meer.

Die Fürstin ächzte. Was für eine Bürde würden die Alten Götter ihr noch auflegen!? Augenblicklich wurden Briefraben und Expressreiter losgeschickt, um sämtliche verfügbaren Kriegsschiffe zur Festung zu ordern. Noch am selben Tage sollte die Seestreitmacht der Megara schmerzhaft feststellen, dass der Feind nicht nur in Überzahl aufgetaucht war, sondern die Westler auch monströse Donnerrohre besaßen, die die Mauern des Bollwerks zerbersten ließen. Der Feind war erschreckend schnell in Schussweite gekommen und bildete eine deutliche Übermacht, die alles vernichtete, was sich ihr in den Weg stellte. Bresche für Bresche malmten sie in den Fels. Die Galeeren der Megara konnten nichts ausrichten. Noch bevor sie mit ihren Rammspornen auch nur in die Nähe einer feindlichen Galeone kamen, sanken sie durchlöchert in die Fluten. Eine nach der anderen verging in den Wogen des Meeres. Segel rissen, Planken splitterten, Rahen fielen herab an Deck oder über Bord und die Megaraner ersoffen in ihrem salzigen Grab.

Es entwickelte sich die größte Seeschlacht der Geschichte des Alten Kontinents. Und doch war sie so einseitig, dass Prodita noch in der Nacht beschloss, mit einer Delegation aus Leibgardistinnen und einer Kompanie Kampfsklaven ins Landesinnere Richtung Metropole zu flüchten wie eine Hasenschar. Überdrüssig der Gefahren durch die Invasoren zogen sich die hohen Herrinnen zurück, um glimpflich mit dem Leben davon zu kommen. Sogar die verfügbaren Trolle konnten gegen die Konquistadoren nichts ausrichten und mussten sich den gewaltigen Blitz- und Donnergeräten geschlagen geben. Bisher galten die Kampfriesen als schier unbesiegbar, die alles und jeden zermalmten, aber bei den Fremden fanden sie ihre Meister. Ihr mordlüsternes gutturales Berserkergebrüll endete in kläglichen heiseren Atemstößen, bevor sie wie Berge aus Fleisch, Leder und Stahl zusammensackten und mit gebrochenem Blick zum Himmel schauten.

Prodita und ihrem Gefolge kamen auf ihrer Route ins Landesinnere ganze Heerscharen Kampfsklaven aus der Metropole entgegen, die die Küste halten wollten. Die Fürstin lobte den Mut der Recken und Centurias. „Kommt als Sieger zurück und erhaltet höchste Ehre!“, versprach sie hochtrabend. „Viel Feind, viel Ehr!“, gab sie zu bedenken. „Eure Imperatorin steht hinter euch und brennt vor Rachegelüsten!“ Es werde Tapferkeitsorden und Goldmünzen regnen, sobald die Invasion gestoppt sei. Dann eilte sie flugs weiter gen Osten.

Doch die frommen Wünsche erwiesen sich als unmöglich. Das mutige Heer versprach lediglich ein wenig Aufschub für die Kapitulation der feinen Damen. Die Eroberer waren mit ihrem modernen Kriegsgerät unbezwingbar. Längst hatten sie die Landstriche an den Küsten eingenommen. Noch größere Donnerrohre auf Rädern und von Rössern gezogen, zwangen all die inzwischen siechen und matten Truppen der Megara zum Rückzug oder brachten ihnen den Einzug ins Reich der Alten Götter. Alle verzweifelten und weidlichen Versuche, den Invasoren Einhalt zu gebieten, blieben erfolglos. Selbst Gebete und Opfergaben von Sklavenvieh besänftigten die Schicksalsweberinnen nicht.

Regula hatte einer Duxa das Kommando über die Alte Reichsstadt übergeben, bevor sie mit einer Schar Elitekämpfern nach Osten Richtung Metropole aufgebrochen war. Megara würde nicht erfreut sein, ihre Fürstin schon wieder zu sehen, aber die alte Hauptstadt war in Feindeshand. Auch Magnatinnen retteten ihre umfangreichen Schätze und flüchteten mit Karren und Droschken voller Reichtümer, angetrieben von Fußsklaven, weiter Richtung Osten, um in der Metropole Unterschlupf zu finden. Lange Peitschen trieben das faule Zugvieh an.

Die Westprovinz wurde in wenigen Tagen von den Soldaten des Westvolks komplett überrannt. Die Männer trugen weiße, eng anliegende Kniehosen, schwarzes und kniehohes Schuhwerk, rote Gehröcke mit zwei weißen über Kreuz getragenen Schärpen. An ihren Donnerrohren war ein Dolch angebracht, um sie wie einen tödlichen Speer im Nahkampf gebrauchen zu können. Auf dem Kopf waren die Soldaten mit dreieckigen schwarzen Hüten ausstaffiert. Der megarischen Armee fiel auf, dass ausschließlich Mannsbilder des Westvolkes kämpften. Kein einziges Weib war in ihren Reihen zu sehen. Selbst die höchsten Offiziere waren Recken. Wo waren die Frauen dieses geheimnisvollen Westvolkes? Gab es sie überhaupt? Wurde es durch Hexenwerk geboren? Vielleicht schlüpften sie aus Eiern? Wie Drachen?

Die Duxas und Centurias diskutierten im Feldlager eifrig darüber. Doch dann ließen sie das Thema zunächst wieder fallen, denn wichtiger war es, die eigenen Streitkräfte zu mobilisieren und gegen die Invasoren in einer Phalanx zu kämpfen, wollten sie gegen diese mit magischen Waffen ausgerüsteten Feinde bestehen. Sogar Kampftrolle mit starken Panzerungen waren dem geheimnisvollen Gegner unterlegen. In nur wenigen Tagen besetzten die westlichen Soldaten den ehemaligen Stadtstaat sowie die umliegenden Landstriche. Wütend über die Verluste schickte Megara ihre Fürstin Regula mit einem gewaltigen Heer und allen restlichen Trollen zurück Richtung Westen, um die Eindringlinge aufzuhalten, doch schon bald verkündete eine Reiterin die kummervolle Nachricht, dass Regula gefallen und viele Kriegssklaven desertiert und geflüchtet waren. Die Westler hatten nun kaum noch mit Gegenwehr zu rechnen. Megaras Armee war wie ein Hühnerhaufen vor dem Fuchs auseinander gestoben.

Die Feinde fraßen sich vorwärts gen Osten wie ein hungriges Feuer, das einen Bogen Papier verschlingt. Prodita zitterte, dass Megara nicht auf die Idee komme, nun sie an die Front zu schicken. Doch die Imperatorin sann darauf, dass die westliche Invasion durch einen Flankenangriff aus der cassandrischen Provinz, angeführt von der Hohepriesterin Cassandra, die Westler aufreiben würde. Es war die letzte Chance, die Megara hatte. Der Feind sollte in eine tödliche Zange genommen werden. Doch schon bald stellte sich heraus, dass Cassandria nicht über genügend Kräfte verfügte. So manche Kompanie verweigerte sogar den Dienst und ergriff das Hasenpanier. Fahnenflüchtige suchten ihr Heil in den nördlichen Wäldern. Sogar Soldatinnen und Sklaven machten gemeinsame Sache und wendeten sich von ihren Herrinnen ab. Die wenigen loyalen Truppenteile versagten auf ganzer Linie. Zwar konnten sie den Sturm auf die Metropole aufhalten; dafür wurden sie nun von den Soldaten des Westvolks aufs Korn genommen und dezimiert, bis sie in der Bedeutungslosigkeit verschwanden.

Sieben Tage später war die Provinz bereits vollständig besetzt und besiegt. Sklaven wurden von ihren neuen Herren freigelassen und in den Dienst der Armee gestellt. Nur einige Auserwählte Robenträgerinnen des Maluskultes einschließlich Cassandra harrten im verbarrikadierten Tempel aus und hofften auf ein Wunder. Die Eroberer umzingelten die Anlage des Maluskultes und riegelten das Areal ab. Nicht wenige der soldatischen Kräfte wurden aus befreiten Sklaven der cassandrischen Provinz rekrutiert. Jetzt fanden sie sich also auf der Gegenseite wieder – und das nicht ungern. Bei den Westlern waren sie Soldaten mit unvergleichbar mehr Rechten. Keine Peitschen, keine Keuschheitsgürtel. Zwar bekamen sie keine der berüchtigten Donnerrohre in die Hand, doch gehörte zu ihrer Ausrüstung ein dünnes Schwert – die Westler nannten es Florett – und eine Lanze. Zudem erhielten sie gute Kleidung, rotweiße Uniformen, und erhielten nahrhafte und reichliche Mahlzeiten, die sehr gut schmeckten: dicke Bohnen und Rindfleisch, dazu ein hartes Gebäck namens Zwieback. Das Westvolk lebte offenbar wie im Paradies, waren sich die Befreiten sicher und schworen ihren neuen Meistern ewige Treue. Dazu mussten sie Worte aufsagen und ihre rechte Hand auf einen Folianten legen, der dem Westvolk heilig war.

Derweil der Malustempel belagert wurde, brachen die Westsoldaten in ein großes Anwesen ein, in dem sich zahlreiche Lustsklaven befanden. Die Leiterin des Liebeshauses namens Hydra wurde kurzerhand in Ketten gelegt und abgeführt. Unter lautem Gezeter schlug sie um sich, doch sollte ihr das nicht helfen. Die Sklaven erhielten ihre bedingungslose Freiheit. Die meisten von ihnen entschieden sich für die Gefolgschaft im Heer der Westler. Einige zogen es vor, nach Norden zu ziehen – als freie Männer. Doch alle waren sie satt vom süßen Spiel der Küsse. Einer der Leibeigenen hatte jedoch Pech. Ein Offizier der Westler hatte ein Auge auf den Sklaven mit Namen Amicus geworfen. Schmierig grinste er ihn mit seinem unrasierten Gesicht an und winkte ihn in eine Kammer, verriegelte die Tür und zerrte sich das Halstuch ab, knöpfte seinen Gehrock auf und nestelte an seiner weißen Kniehose. „Zeig mir, ob du auch einen Mann erfreuen kannst. Dann sollst du die Freiheit kosten. Ansonsten lernst du meinen eisernen Degen kennen.“

Der Lustjüngling ging auf die Knie und vergrub sein Gesicht in der herben Männlichkeit des Offiziers. Er hatte nicht viel Erfahrung damit, doch wusste er genau, was der Fremde verlangte, wonach er gierte. Wie gern wäre er selbst in dessen Lage gewesen! Seit Monaten hatte ihm Hydra den Keuschheitsgürtel nicht mehr geöffnet. Er verwöhnte den Mann so, wie er es selbst am liebsten erlebt hätte. Damit konnte er nicht fehl gehen. Sein Schopf bewegte sich vor und zurück. Der Offizier knurrte bald vor Lust. Er ließ lustvoll seinen Kopf in den Nacken fallen; dabei fiel sein Dreispitz vom Schopf auf die alten Dielenbretter. Der Offizier trug lange glatte Haare, die zu einem Pferdesch****z gebunden waren. Mit seinen Händen packte er den Kopf des Lustsklaven und presste ihn enger an seinen Schoß. „Jaaaaa!“, grunzte er, und im nächsten Moment atmete er stockend und genauso stoßweise erblühte sein heißer Saft im Mund und Antlitz des Jünglings.

Anschließend nestelte der Offizier sein Gemächt wieder in die dünne, enge Hose. „Fein gemacht“, lobte er den Lustsklaven, dessen rosige Wangen glühten vor Aufregung. „Wo befindet sich der Schlüssel zu deinem eisernen Beinkleid? Sprich!“ Der Leibeigene Amicus schaute betrübt zu Boden. „Meine Herrin Hydra hat ihn versteckt.“ Der Offizier räusperte sich. „Damit können wir uns nicht aufhalten. Die anderen Keuschheitsgürtel haben wir auch aufgebrochen.“ Er schickte ihn zu einem Soldaten mit einer langen Zange, der ihn befreite. Der Offizier rief ihm schließlich zu: „Lauf, Bursche! Lauf in die Freiheit!“ Er lachte lauthals und ausgelassen. Der Jüngling glaubte kaum, dass seine Gefangenschaft beendet war. Verwirrt griff Amicus nach einer alten Hose aus Leinen, zog sie an und lief fort. Ein Seil diente als Gürtel. Schuhe hatte er nicht an den Füßen, genau so war auch sein Oberkörper bar jeglichen Stoffes.

Draußen in der Steppe und der Hügellandschaft erwarteten ihn vielleicht wilde Tiere, andere Kompanien der Invasoren oder gar versprengte Reiterinnen der megarischen Kavallerie. Oder Sklavenjägerinnen. Oder einer der verwilderten Trolle. Oder dunkle Strauchdiebe und Schnapphähne. Oder. Oder. Oder. Aber seine Angst war so groß, seine Verwirrung so umfassend, dass er nur noch weg wollte. Vor Hydras Lusttempel flüchten. Seine kleine Chance auf ein freies Leben nutzen. Wohin ihn das auch immer führen möge. Bevor es sich der Offizier noch anders überlegte.

Im Malustempel tanzten Flammen der großen Kohlebecken an den dicken Wänden des Altarraumes. Cassandra stand in ihrer pechschwarzen Robe mit den blutroten Paspeln und weiten Ärmeln auf dem Marmorboden und starrte in die Glut. Wie lange würden sie der Belagerung der infamen Invasoren widerstehen? Wie konnten es diese Mannsbilder überhaupt wagen, sich an den Frauen der Priesterschaft zu vergreifen!? Welch infamer Angriff! Wenn Megara sie besiegen würde, müssten die Westmänner für ihren Frevel bitter büßen. Doch vorerst hatte Cassandra nur einige Lustsklaven in den Kellergewölben des Tempels zur Verfügung, um ihre Wut und ihren Frust an ihnen auszulassen. - Nur, um die Leibeigenen zu reinigen, so verbesserte sie sich in Gedanken. Doch sie wusste insgeheim, dass es einen anderen Grund gab: ihre Hilflosigkeit gegenüber den Invasoren. So ein Gefühl war für die Hohepriesterin völlig unbekannt. Und von Tag zu Tag schwand ihre Hoffnung, dass Megara ihr zur Hilfe kam.





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