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  Marchel Reich-Ranicki über Faust und meine Gedank
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  Marchel Reich-Ranicki über Faust und meine Gedank Datum:23.06.05 03:26 IP: gespeichert Moderator melden


Marcel Reich-Ranicki in Goethe nocheinmal – Reden und Anmerkungen

>>Goethes Helden – die Männer meine ich – sind so gut wie immer gebrochene Individuen, schwache und scheiternde Menschen, Neurotiker und Neurastheniker. Von hemmungsloser Egozentrik und brutalem Egoismus kann man sie allesamt nicht freisprechen. Doch keiner scheint eine so extreme Figur zu sein wie Faust.
Die Rücksichtslosigkeit, mit der er Gretchen an sich reißt und verführt, ist grausam und schließlich unmenschlich.
Wer will, kann ihm die Droge zugute halten, die er von Mephisto in der Hexenküche bekommen hat. (Flipis Erläuterung dazu: Zitat: „Du siehst mit diesem Trank im Leibe, bald Hellenen in jedem Weibe“) Dass er Gretchens tiefes Elend verschuldet und schließlich ihr Leben zerstört hat, dafür kann nicht mehr den aphrodisischen Trank verantwortlich machen. Aber was er ihr angetan hat, ist ihm offenbar gleichgültig. Als er hört, was mit Gretchen geschehen ist, klagt er an. Wen? Nicht etwa sich selbst, sondern Mephisto, der ihn kühl fragt und sehr zu Recht: „Wer war‘s, der sie ins Verderben stürzte? Ich oder Du?“
Im Kerker findet Faust große und schöne Worte für das Unglück, doch nicht etwa das Unglück der verzweifelten, der verwirrten, der an Ketten liegenden Frau. Er hat hingegen das Bedürfnis, sich über sein Unglück zu verbreiten: „Mich fasst ein längst entwöhnter Schauer,/ Der Menschheit ganzer Jammer fasst mich an.“ Er gibt zu: „Du zauderst zu ihr zu gehen! Du fürchtest sie wieder zu sehen!“ Er erlaubt sich eine rhetorische Frage: „Wird ich den Jammer überstehen!“ Und: „Du bringst mich um.“
Am Ende ruft er wahrscheinlich nicht ohne Selbstmitleid: „O wär‘ ich nie geboren.“ <<

So sehr ich Goethes Faust liebe, so sehr verachte ich doch seine Taten, manchmal sehne ich mich danach und stelle dann fest, Du bist in einer gewissen Art schon genauso, und das darf nicht sein.
Ein Träumer, ein Neurotiker, ohne die Freudsche Theorie anzuerkennen, ja auch ein Neurastheniker, der wie ich gerade dem Lexikon entnehme, einen nervösen Erschöpfungszustand ohne organischen Befund hat, der häufig durch soziale Einflüsse, die zu körperlicher und seelischer Überanstrengung führen, begründet ist.

>>Und doch wird im „Faust“ eine unvergessene Geschichte erzählt, die poetische Geschichte einer Liebe. Aber es ist ausschließlich jene der Liebe Gretchens zum Faust. Ja, so ist es, auch wenn es Gretchen noch nicht weiß: Sie liebt ohne Gegenliebe.
Woher rührt denn der unvergleichliche Zauber dieses Mädchens? Über vierzehn Jahre ist sie alt, gerade noch ein Kind und schon eine Frau. Sie ist auf rührende Weise naiv und zugleich erstaunlich gescheit. Goethe hat sie großzügig ausgestattet: mit Instinkt ebenso wie mit Intelligenz.
Sie ist von schlichter Geistesart und so ungebildet, wie die Mädchen ihres Alters und ihrer sozialen Herkunft es damals waren. Gleichwohl ist sie auf höherem geistigen Niveau als dieses Mädchen.<<

Goethe wird zitiert:
>>„Hat es in Griechenland je eine Königstochter gegeben, die so reif und klug, so gebildet gewesen wäre, wie unsere Iphigenie, sie, die aus dem fluchbeladenen Geschlecht der Atriden stammt und doch aus der Familie der Frau von Stein? Und Gretchen, die Oh(ne)gleiche?“<<

Unfähig wirklich zu lieben.
Was liebe ich? Ein Gesicht, eine Frau, ein Wesen, einen Fuß? Die Gedanken dieser? Mich interessiert die Frau, nicht der Fuß, aber lieben kann ich nicht, und das sagt einer, der manchmal für kindlich naiv und manchmal für weise gehalten wird mit 26 Jahren. Manchmal gesagt wird, das kannst Du gar nicht wissen.
Was ist Liebe?
Auch Faust hat sie nicht erkannt, und Gretchen entdeckt sie gerade im Faust.
Als Faust mit Helena im zweiten Teil einen Sohn zeugt, wird symbolisiert, dass dieser scheitern und auch sterben muss, weil ein Mensch mit einer Göttin nicht kann, weil es nicht geht.

„Du zauderst zu ihr zu gehen! Du fürchtest sie wieder zu sehen!“ –
An die inhaltlichen Sätze Katharina der Großen in Sacher Masochs Werk erinnernd:
Er wird nicht leben können ohne mich, und wenn doch, so ließe ich ihm den Kopf erstrecht herunterschlagen.

Ein Wunsch ist zugleich eine Angst. Was würde passieren, wenn er erfüllt würde. Was passiert, wenn ich alles aufbiete, um diesen Wunsch zu erfüllen? Bin ich dann noch, wer ich bin? Bist Du dann noch dieselbe?

Ich muss zugeben, ein sehr psychologisches Posting, aber irgendwie musste es raus.

LG Flipi

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  Re: Marchel Reich-Ranicki über Faust und meine Ged Datum:23.06.05 09:10 IP: gespeichert Moderator melden


Zitat

So sehr ich Goethes Faust liebe, so sehr verachte ich doch seine Taten, manchmal sehne ich mich danach und stelle dann fest, Du bist in einer gewissen Art schon genauso, und das darf nicht sein.


Wenn wir uns, sei es als Privatpersonen, in unseren gesellschaftlichen Rollen oder "nur" in unserem Bestreben, die Welt zu verstehen, nicht im "Faust" wiederfänden, wäre das Stück wahrscheinlich schon längst der Vergessenheit anheimgefallen. Statt dessen wurde es für lange Zeit die weltliche Ersatzbibel des Bürgertums, zeitweilig lediglich sekundiert durch Nietzsches "Zarathustra".

Ralph Waldo Emerson schrieb 1850 (!) begeistert in "Repräsentanten der Menschheit" über den "Faust": Das Wunderbare an dem Buche ist die gewaltige Weisheit darin. Der Verstand dieses Mannes [Goethes - B.] ist ein so mächtiges Lösungsmittel, daß die vergangenen und das gegenwärtige Zeitalter, ihre Religionen, Politiken und Denkungsarten sich darin zu Urtypen und Ideen auflösen. Welche neuen Mythologien keimen in diesem Kopf!" (Diogenes TB, S. 196)

Und natürlich ist die Figur des Faust kein moralisches Vorbild!

Bluevelvet

(Diese Nachricht wurde am 23.06.05 um 09:10 von bluevelvet geändert.)
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  Re: Marchel Reich-Ranicki über Faust und meine Gedank Datum:23.06.05 10:16 IP: gespeichert Moderator melden


Ich denke, Faust hat von der Weisheit her nichts eingebüßt.
Ich habe ein T-Shirt auf der Boundcon getragen auf der Steht, Herrin, "rette mich vor Schmach und Tod" . Wurde dann gefragt, warum ich Faust verehre, und ich habe nur das Beispiel genannt, wie Faust Gretchen begehrt, sie benutzt, und sie dann wegschmeißt.
Nach der Zeugung ist es ja fast aus, weil Faust hatte, was er wollte.
Das ist warnsinnig interessant.

Gregor Gysi zu dessen Partei und meiner Beziehung zu ihm ich mich weder positiv noch negativ äußern möchte, hat einmal gesagt:
"Man findet alles was man zum Leben braucht in der Bibel und im Faust."

Und das ist auchso.
"Wie anders war Dir, als Du noch voll Unschuld hier zum Altar tratst. Halb Kinderspiele, halb Gott im Herzen..."

LG Flipi
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  Re: Marchel Reich-Ranicki über Faust und meine Ged Datum:23.06.05 10:56 IP: gespeichert Moderator melden


Was mich an der oben von mir zitierten Stelle aus deinem Eingangsposting besonders reizt, ist die Beobachtung einer Gegensätzlichkeit in dir selbst, die sich natürlich nicht auf dich beschränkt, sondern wohl jeden Menschen betrifft. Wir finden uns in einer äußeren und inneren Welt vor, in der Gutes, Akzeptables, Schlechtes und vielleicht wirklich Bösartiges nebeneinander existieren und ihre Ansprüche erheben und zu dem wir jeweils ein Verhältnis gewinnen müssen.

Bluevelvet


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  Re: Marchel Reich-Ranicki über Faust und meine Gedank Datum:23.06.05 11:13 IP: gespeichert Moderator melden


Was bin ich denn, wenn es nicht möglich ist, der Menschheit Krone zu erringen, nachder sich alle Sinne drängen?

Wenn ich nicht mich selbst versuche zu erheben?

Geh ich dann unter?

In der großen Welt?

Was bin ich?
Wie sagt der Geist der Erde zu Faust:
"Welch erbärmlich, wegekrümmter Wurm und fasst Übermenschen Dich." "Soll ich Dir, Flammenbildung weichen? Ich bins, bin Faust, bin Deinesgleichen."
"Du gleichst dem Geist, den Du bereifst, nicht mir."

Was begreife ich, wenn ich mich wie Faust nicht selbst beherrsche, ja den Teufel zu mir rufe , den "ich schon nicht mehr entbehren kann."

Man macht sich eine Sache Untertan und wird doch Untertan von dieser. Ich hatte gehofft, im Bereich SM wäre es anders, habe es auch erlebt, doch letztendlich muß auch ich sehen, wie man mit wenigen Ausnahmen mit der Herrin spielt, und dieses bricht mir mein "in Ketten liegendes Herz."

LG Flipi
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  Re: Marchel Reich-Ranicki über Faust und meine Ged Datum:23.06.05 11:27 IP: gespeichert Moderator melden



Zitat

Man macht sich eine Sache Untertan und wird doch Untertan von dieser.


Ich fürchte, Flipi, dass das in jedem Bereich unseres Lebens so ist. Erst haben wir ihn, dann er uns. Nur wenige Menschen, wenn überhaupt, dürften in der Lage sein, Leidenschaft in einer Angelegenheit mit der Freiheit der Distanz/Disidentifikation zu vereinigen.

Die Arbeit wartet.
Viel Grüße

Bluevelvet

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  Re: Marchel Reich-Ranicki über Faust und meine Gedank Datum:23.06.05 11:29 IP: gespeichert Moderator melden


Was mich tröstet sind die wenigen Ausnahmen.

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